Photovoltaik: Intelligentes Asset-Management als Puzzlestück der Energiewende

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Ende 2019 rief die Europäische Kommission den Green Deal ins Leben. Das Ziel: Klimaneutralität bis 2050. Um fossile Energieträger als Hauptenergiequelle abzulösen, ist Photovoltaik elementar. Entsprechend groß ist die Wachstumsrate. Die installierte Photovoltaik-Kapazität in der EU erhöhte sich zwischen 2011 und 2021 von 52  auf fast 160 Gigawatt – eine Steigerung um über 200 Steigerung. Auch in Deutschland ist Photovoltaik sehr populär und trägt dazu bei, dass die Energiewende einen großen politischen und gesellschaftlichen Rückhalt genießt.

Ebendeswegen wird viel über höhere Ausbauziele, schnellere Genehmigungsverfahren oder die Aufweichung genehmigungsrechtlicher Hürden gesprochen. All das ist richtig, lässt aber einen entscheidenden Faktor außer Acht: die Anlagen im Bestand. Denn Photovoltaik-Anlagen sind verschiedenen Umwelteinflüssen ausgesetzt, die ihre Effizienz drastisch verringern können. Die Folge sind eine geringere Stromproduktion, weniger Einnahmen und in der Regel auch höhere Wartungskosten.

Verschenktes Potenzial

Betrachtet man die Photovoltaik-Kapazitäten in der EU, ergibt sich ein besorgniserregendes Bild. Etwa 51 Gigawatt an installierten Photovoltaik-Anlagen und damit fast 32 Prozent der tatsächlich installierten Leistung der EU sind älter als zehn Jahre (Stand 2021). Sie verfügen zwar über eine weitere Lebenserwartung von 20 Jahren, können allerdings schon jetzt einen beachtlichen Leistungsabfall verzeichnen. Hieraus ergeben sich zwei Probleme:

  1. Eine geringere Stromproduktion, was zu einem zusätzlichen Bedarf an Erzeugungsanlagen für die Deckung des Energiebedarfs und beim aktuellen Anlagenbestand zu mehr Strom aus fossilen Energieträgern im Netz führt
  2. Nicht-rentable Anlagen verringern weitere Investitionsanreize und hemmen damit langfristig den dringend benötigten Kapitalfluss in den Ausbau der Erneuerbaren.

Beides gefährdet die Energiewende. Ersteres direkt durch einen verzögerten Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und letzteres indirekt, indem Investitionen unattraktiv erscheinen. Ein Puzzlestück der Energiewende muss es demnach sein, die bestehenden Anlagen möglichst effizient und weitsichtig zu managen. Was es hierfür braucht, wissen wir aus unterschiedlichen Studien und unserer eigenen Erfahrung.

Bekannte Probleme erfordern vorausschauende Lösungen

Regelmäßige Wartungen und Inspektionen gehören zum Standardrepertoire des Asset Managements. Aber: Es existieren diverse Defekte an Photovoltaik-Anlagen, die bei Routine-Checks unentdeckt bleiben. Weiterführende Prüfungen, wie beispielsweise Thermografie, Elektrolumineszenz Test, U-I-Kennlinien Test, können hier Licht ins Dunkel bringen. Diese, ergänzt durch eine kontinuierliche Überwachung bestehender Defekte und aktivem Management bei sich verschlechternden Betriebsbedingungen, können zur Vermeidung von signifikanten Verlusten von Photovoltaik-Anlagen beitragen. Wie das konkret aussieht, lässt sich anhand zweier Beispiele verdeutlichen.

Potenzialinduzierte Degradation

Potenzialinduzierte Degradation (PID) stellt eine der am häufigsten zu beobachtenden Arten der Degradation bei älteren Solarmodulen dar. Kurzgesagt verursacht negative Spannung zwischen den Zellen des Moduls und dem Aluminiumrahmen einen konstanten Leistungsverlust von bis zu 35 Prozent. Hintergrund ist ein Anstieg des “Leckstroms”, der weniger nutzbaren Ausgangsstrom und eine veränderte U-I-Kennlinie zur Folge hat. Die Installation von „PID-Boxen“ (Ladungsausgleicher) oder die Erdung des negativen Gleichstrompols des Wechselrichters können hier Abhilfe schaffen.

Beide Methoden haben Vor- und Nachteile. Ladungsausgleicher sind etwas teuer, ermöglichen aber theoretisch Leistungsrückerholungen von bis zu 25 Prozent. An Anlagen unseres Portfolios erreichten wir durch die Installation solcher Ladungsausgleicher eine Rückerholung von 19 Prozent. Die Erdung des negativen Gleichstrompols ist dagegen etwas günstiger, führt jedoch zu geringeren Effizienzsteigerungen der betroffenen Module. Außerdem kommen sie nur in Frage, wenn die Transformatoren der betroffenen Module über einen integrierten Wechselrichter verfügen.

Degradation der Rückseitenfolie

Eine weitere häufig auftretende Art der Degradation betrifft die Rückseiten der Module. Insbesondere ältere Modulrückseiten neigen zu Rissen und Verschleiß, die Folge sind Verschmutzungen und damit einhergehend eine Verschlechterung der elektrischen Isolierung. Neben Ertragsverlusten entsteht hierdurch auch ein Sicherheitsrisiko. Um die Schwachstellen zu beseitigen und eine weitere Schädigung zu vermeiden, die den Tausch der Module erfordern könnte, werden die Risse durch das Auftragen von Dichtungsmitteln auf der Rückseite vor Ort behandelt. Der Vorteil: Die Versiegelungen lassen sich mit einem Spachtel, einem Spray oder Klebeband auftragen, ohne dass die Module dafür demontiert werden müssen

Alternative Optimierungsmöglichkeiten

Darüber hinaus gibt es einige Möglichkeiten, mit denen sich der Ertrag von Photovoltaik-Anlagen unabhängig von möglichen Defekten optimieren lässt. Eine wenig invasive und verhältnismäßig kostengünstige Variante zur Steigerung der Effizienz bei Solarmodulen stellt das Auftragen von Antireflexionsbeschichtungen dar. Denn: Je geringer der Reflexionsgrad, desto höher der Ertrag eines Moduls. Die Erfahrung zeigt, dass so Ertragssteigerungen von 2 bis3 Prozent möglich sind. Der Effekt kann bis zu zehn Jahre halten und zudem den Austausch von Modulen sowie die Notwendigkeit von Repowering-Eingriffen verhindern, was wiederum die Rentabilität einer Anlage erhöht.

Darüber hinaus bietet sich die Nachrüstung sogenannter Leistungsoptimierer auf Modul- oder Stringebene an. Solche Power Optimizer helfen Leistungsverluste infolge von Fertigungstoleranzen, Teilabschattung, PID, gerissenen Zellen und Verschmutzungen in den Modulen zu vermeiden. Darüber hinaus versprechen sie eine Produktionssteigerung in ansonsten intakten Anlagen und schützen vor unvorhergesehenen gravierenden Fehlern. Allerdings bedeutet ihr Einbau bei Freiflächenanlagen verhältnismäßig hohe Investitionen, setzt also eine genaue Kosten-Nutzen-Analyse voraus.

Die Energiewende braucht Rentabilität

Die Erfahrung zeigt, dass ein weitsichtiges Anlagenmanagement bei Photovoltaik-Projekten einen signifikanten Einfluss auf deren Effizienz hat. Hierdurch gelangt mehr Grünstrom ins Netz und Investitionsanreize bleiben erhalten. Somit stellt die kontinuierliche Anlagenüberwachung, samt Prävention und Früherkennung von Leistungsverlusten sowie die rechtzeitige Einleitung von Gegenmaßnahmen ein nicht zu vernachlässigendes Puzzlestück der Energiewende dar. Bleibt es aus, werden früher oder später Revamping- oder Repowering-Projekte notwendig, bei denen zum Beispiel Wechselrichter und deren Komponenten oder gesamte Module vollständig oder teilweise erneuert werden müssen. Die Folge sind nicht nur hohe Investitionen, sondern zusätzliche Einbußen aufgrund von Ertragsausfällen. Es wäre daher wünschenswert, wenn ein Teil der Aufmerksamkeit, der dem Ausbau der Erneuerbaren geschenkt wird, auch der Pflege und Optimierung des Bestandes zugutekommt.

— Die Autorin Sonia Pessina ist Associate Asset-Manager bei der Pacifico Energy Partners GmbH in München. Das in München ansässiges Unternehmen für erneuerbare Energien ist in den Bereichen Wind- und Solarenergie sowie Batterie- und Wasserstofftechnologien aktiv. Mehr Infos unter: https://www.pacifico-energy.com/

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