Agora Energiewende: Was es für einen Großwärmepumpen-Rollout in Deutschland braucht

Wien Energie errichtete im März 2019 im Stadtteil Simemring ein Großwärmepumpe für die Wärmeversorgung von 25.000 Haushalten.

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Mehr als Dreiviertel des deutschen Gasverbrauchs lassen sich über den Einsatz von Großwärmepumpen einsparen. Das geht aus einer Studie der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG hervor. Das Fraunhofer IEG untersuchte im Auftrag von Agora Energiewende die aktuelle Marktlage und das Potenzial von Großwärmepumpen.

Solche Wärmepumpen können vor allem an Fern- und Nahwärmenetze gekoppelt werden und diese dekarbonisieren. Der Sektor für Wärmeanwendungen bis 200 Grad ist für Dreiviertel der Gasnachfrage verantwortlich, lässt sich aber komplett auf die Versorgung mit Großwärmepumpen umrüsten. Schon bis 2045 könnten 70 Prozent der Fernwärme aus Großwärmepumpen stammen.

Das würde den Löwenanteil am Verbrauch decken. Raumwärme kommt auf einen Energiebedarf von 674 Terawattstunden im Jahr, Prozesswärme bis 200 Grad Celsius auf 199 Terawattstunden im Jahr. Warmwasserbereitung verbraucht jährlich 132 Terawattstunden und der Sektor Klima- und Prozesskälte schlägt mit 66 Terawattstunden im Jahr zu Buche.

Verschiedene Wärmequellen

Demgegenüber stehe ein Angebot von 450 Terawattstunden aus oberflächennaher Geothermie sowie 300 Terawattstunden im Jahr aus Tiefengeothermie. Großwärmepumpen die Seen und Flüsse als Wärmequelle nutzen, bieten ein Potenzial von 86 Terawattstunden im Jahr. Industrielle Abwärme könnte 52 Terawattstunden beisteuern und Wärme aus Abwasser, Kohlegruben und Rechenzentren könnte zusammen 55 Terawattstunden liefern.

Das Potenzial zu erschließen, wird die nächste Mamutaufgabe für die Gesellschaft. Bis 2045 müssten im Schnitt Großwärmepumpen mit einer kumulierten Leistung von vier Gigawatt pro Jahr ans Netz gehen. Im Zieljahr würden dann 90 Gigawatt Leistung bereitstehen. Das wären nach Schätzung der Autoren durch 300 Einzelprojekte im Jahr machbar. Eine deutliche Steigerung vom Status quo. Bis zum laufenden Jahr wurden in Deutschland Großwärmepumpen mit insgesamt 60 Megawatt Leistung installiert.

Und „ans Netz gehen“ bedeutet auch, dass pro Jahr noch 800 Kilometer neue Wärmenetze installiert werden müssen. Angesichts des Bruttozubaus im Jahr 2020 erscheint das aber überschaubar. 620 Kilometer entstanden in dem Jahr. Allerdings wurden auch 196 Kilometer wieder zurückgebaut. Der Nettozubau betrug somit 423 Kilometer. Aktuell gibt es 465 Fernwärmenetzbetreiber in Deutschland die zusammen mit 3800 Nah- und Quartiersnetzen insgesamt 31.252 Kilometer Wärmenetze betreiben.

Genehmigungen, Förderungen und Innovationen

Der Grund für den schleppenden Ausbau von Großwärmepumpen liege in komplexen Planungs- und Genehmigungsverfahren, schreiben die Autoren von Fraunhofer IEG. Eine Vereinfachung sei fällig. Außerdem müssen die Projektierer sicherer planen können. Das heißt über klar Signale seitens der Politik, wissen Projektierer zu welchem Grad ihre Wärmepumpen und Wärmenetze ausgelastet sein werden. Um das zu realisieren, müsste eine Art Ausbauziel für eine klimaneutrale Wärmeversorgung formuliert werden. So lasse sich auch Preisstabilität gewährleisten und der Bedarf von neuen Infrastrukturen, also Strom- und Wärmenetzen planen zu können.

Zudem bremse die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen den Markthochlauf. Eine Reformierung der Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz sei daher fällig. „Insbesondere die Parallelführung von Förderungen nach dem lange bestehenden Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) und der neuen Bundesförderung Effiziente Wärmenetze (BEW) führt aktuell zu Fehlanreizen,“ schreiben die Autoren.

Außerdem sollten Hersteller Innovations- und Kostensenkungspotenziale schnell heben. Zum Beispiel sei bei der Entwicklung von Verdichtern und Kältemitteln noch erhebliches Verbesserungspotenzial zu finden Den Anstoß für Politik und Unternehmen könnte ein bundesweites Gipfeltreffen geben. In diesem Rahmen ließen sich Ausbaupfade, Infrastrukturmaßnahmen und politischen Maßnahmen wie die Einführung von flexiblen Stromtarifen bei Großwärmepumpen aushandeln.

Die von Agora Energiewende veröffentlichte Studie lässt sich hier nachlesen.

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