Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern hat die Hypothese aufgestellt, dass Wärmepumpen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, eine der schnellsten Möglichkeiten sind, Deutschlands Importe von russischem Gas zu reduzieren. Um die Theorie zu testen, untersuchten sie, ob mehr Gas durch den Ersatz von Gaskesseln durch Wärmepumpen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, ersetzt werden kann. Außerdem wurde der Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien zur Reduzierung der Laststunden bestehender Gaskraftwerke untersucht.
Ihre Ergebnisse haben sie in „Replacing gas boilers with heat pumps is the fastest way to cut German gas consumption“ veröffentlicht, das kürzlich in Nature Communications Earth & Environment erschienen ist. Die Untersuchung stützt sich auf einen Vergleich der Leistungszahl (COP) von Wärmepumpen mit dem Wirkungsgrad von Gaskraftwerken. Die Leistungszahl ist definiert als die von der Wärmepumpe bewegte Wärmemenge, geteilt durch die für ihren Betrieb erforderliche elektrische Leistung. Als Referenz dienten den Wissenschaftlern die Wirkungsgrade von Gas- und Dampfturbinen, die in Deutschland den größten Teil des Stroms auf Gasbasis liefern.
„Ihr durchschnittlicher Jahreswirkungsgrad im Jahr 2020 ist das Verhältnis zwischen ihrer Stromerzeugung, die 95,0 Terawattstunden betrug, und dem verbrauchten Gas, das 171,4 Terawattstunden betrug, was 55 Prozent ergibt“, so die Wissenschaftler. „Um die Netzverluste zu berücksichtigen, senken wir diesen Wert auf 50 Prozent.“
Für industrielle Wärmepumpen, die in der Chemie-, Papier- und Verarbeitungsindustrie eingesetzt werden, wurde ein COP von 2 angenommen. Für die Raumheizung in Wohngebäuden wurde der COP einer „häufig verkauften“ Luft/Wasser-Wärmepumpe verwendet: die GMLW 14 PLUS des deutschen Heizungsherstellers Ochsner. Ihr COP schwankt zwischen 3,4 und 5,3 für die Erwärmung von Wasser auf 35 Grad Celsius. Für die Erwärmung von Wasser auf 50 respektive 60 Grad Celsius liegt der COP laut Datenblatt des Produkts bei 3,1 und 2,8. Die Wissenschaftler gingen von einem durchschnittlichen COP von 2,5 für Warmwasser aus.
Sie modellierten das deutsche Stromsystem anhand der stündlichen Erzeugungsdaten aller beteiligten Kraftwerke, Windparks, dezentralen Photovoltaik-Anlagen und Speicherkapazitäten im Jahr 2020 – als Referenzjahr. Um die Stromerzeugung in naher Zukunft zu modellieren, berücksichtigten sie den Zubau von Photovoltaik sowie Onshore- und Offshore-Windkraft, entsprechend den Vorgaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Sie gingen davon aus, dass Deutschland einen ausreichenden Netzausbau vornehmen würde, um diesen politisch gewollten Zubau zu bewältigen.
Das Modell umfasst vier Szenarien: ein „Business-as-usual“-Szenario, ein „beschleunigtes“ Szenario sowie ein „schnelles“ und „sehr schnelles“ Szenario. Die Ergebnisse zeigen, dass zwischen 2022 und 2024 neue Photovoltaik- und Windkapazitäten die Laststunden von Gaskraftwerken weitgehend reduzieren.
„Unsere stündlich aufgelöste Modellierung zeigt, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass es in diesen ersten Jahren viele Stunden gibt, in denen die Sonne scheint und/oder der Wind weht, aber nicht genügend Windparks und Photovoltaik-Anlagen installiert werden, um die Netznachfrage vollständig zu decken“, so die Forscher.
In den Szenarien „schnell“ und „sehr schnell“ nehmen Wärmepumpen jedoch von 2024 bis 2030 den größten Teil des neu hinzukommenden erneuerbaren Stroms auf. Sie seien der schnellste Weg, die Gasimporte in Deutschland zu reduzieren, so die Wissenschaftler.
Das „sehr schnelle“ Szenario zeigt eine Gaseinsparung von etwa 30 Prozent bis 2025. Das entspricht 290 Terawattstunden oder 28 Milliarden Kubikmetern, wenn man bedenkt, dass Deutschland im Jahr 2020 insgesamt 971 Terawattstunden Gas importierte.
„Wenn man bedenkt, dass im Jahr 2020 etwa 50 Prozent des Gases aus Russland importiert wurde, kann das sehr schnelle Szenario bis 2025 etwa 60 Prozent dieses Gases einsparen“, so die Autoren. Die Szenarien „schnell“, „beschleunigt“ und „Fahrplan für Installateure“ erzielen bis 2025 Gaseinsparungen von insgesamt etwa 22, 18 und 15 Prozent. „Die hier für Deutschland entwickelten Szenarien müssen entsprechend an die Gegebenheiten in anderen Ländern angepasst werden, bieten aber klare, greifbare Wege, um die Preisvolatilität und die Versorgungsrisiken von fossilem Gas zu reduzieren“, so die Wissenschaftler abschließend.
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Die Überschrift ist irreführend und negativ – wo soll hier ein Dilemma sein? Es ist wichtig dass die Wissenschaft klar macht dass WP ein wichtiges und effizientes Mittel zur Gas- und Energieeinsparung sind. Selbst wenn man 100% des WP-Stroms mit fossilem Erdgas in GuD-Kraftwerken erzeugen würde, ist der Gasbedarf immer noch 50% geringer als wenn man per Brennwert-Gasheizung heizt.
Wo hier das Dilemma zu finden ist, ist auch mir ein Rätsel. Die Ergebnisse sind doch eindeutig.
Und das bei einem angenommenen COP von 2,5. Eine extrem (unrealistisch) „schlechte“ Annahme also. Und selbst das reicht aus, um ganz erheblich Gas zu sparen.
Der Verstromungs-Wirkungsgrad von modernen Gaskraftwerken ist 50-60%. Es bräuchte einen COP>4 der Wärmepumpen, damit die Kombination 50% sparsamer wäre, der ist bei Millionen von ungedämmten Bauten unwahrscheinlich. Nicht WP alleine, sondern Dämmen&Isolieren muss die erste Massnahme sein. Zudem generieren neue WP neuen Stromverbrauch. Es bräuchte also nur für die 3 Wintermonate zusätzliche neue fossile Kraftwerke, wenn D den Stromverbrauch nicht durch Importe deckt oder durch Deindustrialisierung einspart.Selbst eine Verzehnfachung der PV Fläche würde diese Winterlücke nicht schliessen und genau dann wird der Grossteil der Heizleistung gebraucht.
So ganz klar ist mir diese Rechnerei nicht. Ein COP von 2,5 heißt doch wohl 1 KWh rein und Gewinn 2,5 KWh. Für 1 KW Strom aus gas, brauche ich bei einem Wirkungsgrad von ca 40% im Kraftwerk 2,5 KW Gas. Das mit der Einsparung habe ich nicht verstanden. Selbst die Grünen sagen das fast keine CO2 Einsparung durch Wärmpumpen gibt. Und die fossilen sind fast ausschließlich Kohle. Darum ist ein Einsatz von neuen Erfindungen die zwischen 6 bis 8 liegen abzuwarten. Ich ziehe eine Gastherme vor. Die macht warm. Und wird nicht geklaut, weil Sie draußen steht.
Zusatzeffekt (aus eigener Erfahrung) wird sein, dass viel mehr auf den eigenen Energieverbrauch geachtet wird. Gerade Betreiber eigener PV-Anlagen werden darauf achten, vornehmlich ihren eigenen Strom zu verbrauchen. Gerade im Frühjahr und Herbst sind hier ehebliche Einsparpontenziale durch gezielte Steuerung möglich. Und im Winter helfen börsennotierte Stromtarife zusätzlich die Stromnachfrage zu steuern. Das beste ist aber: Alles ist ab sofort möglich und muss nicht noch lange auf Forschung warten.
Erste Ansätze der Beschleunigung seitens der Regierung werden allerdings gerade in den Medien zerrissen.
Das größte Problem heißt jedoch Winter, Winter und noch einmal Winter. Als Betreiber einer PV Anlage die jährlich ca. 10..11MWh Energie generiert (den großen Umbau der Warmwasser- und Heizungsanlage will ich hier nicht einmal erwähnen) sehe ich immer mit den besten COPs die fatale Bilanz in den Monaten mit einer unendlichen Wolkendecke, die wochenlang einen Energiegewinn von 0.4 .. 1kWh/Tag zulässt. In der Zeit brauche ich leider am meisten die Wärme und mit 0.6kWh am Tag schaffe ich höchstens eine Tasse Kaffee. An einem winterlichen Tag brauche ich jedoch 50 .. 100kWh am Tag. Mit welchem COP sollte es autark geschafft werden? Als Ergänzung ein Beispiel aus den letzten Tagen: am 1.03 fast 50kWh und innerhalb der nächsten 10 Tagen nicht einmal 40kWh. Die jährlichen Bilanzen lassen sich sehr gut interpretieren, die Dezember bis Februar sollten jedoch unbedingt getrennt betrachtet werden (November und März kommen praktisch auch dazu).
Warum Erdgas in GuD-Kraftwerken zur Stromerzeugung verbrennen (Wirkungsgrad 50%), und eine Kompressor-WP (Erdbodensonde/WW) antreiben, wenn es auch mit einer Brennwerttherme (Wirkungsgrad 95%) im Gebäude geht?
Alternative: PV-Anlage (Heizungs-/WW-Betrieb) zum Antrieb des Kompressors (kein Kraftwerk erforderlich) ;-).
Die Gaslobby ist bei der FDP sehr erfolgreich:
https://m.focus.de/finanzen/news/gastbeitrag-von-josef-reitberger-warum-ich-mich-ueber-fdp-kritik-an-habecks-heizungs-plan-aufgeregt-habe_id_187670837.html
Und in Europa schwer aktiv:
https://www.theguardian.com/business/2023/mar/07/gas-industry-lobbying-eu-boiler-phaseout-leaked-emails-suggest?CMP=share_btn_tw
Das Dilemma in der Überschrift besteht darin, dass man gerne beides machen würde, Gas durch Wärmepumpen ersetzen und Gas zur Stromerzeugung durch Erneuerbare Erzeuger ersetzen, dafür aber zu wenig Erneuerbare Erzeuger installiert werden. Die Wärmepumpen erhöhen den Strombedarf. Den ersten Schwung Erneuerbare braucht man dann um diesen Anstieg zu kompensieren, den zweiten Schwung um auch noch das Gas als Stromerzeuger zu verdrängen. Was aber an Erneuerbaren installiert wird, reicht bei der derzeitigen Dynamik kaum für den ersten Schwung. Eine dritte Ladung Erneuerbare braucht man dann noch, um Speicher aller Art zu laden. Es gibt also viel zu tun!
Die Studie ist dennoch völlig sinnlos, denn die Installation von Wärmepumpen und der Bau von Erneuerbaren Erzeugern laufen völlig unabhängig. Je nachdem, in welchem Zahlenverhältnis sie stehen, braucht man anschließend mehr, gleich viel oder weniger Gas. Weniger Gas brauchen wir nur, wenn genug Erneuerbaren-Erzeuger installiert werden, je mehr, desto besser. Wenn die Erneuerbaren reichen, um Gas als Stromerzeuger zu ersetzen, dann ist das etwas weniger effektiv, als wenn damit Wärmepumpen betrieben werden, aber wir wollen trotzdem beides.
Die Studie untersucht verschiedene Gas-Import (!) -Verdrängungsszenarien in Bezug auf EE- und WP-Zubau untersucht.
Wenn hier ein Dilemma besteht, dann z.B. jenes, ob man die Ziele von Paris auf diesem Weg erreichen kann bei der Wahl zwischen WP und Gasimporten oder WP und der andersweitigen Nutzung des EE-Zubaus.
Aber das ist eigentlich kein Dilemma das spezifisch WP betrifft, sondern man sieht in jedem der Szenarien deutlich, was viele hier schon lange wissen oder ahnen: „Viel hilft viel“ und die WP ist auch im schlechtesten angenommen Fall besser (in Hinsicht auf die Gasimport-Verdrängung) als die reine Gas-Verstromung (in der Summe der untersuchten Statistik!). Im Grunde eine Binsenweisheit, wenn man es mal so aufschreibt.
Ich zitiere aus dem Artikel.
Forscher haben untersucht, ob Deutschland mehr Gas durch Wärmepumpen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, oder durch Strom aus erneuerbaren Energien ersetzen kann, um die Laststunden der Gaskraftwerke zu reduzieren. Zitat Ende.
Die Forscher sind leider auch ein Opfer dessen was ich hier das „Faule Ei“ von 2010 nenne.
Denn wenn die Erneuerbaren noch vorrangig und zwingend der deutschen Stromversorgung zugeteilt würden, gäbe es kein entweder oder. Dann würden nämlich die Laststunden der Gaskraftwerke automatisch beide Varianten bedienen.
Wird sich ja möglicherweise bald ändern.
Siehe hier,
https://www.pv-magazine.de/2023/03/09/habeck-solargipfel-am-freitag-soll-in-solarpakt-muenden/#comments
meinen Kommentar vom 10.März um 13.38 Uhr.
„Here, we simulate how quickly the addition of renewable electricity and the installation of heat pumps can substitute enough gas to reduce supply risk“
Liest denn keiner die originalen Quellen? Zumindest kurz anreißen hilft oft.
Dazu müsste man endlich Mal die ganzen Abgaben auf Strom senken, so dass der Strompreis im Verhältnis zu Gas bei 3:1 oder besser 2:1 liegt. Damit wird es dann auch attraktiv eine Wärmepumpe zu installieren wenn man keine PV Anlage hat oder errichten darf oder kann. Dann könnte man auch auf diese Subventionen für Handwerker verzichten, die die Anlagen unnötig teuer machen.