Meyer Burger schließt Modulproduktion in Deutschland voraussichtlich im April

Logistik, Solarmodule, Meyer Burger

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Die Meyer Burger Technology AG beendet das Kapitel Modulproduktion in Deutschland und wird sich fortan auf die Herstellung seiner Heterojunction-Solarzellen und -Module in den USA konzentrieren. Dies ist die Folge eines fatalen Geschäftsjahres 2023, in dem das Schweizer Unternehmen bei einem Umsatz von etwa 135 Millionen Schweizer Franken einen EBITDA-Verlust von mindestens 126 Millionen Schweizer Franken verzeichnete. Der Plan sei nun, „die Verluste in Europa zu reduzieren und sich gemeinsam mit ihren bestehenden und potenziell neuen Abnahme- und Industriepartnern auf profitables Wachstum in den USA zu fokussieren“, teilte Meyer Burger am Mittwoch mit. Das Marktumfeld für die Solarindustrie verschlechtere sich zusehends, daher sei die Fortsetzung der Produktion in Deutschland „in vollem Umfang vorerst nicht weiter tragbar“.

Konkret bedeutet dies, dass Meyer Burger die Fertigung seiner Heterojunction-Solarmodule im sächsischen Freiberg bereits Anfang April einstellen werde. Rund 500 Mitarbeiter seien von der Entscheidung betroffen. Die finale Entscheidung will Meyer Burger wohl aber erst in der zweiten Februarhälfte treffen. Wenn bis dahin „keine ausreichenden Maßnahmen zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in Europa, etwa durch Resilienzmaßnahmen, ergriffen werden“, dann schließt Meyer Burger das Werk.

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Die bestehende Produktion der Heterojunction-Solarzellen in Thalheim will der Photovoltaik-Hersteller zunächst weiter betreiben. Sie werde den Produktionshochlauf der Modulproduktion am US-Standort Goodyear im Bundesstaat Arizona unterstützen. Auch der Maschinenbau und die Forschung- und Entwicklungsstandorte in der Schweiz und in Deutschland seien von den Maßnahmen nicht betroffen, hieß es von Meyer Burger weiter.

Das Unternehmen will nun mit den Beschäftigten Gespräche führen. Im Falle der Schließung des Modulwerks in Freiberg sollen „unverzichtbare Mitarbeitende aus den Bereichen Ingenieurwesen, Technologie, Lieferkettenmanagement und bestimmten anderen kritischen Funktionen am Produktionsstandort in Freiberg die Möglichkeit erhalten, ihre Verträge auf andere Meyer-Burger-Gesellschaften zu übertragen“.

Fokus auf US-Geschäft

Mit der Konzentration auf das US-Geschäft erhofft sich Meyer Burger bis 2026 ein positives EBITDA von etwa 250 Millionen Schweizer Franken erzielen u können. Basis dafür sei die dortige Industriepolitik und der Auftragsbestand von 5,4 Gigawatt über Abnahmevereinbarungen mit Projektierern, darunter auch Baywa re. „Der Ausbau des US-Geschäfts schreitet derzeit wie geplant voran und die Inbetriebnahme unserer Modulproduktion in Goodyear wird voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 anlaufen“, erklärte Gunter Erfurt, CEO von Meyer Burger.

Zur Situation in Europa heißt es von Meyer Burger: „Ein starker Anstieg der chinesischen Produktionsüberkapazitäten sowie von Indien und den USA verhängte Handelsbeschränkungen führten im vergangenen Jahr zu einem erheblichen Überangebot und einer beispiellosen Verzerrung auf dem europäischen Solarmarkt.“ Dies habe die Geschäftsstrategie von Meyer Burger scheitern lassen, zumal politische Unterstützungsmaßnahmen, die faire Wettbewerbsbedingungen ermöglicht hätten bislang ausgeblieben seien. Meyer Burger nennt diesbezüglich den Net Zero Industry Act (NZIA) in der EU sowie nachfolgende nationale Lösungen wie Resilienz-Maßnahmen in Deutschland. Wenn diesbezüglich Entscheidungen fielen, wolle Meyer Burger seine Entscheidung überprüfen, da der Rückzug des Herstellers aus der Modulfertigung in Europa dessen Abhängigkeit von Importen aus China weiter zementieren, so das Unternehmen weiter.

Modulproduktion auf 650 Megawatt 2023 gesteigert

2023 hat Meyer Burger nach eigenen Angaben die Produktion seiner Solarmodule in Deutschland trotz der schwierigen Rahmenbedingungen auf 650 Megawatt Gesamtleistung steigern können. Allerdings gebe es einen Lagerbestand von Modulen mit etwa 360 Megawatt. „Das EBITDA wurde durch die Unterauslastung der Produktionskapazitäten in Deutschland und Wertminderungen auf Produktionsmaterial und Endprodukte sowie durch Kosten für den Betrieb der Produktionsanlagen in Deutschland und den weiteren Ausbau in den USA im Jahr 2023 belastet“, so der Hersteller zu den vorläufigen Zahlen. Das finale EBITDA könnte jedoch erheblich von der veröffentlichten Schätzung abweichen, da infolge einer Werksschließung weitere Wertberichtigungen notwendig würden.

Die Cash-Position von Meyer Burger belief sich um Jahresende auf rund 150 Millionen Schweizer Franken, wie es weiter hieß. Nach aktuellen Prognosen werden Finanzmittel von etwa 450 Millionen Schweizer Franken benötigt, damit Meyer Burger bei einem planmäßigen Hochlauf der US-Produktion im Geschäftsjahr 2025 profitabel wirtschaften könne. Umstrukturierungskosten wolle das Unternehmen vor allem durch den Verkauf eigener Lagerbestände finanzieren. Zudem befinde sich der Hersteller in „fortgeschrittenen Gesprächen“ mit dem Bundeswirtschaftsministerium zu einer von Euler Hermes gedeckte Exportfinanzierung. Weitere Optionen seien eine 45X-Finanzierung (Monetarisierung künftiger US-Steuergutschriften), ein Advanced Manufacturing Production Credit sowie ein Darlehen des US-Energieministeriums, für das Meyer Burger die erste Prüfphase bereits erfolgreich durchlaufen hat. Darüber hinaus erwägt Meyer Burger eine Eigenkapitalfinanzierung, etwa eine Bezugsrechtsemission, Privatplatzierungen oder andere Formen eigenkapitalbasierter Finanzierung. Zudem führe das Unternehmen Gespräche mit einigen potenziellen strategischen Partnern.

„Der Schwerpunkt liegt derzeit auf dem Wachstum im hochattraktiven US-Markt, der eine hohe Profitabilität ermöglicht“, so CEO Gunter Erfurt weiter. „Gemeinsam mit Partnern könnten wir unsere Position dort erheblich verbessern, ohne eigene größere Investitionen tätigen zu müssen.“ So könne Meyer Burger auch dank des Know-hows aus der Schweiz und Deutschland seine technologische Führungsposition nutzen und ausbauen. „Die Entscheidung zur Schließung unserer Modulproduktion in Deutschland, die vor weniger als drei Jahren in Betrieb genommen wurde, würden wir gerne vermeiden. Solange der Gesetzgeber trotz seiner Ankündigungen keinen fairen Wettbewerb herstellt, bereiten wir die Umstrukturierung in Deutschland vor“, sagte Erfurt weiter.

„Keine Zölle“

In einer digitalen Pressekonferenz ging Erfurt auf die Hintergründe der Entscheidung näher ein. Er betonte, dass es eine rein wirtschaftliche Entscheidung sei. Dabei erklärte er, dass China vor vielen Jahren die Entscheidung getroffen habe, die Solarindustrie als zentrale Säule aufzubauen und seither mehr als eine Billion Euro an Subventionen in die eigenen Photovoltaik-Hersteller investiert habe, um die weltweite Marktführerschaft zunächst zu erlangen und dann zu sichern. „China hat die Bedeutung für die Zukunft der Branche erkannt“, so Erfurt. Dabei ginge es vor allem um Energiesicherheit, weniger um altruistische Gründe.

In Europa dagegen seien bislang einfach keine Maßnahmen ergriffen worden. Damit wachse die Gefahr der kompletten Abhängigkeit immer weiter, sagte er. Momentan würden in Europa Solarmodule angesichts des Kampfs der chinesischen Hersteller um Marktanteile quasi „verschenkt“. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass dies auch in Zukunft so bleiben werde.

Erfurt betonte weiter, dass die Solarindustrie in Deutschland hart von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts getroffen wurde, der den Nachtragshaushalt für nichtig erklärte und damit 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds, die bereits von der Regierung verplant waren, abzog. Ein verfassungskonformer Haushalt habe nun natürlich Priorität. „Aber die Wirtschaft kann nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag warten. Die Politik muss im Sinne der Wirtschaft und deren Erhalt Maßnahmen ergreifen“, sagte Erfurt.

Meyer Burger will die mögliche Schließung seines Modulwerks in Sachsen allerdings „nicht als Drohung an die Politik“ verstanden wissen. „Wir wollen keine Zölle“, sagte Erfurt. Jedoch brauche es Unterstützung für die hiesigen Produzenten. Dafür liege ein europaweit abgestimmtes Resilienzkonzept auf dem Tisch. Unter anderem der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) macht sich im aktuellen parlamentarischen Prozess um das „Solarpaket 1“ für die Implementierung dieses Resilienzbonus für Photovoltaik-Anlagen mit europäischen Komponenten stark. Im ursprünglichen Entwurf war das Konzept nicht enthalten und auch aktuell ist noch nicht sicher, ob es wirklich aufgenommen wird. Dies wäre aber ein Weg, um den deutschen und europäischen Photovoltaik-Herstellern schnell unter die Arme zu greifen, denn für so ein Resilienzsegment müssten sie sich qualifizieren. Im ersten Jahr würde es auch nur Kosten von etwa 50 Millionen Euro verursachen, so Erfurt weiter.

Zum anderen läuft immer noch das Interessenbekundungsverfahren für den Aufbau von Photovoltaik-Produktionen im Gigawattmaßstab in Deutschland. Dies sei den Sparmaßnahmen der Bundesregierung nach dem Urteil des Verfassungsgerichts nicht komplett zum Opfer gefallen. Voraussichtlich würden die Mittel aber halbiert und niemand könne genau sagen, ob dann nur halb so viele Projekte oder nur die Hälfte des eigentlich geplanten Kapazitätsausbaus gefördert werde.

Zudem könnten schnelle Unterstützung aus Brüssel noch hilfreich sein, um das Werk in Freiberg doch am Leben zu erhalten. Dort stehe die Entscheidung über den Net Zero Industry Act an und der vorliegende Vorschlag sei durchaus vielversprechend. Ob rasche Hilfestellungen für die Photovoltaik-Hersteller in Deutschland und Europa kommen, wir Meyer Burger in den kommenden vier bis sechs Wochen genau beobachten. „Bis zur finalen Entscheidung werden wir auf jeden Fall weiter Vollgas produzieren“, sagte Gunter Erfurt. Aktuell liefen die Produktionen in Freiberg und Thalheim im Drei-Schicht-Betrieb rund um die Uhr. Kurzarbeit sei kein Thema.

Die sächsische Landesregierung ist durchaus sehr bemüht, die bestehende Solarindustrie in ihrem Bundesland zu unterstützen. „Die Ankündigung ist ein Weckruf – industriepolitisch und für die europäische Energiewende“, sagte Sachsens Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther (Grüne). „Es muss jetzt dringend ein entschlossenes und schnelles Bekenntnis aus dem Bundesfinanzministerium für die Solarindustrie kommen. Wir brauchen jetzt schnell eine Entscheidung für ein geschütztes nationales Marktsegment mit Resilienzkriterien“, unterstützte Günther die Forderung von Meyer-Burger-CEO Gunter Erfurt. „Die Instrumente sind bekannt, es braucht deren Finanzierung. Und auch die EU muss handeln. Die sächsische und mitteldeutsche Solarindustrie ist ein entscheidender Baustein für die europäische Solarindustrie, für das Hochfahren der Produktion in der EU, also für mehr Unabhängigkeit von China. Es darf nicht noch einmal passieren, dass man die Solarindustrie aus ideologischen Gründen aus Deutschland ziehen lässt.“*

*Anmerkung der Redaktion: Die letzten Absätze haben wir nachträglich in den Originalartikel eingefügt.

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