pv magazine: Wie lange gibt es Vireo Ventures schon, und wer steckt hinter dieser Gründung?
Felix Krause (Foto): Wir haben den Vireo Electrification Fund Ende letzten Jahres aufgelegt und bereits erste Investments in Energie-Start-ups getätigt. Vor dem Start unseres Fonds haben Matthias Engel, Mischa Wetzel, Thomas und ich Innogy Ventures, den ehemaligen Corporate Venture Capital Fonds von innogy, mit einem Volumen von 130 Millionen Euro mit aufgebaut. Matthias war vor seiner Zeit als Geschäftsführer von Innogy Ventures lange Zeit bei RWE im Bereich Merger & Aquisition tätig und hat so den Wandel der Energiewirtschaft früh begleitet, Mischa hat den Creative Industries Fund der IBB Ventures hier in Berlin mit aufgebaut, und Thomas hat als Unternehmensberater entlang der gesamten Energiewertschöpfungskette gearbeitet. Er hat unter anderem den IPO von Innogy begleitet. Sven Heiligtag hat die letzten 20 Jahre bei McKinsey in der Energiewelt verbracht, zuletzt als Leiter des deutschen Energiebereichs und im Aufbau des japanischen Bereichs. In dieser Zeit hat er mit einer Vielzahl von etablierten Unternehmen in Deutschland, Europa, den USA und Japan zusammengearbeitet, sowohl in der traditionellen Energieindustrie als auch mit Start-ups und Organisationen im breiteren Energie- und Start-up-Ökosystem. Ich selbst habe mich im Jahr 2009 im Bereich Photovoltaik selbständig gemacht und begann mit der Gründung eines Projektentwicklers. Im Anschluss folgte dann die Gründung meines damaligen Unternehmens Milk the Sun. 2020 haben wir dann ein neues Kapitel als Frühphaseninvestoren aufgeschlagen und direkt begonnen, ein eigenes Beteiligungsportfolio an Energie-Start-ups aufzubauen. Individuell und als Team können wir auf Erfahrung aus bereits über 100 Start-up-Investments zurückblicken.
In welche Art von Start-ups haben Sie bereits investiert und wollen sie künftig investieren?
Wir sind der festen Überzeugung, dass der Energiesektor einer der attraktivsten Bereiche ist, in die man derzeit investieren kann: Er ist groß, wächst rapide, ist radikalen Veränderungen ausgesetzt und bietet Investoren daher einen überdurchschnittlichen ‚Return on Climate and Investment‘. Deshalb beteiligen wir uns an jungen Unternehmen, die den erforderlichen Wandel der Energiewelt und insbesondere die anstehende Elektrifizierung verschiedener Sektoren rund um die Felder grüne Energie, Wasserstoff, Mobilität und Smart Buildings vorantreiben. Dabei suchen wir engagierte Teams, die wir mit unserem Netzwerk und unserer Erfahrung unterstützen können. Wir steigen bei Start-ups in der so genannten Pre-seed- oder Seed-Phase ein, in der wir den größten Mehrwert bieten können. Wir begleiten die Unternehmen häufig von den Prototypen über den Markteintritt, die anschließende Wachstumsphase bis hin zur Internationalisierung und unterstützen dann auch bei der Organisation weiterer Finanzierungsrunden. Im Dezember letzten Jahres sowie zu Beginn des neuen Jahres haben wir die ersten Investments mit dem neuen Fonds getätigt. Diese sind leider noch vertraulich, weshalb ich hier noch keine Namen nennen darf.
Im November 2022 haben Sie einen Fonds aufgelegt? Welches Volumen hat er, und in wie viele Start-ups wollen Sie investieren?
Unser Fonds wird ein Gesamtvolumen von 60 Millionen Euro haben. Hiermit planen wir, in den nächsten vier Jahren Investments in bis zu 30 europäische Start-ups der Energiewirtschaft zu tätigen.
Warum legen Sie so starken Wert auf die Sektorenkopplung?
Sektorenkopplung, sprich die holistische Betrachtung des Energiesystems im Zusammenspiel mit der Wärme-/Kälte-Erzeugung, der Mobilität und weiteren Bereichen, ermöglicht die Dekarbonisierung aller Wirtschaftssektoren durch erneuerbare Energien. Diese haben zwar teilweise höhere Investitionskosten als konventionelle Energien, dafür allerdings deutlich geringere Betriebskosten, bei fast Null-Grenzkosten pro Kilowatt pro Stunde. Dies, sowie die schwankende Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien, wird komplett neue Geschäftsmodelle ermöglichen und auch erfordern – und hier kommt die Sektorenkopplung ins Spiel. Die intelligente Kopplung der Sektoren durch den Einsatz energieeffizienter Technologien wie Wärmepumpenheizungen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder Elektroautos kann zu einer deutlichen Senkung des Energieverbrauchs führen. Der Einsatz von großen und kostengünstigen Energiespeichern außerhalb des Stromsektors schafft eine hohe Flexibilität in der Stromversorgung. So können die Schwankungen von erneuerbaren Energien einfach ausgeglichen werden. Dies funktioniert selbstverständlich nur, wenn alle Systeme intelligent miteinander verknüpft und gesteuert werden. So haben wir in der Vergangenheit in Unternehmen investiert, die das Laden von Elektroautos intelligent regeln oder die die Kühlung von unter anderem Kühlhäusern managen. Wir glauben, dass wir in der Entwicklung noch ganz am Anfang stehen und es hier in den nächsten Jahren noch viele spannende Opportunitäten geben wird.
Warum fokussieren Sie sich vor allem auf junge Unternehmen in Europa? Wären nach der Verabschiedung des IRA nicht auch Start-ups in den USA interessant?
Der Inflation Reduction Act wirkt sicherlich als Beschleuniger für erneuerbare Energien und verwandte Sektoren in den USA. Dennoch sind wir überzeugt, dass Europa aus Investorensicht ein fantastisches Umfeld für Frühphasen-Investments bietet. In Europa haben wir ausgezeichnete Forschungseinrichtungen und insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien sehr viel Know-how. Somit gehen wir davon aus, dass in Europa viele der benötigten Technologien entwickelt werden und diese dann die Chance haben, auch in den USA zu skalieren. Hierdurch profitieren auch wir indirekt vom IRA. Aber natürlich wird die EU eine entsprechende Antwort mit einem ähnlich starken und langfristigen Programm finden müssen. Davon werden dann auch junge Unternehmen in der EU direkt profitieren.
Ganz neu ist jetzt ein Beirat, der Vireo Ventures bezüglich der Investitionen berät. Wer ist denn dort vertreten?
Wir sind sehr glücklich, mit dem neuen Beirat gestandene und erfahrene Expertinnen und Experten für Vireo Ventures gewonnen zu haben. So unterstützen uns in Zukunft fünf hochkarätige Persönlichkeiten aus der Wirtschaft: Christopher Burghardt, ehemals Vice President Europe bei Charge Point und Vice President bei First Solar und jetzt Beirat verschiedener Venture-Capital- und Private-Equity-Firmen. Carl-Peter Forster, ehemals Vorstand bei BMW und General Motors, CEO von Tata Motors und derzeit Aufsichtsrat in verschiedenen Unternehmen sowie eigenen Start-up-Investments. Samuel Leupold, ehemals CEO von Ørsted Wind Power und jetziger Chairman von Corio Generation und im Aufsichtsrat von Enel und Schlumberger. Louise Hahn ist Board Member von European Energy A/S und vormals MD bei Ørsted und GlobalConnect. Und auch Marie-Theres Thiell, frühere CEO von innogy Ungarn sowie Mitglied des Supervisory Boards von unter anderem bei Westenergie und Bayernwerk, ist mit an Bord.
Welche Impulse erhoffen und versprechen Sie sich von diesen hochrangigen Beratern?
Mit unserem Beirat decken wir zum einen die verschiedenen europäischen (und globalen) europäischen Märkte geografisch sowie zum anderen die für uns relevanten Sektoren, in welche wir als Vireo Ventures investieren, inhaltlich sehr gut ab. Wir werden vom kumulierten Marktverständnis unseres Beirats profitieren und mit diesem unsere Investitionsthesen regelmäßig kritisch hinterfragen und gegebenenfalls anpassen. Darüber hinaus ermöglichen wir über die Beiratsmitglieder unseren Portfoliofirmen einen erstklassigen Zugang zu Expertise, Branchen-Know-how und Netzwerken.
Haben Sie ein Ziel, wie viele Investitionen Sie in diesem Jahr tätigen wollen?
Ich habe in meiner Zeit als Investor noch nie so viele spannende Unternehmensgründungen und Investment-Opportunitäten auf einmal gesehen. Es scheint, als hätten viele die aktuelle Energiekrise zum Anlass genommen, um gerade jetzt mit einem Start-up durchzustarten. Somit fällt es mir nicht leicht, die Frage konkret zu beantworten, ich würde aber mit sechs bis sieben Investments noch in diesem Jahr rechnen.
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