Die Ausbaupotenziale der Wasserkraft und ihre Bedeutung werden oft unterschätzt. Alleine in Mitteldeutschland könnten diese neuen Strom für 80.000 Wärmepumpen liefern. Darauf hat der Präsident des Wasserkraftverbandes in Mitteldeutschland, Martin Richter, vor kurzem bei einer Pressekonferenz hingewiesen.
Dies ist für den Ersatz von Erdgas- und Erdölheizungen, die ab 2024 nicht mehr neu gebaut werden sollen, sehr bedeutsam, weil ja gerade im Winter Strom für Wärmepumpen benötigt wird und Solarstrom dann bekanntlich schwach ist. Die Wasserkraft liefert in unseren Breiten im Winter mehr Strom als im oft vom Regenmangel geplagten Sommer und dies gerade auch in den langen und dunklen Winternächten. Sie ist also die ideale Ergänzung zum Solarstrom.
Wasserkraft im überragenden öffentlichen Interesse
Auf der Pressekonferenz stellte die Leipziger Rechtsanwaltgesellschaft eine Analyse zur Bedeutung der Wasserkraft-Aufnahme in den §2 EEG vor. Damit wird nun nach einigen politischen Kämpfen im letzten Jahr der Wasserkraft ein „überragendes öffentliches Interesse“ gesetzlich attestiert.
Dieses Gutachten kommt zum Ergebnis, dass die neue Gewichtungsvorgabe des § 2 EEG in allen Ermessens- und Abwägungsentscheidungen behördlicherseits miteinbezogen und geachtet werden, was zu einem erheblichen Anschub in den Vorhaben rund um die Erneuerbaren Energien allgemein – und im Speziellen auch für die Wasserkraft – führen muss.
Um diese Potenziale der CO2-freien Wasserkraft verstärken zu können und gleichzeitig dem überragenden öffentlichen Interesse im neuen § 2 EEG gerecht zu werden, müssen für die Wasserkraft nun folgende politische und administrative Handlungen – gegenüber der bisherigen Praxis – neu geordnet werden:
- Moratorium Wehrabriss bis zum Vollzug einer Neubewertung
- Vollzugs- bzw. Dienstanweisungen an die zuständigen Behörden, die Vorgaben des § 2 EEG 2023 bei allen Entscheidungen zu berücksichtigen
- Neubewertung der tatsächlichen Potenziale der Wasserkraft unter Berücksichtigung der Abwägungsvorgaben des § 2 EEG und der geänderten Versorgungs- und Marktlage
- Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Behörden
- Vereinfachte Zertifizierungsverfahren zur Netzeinspeisung
Wasserkraft bietet viele Vorteile: Hochwasser- und Dürreschutz sowie Verbesserung der Gewässerökologie
Das überragende öffentliche Interesse der Wasserkraft geht weit über die CO2-freie Stromerzeugung hinaus:
So bilden Querverbauungen eine wichtige Barriere, die bei Starkregen Hochwasserschutz bieten. In Dürrezeiten kann die Landschaft vom Wasser aus den Stauanlagen profitieren. Die Aufstauungen heben zudem den Grundwasserspiegel, wodurch Bäume in Dürrezeiten noch Wasser über die Wurzeln bekommen können.
Gleichzeitig bieten die Mühlgräben Biotope für Arten, die in reinen Fließgewässern kaum vorkommen. Die nach der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) geforderte Verbesserung des ökologischen Zustandes kann gerade mit einer Leistungserhöhung der Wasserkraft optimal verbunden werden. So gibt es heute neue Technologien, wie zum Beispiel Wasserkraftschnecken, die Fische, Aale und andere Wasserlebewesen unversehrt passieren können und gleichzeitig Strom erzeugen. Damit wird die Durchgängigkeit von solchen Stauwerken, die keine gute Fischdurchgängigkeit besitzen, vielfach überhaupt erst geschaffen. Es gibt viele Stauwerke, beispielsweise für den Hochwasserschutz, die komplett ohne Stromerzeugung geschaffen wurden. Hier kann ein Teil des Ausbaupotentials der Wasserkraft gehoben und der ökologische Zustand des Gewässers gleichzeitig verbessert werden.
Bürgerenergiegemeinschaften sollten sich also in ihrer Umgebung umschauen, ob sie als Ergänzung zum Solar- / Windpark oder der Nahwärme dort nicht auch ein Ausbaupotential für die Wasserkraft besitzen.
Auf die zahlreichen ökologischen Vorteile hatte auch die EWG in einem vielbeachteten Politikpapier im letzten Jahr hingewiesen und so den Weg zur Aufnahme in den §2 EEG geebnet.
— Der Autor Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group. Er war 1998-2013 MdB für Bündnis/Die Grünen und ist Mit-Autor des Entwurfs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2000. https://hans-josef-fell.de/ —
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Einen plumperen Lobbyismus liest man selten.
Es ist breiter Konsens das der ökonomische Nutzen von Wasserkleinkraftwerken viel geringer ist als der ökologische Schaden der damit angerichtet wird. Das neue Stauwerke auch noch ein ökologischer Vorteil sein sollen klingt nach Hohn.
Es ist ja nicht so das es im Winter nun mehr regnet oder schneit, ganz im Gegenteil, die Mengen gehen weiter zurück.
Was hilft einem Strom für 80td Wärmepumpen wenn ich alleine Mittedeutschland eine Million oder zwei davon haben werde ?
Von „überragendem öffentllichen Interesse“ scheint hier der Rollout von Wärmepumpen zu sein, wobei immerhin erkannt wurde das der Stom dafür nicht aus PV kommen wird. Nun sollen davon am besten noch mit Subventionen die Kleinkraftwerke profitieren.
Dabei wäre es viel wichtiger erst einmal da wo es geht zu dämmen um den Verbrauch im Altbestand zu reduzieren.
Das sehe ich nicht so.
Flusswärmepumpen und Schachtkraftwerke in Bächen können wie BioGas aus Abfällen einen großen Nutzen und Beitrag zur Grundlastversorgung liefern.
Wenn man bedenkt dass wir Heute erst etwa 50% des Stroms (500TWh) aus EE gewinnen und dies nur 15% unseres gesamten Primärenergiebedafs (3200TWh) sind dann sollte klar sein dass wir auf nichts verzichten können. Energieeffizienz hin oder her. die Lücke ist gewaltig.
Da Wasserstoff per Schiff als Methan o.ä. importiert werden muss macht es Sinn die Gasnetze zu Nutzen um EE Brennstoffe zu verteilen. Denn nur chemisch gebunden ist „Strom“ beliebig lagerbar .