China überholt die Welt bei Elektroautos und Erneuerbaren

Hans-Josef Fell

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VW in China bald vor dem Aus?

Von der Leyen, Macron und Baerbock in China – die großen politischen Besuche durch die EU-Kommissionspräsidentin, den französischen Präsidenten und die deutsche Außenministerin sind vorüber. Die Medien berichteten hauptsächlich über die zentralen geopolitischen Fragen wie den Ukraine Krieg, die Taiwanfrage, die Menschenrechtsfrage in China oder allgemein über die wirtschaftliche Abhängigkeit der EU von China. Ausgelassen wurden spannende Fakten: Etwa, was im Sektor der Klimaschutztechnologien wie beispielsweise der Photovoltaik oder in der Elektromobilität passiert – und das, obwohl die EU zu circa 80 Prozent von den Solarfabriken chinesischer Unternehmen abhängig ist.

China mit disruptivem Wachstum beim Ausbau erneuerbare Energien.

Dabei gibt es erstaunliche Entwicklungen in China hin zu einer sauberen Wirtschaft auf der Basis erneuerbarer Energien mit elektrischen Antrieben für Busse, LKW, Autos und Zweiräder. Die rasante industrielle Entwicklung sauberer Klimaschutztechnologien findet erstaunlich wenig Beachtung in den deutschen Medien, obwohl die Abhängigkeit der EU von diesen Klimaschutztechnologien immer stärker wird. Wie schon bei Mobiltelefonen droht die EU ins Hintertreffen zu geraten. Je stärker China die Klimaschutztechnologien im Binnenland ausbaut, desto mehr sinken die Preise und umso wettbewerbsfähiger wird dadurch auch das chinesische Exportgeschäft. Die europäische Konkurrenz wird immer weiter abgehängt.

Die Pläne der EU-Politiker und Politikerinnen für mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit von China wirken recht hilflos. Sie sind nicht ausreichend ambitioniert, um der drohenden Abhängigkeit mit einem eigenen Aufbau von Fabriken in der gleichen Größenordnung zu begegnen.

Zwar gibt es nun eine Ausbauinitiative der EU-Kommission für Photovoltaik-Fabriken. Die Dimension ist jedoch im Vergleich zu China lächerlich: So will die EU 30 Gigawatt an Produktionskapazitäten entlang der gesamten Photovoltaik-Wertschöpfungskette bis 2025 aufbauen. Dabei hat alleine die chinesische Firma Longi – der größte Photovoltaik-Hersteller der Welt – angekündigt, bis 2024 eine 20 Gigawatt Modulfabrik neu aufzubauen.

Eine einzige chinesische Firma erhöht in nur einem Jahre seine Photovoltaik Produktion fast so stark wie die ganze EU in den kommenden Jahren insgesamt neu aufbauen will!

China dominiert den Weltmarkt der erneuerbaren Energien

Nachdem die Regierung Merkel die solare Technologieführerschaft im Jahre 2012 nach China verjagte, hat sich China zum absoluten Weltmarktführer etabliert. Circa 80 Prozent der Solartechnologien importiert auch Deutschland aus China. Noch im Jahre 2010 waren unter den größten Solarherstellern 8 Deutsche, heute findet man unter den 30 größten keine deutsche Firma mehr.

Würde die EU-Kommission wegen der hohen Abhängigkeit von Importen aus China erneut Zölle oder andere Hemmnisse einführen – was in Brüssel durchaus diskutiert wird – dann könnte die EU und Deutschland die selbst gesteckten Klimaziele nicht erreichen. Denn die Solartechnik ist einer der wichtigsten Pfeiler für den Klimaschutz.

Solar- und Windmarkt in China explodiert

China ist seit Jahren nicht nur Exportweltmeister für Solartechnologie, sondern hat auch sein solares Wachstum im Binnenmarkt für Photovoltaik, Windkraft und Elektromobilität stark beschleunigt.

Die installierte Leistung wird bis 2030 nach einer Analyse von Goldman Sachs für Wind- und Solarkraft in China etwa 3,3 Terawatt erreichen und wäre damit eine Verdreifachung des ohnehin schon starken Regierungsziels von 1,2 Terawatt. 2060 wäre dann das Riesenreich energieautark und müsste keine Energie mehr importieren. Da Windkraft und Solarenergie ohne Brennstoffe auskommen, werden auch die Energiekosten für die Chinesen deutlich sinken.

Wer die chinesische Entwicklung Chinas der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren beobachtet hat, wurde von Jahr zu Jahr von der Übererfüllung der Planziele überrascht. Es könnte also gut sein, dass die chinesische Energieunabhängigkeit von fossilen und atomaren Energieerzeugung weit vor 2060 erreicht sein wird. Ein Ziel, das nicht einmal die deutsche Ampel-Koalition anvisiert, die ja selbst noch in vielen Jahrzehnten große Mengen erneuerbare Energien mit Hilfe von grünem Wasserstoff importieren möchte, statt eine echte Energieunabhängigkeit anzustreben.

Niedergang der deutschen fossilen Konzerne in China

Gleichzeitig schrumpfen die der fossilen Wirtschaft zugehörigen Marktanteile deutscher Fabrikationen auf dem chinesischen Markt dramatisch zusammen: Autos mit Verbrennungsmotoren etwa von VW, BMW und Daimler; klimaschädliche fossile Energietechnologien wie Erdgaskraftwerke beispielsweise von Siemens oder schmutzige Chemie von BASF.

Vor allem der Elektrofahrzeug-Markt in China wächst explosiv an und wird zunehmend nur noch von chinesischen Firmen bedient. VW hat auf Grund der jahrelangen Versäumnisse in der eigenen E-Mobilitätsentwicklung und Missachtung der chinesischen Marktentwicklung kaum eine Chance mehr. Man muss gar befürchten, dass VW einen großen Teil seiner 33 chinesischen Autofabriken aufgeben muss. Diese produzieren fast nur klimaschädliche und luftverschmutzende Autos mit Verbrennungsmotoren, welche in China kaum mehr jemand will und die von Chinas Regierung mit ihrer konsequenten Luftreinhaltepolitik auch zunehmend verboten werden.

Im Automarkt Chinas zeichnet sich ein schneller Absturz von VW ab

Europäische, japanische und US-Autohersteller außer Tesla, insbesondere VW und Toyota werden in den kommenden Monaten massive Markteinbußen im chinesischen Markt erfahren. Sie sind im rasant wachsenden chinesischen E-Mobil Sektor weit abgeschlagen, da sie die Wünsche der chinesischen Käufer nicht erfüllen können. So wünschen sich die chinesischen Kunden wie ein Elektroauto, dessen Bordcomputer mindestens so viel bietet wie ein Smartphone. Gibt es aus Europa kaum. Und besonders kostengünstige E-Autos können die Europäer auch nicht bieten – chinesische Hersteller aber schon.

Aber besonders gravierend ist: Europäische Firmen wie VW können nicht mehr die in China geforderten Schadstoffgrenzwerte einhalten. Sie werden in den nächsten Jahren vom chinesischen Markt verschwinden, wenn sie nicht auch die Qualität der chinesischen E-Auto Hersteller erreichen. Das zeichnet sich aktuell nicht ab.

Ist dies das Ende von VW in China, das in China etwa 30 Prozent des gesamten Absatzes hat?

China setzt klare Luftreinhaltepolitik durch

Am 1. Juli 2023 wird in China die neue Schadstoffnorm VI B* Gesetz werden. Die damalige Bundeskanzlerin Merkel reiste 2017 mit ihrem Wirtschaftsminister Gabriel extra nach Peking, um diese Norm zu verhindern. Doch Peking entschied sich für saubere Luft und nicht die Konzerninteressen der deutschen Autohersteller.

Nun kann fast kein Hersteller von Autos mit Verbrennungsmotoren in der EU oder Japan diese Norm einhalten. Die Norm ist kein chinesischer Sonderweg, sondern orientiert sich an den geforderten Schadstoffwerten der WHO, um die Lungenkranken und vorzeitigen Toten durch Luftverschmutzung weitgehend zu vermeiden. Jährlich sterben nach WHO-Angaben sieben Millionen Menschen weltweit an Luftverschmutzung, die wesentlich auch durch fossil angetriebene Autos, LKW, Busse und Traktoren mit Verbrennungsmotoren entsteht. China, das die Verschmutzung durch deutsche VW-Dieselautos oder Kohlekraftwerke lange akzeptierte, hat dies nun nicht mehr nötig.

Damit ist China der Gesundheitspolitik der EU und Deutschlands voraus. Hierzulande versucht Minister Lauterbach, den Kosten im Gesundheitswesen durch finanzielle Gesundheitsreformen Herr zu werden – anstatt auf Prävention und direkt auf einen Rückgang der durch Luftverschmutzung ausgelösten Krankheiten und 125.000 vorzeitigen Todesfälle in Deutschland zu setzen und so die dadurch verursachten hohen Kosten des Gesundheitssystems zu senken.

VW setzt immer noch auf Betrugssoftware

Statt endlich den fossilen Verbrennungsmotor einzustampfen und voll auf emissionsfreie Antriebe zu setzen, setzt VW weiter auf den fossil betriebenen Verbrennungsmotor.

Trotz chinesischer Konkurrenz und trotz seines Abgasskandals – der Konzern ging gerade gegen ein entsprechendes Gerichtsurteil, wonach auch seine aktuelle Software eine Betrugssoftware sei, in die Berufung. Und das hat drastische Konsequenzen für die ganze Welt. VW ist laut seiner eigenen Recherche 2019 mit seiner Fahrzeugproduktion für circa 2 Prozent aller globaler Treibhausgasemissionen verantwortlich – verdoppelt also die gesamten deutschen Klimagas-Emissionen direkt. Und wahrscheinlich liegen die Emissionen aus den VW-Fahrzeugen sogar noch höher. Vertrauen kann man den firmeneigenen Analysen von VW ja bekanntlich eher nicht.

Bedenkt man, dass alleine in der Fahrzeugindustrie auch Daimler, BMW, MAN und andere erhebliche Emissionen in der Welt mit ihren Fahrzeugen verursachen; wozu dann noch die Kohle- und Erdgaskraftwerke von Siemens und Co; Chemieanlagen von BASF oder der Flugzeugbau von Airbus sowie tausende andere Unternehmen dazukommen, deren Technologien in allen Weltteilen große Emissionen verursachen plus die Emissionen aus Reisen und Konsum der Deutschen. Dann wird deutlich, dass Deutschland mit seiner Exportindustrie sicherlich für weit über 20 Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Leider gibt es dazu keine exakte wissenschaftliche Untersuchung.

VW kommt nun offensichtlich als deutscher Marktführer für die Klimazerstörung im China-Geschäft massiv wirtschaftlich unter die Räder. Aktuell produzieren die VW-Fabriken in China unverkäufliche Autos auf Halde. Der Absatz von VW-Autos ist im ersten Quartal 2023 um etwa 30 Prozent eingebrochen und da sit die neue Abgasnorm noch nicht einmal in Kraft. Auch Daimler erlebt ähnliches. Toyota verzeichnete gar einen Markteinbruch von 50 Prozent, da es seit über einem Jahrzehnt nur auf das emissionsfreie Wasserstoffauto setzt, um im Grunde sein Geschäft mit Verbrennungsmotoren zu schützen.

In China zeigt sich nun: Selbst Großkonzerne können wanken und verschwinden, wenn sie zu lange den Klimaschutz und die Luftreinhaltung missachten.

— Der Autor Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group. Er war 1998 bis 2013 Bundestagsabgeordneter für Bündnis/Die Grünen und ist Mit-Autor des Entwurfs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2000. https://hans-josef-fell.de/ —

*Anmerkung der Redaktion: Die Norm ist nachträglich korrigiert worden, es hatte sich ein Dreher eingeschlichen. Herzlichen Dank an den aufmerksamen Leser.

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