Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF ist beim Leitprojekt „ElKaWe“ – steht für „Elektrokalorische Wärmepumpe“ – für die Entwicklung der Ansteuerungselektronik zuständig. Diese Feststoff-Wärmepumpen sollen als Alternative zur vorherrschenden Kompressor-Technologie zur Marktreife gebracht werden da sie zum einen eine höhere Effizienz versprechen und zum anderen ohne Kältemittel auskommen.
Den Forschern des Fraunhofer IAF ist dafür nun ein wichtiger Erfolg bei der Weiterentwicklung der Leistungselektronik gelungen. Sie haben nach eigenen Angaben eine ultra-effiziente Schaltungstopologie für Spannungswandler mit 99,74 Prozent elektrischem Wirkungsgrad realisiert. Im Gegensatz dazu seien heutige Wärmepumpen technologiebedingt auf etwa 50 Prozent des physikalischen Carnot-Limits begrenzt, während die elektrokalorische Wärmepumpe theoretisch 85 Prozent schaffe. Doch wie effizient elektrokalorische Wärmepumpen letztendlich sind, hängt auch zum großen Teil vom Wirkungsgrad der integrierten Leistungselektronik ab, wie die Forscher erklären.
Für eine höhere Leistungsdichte und Wirkungsgrads erforschen sie daher Bauelemente auf Basis des Halbleiters Galliumnitrid (GaN). Es sei ihnen gelungen, eine ultraeffiziente Schaltungstopologie für Spannungswandler basierend auf GaN-Transistoren zu realisieren. Damit haben sie einen elektrischen Wirkungsgrad von 99,74 Prozent im elektrischen Leistungspfad erzielen können. Der GaN-basierte Multilevel-DC/DC-Wandler übertreffe den bisherigen Forschungsstand von unter 90 Prozent Umladeeffizienz zur elektrischen Ansteuerung dieser neuartigen Wärmepumpen bei Weitem.
Die Effizienzsteigerung der Leistungselektronik hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Leistungszahl des gesamten Systems. Sie führe direkt zu einer höheren Leistungszahl des gesamten Wärmepumpen-Systems, so die Forscher weiter. Allerdings bestehe weiterhin noch viel Forschungsbedarf, um die Feststoff-Wärmepumpen zu einer effizienteren und vollständig emissionsfreien Lösung zum Heizen und Kühlen werden zu lassen.
Das Prinzip hinter der elektrokalorischen Wärmepumpe beschreiben die Forscher wie folgt. Beim elektrokalorischen Effekt wird an einem elektrokalorischen Material aus speziellen Keramiken oder Polymeren eine elektrische Spannung angelegt, dadurch erwärmt sich das Material. Sobald die Spannung entfernt wird, kühlt das Material wieder ab, wobei der gesamte Vorgang nahezu vollständig reversibel ist. Da die elektrokalorischen Materialien eine elektrische Kapazität bilden, kommt der Leistungselektronik in dem System die Aufgabe zu, die elektrokalorischen Kapazitäten mehrmals pro Sekunde möglichst hocheffizient und damit so verlustfrei wie möglich elektrisch zu laden und wieder zu entladen. Bei jedem Zyklus werde dabei Wärme gepumpt.
„Essenziell für die Realisierung einer hohen Leistungszahl elektrokalorischer Wärmepumpen ist eine sehr hohe Effizienz bei den Materialien, der Elektronik und dem Wärmeübertrag. Bekommt man das alles in den Griff, hat die Elektrokalorik ein enormes Potenzial“, erklärt Kilian Bartholomé, Projektleiter von „ElKaWe“ und Forscher am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM.
Ingesamt sind an dem Projekt „ElKaWe“ sechs Fraunhofer-Institute beteiligt. Die Ergebnisse sind im „IEEE Journal of Emerging and Selected Topics in Power Electronics“ veröffentlicht: https://ieeexplore.ieee.org/document/10107998
*Anmerkung der Redaktion: Wir haben den Titel nachträglich am 24.7.2023 geändert, um klarzustellen, dass es sich um den Wirkungsgrad der Leistungselektronik und nicht der Wärmepumpe handelt. Wir bitten das Missverständnis zu entschuldigen.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Ich kann hier mit 99,74% Wirkungsgrad nichts anfangen… was für COP-Werte bzw. Jaz-Werte sind schlussendlich möglich? … wann kann man mit einer Serienreife rechnen?
Für mich stellt sich da eine ähnliche Frage, wie für Detlef K.
Was hat das ganze für einen Nutzen?
Kann ich solch eine WP im Altbau einsetzen, ohne Maßnahmen an der Dämmung vorzunehmen bzw. eine Fußbodenheizung zu installieren?
Welche niedrigste Temperatur kann damit noch „abgefangen“ werden, ohne das ich über bivalente Systeme nachdenken muss?
@Detlef K: Gemeint ist damit laut der Quelle nur der elektrische Wirkungsgrad der Elektronik, nicht der Wärmepumpe.
… schon klar, es fehlt aber der Bezug bzw. Einfluss auf den Gesamt-Wirkungsgrad… um den geht es ja letztlich.
Es macht aber schon einen Unterschied bei den Strompreisen, nicht wahr? 😉
Sicher ist es gut, den el. Wirkungsgrad aller Komponenten zu optimieren. Entscheidend ist bei einer WP aber der COP bzw. SCOP Wert. Darüber sagt der Beitrag nichts, das Wesentlichste fehlt somit.
Wer nach diesem etwas merkwürdig formulierten Artikel neugierig geworden ist, dem empfehle ich zur Erklärung die „MACHBARKEITSSTUDIE FÜR MAGNETISCHE WÄRMEPUMPEN: ANWENDUNGEN IN DER SCHWEIZ“, die online kostenlos zugängig ist. Für grobe Verständnis des Prinzips kann man sicher „magneto-“ durch „elektro-“ ersetzen. Kurz:
1. Nein, es ist kein Humbug
2. Der entscheidene Effekt ist, dass bestimmte Stoffe kälter werden, wenn ein elektrisches oder magnetische Feld wegfällt. Und zwar ohne Wärmeaustausch.
3. Die praktische Anwendung steht noch in weiter Ferne.
Es wäre hilfreich zu erfahren, wann Forscher mit einer Marktreife rechnen? Liegt das 3, 5 oder 10 Jahre entfernt? Solange kann man sicherlich weiterhin Öl verwenden und seine Solaranlage stattdessen erweitern. Eine interessante Entwicklung. Das Problem der Wärmepumpe liegt darin das 1.) Der Strom bezahlbar bleibt und 2.) Der Strom überhaupt kaufbar ist. Sofern weiterhin Kraftwerke abgeschaltet werden und keine echte Grundlastfähigkeit besteht, werden wir über kurz ziemliche Versorgungsengpässe im Winter bei bestimmten Wetterlagen haben. Wohl dem, der dann nicht im Kalten sitzen muß. Meine alte Ölheizung erhalte ich definitiv als Backup. Auf die Austauschförderung verzichte dann gerne.
Wie ich das sehe ersetzt der Elektrische Strom das Kältemittel, das zwischen zwei „Elektro-thermischen“ Materialien oszilliert. Die kalte Seite nimmt die Wärme der Umgebung auf. Ein Ladungstransfer kühlt die kalte Seite ab und erwärmt die Warme. Also quasi Wärmetransport mit „Elektronenpumpe“. Das Ganze lohnt sich nur, wenn die elektrische Energie deutlich kleiner ist als die thermische Energie.
Anbei der Link zur Projekt Webseite
https://www.fraunhofer.de/de/forschung/fraunhofer-initiativen/fraunhofer-leitprojekte/elkawe.html
https://www.ipm.fraunhofer.de/de/gf/energiewandler-thermische/komp/kalorische-systeme/elektrokalorische-systeme.html
Mögliche Arbeitszahlen sollen deutlich höher liegen als bei aktuellen WP.
Finde nur leider den Link zum Artikel dazu nicht mehr.
Der Projektname „ElKaWe“ schreit geradezu nach Missverständnissen bei der verbalen Kommunikation…
Ich habe bei Recherche keine Studie gefunden, die sich zu konkret erwartbaren COP Werten äussert.
Es gibt Studien aus 2008 (!!) die von der Hoffnung auf COP >10 sprechen. Aber mehr als Motivationsfaktor, denn als konkret angestrebte Zahl.
Es ist noch zu früh und noch zu viel zu tun. Übrigens dürften zunächst eher kleintechnische Anlagen, wie zB Kühlelemente entstehen, bevor auf Wärmepumpen für Häuser hochskaliert wird. Wir werden dann wieder über seltene Erden und Materialpreise sprechen.