Opes Solutions plant eine Modulfertigung für eine ganz spezielle Anwendung. Worum geht es?
Robert Händel: Wir haben ein flexibles Solarmodul entwickelt, das sehr leicht ist, aber auf klassischen Wafer-basierten Zellen basiert, so dass die Solarmodule in Fahrzeuge integriert werden können. Diese Industrie ist in einem sehr großen Umbruch, gerade die Nutzfahrzeugsparte. Da wird alle Energie gebraucht, und es sind Flächen verfügbar, die mit der richtigen Technologie für Solar genutzt werden können. Wie haben die Entwicklung bereits 2017 mit dem Fraunhofer CSP in Halle mit diesem Ziel begonnen. Das war eigentlich eine logische Entwicklung. Es ist unser Geschäftsmodell, für verschiedene Industrien spezielle Module zu entwickeln und zu bauen, zum Beispiel für Straßenlampen, für Share Bikes, für GPS-Tracker und für Solar-Home-Systeme. Die Fahrzeugindustrie mit dem Flächenpotenzial ist wirklich attraktiv für solche Spezialmodule.
Wie relevant ist der Markt?
Die Industrie stellt ja generell auf alternative Antriebe um. Es sieht im Nutzfahrzeugbereich gerade so aus, dass es in Richtung Elektroantriebe mit Batterien gehen wird, gerade bei der so genannten „Last Mile Delivery“ aber auch im Caravan-Sektor. Allein für die Lkw hat das Fraunhofer ISE ausgerechnet, beträgt das Potenzial 20 Gigawatt in Europa und 8 oder 9 Gigawatt in Deutschland. Das ist im Vergleich zu Dachanlagen oder Freiflächenanlagen nicht sehr viel, aber es ist ja eine spezielle Anwendung. Und man produziert in den Fahrzeugen direkt Strom, dort wo er gebraucht wird, und diese haben Batterien, so dass der Strom auch gespeichert werden kann.
Das Potenzial beträgt 20 Gigawatt in Europa und 8 oder 9 Gigawatt in Deutschland
Hat das wirklich einen signifikanten Einfluss auf die Reichweite der Fahrzeuge?
Es kann Einfluss auf die Reichweite haben, aber Reichweite ist nicht der einzige Grund, warum man das will. Der politische Druck, in Flotten CO2 einzusparen, ist stark und kommt, bevor die technischen Lösungen so richtig da sind. Photovoltaik ist eine Komponente, die helfen kann. Man braucht jedes Elektron, zum Beispiel für die Hebebühne und um die Ware zu kühlen, wenn die Fahrzeuge stehen.
Was macht die Module so besonders, dass man sie speziell entwickeln muss?
Die Wafer und damit auch die Zellen sind sehr brüchig und sind eigentlich nicht dafür gemacht, dass sie die Vibrationen auf Dauer aushalten. Man muss daher daran arbeiten, wie man die Zellen einbettet und miteinander verbindet. Die normalen Stringer, mit denen die Verbinder gelötet werden, sind nicht dafür ausgelegt, dass man ständig diese Vibrationen hat. Dafür haben wir eine Lösung entwickelt und getestet. Im Caravan-Bereich ist das schon gelauncht, zum Beispiel beim Ford Nugget und beim Fiat Columbus.
Die normalen Stringer, mit denen die Verbinder gelötet werden, sind nicht dafür ausgelegt, dass man ständig diese Vibrationen hat. Dafür haben wir eine Lösung entwickelt und getestet.
Warum müssen die Module flexibel sein?
Das ist wichtig bei der Lieferung und bei der Montage, oft gar nicht im Betrieb, da sind sie ja fest montiert. Da müssen die Module auch Biegungen und verschiedene Stresssituationen aushalten.
Nachhaltige Photovoltaik-Module aus Europa
Kommt die Photovoltaik-Industrie nach Europa und insbesondere Deutschland zurück und wird hier nicht nur Module, sondern neben Silizium auch Ingots, Wafer und Solarzellen herstellen? Und was haben die Modulkäufer und die Gesellschaft davon.
Auf dieser pv magazine Themenseite finden Sie Interviews und Hintergrund zu diesem Thema.
Opes fertigt die Module für die anderen Anwendungen derzeit in China. Warum will Opes die Module für Nutzfahrzeuge in Deutschland fertigen?
In den letzten zwei oder drei Jahren hat sich viel geändert. Die Covid-Epidemie hat klar gemacht, wie wichtig Lieferketten sind. Das hat man auch in der Fahrzeugindustrie hat man gesehen: Just in time und globale Lieferketten, das ist sehr anfällig sehr riskant. Die Firmen achten zunehmend darauf, wenn möglich die Lieferanten in der Nähe zu haben. Ich denke auch, dass das sinnvoll ist. Das ist der eine Faktor, der für Produktion hierzulande spricht. Der zweite Faktor ist: Es wird zunehmend danach gefragt, wie und wo man ein Bauteil produziert und zu welchen Bedingungen. Diese Nachhaltigkeitsanforderung waren in der Vergangenheit eher soft. Jetzt spielen diese in den Firmen zunehmend eine sehr wichtige Rolle.
Just in time und globale Lieferketten, das ist sehr anfällig sehr riskant. Die Firmen achten zunehmend darauf, wenn möglich die Lieferanten in der Nähe zu haben.
Seht Ihr bezüglich der Nachaltigkeitsanforderungen Unterschiede bei den verschiedenen Industrien, die die Opes-Spezialmodule kaufen?
In der Autoindustrie kommt dieser Nachhaltigkeitsansatz stärker zu tragen. Die größten CO2-Erzeuger sind die Transportindustrie und die Energieproduktion. Vor allem die Nutzfahrzeugsparte trägt im Transportbereich viel dazu bei, ich glaube circa 70 Prozent. Die müssen einfach was machen.
Sind die Opes-Kunden direkt die Automobilkonzerne oder sind da Komponentenhersteller, die die Integration der Solarmodule machen?
Diese Wertschöpfungskette etabliert sich erst. Es können direkt die Hersteller sein, aber es gibt auch noch nachgelagert Aufbauhersteller. Und es gibt dann sogar Flottenbetreiber, die Probleme im Betrieb bekommen, weil sie zum Beispiel nicht genug Energie haben für den Fahrer in den Pausen, für die Fahrerkabine oder auch im Stand-by-Betrieb. Momentan ist diese Industrie so neu und im Aufbau, dass man an verschiedenen Stellen mit einem Photovoltaik-System andocken kann.
Momentan ist diese Industrie so neu und im Aufbau, dass man an verschiedenen Stellen mit einem Photovoltaik-System andocken kann.
Wie weit seid ihr mit der Standortsuche für eine Modulproduktion?
Wir sind sehr weit. Ich denke bis zum Sommer sind wir so weit sein, dass wir loslegen können. Es spielen verschiedene Kriterien eine Rolle, die wir jetzt noch auswerten müssen.
Welche Rolle spielen die hohen Energiekosten in Deutschland?
Sie werden zunehmend wichtiger. Weil Energie so viel teurer geworden ist, spielen auch kleinere Abweichungen eine größere Rolle. Der lokale Energiepreis ist schon ein wichtiges Kriterium bei der Standortsuche, aber auch der Energieverbrauch des Gebäudes. Viele Standardgebäude werden heute als Multifunktionsgebäude mit zwölf Meter Höhe gebaut, so dass man für Hochregale Platz hat. Dadurch verliert man auch Energie. Ansonsten sind bei uns Laminatoren die Hauptenergieverbraucher. Wir haben kein Glas und keine Aluminiumrahmen. Das heißt, wir haben schon mal zwei energieintensive Komponenten weniger als bei Standardmodulen. Wir nutzen Folien von der Rolle.
Ihr würdet ja in den USA mit dem IRA vermutlich sehr viele Subventionen bekommen. Kann es sein, dass ihr am Schluss in den USA landet?
Die Möglichkeit besteht natürlich immer. Die USA sind da sehr aktiv. Wir bekommen auch jede Woche Anrufe von US-Bundestaaten, die Interesse an haben, Produktionsstandort zu werden. Wir werden in Zukunft sicher auch im Markt USA aktiv, weil da auch dort die Transportindustrie sehr groß und auch ein sehr großer Caravan-Markt besteht. Aber jetzt im ersten Schritt haben wir hier den Markt und das Produkt in Europa so weit entwickelt, dass hier unser erster Schritt stattfinden wird.
Wir bekommen auch jede Woche Anrufe von US-Bundestaaten, die Interesse an haben, Produktionsstandort zu werden.
Wie arbeitsplatzrelevant ist so eine Modulproduktion?
Sie hat eine Größenordnung wie ein typischer deutscher Mittelständler normal hat. Ich sage jetzt mal 100 bis 150 Personen ungefähr in der ersten Ausbaustufe. Wenn wir das in Europa oder in Deutschland machen, muss es sehr automatisiert sein.
Die Zellen kommen weiter aus China. Wäre es für Opes auch interessant, Zellen aus Deutschland zu beziehen?
Das wäre durchaus interessant. Wir kaufen diese ein und solange wir hier keine eigene Fertigung dafür haben, müssen sie aus China kommen. Von unseren Kunden hören wir aber mehr und mehr, dass sie gerne auch Zellen eingebaut hätten, die hier produziert werden. Das ist aber auch eine Kostenfrage. Die Zellen- und Wafer-Industrie kommt nur nach Europa, wenn die Energiekosten passen. Bei diesen Arbeitsschritten wird sehr viel Energie gebraucht.
Von unseren Kunden hören wir aber mehr und mehr, dass sie gerne auch Zellen eingebaut hätten, die hier produziert werden.
Wie wichtig ist solch eine lokale Zellproduktion?
Vor dem Hintergrund dass wir für unsere Energieträger in Europa eine gewisse Unabhängigkeit brauchen und Photovoltaik davon ein wichtiger Teil der Energieversorgung ist, muss man das strategisch unterstützen. Auf einer anderen Ebene sieht man das auch an uns: Wir sind als Opes in einem speziellen Segment aktiv, sind Innovationstreiber für Photovoltaik in einem neuen Kontext. Im Idealfall haben wir hier eine Produktion, die wieder viel exportieren kann. Man macht sich bei der Upstream-Wertschöpfungskette sehr abhängig, wenn diese nicht in Europa vorhanden ist.
Du hast zumindest in der Vergangenheit viele Einblicke gewonnen bei deinen früheren Tätigkeiten für Solarworld, REC, Q-Cells und Innotech Solar. Kann man hierzulande wettbewerbsfähig Zellen und die vorgelagerten Produkte herstellen?
Es hängt von der Skalierung ab und beim Strompreis muss man im internationalen Wettbewerb sehen, was machen die USA und China. Von den Arbeitskosten entwickelt es sich zunehmend so, dass die Unterschiede bei einem hohen Automatisierungsgrad nicht wirklich mehr bestehen. Ein Automatisierungsingenieur in China kostet uns mehr als in Deutschland bei gleichen Fähigkeiten. An den Arbeitskosten liegt es letztendlich also nicht mehr. Es liegt an strategischen Entscheidungen und dem Energiepreis.
Ein Automatisierungsingenieur in China kostet uns mehr als in Deutschland bei gleichen Fähigkeiten.
Die chinesischen Hersteller sind inzwischen riesig und haben große Entwicklungsabteilungen. Kann man da mithalten?
Wenn man es positiv formulieren will, müssen wir Anlauf nehmen. Momentan gibt es in China sehr viel Innovation. Aber man muss irgendwo anfangen. Jetzt zu sagen, es hat eh keinen Zweck mehr, dann ist das nicht die richtige Einstellung.
Opes ist ja sogar ein deutsch-chinesisches Unternehmen. Wie kam es dazu?
Als in der Photovoltaik hier nichts mehr ging, bin ich nach China gegangen und habe mit Taiwanesen zusammen die Opes gegründet. Wir wollten in diesem ganzen Nicht-Standard-Modulbereich einfach vieles besser machen. Wir haben jetzt Innovation, die wir hier in Deutschland geschaffen haben, und wir haben Innovation, die wir in China in unserem Werk geschaffen haben. Jetzt bringen wir beides ins neue Werk. Wir sind jetzt also ein deutsch-chinesisches Unternehmen.
Wir haben jetzt Innovation, die wir hier in Deutschland geschaffen haben, und wir haben Innovation, die wir in China in unserem Werk geschaffen haben. Jetzt bringen wir beides ins neue Werk. Wir sind jetzt also ein deutsch-chinesisches Unternehmen.
Dann müsste Opes ja eigentlich auch noch eine Produktion für Fahrzeug-integrierte Photovoltaik in China aufbauen, denn dort werden ja garantiert auch Nutzfahrzeuge produziert?
Genau, das kommt dann vielleicht im nächsten Schritt. Wir sind in China bereits Marktführer im Bereich Panels für Share Bikes. Das ist ein sehr großer Markt in China. In den großen und mittelgroßen Städten sind die überall zu finden.
In Deutschland sind wir ja vielleicht auch da zurück, da habe ich noch keinen Share Bike mit Solarzelle gesehen, in Berlin zumindest nicht.
Es gibt noch Nextbike. Insgesamt gab es mal ein paar Versuche, aber letztendlich haben wir nicht die gleiche Bevölkerungsdichte. In China gibt es in den Städten sehr hohe Hochhäuser, die 40, 50 Stockwerke haben. Da ist ein Fahrradkeller relativ schnell voll. Viele nutzen sie vom U-Bahnhof bis zur Wohnung, zwischen ein paar hundert Metern bis zu zwei oder drei Kilometer. Die Solarzellen sind vorne im Korb drin. Sie dienen nicht dem Elektroantrieb, sondern lediglich für die Kommunikation, damit das Rad melden kann, wo es gerade ist, zum Entsperren und zum Tracken beim Fahren.
Wie verteilen sich bei euch bei dem deutsch-chinesischen Unternehmen Ressourcen und Investoren?
Momentan haben wir viele Mitarbeiter in China im Werk selber. Dann haben wir in Shanghai noch einen Standort mit 20 Leuten. Und Investoren sind wir als Gründer und aus der Schweiz und aus den USA. Wir haben keinen chinesischen Investor.
Wo ist Opes besonders stark?
Wir machen nach wie vor sehr stark den Energy-Access-Markt in Afrika und Indien. Dabei produzieren wir die Solarmodule für die Firmen, die sogenannte Pay-as-you-go-Systeme anbieten. In China liefern wir Module für Share Bikes, für solare Straßenlampen und für GPS-Tracker und viele andere Anwendungen. Da haben wir auch internationale Kunden vor allem in Europa, teilweise auch in den USA. Wir produzieren knapp eine halbe Million Module pro Monat. Je nach Verteilung der Größen sind es manchmal weniger, manchmal mehr. Die Produktionsfläche umfasst jetzt über 12.000 Quadratmeter beim derzeitigen Werk in Changzhou.
Was ist das Besondere an den Modulen, die vor allem unterschiedliche Formate haben?
Nicht nur die anderen Formate sind besonders. Es sind immer unterschiedliche Anforderungen an die Lebensdauer. GPS-Tracker werden alle sechs Jahre ausgetauscht, da müssen die Module nicht länger halten. In Parkautomaten müssen die Module eine ganz bestimmte Dicke haben, damit sie in eine bestimmte Fassung reinpassen und benötigen eine bestimmte Anschlusstechnik. Wir automatisieren solche Produkte für Großserien. Bei den Share Bikes Services sind es sechsstellige Zahlen an Modulen jeden Monat.
Es sind immer unterschiedliche Anforderungen an die Lebensdauer. GPS-Tracker werden alle sechs Jahre ausgetauscht, da müssen die Module nicht länger halten. In Parkautomaten müssen die Module eine ganz bestimmte Dicke haben, damit sie in eine bestimmte Fassung reinpassen und benötigen eine bestimmte Anschlusstechnik. Wir automatisieren solche Produkte für Großserien.
Wenn Module nur sechs Jahre halten müssen, kann man sie günstiger produzieren?
Genau, es ergibt dann keinen Sinn, ein 25-Jahre-Leistungsgarantiemodul zu bauen, sondern man optimiert dann auf andere Anforderungen. Dann darf zum Beispiel vielleicht Schmutz nicht so stark haften oder das Modul muss Vibrationen aushalten. Für jede Industrie haben wir eigene Tests entwickelt mit Testgeräten, die es in der Photovoltaikindustrie normalerweise nicht gibt.
Mehr zum Thema in der Magazinausgabe im Juni
In der Magazin-Ausgabe, die am 6. Juni erscheint, berichten wir umfangreich über die Diskussionen und Maßnahmen zum Wiederaufbau oder der Skalierung einer europäischen Solarindustrie, die die gesamte Wertschöpfungskette Silizium-Ingots-Wafer-Zellen-Module umfasst.
Außerdem berichten wir unter anderem über:
– Modulneuheiten und den Effizienzrekord von 23,6 Prozent
– Marktübersicht Heim- und Kleingewerbespeicher und Trends
– Fassaden-Anlagen
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Ja, es geht!
Als deutscher Solarproduzent als Einziger erfolgreich im härtesten Markt der Welt.
Politik und auch die andere Fertigungszene sollten sich genau anhören wie Robert Händel das macht trotz aller Widrigkeiten.
EIn für mich wichtiges Stichwort von ihm ist „Good enough statt Overengineering and Goldplating“. Und Innovationen/ Fertigungsanpassungen im China- Tempo.
Good luck für die neue Produktion in der EU!
Leider war dem Interview nichts zu entnehmen, ob und wie man mit in Deutschland ansässigen Partnern Synergien heben möchte. Oder soll alles, was es in diesem Bereich bereits gibt, patentiert ist und auch schon erfolgreich in Pilotprojekten realisiert wurde (Stichwort: Sono), neu erfunden werden?