pv magazine: Die wieder vermehrten Brände von Heimspeichern sowie die Explosion in Lauterbach sorgen für Beunruhigung unter Anbietern, aber gerade auch bei Endkunden. Können Sie das Risiko vielleicht etwas einordnen?
Simon Schandert: Wenn man online danach sucht, kann man tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass andauernd batteriebetriebene Geräte in Flammen aufgehen. Auch für stationäre Batteriespeicher lassen sich solche Berichte finden, wenn auch recht wenige. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um Einzelfälle, das zeigt auch der Blick auf die Statistiken: Der Bundesverband Energiespeicher Systeme zählt für Deutschland mittlerweile über eine Million installierte Heimspeicher. Die Zahl der jährlich gemeldeten Schadensfälle liegt dagegen im Promillebereich. Das deckt sich auch mit Zahlen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme. Im Bereich der Gewerbespeicher liegt die Zahl der Defekte aus meiner Sicht sogar noch niedriger. Denn hier wird stärker auf Zertifikate und Qualität geachtet und gemeinsam mit Zertifizierungsinstituten unabhängig geprüft.
Überrascht Sie diese Diskrepanz zwischen Statistik und subjektiver Wahrnehmung?
Nicht wirklich. Da es sich bei Batteriespeichern um ein verhältnismäßig neues Thema handelt, ist die Aufmerksamkeit und auch Aufregung bei einem Schadensfall groß. Bestes Beispiel war hier im Juli die „Fremantle Highway“, der in Brand geratene Auto-Frachter. Wochenlang war zu lesen, dass das Feuer durch die Batterien der geladenen Elektroautos ausgebrochen sei – ein großer Image-Schaden für die Elektromobilität. Allerdings ist die eigentliche Brandursache bis heute nicht ermittelt und die Decks, auf denen die Elektroautos standen, sind nahezu unversehrt. Über diese wichtige, aber unspektakuläre Tatsache wurde dann nicht mehr groß berichtet, entsprechend wenige Menschen wissen davon – der Image-Schaden wird dagegen noch lange in den Köpfen bleiben.
Bei der Explosion in Lauterbach soll es sich um eine LFP-Batterie gehandelt haben, bei den Bränden eher um Speicher mit NMC-Zellchemie. LFP galt bisher immer als sicherer, kann man das so stehen lassen?
So einfach ist es leider nicht. Anhand der Grobklassifizierung der Kathoden nach NMC und LFP kann man keine pauschalen Aussagen zur Sicherheit treffen. Die Verharmlosung der Gefahr im Umgang mit LFP ist einer der Gründe für die Häufung von LFP-involvierten Brandfällen. Im konkreten Fall in Lauterbach und mit den gegenwärtig vorliegenden Informationen ist eine Explosion dieser Größenordnung jedenfalls schwer erklärbar. Im schlimmsten Fall kann es bei einem Defekt zum sogenannten „thermal runaway“ kommen. Dabei setzt die Zelle unkontrolliert Energie frei, was sich üblicherweise in einem Brand äußert. Hochwertige Zellen selbst explodieren nicht.
Batteriespeicher verfügen doch auch über Sicherheitseinrichtungen, oder?
Ja, Batteriespeicher verfügen über verschiedene passive und aktive Sicherheitseinrichtungen. Für die Sicherheit ist deshalb nicht unbedingt das Vorhandensein eines einzelnen Merkmals entscheidend, sondern ein auf den Einsatzzweck abgestimmtes Gesamtkonzept. In jedem Fall sollten qualitativ hochwertige Zellen und der neuste Stand der Technik verbaut sein. Keinesfalls darf man auch den Aufstellort unterschätzen. Wir machen dort ganz konkrete Vorgaben, zum Beispiel darf ein Speicher niemals neben anderen Brandlasten stehen. Viele Brände haben ihre Ursache nicht in der Batterie, sondern an anderer Stelle und das Feuer greift schließlich auf den Speicher über. Auch Fehlinstallationen waren schon mehrfach der Grund von Problemen.
Was müssen Hersteller tun, um die Sicherheit ihrer Systeme nachzuweisen?
Zunächst möchte ich noch eine Warnung vor selbstgebastelten Speicherlösungen aussprechen. Online finden sich Anleitungen für haarsträubende Konstruktionen, beispielsweise mit Batterien aus alten Gabelstaplern oder Motorrädern. Das ist im wahrsten Sinne brandgefährlich für Leib und Leben! Wichtig sind Zertifikate von akkreditierten Zertifizierungsinstituten, mit denen die Hersteller eine gewisse Produktqualität nachweisen können. So etwa die „CE“-Konformität mit dem Nachweis geltender Sicherheitsstandards wie zum Beispiel VDE AR E 2510-50 oder IEC EN 62619 durch akkreditierte Institute. Zusätzlich kann die DIN ISO 9001 Auskunft über ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem beim Hersteller geben.
Gehen Sie bei Tesvolt noch über diese Anforderungen hinaus?
Ja, denn es sind aus meiner Sicht noch weitere Tests sehr sinnvoll. Wir führen Klimatests und Thermomessungen, Brandversuche und Abuse-Tests durch. Zusätzliche Verbundtests prüfen außerdem das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten. Am Ende ist es immer ein Zusammenspiel aus Batteriespeicher, Wechselrichter und Photovoltaik-Anlage. Darüber hinaus sollte eine externe Sensorik verbaut sein, die auch das Umfeld des Speichers überwacht. Mit diesen Zertifikaten und Tests zeigt ein Hersteller, dass er sein Produkt in der Gänze und im Zusammenhang durchdrungen hat und nicht nur einzelne Aspekte während der Entwicklung unter die Lupe kamen.
Gehen alle Hersteller so vor?
Nein, leider nicht. Wir sprechen hier von teils sehr aufwendigen Verfahren, die Zeit und Geld kosten. Das wird am Ende auf den Produktpreis umgelegt. Auch während der Lebensspanne des Batteriespeichers ergibt sich für den Endkunden ein regelmäßiger Wartungsaufwand. Aus guten Gründen müssen wir mit unseren Autos ja auch regelmäßig zum TÜV und nicht umsonst prüft der Schornsteinfeger jährlich die Gasheizung. Wir nutzen täglich Technologien, bei denen eine Fehlfunktion verheerende Folgen haben kann. Deshalb setzen wir uns zusammen mit anderen Qualitätsherstellern in den entsprechenden Gremien auch für zusätzliche Zertifizierungen und Prüfungen ein. Sicherheit muss an oberster Stelle stehen.
Würden Sie sagen, dass der steigende internationale Wettbewerbsdruck vielleicht auch zulasten von Qualität und Sicherheit gehen könnte?
Ich denke, dass alle Unternehmen unter Druck stehen, ihre Kosten zu optimieren. Dabei leisten die Globalisierung und das momentane wirtschaftliche Umfeld sicherlich ihren Beitrag. Bei der stark steigenden Zahl von Herstellern, besonders aus China, gibt es leider auch solche, die an Stellen sparen, wo es zunächst nicht auffällt. Zum Beispiel bei freiwilligen Zertifikaten und Tests oder bei der Qualität und Haltbarkeit einzelner Komponenten. Gerade der Endkunde hat nur begrenzte Möglichkeiten, das zu überprüfen.
Haben Sie eine Empfehlung, worauf Endkunden beim Kauf eines Batteriespeichers achten sollten?
Über die Zertifikate haben wir schon gesprochen. Der Vorteil ist hier, dass auch Fachfremde überprüfen können, ob ein Stromspeicher die entsprechenden Nachweise erhalten hat oder nicht. Akkreditierte Zertifizierungsinstitute aus Deutschland und den USA würde ich dabei vorziehen, denn viele Hersteller zertifizieren in Ländern, wo das Know-how beim Zertifizierer nicht so hoch ist und dadurch die Hürde deutlich geringer liegt, ein Zertifikat zu erlangen. Im Zweifelsfall sollte man sich die Zertifikate vom Hersteller zeigen lassen. Daneben empfehle ich, auf die Verwendung qualitativ hochwertiger Batteriezellen eines Markenherstellers zu achten. Ein guter Service und Support sollten auch vorhanden sein, bei der Kaufberatung sowie im Fall von Problemen. Und nicht zuletzt geben verständliche Installations- und Betriebsanleitungen sowie Garantiebedingungen einen Hinweis darauf, wie sehr sich der Hersteller mit Details befasst hat.
Und was gibt es bei der Installation zu beachten?
Wenn ich mich dann für ein System entschieden habe, sollte die Installation nur von einem Fachbetrieb entsprechend der Herstellervorgaben vorgenommen werden. Einige der uns bekannten Vorfälle sind darauf zurückzuführen, dass die Systeme falsch installiert wurden. Und schließlich müssen unbedingt die vom Hersteller geforderten Wartungs- und Prüfzyklen eingehalten werden.
Wäre es ratsam, die Speicher grundsätzlich außerhalb des Hauses aufzustellen?
Das kann man so generell nicht sagen. Es braucht einen geeigneten Installationsraum, egal ob draußen oder drinnen. Lassen Sie mich das am Beispiel eines üblichen Hauswirtschaftsraums erklären. Hier befinden sich der Hausanschluss für Wasser, Strom und Internet, der Sicherungskasten sowie die Gasheizung, Waschmaschine und Trockner. Der Raum ist gefliest, vielleicht sogar im Keller. Eigentlich ein passender Aufstellort für den Speicher, oder? Leider nicht. Denn der Batteriespeicher steht in der Nähe eines Gasanschlusses, vielleicht sogar der Gastherme selbst. Bei einem Defekt könnte Gas an den Batteriespeicher gelangen. Kommt es dann durch eine zufällige Fehlfunktion eines elektrischen Gerätes, etwa des Trockners, zu einem Funken, wäre das der Auslöser einer Katastrophe. Unfälle sind immer die Summe ungünstiger Faktoren. Nur mit einer sicheren Speichertechnik, einer fachgerechten Installation und regelmäßiger Wartung kann ich einen Batteriespeicher langfristig sicher betreiben. Und natürlich könnte ich auch in dem beschriebenen Hauswirtschaftsraum einen Speicher betreiben. Dann bräuchte ich aber eine passende Sensorik am Aufstellort, wie zum Beispiel eine Gas- und Brandmeldeanlage mit Löscheinrichtung.
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Zitat: „… beispielsweise mit Batterien aus alten Gabelstaplern oder Motorrädern.“
Hier dürfte es sich i.d.R. um Blei-Batterien handeln, die kennen keinen Thermalrunaway. Die kriegen ggfs. „dicke Backen“ und auch nur dann, wenn ganz grobe Ladefehler, zB deutlich zu hohe Ladespannung, vorliegen.
Wenn er Li-Ionen Bastelsätze angesprochen hätte, dann okay, aber zu jeder Li-Ionen Batterie gehört immer ein BMS.