Negative Emissionen: Rückzug des Autorenteams

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Ein Autorenteam, bestehend aus Jörg Tremmel, Bernhard Steinberger, Josef Zens, Sven Linow, Christian Breyer, Christoph Gerhards, Doris Vollmer, Carsten Fichter und Christian Masurenko, hatte eine Präsentation mit dem Titel „Negative Emissionen: Eine neue Phase der Klimapolitik zur langfristigen Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1°C über vorindustriellem Niveau“ an Bundestagsabgeordnete versendet. Jede Folie trug das Logo der Scientists for Future. Die Präsentation und auch das ihr zugrunde liegende gleichnamige Papier wurden im pv-magazine unter dem Titel „Scientists for Future: Weichenstellung bezüglich Klimakatastrophe hat 10 bis 20 Jahre Zeit“ beziehungsweise „Negative Emissionen“ kritisch kommentiert.

Offensichtlich löste das interne Diskussionen bei den Scientists for Future (S4F) aus mit dem Ergebnis, dass Präsentation und Papier keineswegs der Meinung der S4F insgesamt entsprechen. Dem mussten die Verfasser in Form des folgenden, ihrem Papier nun vorangestellten Satzes Rechnung tragen: „Dieser Text wurde von Wissenschaftler:innen verfasst, die sich im Rahmen der „Scientists for Future“ engagieren und stellt die Sichtweise der Autor:innen, nicht aber aller bei Scientists for Future aktiven Wissenschaftler:innen dar.“

Etwa gleichzeitig brachten die S4F die Stellungnahme „Keine Parteigrenzen für die Klimapolitik – Ein Plädoyer für eine überparteiliche Klimapolitik innerhalb der planetaren Grenzen“ heraus. Hierin werden die „Negativen Emissionen“ klar in ihre Schranken verwiesen: Es sei zwar „wichtig, die Weichen für negative Emissionen zu stellen, um langfristig in einen Bereich innerhalb der planetaren Grenzen zurückkommen zu können“, aber „Negative Emissionen sind gemäß SRU [Sachverständigenrat für Umweltfragen] derzeit weitgehend spekulativ. Sie sind daher vorerst nicht in einem Restbudget zu verrechnen“. Weiter wird auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verwiesen, wonach Negativemissionstechnologien aufgrund ihrer Unsicherheiten nicht in Emissionsminderungspfade einbezogen werden dürfen.

Die Stellungnahme wurde von über 400 Wissenschaftlern unterzeichnet, während über das neunköpfige Autorenteam von Präsentation und Papier hinaus keine weiteren Unterstützer bekannt sind. Einige an der Verfassung des Papiers Beteiligte finden sich nun sogar unter den Unterzeichnern der Stellungnahme. – Angesichts des im Team geschätzten Mottos „sowohl als auch“ nicht erstaunlich und gleichzeitig ein weiterer Beleg, wie es im Kontext von CCS mit „Verlässlichkeit“ bestellt ist.

Im Übrigen hebt sich die Stellungnahme der S4F nicht wirklich von den zahlreichen bereits existierenden allgemeinen Appellen für „mehr Klimaschutz“ ab. Sie bezieht sich auf den SRU und auf den Expertenrat für Klimafragen (ERK), die auf Grundlage der „Klimaphysik“ ein Restbudget von Treibhausgasemissionen errechnet haben, welches Deutschland noch zur Verfügung stehen würde. Darin sehen die S4F die „empirisch gesicherte … Basis“ für ein „überparteiliches und gesamtgesellschaftliches Handeln“.

Doch wie können Aussagen, die die Zukunft betreffen, jemals „empirisch“ sein?!

Bezüglich „Restbudget“ sei an die bereits 2021 von Hans-Josef Fell unter Verweis auf die „Offene Akademie“ getroffene Feststellung erinnert: „Es gibt kein CO2-Restbudget mehr“.

Im Juni 2022 schrieb Fell: „Ja kennen denn die Wissenschaftler des SRU nicht die Berichte der Weltorganisation für Meteorologie, wonach die Welt in 2026 bereits 1,5 Grad Celsius überschritten haben wird? Wie soll es denn dann nach 2026 noch eine zu emittierende Menge an CO2 geben, um 1,5 Grad Celsius einzuhalten? Diese Botschaften von Klimawissenschaftlern, wonach die Welt noch ein „ungefährliches“ und damit erlaubtes Kohlenstoffbudget habe, ist der Grundfehler der Klimawissenschaft. Damit wurde der Welt immer signalisiert: Ihr könnt ruhig noch emittieren. Und genau das hat dann die Weltgemeinschaft getan, mit der fatalen Folge, dass wir heute bei 421 ppm stehen. (…) Es ist zum Verzweifeln! Die Unbelehrbarkeit von Wissenschaft, über Medien, bis hin zu Politik und insbesondere in die Chefetagen der fossilen Konzerne über die wirkliche Dramatik der Erdüberhitzung ist verheerend.“

In allgemeiner Form kritisieren die S4F die Bundesregierung: „Unserer Einschätzung nach genügen die bisherigen Maßnahmen der Regierung nicht.“ Oder:  „Das Klimaschutzprogramm 2023 entspricht nicht den Anforderungen an ein Klimaschutzprogramm gemäß Klimaschutzgesetz.“

Konkreter Forderungen wie „Stopp dem weiteren Ausbau einer LNG-Infrastruktur!, „Kein blauer Wasserstoff!“ oder „Keine CO2-Verpressung!“ beziehungsweise „Alle Gelder, alles Potenzial für den schnellstmöglichen Aufbau einer 100-prozentigen Versorgung durch erneuerbare Energien“ oder „Schnellstmöglicher Umbau der Industrie auf klimafreundliche Verfahren“ enthalten sie sich.

In diesem Fall ist Enthaltsamkeit aber gar nicht gut. Wie soll das Ruder noch herumgerissen werden, wenn man sich nicht traut, an die Pinne zu greifen?!

— Der Autor Christfried Lenz politisiert durch die 68er Studentenbewegung, Promotion in Musikwissenschaft, ehemals Organist, Rundfunkautor, Kraftfahrer und Personalratsvorsitzender am Stadtreinigungsamt Mannheim, Buchautor. Erfolgreich gegen CCS mit der BI „Kein CO2-Endlager Altmark“, nach Zielerreichung in „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ umbenannt und für Sanierung der Erdgas-Hinterlassenschaften, gegen neue Bohrungen und für die Energiewende aktiv (https://bi-altmark.sunject.com/). Mitglied des Gründungsvorstands der BürgerEnergieAltmark eG (http://www.buerger-energie-altmark.de/). Bis September 2022 stellvertretender Sprecher des „Rates für Bürgerenergie“ und Mitglied des Aufsichtsrates im Bündnis Bürgerenergie (BBEn). Seit 2013 100-prozentige Strom-Selbstversorgung durch Photovoltaik-Inselanlage mit 3 Kilowattpeak und Kleinwindrad. —

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