Am Mittwoch waren einige Sachverständige zu einer Anhörung zum „Solarpaket 1“ vor den Ausschuss für Klimaschutz und Energie geladen. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden und dafür sorgen, dass der Photovoltaik-Zubau in den kommenden Jahren wirklich bis auf 22 Gigawatt steigt und auf diesem Niveau verharrt. Nur so kann die Bundesregierung das anvisierte Ausbauziel von 215 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung bis 2030 erreichen. Im „Solarpaket 1“ sind daher verschiedene Maßnahmen enthalten, die sowohl die Installation neuer Dachanlagen mitsamt gemeinschaftlicher Gebäudeversorgung als auch Solarparks erleichtern sollen. Auch die Förderung für sogenannte besondere Photovoltaik-Anlagen wie Agri-, Floating-, Moor- oder Parkplatz-Anlagen soll neu geregelt werden. Zentral im Gesetz ist zudem die neue Opt-out-Regelung. So müssen die Länder künftig landwirtschaftliche Flächen in benachteiligten Gebieten für den Bau von Solarparks freigeben. Wollen sie dies nicht oder nur in einem begrenzten Umfang, müssen sie eine gesonderte Regelung erlassen.
Doch der Photovoltaik-Zubau ist das eine, das andere ist der Wiederaufbau einer deutschen Solarindustrie, der aktuell viel diskutiert wird, doch angesichts des Inflation Reduction Acts in den USA und den massiven Kapazitäten in China deutlich ins Stocken geraten ist. Dazu kommen die eher sehr bürokratischen Unterstützungsversuche der Bundesregierung, etwa durch das langatmige Interessenbekundungsverfahren.
Resilienzboni und -ausschreibungen zur Wiederbelebung der Solarindustrie
Die Experten werden von den Fraktionen benannt und eingeladen. Unter den Sachverständigen fand sich so auch Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar). Er verwies auf den aktuell im harten Standortwettbewerb mit den USA und Asien. Zugleich sei es „die vermutlich letzte Chance für eine Wiederansiedlung der Solarindustrie in Deutschland“. In Richtung der Abgeordneten erklärte er, dazu fehlten nach wie vor die richtigen Investitionssignale, um die erforderlichen Milliardeninvestitionen nach Europa zu locken. Das „Solarpaket 1“ sei eine einmalige Gelegenheit, dies zu ändern. Wenn eine Renaissance der Solarindustrie gelingen solle, dürften Verbraucher und Unternehmen nicht draufzahlen, wenn sie sich für europäische Photovoltaik-Produkte entschieden. Daher müssten die lediglich in der Anlaufphase höheren Fertigungskosten abgefedert werden, wie Körnig ausführte. Der BSW-Solar macht sich für Resilienzboni und -ausschreibungen stark.
Zur Illustrierung der aktuellen Situation trug Anne Eibisch bei vom Photovoltaik-Hersteller Meyer Burger. Sie berichtete im Ausschuss über massive Wettbewerbsnachteile aufgrund unfairer Handelspraktiken chinesischer Photovoltaik-Hersteller, denen ihr Unternehmen schutzlos ausgeliefert sei. Die Aufnahme eines Resilienz-Konzepts, wie es vom Bundesverband Solarwirtschaft für das „Solarpaket 1“ vorgeschlagen wird, unterstützte sie ausdrücklich. Es biete nicht nur die einmalige und vielleicht letzte Chance, einen erneuten Exodus der deutschen Solarindustrie zu verhindern, „sondern sorgt auch dafür, dass unsere Industrie deutlich und entlang der antizipierten Marktentwicklung sowie der politischen Ziele skaliert werden kann“, sagte Eibisch.
Auch Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) hob ebenfalls auf die massiv gestiegenen Investitionen in Klimatechnologien in den USA und Asien ab. „Da brauchen wir in Europa und in Deutschland Antworten“, sagte sie in Richtung Bundesregierung und EU-Kommission.
Gewerbe braucht mehr Schwung
Peter erklärte zudem, dass gerade der Ausbau gewerblicher Photovoltaik-Anlagen deutlich gestärkt werden müsse, um die Ausbauziele zu erreichen. Sie forderte für dieses Segment höhere EEG-Vergütungssätze. Die Förderung solle an die marktüblichen Renditeerwartungen angepasst werden, um gewerbliche Immobilienbesitzer stärker zu Investitionen in Photovoltaik-Anlagen zu bewegen.
Freiflächenanlagen – nur wo oder doch lieber Dächer?
Etwas anders gelagert ist die Problematik bei den Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Hier gehe es nicht darum, „irgendwelche Vergütungen anzuheben, sondern auf dem Pfad zu bleiben, Hemmnisse abzubauen“, erklärte Carsten Pfeiffer, Leiter Strategie und Politik beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) in der Ausschusssitzung. Dazu gehöre etwa das Thema Wegerecht. Nachgearbeitet werden müsse zudem hinsichtlich eines Mechanismus, der dazu führt, dass nicht erreichte Ziele bei der Windenergieerzeugung durch Photovoltaik ausgeglichen werden können, so Pfeiffer weiter.
Der bne hatte sich für die neue Opt-in-Regelung im „Solarpaket 1“ stark gemacht, die Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), begrüßte. Dies sei ein wichtiger Schritt. Dringend abzuraten sei indes vor weiteren zusätzlichen Regelungen beim Thema Netzanschluss, sagte Andreae weiter. Hier brauche es eine Beschleunigung ebenso wie eine Vereinfachung.
Thorsten Müller, Wissenschaftlicher Leiter bei der Stiftung Umweltenergierecht, erklärte in der Anhörung, über Anpassungen im Förderrecht hinaus seien weitere Hemmnisse für den Freiflächenausbau abzubauen. Die angekündigten Änderungen im Planungsrecht bezeichnete er als „perspektivisch wichtig“. „Eilbedürftiger wäre es, den Netzausbau verstärkt in Angriff zu nehmen“, erklärte Müller. Zudem sollte aus seiner Sicht geprüft werden, inwieweit insbesondere steuerrechtliche Regelungen für die Erschließung landwirtschaftlicher Flächen einer Änderung bedürfen.
Ebenfalls den Fokus auf die verfügbaren Netzkapazitäten legte Martin Zembsch, Geschäftsführer der Climagy Projektentwicklung GmbH. „Das ist das eigentliche Problem“, befand er. Die besten Ausbauprogramme nützten nichts, wenn die geförderten Projekte schlussendlich nicht angeschlossen werden können. Der Netzausbau sei bisher nicht im erforderlichen Maße vorangetrieben worden. Noch immer dauerten Genehmigungen sehr lange. Zudem würden Netzbetreiber auch an ihre Finanzierungsgrenzen stoßen, sagte Zembsch in der Anhörung.
Die Position von Müller zur verstärkten Nutzung landwirtschaftlicher Flächen fand nicht ungeteilte Zustimmung unter den Sachverständigen. Nadine Schartz vom Deutschen Landkreistag wiederum betonte, dass der Photovoltaik-Ausbau vor allem auf Dächern oder anderen sonstigen versiegelten Flächen vorangetrieben werden müsse. Den Gemeinden müsse es auf jeden Fall möglich sein, vor Ort und nach Bedarf über die Flächennutzung zu entscheiden, sagte sie. Birthe März, Referentin für Klima- und Transformationspolitik beim Deutschen Naturschutzring, machte sich in der Sitzung für einen gesetzlich festgeschriebenen Photovoltaik-Standard bei Neubau, Umbau und Sanierung für alle geeigneten Dachflächen und andere geeignete versiegelte Flächen stark. Bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen müssten außerdem bei der Umwandlung unversiegelter und landwirtschaftlicher Flächen die Anforderungen des Naturschutzes eingehalten werden, erklärte sie weiter.
Unter den geladenen Experten fand sich auch Bernhard Krüsken vom Deutschen Bauernverband. Er stützte die Position von Schartz. Um den anhaltenden Verlust landwirtschaftlicher Flächen zu begrenzen, müsse der Photovoltaik-Ausbau „weg von gutem Ackerland und hin zu Dächern, zu Extensivstandorten, zu Konversionsflächen und in Richtung einer Kombinationsnutzung mit landwirtschaftlicher Erzeugung kanalisiert werden“. Die geplante Duldungspflicht zur Verlegung von Leistungen und weiterer Netzanschlussinfrastruktur stößt derweil beim Bauernverband auf Ablehnung. Es sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Eigentumsrechte und zudem nicht verfassungskonform. Der Bauernverband befürchtet durch die Regelung zudem neue Konfliktpotenziale.
Ein anderes großes Thema bei Freiflächenanlagen sind auch kommunale Beteiligungsmöglichkeiten. Timm Fuchs, Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände, bewertete daher die Ausweitung der bestehenden Regelungen auf die Photovoltaik-Anlagen des ersten Segments. Noch besser wäre aus seiner Sicht allerdings eine verpflichtende Beteiligung der Gemeinden an Erneuerbaren-Anlagen, so Fuchs weiter.
Speicher
Die Bedeutung des Speicherausbaus im Zusammenhang mit den neuen Photovoltaik-Anlagen betonte Urban Windelen. Der Bundesgeschäftsführer vom Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) forderte eine Entbürokratisierung durch einen Gleichlauf der Privilegierungen für Photovoltaik-Anlagen und Speicher. „Hier hat der Gesetzentwurf deutlichen Nachholbedarf“, befand er. Als Beispiel nannte er die neue gemeinschaftliche Gebäudeversorgung. Der BVES begrüße die geplante Regelung als ein sehr niedrigschwelliges Angebot dar, in die Erzeugung von erneuerbaren Energien einzusteigen. Leider sei aber der Speicher nicht mitgedacht und ein Zwischenspeicherung des Solarstroms sogar ausgeschlossen worden, monierte Windelen.
Das Kabinett hatte den Entwurf Mitte August verabschiedet. Die zweite und dritte Lesung des „Solarpaket 1“ im Bundestag steht noch aus. Auf Basis der Expertenanhörung werden die Ausschussmitglieder nun wahrscheinlich noch Änderungen im Gesetzentwurf vornehmen, ehe er im Bundestag verabschiedet wird. Da die Regelungen bereits ab 2024 greifen sollen, muss das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden.
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Es ist erstaunlich, wie weiterhin die Branchenvertreter für Anschubfinanzierungen und andere Arten von Boni werben, um die Produktion in Deutschland wieder aufzubauen. Und das mit dem perspektivischen Ziel einer Produktionskapazität von 5 GW. Zitat „Daher müssten die lediglich in der Anlaufphase höheren Fertigungskosten abgefedert werden“. Das ist Unsinn. Komplett. Schon heute sind die fünf größten Modulproduzenten bei einer Jahreskapazität von 50 GW. Jeweils. Und bauen das weiter aus. Und haben die jahrelange Erfahrung. Und eine Fertigungstiefe, die hier undenkbar ist. Und die besseren Experten. Und nicht zuletzt niedrigere Lohnkosten. Es ist komplette Traumtänzerei, zu meinen, man könne mit – perspektivisch, in 2030 – 5 GW Produktionskapazität auch nur in die Nähe der Asiaten kommen.
Und ganz ehrlich: wir brauchen nicht bei Solarmodulen auf Resilienz setzen, wenn wir es bei Handys, Computern und hunderten anderen absolut kritischen Komponenten nicht tun.
Das gleiche gilt für Batterie Speicher woher kommen denn diese derzeit , eine wirtschaftliche Konkurrenz in Deutschland aufzubauen ist Unmöglich .Speichung: derzeit spricht jeder vom Akku des E Autos und Privaten Speichern damit werden die Kosten für die Anschaffung auf die Privaten abgeschoben .( Hardware) den Zugriff auf den gespeicherten Strom wollen die Stromkonzerne natürlich (Software) kWh Einkauf 0,08 € ,Verkauf 0,40 €+ Cloud-Kosten 55€ pro Monat . Die Kosten liegen bei den Privaten , die Gewinne bei den Stromkonzernen.! Warum bauen Sie die Speicher nicht selber wenn es keine Atom + Kohle Kraftwerke mehr gibt bleiben ihnen doch nur noch Speicher Kraftwerke ,Also los 2035 ist nicht mehr weit schließlich haben Sie ja Milliarden Gewinne zu verzeichnen durch nicht Umsetzung der Übergewinnsteuer.!
Auch bei den Stecker-Solaranlagen ist der Gesetzesentwurf zu kurz gedacht: Genehmigungsfreie Solaranlagen werden auf 2000Wp begrenzt. Dies reicht hinten und vorne nicht, um einen Speicher zu füllen um seinen Eigenverbrauch zu decken. Es gibt außerdem auch keinen plausiblen Grund, Steckersolar auf 1x600VA zu begrenzen, wenn man im Haus dreiphasige Anschlussdosen zur Verfügung hat. Für viele Haushalte im Altbau lohnt sich eine herkömmliche genehmigungspflichtige Anlage aufgrund der vorgeschriebenen Elektroverteiler-Komplettsanierung nicht, aber es wäre noch Platz für mehr Module und die nötigen Anschlüsse sind bereits da.
Es ist auch weiterhin nicht besonders lukrativ, die Erzeugung im Tagesverlauf zu glätten oder auf Verbrauchsspitzen hin zu optimieren, so wie dies bei der vertikalen Ost-West Agri-Photovoltaik teilweise gemacht wird oder mit Südost-Südwest Dächern oder mit Speichern möglich ist. Gezahlt wird in der Regel nach kWh und deswegen optimieren die meisten Betreiber wenn möglich stumpf auf Süden. Die Rechnung bekommen die anderen Netznutzer durch abermals gestiegene Netzkosten (2024 erneut +20% in unserem windkraftreichen Netzbezirk, nach bereits +30% Steigerung in den letzten Jahren).
Das Wichtigste ist, dass die Netzbetreiber weniger Möglichkeiten erhalten, den Netzanschluss bei (Dach-)PV-Anlagen zu verzögern. Gleichzeitig muss aber auch der Verbrauch (Wärmepumpen / E-Mobilität) erhöht werden, denn mit höherem Verbrauch sinken die Netzentgelte perspektivisch wieder.