Weltweit forschen Institute zwischen 5- und 30-mal mehr an Alternativen für Lithium-Ionen-Batterien als an der Weiterentwicklung dieser Batterien. Es steht also ein neues Zeitalter nach der Lithium-Ionen-Batterie bevor, doch wer sind die Anwärter für eine Nachfolge, wie technologisch ausgereift sind die Technologien und hat Europa eine Chance mehr Technologiesouveränität zu erlangen? Diesen Fragen sind Forschende des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung nachgegangen.
In dem Bericht „Alternative Battery Technologies Roadmap 2030+“ bewerten die Forschenden eine ganze Reihe an Alternativen zu Lithium-Ionen-Batterien anhand ihrer technologiespezifischen Vorteile, etwaige Anwendungsgebiete und Technologiesouveränität für Europa und Deutschland. Die technologisch verfügbaren Alternativen lassen sich unter den Kategorien Metall-Ionen-Batterien, Metall-Schwefel-Batterien, Metall-Luft-Batterien und Redox-Flow-Batterien zusammenfassen.
Kasten:
Welche Alternative gibt es?
Metall-Ionen (Me-ion)
- Natrium-Ionen-Batterien
- Natrium-Ionen-Salzwasser-Batterien
- Magnesium-Ionen-Batterien
- Zink-Ionen-Batterien
- Aluminium-Ionen-Batterien
Metall-Schwefel (Me-S)
- Lithium-Schwefel
- Natrium-Schwefel Raumtemeratur
- Natrium-Schwefel Hochtemperatur
Metall-Luft (Me-air)
- Lithium-Luft
- Zink-Luft
Redox-Flow-Batterien (RFBs)
- Vanadium-Redox-Flow
Metall-Ionen Batterien
Natrium-Ionen-Batterien stehen am Anfang ihrer kommerziellen Verwendung. Einige Zellhersteller bieten sie bereits an. In kleineren Elektrofahrzeugen sowie Zweirädern kommen sie bereits zum Einsatz. Die Energiedichte im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien ist deutlich geringer, was allerdings durch Kostenvorteile durch den Verzicht auf Lithium wieder ausgeglichen werde. Dennoch wird die Technologie auch auf lange Sicht höchstens in kleineren Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommen, schätzen die Autoren des Berichts. Zudem dürften diese Batterien wegen, ihrer Ressourcenverfügbarkeit, Sicherheit und Tiefentladefähigkeit vermehrt auch in stationären Anwendungen zum Einsatz kommen.
Magnesium-Ionen-Batterien hingegen können hohe gravimetrische und volumetrische Energiedichten erreichen. Sie liegen höher als bei Lithium-Ionen-Batterien. Das könnte diesen Batterien eine Marktnachfrage bei schweren Lastfahrzeugen verschaffen. Das dürfte aber erst ab 2040 der Fall, heißt es in dem Bericht. Zunächst kämen sie in stationären Anwendungen zum Einsatz.
Zink-Ionen-Batterien haben eine deutliche geringere Energiedichte als Lithium-Ionen-Batterien, schreiben die Autoren. Bei großen stationären Speichern, wie Netzspeicher macht das aber nichts aus. Hier könnten sie schon ab 2025 auf den Markt kommen.
Aluminium-Ionen Batterien hätten das Potenzial zu einer höheren Leistungsdichte als Lithium-Ionen-Batterien. Zudem versprechen sie hohe C-Raten zu erreichen, sagen die Autoren des Berichts und sie wäre zyklusstabil. Jedoch läge ihre Energiedichte unter den heutigen Lithium-Ionen-Batterien. Das verschaffe den Aluminium-Batterien höchstens ein Einsatzgebiet in Zügen und stationären Anwendungen wie Netzspeicher oder Schnelllade-Booster für Ladesäulen.
Schwefel-Batterien
Schwefel-Batterien seien auch vielversprechend. Lithium-Schwefel könnte zu einer höheren gravimetrischen Energiedichte führen. Allerdings auf Kosten der volumetrischen Energiedichte und der Zyklenstabilität. Dennoch schätzen die Forschenden, dass ab Mitte des nächsten Jahrzehnts, größere Drohnen und senkrecht startende Elektrofluggeräte mit solchen Batterien ausgestattet werden können.
Natrium-Schwefel-Batterien gibt es als Raumtemperatur und als Hochtemperatur Ausführungen. Die Hochtemperatur-Version dieser Batterie könnte es in puncto gravimetrischer Energiedichte mit modernen Lithium-Ionen-Batterien aufnehmen, allerdings sei das System teurer und ineffizienter. Kostenvorteile ergeben sich hingegen bei Raumtemperatur-Ausführung der Natrium-Schwefel Batterien.
Metall-Luft-Batterien
Eine wirkliche Verbesserung im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien würde eine Lithium-Luft-Batterie darstellen. Theoretische seien sehr hohe gravimetrische Energiedichten möglich. Die Autoren des Berichts attestieren dieser Technologie allerdings noch einen hohen Forschungsbedarf – gerade im Bereich der Zyklusstabilität.
Zink-Luft-Batterien hingegen weisen bereits eine technologische Verfügbarkeit auf. Sie können eine hohe Energiedichte erreichen, schreiben die Autoren. Die Vorteile gegenüber Lithium-Ionen-Batterien lägen bei den geringen Rohstoffkosten und des kleineren CO₂-Fußabdruckes. Einen Nachteil haben Zink-Luft-Batterien: eine geringe Leistungsdichte. Wenn die technischen Probleme von Lithium-Luft-Batterien nicht gelöst werden können, eröffnet können Zink-Luft-Batterien die gleichen Anwendungsfelder wie Lithium-Luft-Batterien abdecken. Mittelfristig seien Zink-Luft-Batterien als große Pufferspeicher, wie in den Innovationsausschreibungen gewollt, einsetzbar.
China und Japan bleiben führend
Auch bei neuen Batterietechnologien wird China die Nase vorn behalten. Die Forschende verglichen die Anzahl an Artikel, die in wissenschaftlichen Fachjournalen erschienen sind. In allen Technologien, außer Redox-Flow, veröffentlichten chinesische Institute mehr Artikel als der Rest der Welt zusammen. Zudem verglichen die Autoren des Berichts, angemeldete Patente für die verschiedenen Batterietechnologien. Spitzenreiter in fast allen Technologien ist Japan – gefolgt von den China und den USA. Allerdings ist das Feld hier deutlich enger. Bei Natrium-Ionen-Batterien, halten japanischen Forschungseinrichtungen 25 Prozent der Patente, chinesischen 22, US-amerikanischen 21 und solche aus der Europäischen Union 18 Prozent. Insgesamt sehen, die Autoren, dass die EU-Staaten bei allen neuen Batterietechnologien Publikations- und Patentanteile von 15 bis 20 Prozent halten. Im Vergleich zur Lithium-Ionen-Batterie stelle das eine Verbesserung dar.
„Gerade in der Anfangsphase, in der die zukünftige Marktentwicklung noch ungewiss ist, können Anreize für die Industrie hilfreich sein“, sagt Annegret Stephan, wissenschaftliche Koordinatorin des Berichts. „Ein ganzheitlicher politischer Ansatz, der die gesamte Lieferkette, die Grundlagenforschung zu technologiespezifischen Fragen, Patenten, Produktionsprozessen, die Sicherung von Ressourcen und die Perspektiven von Endnutzenden berücksichtigt, ist hier essentiell.“ Allerdings sei dies auch mit hohen Kosten und Risiken verbunden.
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