Ende Februar sorgte Sono Motors mit der Ankündigung, sein solarbetriebenes Elektroauto „Sion“ einzustellen, für Aufsehen. Jahrelang hatte das Münchner Unternehmen versucht, die Serienfertigung seines Wagens auf den Weg zu bringen. Doch die finanziellen Mittel reichten nicht aus. Daher dann die Entscheidung, Sono Motors will sich künftig ganz auf sein Photovoltaik-Geschäft im B2B-Bereich, also als Zulieferer für andere Hersteller, konzentrieren. 300 Stellen strich Sono Motors und auch COO Thomas Hausch trat zurück.
Etwa genau ein Monat nach diesem Paukenschlag veröffentlichte Sono Motors, das an der New Yorker NYSE seit November 2021 gelistet ist, ein sogenanntes SEC-Filing, was ernsthafte Zweifel an dem langfristigen Bestehen des Münchner Unternehmens aufkommen lässt.
„Wir verfügen derzeit über keine nennenswerten Einnahmequellen und haben lediglich mehrere Absichtserklärungen mit mehreren potenziellen Kunden abgegeben, aber noch keine verbindlichen kommerziellen Verträge abgeschlossen“, heißt es dort. „Nach unseren derzeitigen Einschätzungen gehen wir davon aus, dass wir erhebliche zusätzliche Mittel benötigen, bis wir die Produktion unserer Solarmodule hinreichend skaliert haben werden.“ Allerdings sei nicht klar, ob die erforderlichen Mittel überhaupt und kurzfristig eingeworben werden können. Der Sono Motors-Vorstand geht davon aus, dass mindestens 25 Millionen Euro an zusätzlichen finanziellen Mitteln bis zum Jahresende gebraucht würden, um die Photovoltaik-Lösung weiterzuentwickeln und auch eine Produktion dafür aufzubauen. Zudem müssen Anzahlungen von Kunden, die den „Sion“ vorbestellt und bereits bezahlt hatten, zurückgezahlt werden.
Sono Motors erwägt verschiedene Finanzierungsoptionen, darunter die Ausgabe neuer Aktien. Zusätzlich seien Fördermittel und Zuschüsse beantragt worden oder sollen beantragt werden, die etwa 5 Millionen Euro an neuem Kapital bringen könnten. „Wir stehen vor der Herausforderung, die erforderlichen Finanzmittel rechtzeitig oder überhaupt zu beschaffen, unter anderem aufgrund des schwierigen Kapitalmarkt- und Wirtschaftsumfelds. Unser Aktienkurs ist nach der öffentlichen Bekanntgabe unserer Entscheidung, das Sion-Pkw-Programm zu beenden und uns auf die Solartechnologie zu konzentrieren, stark gesunken, und unser Aktienkurs kann weiterhin Schwankungen unterliegen, was sich wiederum negativ auf das Vertrauen der Anleger, unser Kreditrating, den Zugang zu den Kapitalmärkten und unsere Marktkapitalisierung auswirken kann“, heißt es in der Veröffentlichung von Sono Motors weiter.
Die Börsenaufsicht hat mittlerweile auch eine Aufforderung an das Münchner Unternehmen geschickt, den Aktienkurs wieder stabil über einen US-Dollar zu bringen. Dies muss an 30 aufeinanderfolgenden Börsentagen bis zum 23. September erfüllt werden. Ansonsten droht Sono Motors ein Delisting von der New Yorker Börse. Dazu kommt Sono Motors zufolge: „Sollte unser Aktienkurs innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen fünf Tage lang unter einen bestimmten Mindestkurs fallen, würde dies ein auslösendes Ereignis gemäß den Bedingungen der kürzlich von der Gesellschaft begebenen Wandelschuldverschreibungen darstellen und unter anderem zu vorzeitigen Zahlungsverpflichtungen und erhöhten Zinssätzen führen, was unsere finanzielle Lage zusätzlich belasten könnte.“
Frisches Kapital will sich Sono Motors dadurch beschaffen, dass es sein Elektroauto-Projekt „Sion“ und die damit verbundenen Vermögenswerte verkauft. Mit dem Geld soll dann der Finanzierungsbedarf gedeckt werden. „Aber es gibt keine Garantie dafür, dass wir in der Lage sein werden, einen geeigneten Käufer zu finden und das Projekt zu günstigen Bedingungen oder überhaupt zu verkaufen“, schreibt das Unternehmen weiter. Auch sei noch unklar, ob es die Fördermittel und Zuschüsse erhalten werde. „Daher ist es ungewiss, ob es uns gelingen wird, ausreichende Finanzmittel zu erhalten, um die Entwicklung unserer Solartechnologie fortzusetzen und abzuschließen oder gar das Unternehmen fortzuführen“, so der Vorstand. „Unsere Fähigkeit, Solartechnologie zu entwickeln, ist nicht bewiesen, und es könnte uns nicht gelingen, unsere Solartechnologie innerhalb des geplanten Zeitrahmens, Budgets oder überhaupt zu entwickeln und zu vermarkten.“
Und selbst wenn es Sono Motors kurzfristig schafft, das benötigte Kapital zu beschaffen, ist dies auch noch keine Garantie, dass das Unternehmen überleben kann. Zudem einen könnte es sein, dass die Entwicklung der Photovoltaik-Technologie doch teurer wird, als der Vorstand annimmt, wodurch sich die Verluste und der externe Finanzierungsbedarf weiter erhöhen würde. „Wenn wir nicht in der Lage sind, die erforderlichen Finanzmittel zu beschaffen, erreichen wir möglicherweise keine wirtschaftlich tragfähige Größenordnung“, heißt es. „Unsere Fähigkeit, in Zukunft Einnahmen zu erzielen und rentabel zu arbeiten, hängt zum großen Teil davon ab, ob wir allein oder mit unseren Geschäftspartnern in der Lage sind, Meilensteine zu erreichen und die Entwicklung und Vermarktung unserer Solartechnologie erfolgreich abzuschließen.“ Doch ob das gelingt, da ist Sono Motors selbst skeptisch und schließt ein Scheitern explizit nicht aus. „Es kann sein, dass uns diese Aktivitäten nie gelingen und dass wir nie Einnahmen aus dem Verkauf von Fahrzeugen erzielen, die bedeutend genug sind, um die Rentabilität zu erreichen. Selbst wenn wir in der Zukunft Gewinne erzielen, sind wir möglicherweise nicht in der Lage, die Rentabilität in den folgenden Perioden aufrechtzuerhalten.“
Schließlich dann die Einschätzung, in der auch eine Insolvenz in Zukunft nicht ausgeschlossen wird. „Wir sind ein Unternehmen in der Frühphase mit einer Geschichte erheblicher Verluste, das vor kurzem sein Geschäftsmodell angepasst hat und für die absehbare Zukunft mit anhaltenden Verlusten rechnet, was dazu führt, dass wir weiterhin auf eine erhebliche externe Finanzierung angewiesen sind und erhebliche Zweifel an unserer Fähigkeit zur Fortführung des Unternehmens aufkommen lassen. Die Geschäftsleitung ist zu dem Schluss gekommen, dass erhebliche Zweifel an unserer Fähigkeit zur Fortführung der Geschäftstätigkeit in der Finanzberichterstattung für vergangene Zeiträume bestehen, und dass trotz der Änderung unseres Geschäftsmodells weiterhin ein wesentliches Risiko besteht, dass wir insolvent werden.“ Diese „erheblichen Zweifel“ würden auch von den Wirtschaftsprüfern geteilt.
Klar wird aus dem SEC-Filing, dass das Unternehmen schnell frisches Kapital braucht. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Geschäftsleitung der Ansicht, dass unsere Kapitalressourcen nicht ausreichen werden, um den Betrieb aufrechtzuerhalten oder unsere Aktivitäten wie derzeit geplant, auch für das Jahr 2023, abzuschließen, es sei denn, wir nehmen zusätzliche Mittel auf oder ändern unseren aktuellen Plan. Es besteht daher ein wesentliches Risiko, dass wir aufhören, als Unternehmen zu existieren, und insolvent werden. Wir können daher nicht zusichern, dass wir bei der Umsetzung unserer Geschäftspläne erfolgreich sein werden.“
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… hört sich nicht gut an für die tausende Privatleute, die teils Tausende investiert haben. Hätte man ja auch mal ein Wort daran verlieren können, dass Sono „eigentlich“ die Rückzahlung bis Mai 2025 vollziehen will.
Der letzte Satz im dritten Absatz erwähnt die Verpflichtung zur Rückzahlung.
Dass die vollmundige Ankündigung, diese Rückzahlung durchführen zu wollen, schon nach vier Wochen praktisch wieder einkassiert werden muss, lässt vermuten, dass sie nur ein weiterer Versuch der Anlegertäuschung war, um neue Investorengelder einzuwerben. Die Investoren ließen sich aber nicht mehr täuschen. Irgendwann ist Schluss, dann sieht auch der gutwilligste, dass der Kaiser nackt ist.
Sono wird nicht das einzige Startup in Deutschland sein, das seine hochgesteckten Ziele nicht erreichen kann und wird. Eine „Förderung“ des bayrischen Staates in Höhe von 12.000 Euro innerhalb von einer Zeitspanne von etwa 10 Jahren (ich hoffe, es stimmt so!) sagt doch Vieles über die Einstufung der Politik zu derartigen zukunftsbezogenen Projekten junger Menschen aus!
Zukunftsbezogen? Das ist ja gerade das Problem: Das Projekt Sion ist zu sehr rückwärtsgewandt. Man versucht ein Viersitzer-Auto auf die Beine zu stellen, das so groß ist, dass die Frage, ob es PV-Module an den Außenflächen hat oder nicht für den praktischen Betrieb völlig irrelevant ist.
Zukunftsbezogen sind da noch eher Projekte wie der Aptera (in Deutschland noch nicht erhältlich), bei dem Volumen und Gewicht so weit abgespeckt wurden, dass Energiebedarf und Eigenenergieerzeugung in einem realistischeren Verhältnis stehen.
Auch ein Projekt, das mal ein gutes Wechselakkusystem etabliert, wäre zukunftsbezogener gewesen. In Wiesbaden haben sie jetzt ihre Wasserstoffbusse wieder verkauft, weil sie außerdem noch Elektrobusse und Gelenkbusse (gibt es bisher nur dieselbetrieben) haben wollen. Für die Elektrobusse haben sie aber nicht genug Parkplatz während der Aufladung, wenn sie außerdem noch Wasserstoffbusse betreiben. Da es keine Wechselakkus gibt, brauchen sie von den Elektrobussen die zwei- bis dreifache Anzahl, die viel Parkfläche belegen. Busse sollen eigentlich fahren und nicht rumstehen. Mit Wechselakkus würde man das erreichen.
Insgesamt muss man Mobilität neu denken, und genau das hat man bei Sion nicht getan, sondern auf das alte überholte Konzept 1000kg-PKW zur Beförderung eines 80kg-Menschen gesetzt. Dass die bayerische Staatsregierung das nicht gefördert hat, spricht (ausnahmsweise) für deren Urteilsfähigkeit. Denn was die sonst so fördern, ist oft noch rückwärtsgewandter. Ein paar ökologische Feigenblätter sind auch dabei, aber so langsam und winzig, dass man nicht befürchten muss, dass es den Platzhirschen, die mit ihrem Geld alles zuscheißen, Konkurrenz macht.
Dass in SEC-Veröffentlichungen alle denkbaren Risiken einschl. „der Himmel könnte uns auf den Kopf fallen“ angeführt werden, ist an sich nichts besonderes und in jedem Jahresabschluss einer US-gelisteten Gesellschaft zu finden.
Aber ganz unabhängig davon stellt sich natürlich, worin denn nun das Geschäftsmodell der künftigen Firma bestehen soll, und welchen Technologievorsprung/Wettbewerbsvorteil sie gegenüber x-beliebigen anderen Unternehmen hat.
Da hier trotz jahrelanger Entwicklung ausser Absichtserklärungen keine Kundenverträge bestehen, der weitere Finanzbedarf auf 25 Mio geschätzt wird UND noch die Rückzahlungsverpflichtung für Sonos-Gelder besteht, die schon lange aufgebraucht sind, scheint eine Insolvenz am wahrscheinlichsten. Vielleicht kann eine Nachfolgegesellschaft dann die entwickelte Technologie erfolgreich vermarkten.