Indien: Völlig unberechenbare Photovoltaik-Politik führt zu minus 15 bis 50 Prozent Zubau im ersten Halbjahr

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Indien wird neben den USA oft als „gutes Beispiel“ für eine Solarpolitik genannt. Dabei wird auf den geplanten Aufbau einer starken heimischen Photovoltaik-Industrie verwiesen. Und wie in den USA durch den Inflation Reduction Act (IRA) hat Indien durch sehr hohe Subventionsversprechen viele Ankündigungen und auch bereits in der Realisierung befindliche Investitionen in eine heimische Solarindustrie erreicht. Im Gegensatz zu den USA hatte Indien bereits seit vielen Jahren eine, wenn auch kleine Produktionsbasis für Solarzellen und Module auf kristalliner Basis.

Der heimische Photovoltaik-Markt ist hingegen im ersten Halbjahr 2023 um 15 bis 50 Prozent eingebrochen auf einen unfassbar niedrigen Zubau zwischen 3,6 und 6,8 Gigawatt.

Warum diese Spanne? Binnen fünf Tagen wurden diese beiden Daten auf der indischen Plattform von pv magazine veröffentlicht. Demnach gehen die Analysten von Mercom von 3,6 Gigawatt und die von JMK Research von 6,8 Gigawatt neu installierter Leistung im ersten Halbjahr aus.

Im gesamten Jahr 2023 wird gemäß der Annahmen von JMK Research mit 13 Gigawatt an Photovoltaik-Neuinstallationen gerechnet. Das sind erschreckend niedrige Zahlen sieht man sich das solare Potenzial Indiens und die schiere Größe des Landes an.

Das verfeindete Nachbarland China wird bei ähnlicher Bevölkerung über 150 Gigawatt Photovoltaik in diesem Jahr installieren und hat bekanntermaßen eine sehr große, leistungsfähige und hoch wettbewerbsintensive Solarindustrie. In China setzt die Regierung seit über 20 Jahren ohne Wenn und Aber auf den Ausbau der Photovoltaik, in Produktion und Anwendung vor Ort.

In Indien hingegen gab es neben Zögern vor allem eins: Immer wieder rasch anders lautende Vorgaben für den solaren Ausbau und ständig wechselnde protektionistische Maßnahmen. Total unberechenbar.

Seitdem ich die Entwicklung der Solarenergie in Indien beobachte, habe ich ständig das Gefühl nicht wirklich zu verstehen, was sich dort wann, warum und wie in der Politik ändert. So sind Projekt- und Firmenentwicklungen sowie Warenströme unzuverlässig, nicht kalkulierbar – mal teurer, mal günstiger.

Ich hatte zunächst überlegt hier im Beitrag die prägnanten Entscheidungen zu nennen, die den indischen Protektionismus und seine Folgen für den die dortigen Installationen zu beschreiben. Das ist aber angesichts der Fülle der Meldungen der vergangenen Jahre kaum verständlich und daher möchte ich meinen Lesern empfehlen sich die diverse Meldungen zu Zöllen, Initiativen, dann wieder anderen Zöllen, Zöllen gegen Malaysia, Probleme mit den Solarprojekten im Land durch die Zölle oder auch höhere Preise auf chinesische Module und wieder Ankündigungen für Produktionen seit 2017 auf pv-magazine Indien unter dem Suchbegriff „dumping“ einmal selbst anzusehen.

Es gab in den vergangenen Jahren in Indien immer wieder Anläufe und Ankündigungen zum Photovoltaik- Industrieaufbau – beispielsweise im Jahr 2017, passiert ist dann wenig.

Ich bin gespannt, ob es diesmal klappt. Es sind bereits reale größere Produktionsstätten vorhanden. Zu wünschen wäre es Indien.

Vor allem aber auch der Photovoltaik-Anwendung vor Ort in Form von endlich dem großen solaren Potential und der Größe Indiens angemessenen solaren Installationszahlen. Projektpipelines werden mit über 120 Gigawatt angegeben, diese nun auch zeitnah umzusetzen, bleibt die große Aufgabe. Ob die Projekte auch mit der Zahlungsbereitschaft für die heimischen Produkte einhergehen, wird sich dann auch rasch zeigen.

Letzte Meldungen aus Indien lassen daran erneut Zweifel aufkommen. Denn trotz hoher Zölle günstigerer Importe aus China ist der indische Markt zuletzt angesprungen. Und so versuchen die indischen EPC-Firmen und Projektentwickler die Regierung zu überzeugen, diese Module auch 2024 in ansonsten indischen Produkten vorbehaltenen Ausschreibungen einsetzen zu dürfen.

Gleichzeitig soll der Export von Photovoltaik-Produkten aus Indien auch wesentlich größer werden. Neben bereits aktiven Photovoltaik- Exportländern wie Vietnam, Thailand oder Malaysia könnte dies den globalen Markt weiter diversifizieren.

In der Diktion der EU-Herstellervereinigung ESMC wären allerdings alle Photovoltaik-Produkte aus Indien – wie auch aus den USA wegen der Mittel aus dem IRA – „subventioniert“ und damit „Dumping“. Was einmal mehr die Irrungen und Wirrungen des Protektionismus zeigt.

— Der Autor Karl- Heinz Remmers ist seit 1992 als Solarunternehmer tätig. Zu Beginn mit der Planung und Montage von Solaranlagen sowie der Produktion von Solarthermie-Kollektoren. Seit 1996 dann parallel unter dem Namen Solarpraxis mit eigenen Fachartikeln, Buch- und Zeitschriftenverlag und dem bis heute aktivem Solarpraxis Engineering. Zu den erfolgreichen Gründungen zählen auch die nun von namhaften Partnern gemachte pv- magazine Group und die Konferenzserie „Forum Solar Plus“. Neben Solarpraxis Engineering sind heute Entwicklung, Planung, Errichtung und Betrieb von Solaranlagen als „IPP“ im Fokus der Aktivität. Zudem betreibt er aktive politische Arbeit im Rahmen des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne). Mehr hier: https://www.remmers.solar/ueber-mich/ —

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