Bundesverfassungsgericht erklärt 60 Milliarden Euro in Klima- und Transformationsfonds für nichtig

Foto: Rainer Lück 1RL.de/Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany

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Die Bundesregierung hat 60 Milliarden weniger für den Klimaschutz zur Verfügung. Das ist das Ergebnis eines Bundesverfassungsgerichtsurteils vom Mittwoch. Die Karlsruher Richter erklärten das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig. Geklagt hatte die Bundestagsfraktion der Union.

Während der Covid-Pandemie erteilt der Bundestag einige Sondervermögen und umging die Schuldenbremse. In einer Notlage und zur Krisenbewältigung ist das auch zulässig. Für solche Fälle darf sich die Bundesregierung eine Kreditermächtigung unter bestimmten Vorgaben erteilen. Zunächst waren das 180 Milliarden Euro, die im Bundeshaushalt 2021 als neue Schulden aufgenommen werden durften. Mit einer Aufstockung erteilte die Bundesregierung eine Kreditermächtigung von 240 Milliarden Euro. Mehr Geld als nötig. Im Februar 2022 überführte die Bundesregierung 60 Milliarden Euro dem Klima- und Transformationsfonds, damals noch Energie- und Klimafonds genannt, und machte die eigentlich zweckgebundenen Ausnahmen neuer Schulden für die Bewältigung der Corona-Pandemie so für den Klimaschutz in zukünftigen Haushalten nutzbar. Dem erteilte das Bundesverfassungsgericht nun eine Absage.

Drei Rechtsbrüche

Drei Gründe seien für die Nichtigkeit des Nachtragshaushalts verantwortlich. Zum Ersten sei eine zusätzliche Kreditaufnahme durch die geltende Schuldenbremse nur in einer Notsituation zulässig. Während der Nutzen für die Krisenbewältigung während der Covid-Pandemie im Bundeshaushalt und dem ersten Nachtragsgesetz 2021 gegeben war, ist der Zusammenhang im zweiten Nachtrag, in dem die 60 Milliarden Euro dem Energie- und Klimafonds zugeführt wurden, nicht hinreichend dargelegt.

Das zweite Problem besteht dem Urteil zufolge in der zeitlichen Entkopplung zur Notlage. Die Kreditermächtigung erfolgte für den Haushalt 2021. Der Zweite Nachtragshaushalte trat erst im Februar 2022 in Kraft, gelte aber rückwirkend zum 1. Januar 2021. Die Gelder sollten also dem Haushalt 2021 als neue Schulden angerechnet werden, gleichzeitig aber nicht in Grenze zur Schuldenbremse 2022 eingerechnet werden. Das ist unzulässig, wie das Bundesverfassungsgericht feststellt. Zudem verstoße es gegen Grundsätze des Haushaltsrechts, dass ein Nachtragshaushalt für ein bereits abgeschlossenes Haushaltsjahr beschlossen wird.

Diese Entscheidung führt explizit dazu, dass sich die zur Verfügung stehenden Mittel im Klima- und Transformationsfonds um 60 Milliarden Euro verringern. Das entspricht der Summe, die im zweiten Nachtragshaushalt auf den Klimafonds verbucht wurde. Sein Volumen erhöhte sich im Zuge dessen von 42 Milliarden Euro auch 102 Milliarden Euro.

„Soweit hierdurch bereits eingegangene Verpflichtungen nicht mehr bedient werden können, muss der Haushaltsgesetzgeber dies anderweitig kompensieren“, teilt das Bundesverfassungsgericht mit.

Verbände pochen auf Ersatz im Haushalt

Die Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND) bemerkte zu dem Urteil, dass „kreative Haushaltsplanung“ keine angemessene Finanzierungsgrundlage für den Klimaschutz sein. Klimaschutz solle daher fest im Bundeshaushalt verankert sein, anstatt sich auf „unsichere“ Sondervermögen zu verlassen. „Es ist nun Aufgabe der Regierung, für finanzielle Planungssicherheit für die Transformation hin zur Klimaneutralität zu sorgen“, sagt Carolin Friedemann, Geschäftsführerin der Initiative. Am besten in Zusammenarbeit mit der Union, um eine breite Basis für mögliche zukünftige Regierungskonstellationen zu schaffen.“ 

 Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert derweil, dass die Bundesregierung schnellstmöglich die Schuldenbremse aussetzt. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bedeutet, dass viele Milliarden für unabdingbare Klimaprojekte und deren sozial gerechte Ausgestaltung fehlen werden“, erklären BUND-Vorsitzender Olaf Bandt und Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer der paritätischen Gesamtverbände. Die Bundesregierung muss in dieser Situation eine Aussetzung der Schuldenbremse einleiten, um Zukunftsprojekte beispielsweise im Gebäudebereich und bei der Finanzierung der Erneuerbaren nicht zu gefährden.“

Greenpeace wendet sich mit einem Appell an Bundeskanzler Olaf Scholz. Dieser solle seine Richtlinienkompetenz nutzen, um den notwendigen Klimaschutz im Haushalt zu verankern. Neue Kredite, Steuern und der Abbau klimaschädlicher Subventionen müssen verhandelt werden, fordert Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland. Dieses Urteil ist ein herber Rückschlag für den Schutz des Klimas! Nun rächt sich, dass die Ampel den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft von Anfang an mit finanzpolitischen Taschenspielertricks bezahlen wollte. Bundeskanzler Scholz muss jetzt für Ordnung bei den öffentlichen Finanzen sorgen und beim Klimaschutz Farbe bekennen“, sagt Kaiser.

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