Das Projekt von WUN H2, eine Beteiligung der Stadtwerke der oberfränkischen Kommune Wunsiedel, ist vorbildhaft: Ein Elektrolyseur soll im aktuellen Ausbaustadium etwa 1.350 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr liefern. Der soll per LKW-Trailer an Abnehmer im Umkreis von 200 Kilometern geliefert werden, etwa an Glas- und Keramikbetriebe, Transportunternehmen oder auch an ein Sägewerk.
Außerdem soll der Wasserstoff zur Stromproduktion in Blockheizkraftwerken der Region verbrannt werden, wenn gerade nicht genügend Strom im Netz vorhanden ist. Die dabei entstehende Wärme wird in das örtliche Wärmenetz eingespeist. Verwertet werden auch die Abwärme des Elektrolyseurs und der parallel zum Wasserstoff erzeugte Sauerstoff.
Nun allerdings schlägt Marco Krasser, Geschäftsführer der Stadtwerke Wunsiedel, Alarm: Die der Finanzierung der Strompreisbremse dienende Gewinnabschöpfung von Erneuerbare-Erzeugern stellt den wirtschaftlichen Betrieb des Systems in Frage, warnt Krasser. Geplant war, den in den Windparks und Photovoltaik-Anlagen der ZukunftsEnergie Nordostbayern GmbH (ZENOB) produzierten Strom direkt an die WUN H2 als Betreiber des Elektrolyseurs im Energiepark in Wunsiedel zu verkaufen. „Das aber funktioniert nun nicht“, sagt Krasser – und fragt: „Wie kann man in Norwegen grünen Wasserstoff einkaufen wollen und zugleich hierzulande die rentable Erzeugung zunichtemachen?“
Die Strompreisbremse des Bundes sieht vor, dass die Erzeuger einen Großteil der Differenz zwischen dem Börsenpreis und den Erzeugungskosten plus Gewinnmarge abgeben müssen. Verkauft nun ein Wind- oder Solarparkbetreiber Strom unter dem aktuellen Preis an der Börse an einen Abnehmer, kann er damit ins Minus rutschen – er zahlt mehr an den Staat, als er mit der Stromproduktion erwirtschaftet hat. Das verhindert aktuell einen Vertrag für eine direkte Lieferung von Strom durch die ZENOB an die WUN H2, so Krasser.
Krasser fordert Ausnahmeregelungen
Der Stadtwerke-Chef fordert daher die Politik auf, Ausnahmeregelungen bei der Abführung der Zufallsgewinne einzuführen. So sehe das Strompreisbremsengesetz (StromPBG) bereits eine spezielle Regelung für Stromlieferverträge vor, die vor dem 1. November 2022 abgeschlossen worden sind. Bei diesen wird zur Ermittlung eines eventuellen Zufallsgewinns der tatsächliche Verkaufspreis herangezogen.
„Wir fordern diese Art der Berechnung auch für später geschlossene Verträge und das für alle Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung“, sagt Krasser. Die ZENOB könnte dann einen wirtschaftlich für sie sinnvollen Vertrag mit der WUN H2 abschließen. „Natürlich dürfte die WUN H2 dann auch nicht über die Strompreisbremse gefördert werden.“ Ein kostengünstiger Bezug von Ökostrom ist Krasser zufolge unverzichtbar, um Wunsiedel wie geplant zu einem Zentrum der deutschen Wasserstoffwirtschaft zu machen.
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Wer meint auf Übergewinne ein Geschäftsmodelle aufbauen zu können, wie die Stadtwerke Wunsiedel das vor hatten, ist auch ein Opfer dessen, was ich hier das „Faule Ei“ nenne, welches der Energiewende 2010 mit der bekannten Ermächtigungsverordnung ins Nest gelegt wurde.
Die Übergewinne sind ja lediglich ein Betriebsunfall in der Dunkelkammer unseres Strommarktdesign, auf das man nun mal nicht verlässlich aufbauen kann.
Aber nun mal der Reihe nach. Seit 2010 sind die Erneuerbaren aus den Bilanzkreisen der Versorger raus genommen, und müssen von den Netzbetreibern, separat am Spotmarkt der Börse verkauft werden. Aber nur 2 Jahre sollten sie von den Netzbetreibern verkauft werden. Spätestens danach sollte ein Unternehmen gefunden sein, das den Ökostrom neutral und diskriminierungsfrei bestmöglich anbietet. So stand es jedenfalls schon im Referentenentwurf, den ich persönlich gelesen hatte.
Leider waren diese zwei Jahre – wie bei der Energiewende so oft – nur ablenkende Formulierung von Lobbyisten, um für ihre Klienten was viel Wesentlicheres durchzusetzen. Der Bock ist – wie man sieht – leider heute noch der Gärtner, und darf den Ökostrom an der Börse nach belieben, wo auch immer anbieten .
Und jetzt kommt der Punkt, und für mich die Ursache des „Betriebsunfalls“ mit dem die hohen Börsenpreise, und infolge dessen die Übergewinne zu begründen sind.
An der Börse gibt es zwei Möglichkeiten den Ökostrom zu verkaufen. Einmal im Day Ahead Handel und zum anderen Intra Day
Dazu siehe im Folgenden meinen Kommentar vom 23 Jan. um 16.55 Uhr.
https://www.pv-magazine.de/2023/01/23/ffe-boersenstrompreise-haben-sich-2022-in-deutschland-und-europa-auf-235-euro-pro-megawattstunde-mehr-als-verdoppelt/?unapproved=195793&moderation-hash=a3d2af5aef387f522c0c4a79814a9579#comment-195793
Wenn der Ökostrom Day Ahead, also im Vortagshandel nach Angebot und Nachfrage verkauft wird, verdrängt er auf der Merit Order Angebotskurve, rechts die teuren Gaskraftwerke. Die können dadurch nicht mehr den hohen Börsenpreis auslösen, und verhindern somit Übergewinne. Die kommen nämlich wegen der hohen Börsenpreise zu Stande.
Wenn nun der Strom aber Intra Day, nach dem Motto alles muss raus verkauft wird, bleiben die Preise hoch, weil Intra Day keinen Einfluss auf die Börsenpreise hat. Man sieht, da wurde offensichtlich zu wenig im Day Ahead Handel angeboten, um die teuren Gaskraftwerke zu verdrängen.
Wer da bei der Preisbildung, wo oder was anbietet, oder möglicherweise gar nicht anbietet, ist schon seit Jahren ein Thema, wenn es um die Dunkelkammer Strommarktdesign geht.
Zum Beispiel hier. https://taz.de/!280669/
oder hier:https:https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wettbewerbshueter-warnen-vor-preismanipulationen-auf-dem-strommarkt-17823799.html
oder hier:https://www.energieverbraucher.de/de/site__516/NewsDetail__8284/#
Alle wissen, dass da was faul ist, aber außer schönen Worten hat sich bisher nichts bewegt. Und so müssen wir uns immer mal wieder wundern warum Strompreise steigen, oder plötzlich wieder sinken, obwohl Putin weder einen Gashahn aufgemacht hat, noch sich sonst was verändert hat, was vorher für die gestiegenen Preise herhalten musste.
Die am Schalthebel lachen sich ins Fäustchen, wenn die Experten in der Dunkelkammer Strommarkt, den Lichtschalter nicht finden. So wie jetzt die Stadtwerke Wunsiedel.
Denen mache ich keinen Vorwurf, denn die hatten ja ehrliche Absichten.
Die Erlösabschöpfung soll ja nach neuesten Medienberichten ohnehin Ende Juni auslaufen. Insofern dürfte sich das Problem zeitnah von selbst erledigen.
@Hans Diehl,
Ihre Beiträge schätze ich sehr, aber hier irren Sie! Sie schreiben: „Wer meint, auf Übergewinne ein Geschäftsmodelle aufbauen zu können, wie die Stadtwerke Wunsiedel das vor hatten, […]“
DAS haben Sie falsch verstanden, vermutlich deswegen, weil Sie die Übergewinnabschöpfung falsch verstanden haben: Die Abschöpfung der Übergewinne geht davon aus, das der Anbieter für den gelieferten Strom den Marktpreis verlangt und bekommt. Sofern er das nicht tut und weniger verlangt, wird TROTZDEM der (zu) hohe Marktpreis als Berechnunggrundlage für die Abschöpfung herangezogen.
Siehe im Artikel: „Verkauft nun ein Wind- oder Solarparkbetreiber Strom unter dem aktuellen Preis an der Börse an einen Abnehmer, kann er damit ins Minus rutschen – er zahlt mehr an den Staat, als er mit der Stromproduktion erwirtschaftet hat. Das verhindert aktuell einen Vertrag für eine direkte Lieferung von Strom durch die ZENOB an die WUN H2“).
Es werden dem Anbieter in diesem Fall keine realen Gewinne weggenommen, sondern „fiktive Gewinne“, die er „haben könnte“, aber aufgrund der geplanten günstigen Lieferkosten nicht hat. Und genau das ist der falsche Ansatz der Abschöpfung, denn nun kann die ZENOB den Strom eben NICHT günstiger an die WUN H2 liefern, sondern muss den (zu) hohen Marktpreis verlagen. Und damit wird für die WUN H2 die geplante Wasserstoffproduktion unwirtschaftlich…
Die StW WUN machen übrigens seeehr viel richtig: Ich würde mir viele solche Stadtwerke wünschen – bitte weiter so, Herr Krasser!
Viele Grüße, Christian Dürschner
Christian Dürschner schreibt.
DAS haben Sie falsch verstanden, vermutlich deswegen, weil Sie die Übergewinnabschöpfung falsch verstanden haben:
@ Christian Dürschner.
Ich weiß sehr wohl, dass die Übergewinne nicht gleich Ertragsoptimierung bedeutet. Jedenfalls nicht für diejenigen, die die Energiewende als Allgemeinwohl gestalten wollen.
Das sollte auch kein Vorwurf an die Stadtwerke Wunsiedel sein. Wenn meine Eingangsformulierung auch so klingen mag. Am Schluss habe ich geschrieben, das soll kein Vorwurf an die Stadtwerke Wunsiedel sein. Meine Bedenken waren dahingehend, dass man in Wunsiedel finanziell mit etwas kalkuliert hat, was nicht lange Bestand haben kann, weil es die Politik selbst verbockt hat, und wahrscheinlich so gut wie wie möglich, schnell korrigieren will.
Lesen Sie dazu meinen Kommentar im Folgenden.
https://www.pv-magazine.de/2023/03/13/lichtblick-reicht-verfassungsbeschwerde-gegen-erloesabschoepfung-ein/