Die Ankündigung kommt nicht ganz überraschend: Meyer Burger will in den USA nun doch eine Fertigung für seine Heterojunction-Solarzellen aufbauen. Das Werk soll in Colorado Springs im US-Bundesstaat Colorado entstehen und eine anfängliche Produktionskapazität von zwei Gigawatt Solarzellen pro Jahr haben, wie das Schweizer Photovoltaik-Unternehmen am Montag mitteilte. Die im neuen Werk hergestellten Solarzellen seien exklusiv für die eigene Modulfertigung bestimmt, die aktuell in Goodyear im US-Bundesstaat Arizona entsteht. Die Photovoltaik-Produkte seien für den nordamerikanischen Markt bestimmt.
Der Produktionsbeginn in dem neuen Werk ist für das vierte Quartal 2024 geplant, wie Meyer Burger weiter mitteilte. Es würden 350 direkte Arbeitsplätze geschaffen. Beim Aufbau der Produktion kann Meyer Burger zudem auf staatliche Unterstützung setzen. Die Investition werde durch eine Steuergutschrift im Rahmen des Inflation Reduction Acts (IRA) und damit zusammenhängenden Maßnahmen ebenso gefördert, darüber hinaus durch die Unterstützung des US-Bundesstaates Colorado und der Stadt Colorado Springs. Meyer Burger rechnet mit Steuergutschriften von bis zu 1,4 Milliarden US-Dollar allein aus dem IRA für den Zeitraum 2024 bis 2032 für die Produktion von zwei Gigawatt Solarzellen und Solarmodulen in den USA. Dazu kämen nochmals rund 90 Millionen Euro von Stadt und Bundesstaat in Form von Steuergutschriften, direkter Unterstützung und vergünstigten Strom- und Wassertarifen. Zudem seien Vorauszahlungen von Modul-Abnehmern und ein Darlehen des US-Energieministeriums (DoE) in Höhe von insgesamt mehr als 300 Millionen US-Dollar absehbar.
Ursprünglich wollte Meyer Burger das Modulwerk in den USA mit Heterojunction-Solarzellen aus Deutschland versorgen. Mit der Ausweitung der Geschäftsstrategie auf Solarzellen „Made in USA“ reagiert Meyer Burger nach eigenen Angaben auf Marktanforderungen, die sich aus neuen Regulierungen ergeben: Kürzlich habe das US-Finanzministerium Richtlinien für die Qualifizierung von „domestic content“ bekannt gegeben. Diese ermöglichen einen zusätzlichen zehnprozentigen Bonus auf die Investitionssteuergutschrift (ITC) für US-Photovoltaik-Projekte. „Meyer Burger ist der festen Überzeugung, dass inländisch hergestellte Solarzellen unseren Kunden einen zusätzlichen Nutzen bringen, sowohl in Bezug auf die Verwendung von erstklassigen Hochleistungs-Solarprodukten ‚Made in USA‘ als auch zur Qualifizierung für zusätzliche Steuergutschriften“, begründete Gunter Erfurt, CEO von Meyer Burger. Nach seinen Aussagen arbeitet der Hersteller zudem an weiteren Multi-Gigawatt-Abnahmeverträgen in den USA mit neuen Kunden. Drei solcher Vereinbarungen konnte Meyer Burger bereits mit DESRI, Ingka und Baywa re schließen.
Zellfertigung in Deutschland wird langsamer ausgebaut
Die zwei Gigawatt jährliche Produktionskapazität müssen auch noch nicht das Ende sein. „Wir prüfen bereits Möglichkeiten, weitere Produktionskapazitäten für Solarzellen und -module in den USA aufzubauen“, so Erfurt weiter. Der schnellere Ausbau der Fertigung sei durch eine Umleitung von Produktionsmaschinen möglich. So werde Produktionsequipment, was für die angekündigte Erweiterung der Solarzellen-Fabrik am deutschen Standort Thalheim vorgesehen war, nun in den USA installiert. Damit solle der geplante Produktionsbeginn im Jahr 2024 erreicht werden. Der Ausbau der Solarzellenfertigung in Thalheim in einen Mulit-Gigawatt-Bereich werde zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Dafür hat Meyer Burger kürzlich Mittel aus dem EU-Innovationsfonds zugesagt bekommen. „Voraussetzung für solche Investitionen sind günstige Marktbedingungen und sichere, faire Wettbewerbsbedingungen für europäische Solarhersteller in der EU“, hieß es von Meyer Burger. CEO Gunter Erfurt kündigte auch an, dass sich Meyer Burger an dem aktuell noch laufenden Interessensbekundungsverfahren des Bundeswirtschaftsministeriums beteiligen werde. Darüber soll ebenfalls finanzielle Unterstützung für den Wiederaufbau von Photovoltaik-Produktionen in Deutschland gewährt werden.
Keine Prognose für das laufende Geschäftsjahr
Neben der Ankündigung, in den USA künftig Solarzellen fertigen zu wollen, legte Meyer Burger auch seine vorläufigen Geschäftszahlen für das erste Halbjahr 2023 vor. So sei ein Produktionsvolumen von rund 300 Megawatt im ersten Halbjahr erreicht worden. Gleichzeitig laufe der weitere Hochlauf der dritten Produktionslinien für die Solarzellen und Solarmodule. „Negativ auf die Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr wirkt sich der Preisdruck aus, der vor allem durch das chinesische Überangebot auf den Märkten entstanden ist, insbesondere im derzeit nicht regulierten Solarmarkt der Europäischen Union“, so der Hersteller. Die erheblichen Preissenkungen bei Wafern, die erst ab dem dritten Quartal wirksam würden, hätten sich ebenfalls auf das Ergebnis ausgewirkt, was auch durch Sondereffekte belastet werden. Diese ergeben sich aufgrund der Wertminderung von Lagerbeständen von Solarmodulen sowie durch Lagerschutzklauseln für unsere wichtigsten Vertriebspartner in Höhe von insgesamt rund 13 Millionen Schweizer Franken. Nach den vorläufigen Berechnungen geht Meyer Burger von einem EBITDA-Verlust von rund 42 Millionen Schweizer Franken für das erste Halbjahr aus und auch im zweiten Halbjahr sei weiter mit einer herausfordernden Marktsituation zu rechnen. Meyer Burger habe daher seine Vertriebs- und Marketingaktivitäten in allen Märkten deutlich verstärkt. Außerdem würden auch Preisanpassungen erfolgen, um gesunkenen Waferpreisen Rechnung zu tragen. Eine Prognose für das Gesamtjahr wollte der Vorstand aufgrund des anhaltend schwierigen Marktumfeldes nicht geben.
Darüber hinaus gab Meyer Burger den Abgang seines Chief Commercial Officers (CCO), Moritz Borgmann, bekannt. Er scheide aus persönlichen Gründen aus seinem Amt. Borgmann war seit 2020 als Berater und seit Anfang 2021 als Geschäftsführer der Meyer Burger (Industries) GmbH und dann als CCO der Meyer Burger Gruppe an Bord. Er begleitete damit den Wandel vom Anlagenbauer zum Zell- und Modulproduzenten. Borgmann baute die internationale Vertriebs- und Marketingorganisation auf. Chief Operating Officer (COO) Daniel Menzel übernehme die Verantwortung für Vertrieb und Geschäftsentwicklung in den USA. Des Weiteren ist Daniel Menzel verantwortlich für den Aufbau des Betriebs in Goodyear und Colorado Springs, wie es weiter hieß. CEO Gunter Erfurt wird von Borgmann die Verantwortung für die kommerziellen Aktivitäten in Europa und dem Rest der Welt übernehmen.
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Während ich den nächsten Schritt der Expasion in den USA begrüsse ist es entäuschend das nur 300 MW im ersten Halbjahr produziert wurden. Damit sind selbst die herabgesetzten Ziele von 800 MW zum Jahresende in Gefahr.
Desweiteren liest es sich so als ob es Absatzproblene gibt, wobei man bisher den Eindruck hatte das MB die Module aus den Händen gerissen werden.
Enttäuschend