Auf der Suche nach schnellen und effizienten Methoden, den Klimawandel und seine Folgen aufzuhalten, kommen wir um eines nicht umhin – die Energiewende: der Wechsel von traditionellen, meist fossilen, Energiequellen hin zu erneuerbaren, wie Wasserkraft, Sonnenlicht und Wind. Weltweit sind wir fern von der in den globalen Nachhaltigkeitszielen angestrebten „bezahlbaren und sauberen Energie für alle“. Wie also können wir diesen Wandel rechtzeitig vorantreiben? Ein maßgeblicher Hebel liegt in der Projektentwicklung – oder anders gesprochen: Sie gilt derzeit als eines der größten Hindernisse. Bevor Windturbinen errichtet und Solarmodule installiert werden, stehen Projektentwickler vor einer Vielzahl an Herausforderungen. Von bürokratischen Hürden wie dem Erlangen von dutzenden behördlichen Genehmigungen über komplexe Projektrechte bis hin zu lokalen Besonderheiten, die sorgfältig navigiert werden müssen – ohne Sicherheit alle erforderlichen Genehmigungen letztendlich zu erhalten. All diese Schritte erfordern viel Arbeit, Ressourcen und vor allem Zeit – Zeit, die angesichts der Dringlichkeit eines neuen Energiesystems nicht verschwendet werden sollte.
Die Energiewende im Überblick: Engpässe und Hürden
Bevor wir die Rolle der Projektentwicklung näher betrachten, müssen wir einen Blick auf die Herausforderungen werfen, die die Energiewende begleiten: finanzielle Hindernisse, politische Barrieren, Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz und komplexe technische Probleme. Es gibt etliche Hürden, die genommen werden müssen, ehe eine Photovoltaik-Anlage damit beginnen kann, Licht in Strom umzuwandeln. Die Projektentwicklung spielt eine Schlüsselrolle beim Überwinden dieser Engpässe. Sie bildet die Brücke zwischen Ideen und Umsetzung und verwandelt ehrgeizige Ziele für erneuerbare Energien in konkrete, funktionierende Projekte.
Alles beginnt mit der Planung erneuerbarer Energieanlagen. Hierfür müssen sich Entwickler auf die Suche nach einem geeigneten Standort machen, Vereinbarungen mit Grundstückseigentümern treffen, Netzanschlüsse beantragen, lokale Faktoren wie Umweltschutz oder rechtliche Anforderungen verstehen und berücksichtigen, sowie Vereinbarungen mit örtlichen Gemeinschaften und politischen Institutionen treffen. Ohne effektive Projektentwicklung bleiben selbst vielversprechende Konzepte für erneuerbare Energien in der Schublade liegen. Und: All diese Schritte erfordern eine tiefe Fachkenntnis der erneuerbaren Energietechnik nebst der Genehmigungsverfahren, sowie erhebliche finanzielle Ressourcen.
Mut zum Risiko: Die Struktur einer Investition im Laufe der Zeit
Die Finanzierung eines Photovoltaik-Projekts birgt zu Beginn ein hohes Realisierungsrisiko, das sich allmählich, in der Betriebsphase, verringert.
Im Umkehrschluss bedeutet dies für Projektentwickler ein hohes finanzielles Risiko – das mitunter vor der Aufnahme weiterer Projekte oder gar dem Einstieg in die Projektentwicklung abschreckt, da Kosten für die Entwicklung vorgestreckt werden müssen. Sie sind daher auf Investoren angewiesen, die diesen essenziellen Schritt in Richtung Energiewende finanzieren und ermöglichen – insbesondere weil Einnahmen aus dem Verkauf von Projektrechten erst zwei bis fünf Jahre später erwartet werden können.
Die Risikolandschaft ist komplex und geprägt von einem dichten Netz aus regulatorischen Feinheiten, administrativen Anforderungen, dem Mangel an spezialisiertem Planungswissen, lokalen Meinungen und der Einzigartigkeit des Kontexts. All diese Faktoren tragen dazu bei, den Prozess erheblich zu verlangsamen. Im Schnitt beträgt die Entwicklungsphase von Photovoltaik-Projekten und Batteriespeichersystemen zwei Jahre, für Windprojekte sind es gar bis zu fünf Jahre. Branchenbeobachtungen zeigen, dass nach der ersten Suche nach möglichen Standorten nur ein Bruchteil aller Projekte alle nötigen Genehmigungen erhält und schließlich die Baureife (in Fachkreisen als „Ready-to-Build“ bezeichnet) erreicht. Folglich werden beträchtliche Ressourcen während dieses Prozesses verschwendet.
Die Grafik zeigt die Entwicklung des Investitionsrisikos im Laufe der Zeit und die Vorhersagbarkeit des Cashflows. Das Risiko ist während der Projektentwicklung am höchsten und nimmt im Laufe der Zeit ab. Umgekehrt steigt die Vorhersagbarkeit des Cashflows, je weiter das Projekt fortschreitet. Während viele Investoren erst dann in die physische Energieinfrastruktur investieren, wenn Projekte den Status „Ready-to-Build“ erreicht haben, liegt ein massiver Erfolgsfaktor der Energiewende im Bereich der Projektentwicklung und deren Finanzierung.
In Teil 2 werden wir tiefer eintauchen in das besondere Verhältnis zwischen Investoren und Projektentwicklern. Wir sprechen darüber, was es für eine erfolgreiche Zusammenarbeit braucht und wie wir gemeinsam mit unseren Entwicklungspartnern Hindernisse überwinden.
Über die Autoren:
Martin Körner und Florian Steffen sind Senior Investment Associates bei Pelion Green Future und treiben zusammen mit unseren Entwicklungspartnern die Entwicklung von erneuerbaren Energieprojekten voran. https://www.peliongreenfuture.com/
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Danke für den Artikel.
Könntet ihr die im Artikel eingefügte Grafik zur „Risikoentwicklung eines Projekts“ in leserlicher Qualität übers backend nochmals uploaden?
Jetzt haben die Autoren nochmal die Grafik in größerer Auflösung geliefert. Wir haben sie ersetzt.
Eine Änderung der EnergieErzeugung Richtung „grüner Energie“ bringt zwar weniger KohlenDioxid — wie siehts aber wohl mit der Ab-Wärme aus ? :
WindKraft gibt gut 40% NutzEnergie, also knapp 60% AbWärme
PhotoVoltaik bringt rund 20% NutzEnergie-
also knapp 80% Abwärme —
was unterm Strich heisst, dass die „direkte“ Erderwärmung -im Vergleich zur „VerbrennungsTechnik“, welche rund 40% NutzEnergie bringt,
mit „grünem EnergieMix“ sogar noch zunimmt !
Unsinn! Wenn z.B. das Dach eines Hauses neu mit PV Modulen belegt wird, dann ändert dies nichts an der von der Sonne kommenden elektromagnetischen Strahlung. Ohne die PV Module wird ein großer Teil der Strahlung von den Dachziegeln direkt in Wärme gewandelt. Mit PV Modulen wird nun ein Tei in Strom gewandelt und ein Teil in Wärme. Je nach Reflexionsverhalten (Dachziegel / PV Modul) wird ein – in der Regel recht kleiner – Teil der Strahlung in den Weltraum zurück reflektiert, der so die Erde nicht erwärmen kann.
Beim Wind ist es analog: Ein Baum im Wind bewegt sich und so wird durch die im Holz entstehende Reibung ein kleiner Teil in Wärme umgesetzt und lokal die Windgeschwindigkeit reduziert. Mit dem Windrad sinkt die Windgeschwindigkeit dahinter ebenso und der Beispielbaum bewegt sich etwas weniger. Die jeweils dem Wind entnommende Energie wird beim Windrad aber nur zum Teil direkt in Wärme gewandelt dank dem Strom für andere Zwecke.
Der Strom wiederum wird zum allergrößten Teil letztendlich auch wieder zu (Ab-)Wärme so dass in der Summe die Erneuerbaren Energien keine Änderung der Wärme bedeuten.
Anders sieht es mit der „Verbrennungs-Technik“ (auch bei regenerativen Brennstoffen) aus. Denn die chemisch gebundene Energie wird, wenn auch teilweise über den Umweg des Stromes, komplett in Wärme umgesetzt.
Wenn also die „direkte“ Erderwärmung reduziert werden soll, muss auf Sonnenlicht, Wind Wasserkraft etc. gesetzt werden!
Ich sehe mehrere Maßnahmenbereiche, die auf verschiedenen Ebenen ansetzen, aber alle miteinander verbunden sind, um die Hemmnisse für die Freiflächen-PV zu beseitigen:
1. Grundsätzlich hielte ich es für sehr zielführend, wenn von der durch Investoren getriebenen Nachfrageplanung auf eine koordinierte Angebotsplanung seitens der Kommunen umgestellt würde. Kommunen sollten im Einvernehmen mit Nachbarkommunen, Naturschützern, Stadtwerken und Netzbetreibern circa 3 % ihres Gemeindegebietes für PV-Freiflächenanlagen bis zur Baugenehmigung entwickeln, welche eine Mindestgröße von jeweils 10, besser 20 Hektar haben. Eventuell sind dafür interkommunale Projekte notwendig. Die Baugenehmigungen könnten dann an heimische Investoren (Stadtwerke, Kommunalwerke, Bürgerenergiegenossenschaften) verkauft werden, um die Entwicklungskosten wieder einzuspielen. Um Pachtpreisexzesse zu vermeiden, kann die jeweilige Kommune als Zwischenpächter für die Fläche der PV-Freiflächenanlagen auftreten und partizipiert so auch noch dauerhaft durch Pachteinnahmen von der Energiewende vor Ort.
2. Stetige Optimierung und Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen in folgenden Bereichen:
a. EEG (aktuell der Gesetzentwurf zum Solarpaket 1 – siehe dazu meine Meinung im pv-magazine vom 11.10.2023,
b. Agrarrecht (Biodiv-Solarparks als Landwirtschaft und als GLÖZ-8 Stilllegungsfläche)
c. Steuerrecht (Erbschaftssteuer, Grundsteuer)
d. Raumordnungsgesetz des Bundes
e. Landesentwicklungspläne der Bundesländer und den nachgeordneten Regionalplänen (Stichwort Raumbedeutsamkeit: Bis 30 Hektar Flächengröße sollten PV-Freiflächenanlagen grundsätzlich als NICHT-Raumbedeutsam gelten).
3. Radikale Veränderung des Energiemarktdesigns.
Für eine wohlüberlegte, sichere, gemeinwohlorientierte, regionale und preiswerte Energieversorgung, deren Wertschöpfung vor Ort bleibt, die zur Unabhängigkeit von Importen führt, die gute Arbeitsplätze schafft, die Klima- und Biodiversitätskrise gemeinsam beackert, lohnt es sich zu streiten. Also streite ich dafür, dass sich das Energiemarktdesign radikal ändert. Meine Vorstellungen sind:
a. Separate Netzentwicklungspläne für Stromnetze, Gasnetze, Wärmenetze (Kältenetze) sind zu wenig. Die lohnenswerte Sektorenkopplung im Zuge der Energiewende bedarf dringend eines gemeinsamen Netzentwicklungsplans für Strom-, Gas- und Wärme/Kälte.
b. Damit der Netzbetrieb gemeinwohlorientiert und sicher funktioniert, plädiere ich für eine Energieinfrastruktur als Gemeinschaftsgut. Also bin ich für eine Zusammenfassung aller Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber zu einer einzigen „Deutschland-Netz-Genossenschaft“ – deren Genossen alle Stadtwerke sind. Auch plädiere ich für eine Rekommunalisierung der lokalen Energienetzbetreiber. Diese sind die zentralen Akteure eines dezentralen Energiesystems. Mit dem Netzbetrieb sollte kein Gewinn gemacht werden müssen. Das würde nicht nur die Zusammenarbeit aller Netzbetreiber vereinfachen, sondern die Energieinfrastruktur demokratisch kontrollierbarer machen.
c. Energiespeicherung gehört als zentrale Zukunftsaufgabe zum Netzbetrieb. Sie ist der Job der Netzbetreiber auf allen Netzebenen – also auch im Niederspannungsnetz – an den verschiedenen Netzknoten (Umspannwerken, Trafostationen, Quartierlösungen, Ortsnetzstationen und so weiter.). Damit wird es leichter, die bei jeder Transformation, jedem Ein- und Ausspeichern anfallende Abwärme zu nutzen. Die Abwärmenutzung – die kommende Königsdisziplin der Energiewende – erfolgt in der Hauptsache durch Nahwärmenetze, an die möglichst viele Abnehmer angeschlossen werden. Paradebeispiel dafür ist Dänemark: https://www.kea-bw.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Experience_with_heat_planning_in_Denmark_-_GermanSummary.pdf
Siehe zu Punkt 3 auch meinen darüber hinausgehenden Artikel im pv-magazine vom 24.01.2023: https://www.pv-magazine.de/2023/01/24/energiewende-ja-aber-wie/