Knapp eine Million Euro für Carbon Freed

Dachanlage, Wirsol, Carbon Freed

Teilen

Das Start-up Carbon Freed aus dem schleswig-holsteinischen Meldorf hat quasi vor der Haustür in seiner ersten Finanzierungsrunde einige zahlungskräftige Investoren gefunden. Knapp eine Million Euro investierten die MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein mbH, die Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein sowie die Sparkasse Westholstein, wie das Unternehmen mitteilte.

Mit dem frischen Kapital soll die KI-basierte Plattform „gridcert“ weiterentwickelt werden, de Betreiber von Photovoltaik-Anlagen zwischen 135 und 950 Kilowatt beim Prozess der Anlagenzertifizierung unterstützt, weiterentwickelt werden. „Wir werden unsere Software in den kommenden Monaten so erweitern, dass sie auch für größere Anlagen verwendet werden kann, was uns noch mal einen völlig neuen Markt eröffnet. Denn damit wird auch die Integration von Windkraftanlagen in die Plattform Realität“, erklärte Gründer Marko Ibsch. Auch die Internationalisierung des Unternehmens soll damit zeitnah angegangen werden.

Mit der Plattform lasse sich die Zertifizierung deutlich beschleunigen. Nach eigenen Angaben hat Carbon Freed damit bereits mehr als 700 große Photovoltaik-Anlagen sicher ans Netz gebracht. Installationsbetriebe und Projektierer könnten den gesamten Zertifizierungsprozess vollständig über „gridcert“ abwickeln. Damit verkürze sich die Bearbeitungszeit der Anlagenzertifizierung von mehreren Monaten auf wenige Wochen, so das 2020 gegründete Start-up. Die sichere und schnelle Integration von großen Photovoltaik-Anlagen sei aber ein weltweites Thema. „Die Nachfrage aus dem Ausland ist jedenfalls schon da“, so Ibsch mit Blick auf die Plattform „gridcert“.

Aktuelle Lage bei der Anlagenzertifizierung

Vor nicht allzu langer Zeit gab es einen großen Rückstau beim Netzgang der Photovoltaik-Anlagen ab 135 Kilowatt Leistung. Befragt nach der aktuellen Situation erklärt Gründer Ibsch auf Anfrage von pv magazine: „Die Situation bei den Zertifizierungsstellen hat sich im Vergleich zum Frühjahr zwar ein wenig entspannt, aber die Anlagenbetreiber müssen nach wie vor viele Wochen auf die Ausstellung des Anlagenzertifikats warten.“ Dies liege vor allem an der Komplexität des gesamten Prozesses. „Die Anlagenbetreiber müssen eine Vielzahl an Informationen an die Ingenieure in den Zertifizierungsstellen liefern, nach denen diese die Anlage dann prüfen. Fehlt ein Wert oder ist eine Information unplausibel, geht es hin und her bis irgendwann endlich alle Daten vorliegen, die für die Prüfung benötigt werden.“

Mit der letzten EEG-Novelle war eine Übergangsfrist für das Anlagenzertifikat für die Photovoltaik-Anlagen ab 135 Kilowatt eingeführt worden. So können die Anlagen vorläufig ans Netz gebracht werden, ohne bereits das finale Zertifikat vorlegen zu müssen. Dafür wird dann weitere Zeit eingeräumt. Mit dem „Solarpaket 1“, was aktuell im Bundestag diskutiert wird, sollen Anlagen bis zu einer Wechselrichterausgangsleistung von 500 Kilowatt und einer maximalen Netzeinspeisung von 270 Kilowatt zukünftig ohne ein Zertifizierungsverfahren nach Netzanschlussregel VDE AR-N 4110 (Mittelspannungsrichtlinie) ans Netz angeschlossen werden dürfen. Für diese Anlagen soll dann die deutlich einfachere Variante der VDE AR-N 4105 (Niederspannungsrichtlinie) ausreichen.

„Die Gesetzesänderung sorgt aktuell für Verunsicherung am Markt, weil sich natürlich erst einspielen muss, welches Verfahren für die eigene Anlage jetzt angewendet werden muss, welche Anforderungen gelten, und was vorgelegt werden muss“, erklärt Ibsch. Dazu komme, dass die Prüfung der Anlagen auf Basis der VDE AR-N 4105 zukünftig den Netzbetreibern zufällt, die ja aktuell ohnehin schon extrem viel zu tun hätten. „Insbesondere Anlagen mit mehr als 270 Kilowatt installierter Leistung haben im Vergleich zu den kleineren Anlagen zusätzliche Anforderungen, die durch den Netzbetreiber bewertet werden müssen. Die Anlagen werden durch diese Maßnahme also auch nicht schneller ans Netz kommen“, so die Einschätzung von Ibsch.

„Ganz generell bin ich kein Freund von der vom BMWK beschlossenen Gesetzesänderung. Die Anlagen bis 500 Kilowatt mit einer maximalen Netzeinspeisung von 270 Kilowatt werden künftig nur noch auf Komponentenbasis geprüft, was den Prozess zwar zeitlich etwas verkürzt. Das Problem ist aber, dass niemand mehr genau hinsieht, ob auch die Gesamtanlage am Ende wie gefordert in Betrieb genommen wurde“, so seine Befürchtung. Nach Ibsch Erfahrung sind bereits heutzutage nur etwa 20 Prozent der nach VDE AR-N 4110 zertifizierten Anlagen auch tatsächlich korrekt ausgelegt, installiert und parametriert. Die anderen Anlagen würden sich damit nicht wie gefordert verhalten, um zukünftig das Stromnetz stabil zu halten.

„Ich hätte mir vom Bundeswirtschaftsministerium gewünscht, dass sie das Übel an der Wurzel packen und sinnvolle Lösungen erarbeiten, um den Prozess des Netzanschlussverfahrens grundlegend zu verbessern“, sagt Ibsch. „Mit der jetzigen Gesetzesänderung werden nur die Symptome behandelt, aber nicht das Problem an sich gelöst.“ Somit bleiben nur zu wünschen, dass mit dem steigenden Ausbau von Photovoltaik und Windkraft das Thema nicht in wenigen Jahren wieder auf dem Tisch liege.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Bayern will 0,3 Cent/kWh Abgabe für große Solarparks verbindlich machen
19 Dezember 2024 Photovoltaik-Freiflächenanlagen ab fünf Megawatt sowie Windkraftanlagen sollen unter die heute vom bayrischen Kabinett verabschiedete Regelung fallen...