Floating-Photovoltaik und der herausfordernde Weg zur „Schwimmerlaubnis“

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Schwimmende Photovoltaik-Anlagen auf Seen oder anderen Gewässern erleben seit einigen Jahren einen regelrechten Boom. Die weltweit installierte Gesamtleistung von rund zehn Megawatt im Jahr 2014 wuchs auf deutlich mehr als zwei Gigawatt im Jahr 2021 (siehe Abbildung 1), insbesondere auf Gewässern in China, Korea und Singapur. Schwimmende Photovoltaik-Anlagen bergen weltweit ein bisher kaum genutztes Stromerzeugungs- und Klimaschutzpotenzial. Im Unterschied zu Photovoltaik-Freiflächenanlagen werden die Solarmodule auf Schwimmkörpern installiert und auf einem stehenden Gewässer oder dem Meer platziert. Auch in Deutschland gibt es sehr viele künstliche Gewässer, die aus technischer und gewässerschutzrechtlicher Sicht für schwimmende Photovoltaik genutzt werden könnten. Allein durch den Braunkohletagebau entstanden rund 500 Tagebauseen. Nach einer Studie der Kolleginnen und Kollegen am Fraunhofer ISE verfügen diese über ein technisch nutzbares Potenzial im mittleren zweistelligen Gigawatt-Bereich.

Abbildung 1: Kumulierte Leistung von Floating-Photovoltaik weltweit 

Quelle: RWE

Während leistungsstarke Photovoltaik-Freiflächenanlagen an Land viel Platz benötigen und damit häufig in Konkurrenz zu anderen Flächennutzungen stehen, können schwimmende Anlagen auf Seen oder vor der Küste konfliktärmere Alternativen sein. Außerdem versprechen Module, die auf Schwimmkörpern installiert werden, höhere Erträge. Dort ist unter anderem eine natürliche Kühlung der Zellen durch das Wasser gegeben, sodass diese auch bei hohen Außentemperaturen effizient arbeiten können. Das sind einige der Gründe, weshalb immer mehr Betreiber auf die Technologie setzen, und immer größere Anlagen bauen. Gleichwohl gibt es für viele bestehende Gewässer bereits etablierte Nutzungsformen und für neu entstehende Wasserflächen andere Nutzungskonzepte wie beispielsweise für Tourismus oder Naturschutz.

Um die genehmigungsrechtliche Seite besser zu beleuchten, führten wir am Fraunhofer ISE im Forschungsprojekt »PV2Float« Interviews mit Genehmigungsbehörden und Projekt-entwicklern von sechs Floating-Photovoltaik-Projekten in fünf Bundesländern: Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz. Die Gewässerkategorien waren ein aktiver Quarzsand-Abgrabungssee, drei aktive Kiesabgrabungsseen, ein ehemaliger Sandabgrabungssee und ein Braunkohletagebausee.

Basierend auf den Interviewaussagen und weiteren Recherchen erstellte unser Institut ein Ablaufschema für Genehmigungsprozesse, das im Folgenden kurz dargestellt wird. Die zentrale Frage, die ausschlaggebend für die Wahl des jeweiligen Genehmigungspfades ist, ist folgende: Liegt ein überwiegender Eigenverbrauch des produzierten Stroms von einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb vor?

Konnte dies bejaht werden, wurde die Floating-Photovoltaik-Anlage nach §35 BauGB Absatz 1 Satz 3 ([…] einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient) als privilegiertes Vorhaben im Außenbereich behandelt und benötigte lediglich eine wasserrechtliche Genehmigung und eine Baugenehmigung (rechter, mittlerer Pfad in Abbildung 2). Das langwierige Bauleitplanverfahren konnte somit vermieden werden. Dieser Genehmigungspfad gilt für aktive Sand- und Kiesabgrabungsseen, für die die Bau- und untere Wasserbehörde zuständig sind. Im Projekt mit aktivem Quarzsandabbau liegt, zumindest in Nordrhein-Westfalen, die Zuständigkeit bei der Bergbehörde. Ausschlaggebend für die Zuständigkeit war zusätzlich, dass auch hier ein Eigenverbrauch stattfand, der einer bergbaulichen Anlage dient, nämlich dem ortsgebundenen Quarzwerk. Hier konnte über eine Sonderbetriebszulassung genehmigt werden, als vereinfachtes Verfahren ohne eine öffentliche Beteiligung durchzuführen (ganz rechter Pfad in Abbildung 2).

Abbildung 2: Floating-Photovoltaik-Genehmigungsmodell

Quelle: Fraunhofer ISE/"PV2Float"

Wenn allerdings kein Eigenverbrauch stattfindet oder die Anlage so groß ist, dass nur ein geringer Anteil des Stroms durch einen anliegenden Betrieb verbraucht und der Rest ins Netz gespeist wird, kann die Bauleitplanung nicht umgangen werden. Nach Aussagen der Projektentwickler war es anfangs schwierig, das Projekt in den Genehmigungsprozess zu bekommen. Seen, bei denen die Abgrabungsaktivitäten abgeschlossen sind, unterliegen meist einem Renaturierungsplan. Der See muss also renaturiert werden, und diese Auflage kann nicht ohne weiteres mit einer kommerziellen Aktivität wie der der Stromgewinnung kombiniert werden. Meist gibt es auch weitere Pläne der Kommunen, wie beispielsweise die Nutzung des Sees für Tourismuszwecke. Beim Brandenburger Floating-Photovoltaik-Projekt war anfangs eine 150-Megawatt-Anlage in einem ehemaligen Braunkohleabbaugebiet geplant, welche etwa 5 Prozent der Gewässerfläche in Anspruch genommen hätte. Da der See jedoch gemäß Braunkohlenplan dem Tourismus vorbehalten war, gab es von der Landesplanung Bedenken. Die Projektentwickler haben das Projekt somit um einiges reduziert, damit weniger als ein Prozent der Seefläche bedeckt sein würde. Die schwimmende Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 21 Megawatt wurde dann von der Landesplanung akzeptiert. Um dieses Projekt zu genehmigen, musste allerdings das Bauleitplanverfahren gewählt werden (linker Pfad in Abbildung 2).

Derselbe Pfad hätte von einem bayerischen Projekt beschritten werden sollen, welches allerdings seit den neuen Restriktionen für Floating-Photovoltaik in der EEG-Novelle 2023 nicht mehr realisierbar ist. Hier ging es um einen ehemaligen Abgrabungssee, der sich in der Nähe eines Flughafens befindet. Der See ist ein attraktiver Ort für die Avifauna. Da jedoch regelmäßig Flugzeuge über diesen See fliegen, erhöht sich die Vogelschlaggefahr deutlich. Um Flugunfälle zu vermeiden, hatte sich die Gemeinde gewünscht, die Vögel zu vergrämen, indem ein Großteil des Gewässers mit einer Floating-Photovoltaik-Anlage bedeckt werden sollte. Es war bereits abgestimmt, welchen Genehmigungspfad man hätte folgen sollen, das heißt Bauleitplanverfahren und eine wasserrechtliche Genehmigung (linker Pfad in Abbildung 2, ohne Baugenehmigung, da in Bayern für Floating-Photovoltaik-Anlagen nicht notwendig). Mit der neuen Gesetzesnovelle wird die Gewässerflächenbedeckung mit Floating-Photovoltaik auf 15 Prozent begrenzt und darüber hinaus 40 Meter   Mindestabstand der Anlage zum Ufer gefordert. Das Projekt hätte allerdings deutlich mehr Fläche in Anspruch genommen und musste deshalb aufgegeben werden.

Grundsätzlich erforderlich sind eine wasserrechtliche Genehmigung und eine Baugenehmigung.  Die Zuständigkeiten variieren wie oben beschrieben. In allen Fällen mussten immer betroffene Interessensgruppen involviert werden und Stellungnahmen von der Naturschutzbehörde, von Trägern öffentlicher Belange und anliegenden Gemeinden eingeholt werden.

Eine wichtige Erkenntnis unserer Studie ist, dass von beiden Seiten zum Zeitpunkt der Projekte eine Unsicherheit zum Verlauf des Genehmigungsprozesses bestand. Es war viel Kommunikation mit weiteren Interessensgruppen und höheren Behörden nötig, um eine Entscheidung zum jeweiligen Genehmigungspfad zu treffen. Viele Behörden gehen vorsichtig und zaghaft mit der Genehmigung um, da sie besorgt über die Auswirkungen von Floating-Photovoltaik-Anlagen auf die Gewässerökologie sind. Deshalb sind weitere Ergebnisse des Forschungsprojekts »PV2Float« aus der genauen Analyse der technischen Voraussetzungen, Wirtschaftlichkeit und ökologischen Auswirkungen schwimmender Photovoltaik-Anlagen in Deutschland notwendig, um diese Unsicherheit zu minimieren. Dafür bleibt noch etwas Zeit. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Vorhaben läuft noch bis 2024.

Über die Autoren

Sebastian Gölz leitet am Fraunhofer ISE das sozialwissenschaftliche Team Nutzerverhalten und Feldtests. Im Projekt „PV2Float“ beschäftigt sich neben dem Genehmigungsablauf auch mit der sozialen Akzeptanz von schwimmender Photovoltaik in Deutschland und begleitet die Pilotanlage mit Info- und Kommunikationsmaßnahmen.

Beatrice Zuber analysierte im Rahmen des „PV2Float“-Projektes als Masterandin den Genehmigungsprozess für Floating-Photovoltaik-Anlagen in Deutschland, Italien, Spanien und den Niederlanden. Derzeit ist sie bei Baywa re als Assistenz im Projektmanagement für Solarprojekte EMEA-weit tätig.

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