Leerstellen in der Photovoltaik-Strategie füllen: Potenzial der Vor-Ort-Versorgung für die Energiewende nutzen

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Am Freitag ist es soweit: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz stellt die Strategie für den Photovoltaik-Boost der nächsten Jahre vor. Vieles am bisherigen Entwurf geht in die richtige Richtung. Gerade im Bereich der Dach-Photovoltaik und Vor-Ort-Versorgung bestehen allerdings noch blinde Flecken, die angegangen werden müssen.

Erst auf knapp 10 Prozent der rund 10,8 Millionen solarfähigen Ein- und Zweifamilienhäusern in Deutschland sind momentan Photovoltaik-Anlagen installiert. Auf den Dächern von Mehrfamilienhäusern, Gewerbe und Industrie schlummern sogar Ausbaupotenziale im mittleren zweistelligen Gigawattebereich, wie das Fraunhofer ISE gerade erst gezeigt hat. Immerhin: Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich einen jährlichen Zubau von 11 Gigawatt Photovoltaik-Dachanlagen in den nächsten Jahren zum Ziel gesetzt. Aus unserer Sicht wäre sogar noch mehr möglich – wenn die richtigen Maßnahmen ergriffen werden.

Die Weiterentwicklung der gemeinschaftlichen Eigenversorgung aus erneuerbaren Energien zu einem umfassenden Vor-Ort-Versorgungsansatz ist genau das fehlende Puzzle, das dabei nicht fehlen darf. Dazu gehören eine energiewirtschaftlich korrekte Abrechnung und Bilanzierung, eine Stärkung von unabhängigen Aggregatoren und eine eigenständige Rechtsdefinition für gemeinschaftliche Versorgung aus erneuerbaren Energien. Die technischen Vorrausetzungen existieren schon: Wir haben alle notwendige Technik, um neue Energiekonzepte umzusetzen, inklusive neuer Hardware und intelligenter Messgeräte.

Gerade in diesem Punkt ist die Photovoltaik-Strategie aber noch zu schwach. Die EU-Kommission hat hingegen die Vorteile dezentraler Energie- und Sharing-Lösungen erkannt. In ihrem Entwurf zur EU-Strommarktreform sind detaillierte Regelungen für Energiegemeinschaften und Prosumer enthalten, die es Haushalten und kleinen Unternehmen ermöglichen, Energiegemeinschaften zu bilden und erneuerbare Energie untereinander zu teilen. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland aufholt und bei Vor-Ort-Konzepten nicht länger hinterherhinkt.

Denn der Blick in unsere Nachbarländer zeigt, dass gemeinschaftliche Energieversorgung viele neue Teilhabeformen ermöglicht. Nicht zuletzt durch den simplen Umstand, dass Verbraucher dadurch einen unmittelbaren und direkten Weg bekommen, von den Kostenvorteilen der erneuerbaren Energien direkt zu profitieren.

Perspektivisch müssen auch die Netzentgelte reformiert werden, um dezentrale Vor-Ort Energiekonzepte angemessen an den Systemkosten der Infrastruktur zu beteiligen und finanzielle Anreize für flexible und innovative Energielösungen auf lokaler Ebene zu setzen.

Gleichzeitig kann die Erschließung der Photovoltaik-Ausbaupotenziale im Gebäudebereich nur gelingen, wenn Geschäftsmodelle für die Vermarktung von Solarstrom auch für Kleinanlagen privatwirtschaftlich funktionieren. Das Instrument der Direktvermarktung ist bestens geeignet, um perspektivisch den Übergang in einen marktbasierten Ausbau auch im Kleinanlagensegment zu schaffen. Schon im ersten Solarpaket sollten daher unter anderem die Regeln für Herkunftsnachweise  deutlich vereinfacht werden. So sollten pauschalisierte Verfahren zur Ausstellung von Herkunftsnachweisen bei Kleinanlagen nach installierter Leistung in Kilowattpeak gelten und der Wechsel der Vermarktungsformen automatisiert werden. Die Vorgaben zur Direktvermarktung sollten sich außerdem auf die Messung und Bilanzierung der erzeugten Strommengen beschränken.

Nicht zuletzt fehlt in der Photovoltaik-Strategie bislang ein bundesweiter Solar-Standard mit klaren Vorgaben zur Installation von Photovoltaik-Dachanlagen auf allen neuen und bestehenden Nichtwohngebäude (unabhängig von ihrer Größe), allen neuen Wohngebäuden und bestehenden Wohngebäude, die einer grundlegenden Sanierung unterzogen werden. Der Solar-Standard sollte weitere Maßnahmen wie die Einführung eines leistungsfähigen digitalen Dachflächenkatasters oder alternative Erfüllungsoptionen vorsehen, falls Photovoltaik-Installationen vor Ort nicht möglich sind.

Die Bundesregierung muss jetzt konsequent auf Geschwindigkeit umschalten. Nach den umfassenden Änderungen im Rahmen der letzten EEG-Novelle müssen 2023 die strategischen Weichenstellungen für die Solarisierung der Energieversorgung erfolgen. Das Potenzial dezentraler Photovoltaik-Anlagen darf nicht länger brach liegen.

— Der Autor David Krehan ist Senior Referent dezentrale Erzeugung beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und zuständig für die Themenfelder dezentrale solare Erzeugung, Wasserstoff und Gas. Er analysiert zudem die aktuellen Entwicklungen im Bereich Klimapolitik sowie die regulatorischen Rahmenbedingungen auf EU-Ebene. Der Diplom-Volkswirt war zuvor unter anderem für das Bonner PV-Marktforschungsunternehmen EuPD Research, den Bundesverband Solarwirtschaft e.V. und zuletzt als VDI-Technologieberater für ein EU-Investitionsprogramm im Bereich Cloud Infrastruktur tätig. Die vollständige bne-Stellungnahme zur Photovoltaik-Strategie

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