Die Energiekrise – und insbesondere die explosionsartigen Preisanstiege beim Erdgas – stellen Gewerbetreibende aller Branchen und Größen vor neue Herausforderungen. Die Hauptlast haben aber Betriebe und Unternehmen zu schultern, die für die Fortführung ihrer wirtschaftlichen Geschäftstätigkeit große Mengen an Energie benötigen. Um die Versorgung mit bezahlbarer Energie weiterhin sicherzustellen und sich gleichzeitig aus der Abhängigkeit von fossilen Energiequellen zu befreien, wenden sich gerade viele traditionelle Produktionsbetriebe und landwirtschaftliche Erzeuger dem Solarstrom zu. Welche Aspekte müssen hierbei beachtet werden und welche Hindernisse stehen vor dem erfolgreichen Einsatz von Photovoltaik-Anlagen?
Der Ausstieg aus der Kernenergie und der Kohleverbrennung zur Strom- und Wärmeerzeugung ist in Deutschland eine beschlossene Sache. Einen erheblichen Anteil an der zuverlässigen Versorgung, vor allem von energieintensiven Industrien und Produktionsbetrieben, wurde noch bis zum 24. Februar 2022 durch günstiges Erdgas aus Russland gedeckt. Dementsprechend setzten auch viele landwirtschaftliche Betriebe gerne auf den unkomplizierten und scheinbar unbegrenzt verfügbaren Energieträger. Angesichts des Ukraine-Kriegs steht diese Option bekanntermaßen nicht mehr zur Verfügung. Zuverlässige und innovative Alternativen sind gefragter denn je. Eine ökologisch, wie wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit stellt die Nutzung der Sonnenenergie dar. Nichtsdestotrotz sollten bestimmte Rahmenbedingungen stimmen, um die schnelle und zuverlässige, individuelle Energiewende gewährleisten zu können.
Flaschenhälse bei der Anlagen-Zertifizierung
Eine der größten Hürden bei kommerziell genutzten Photovoltaik-Anlagen liegt in der Zertifizierung. In Extremfall warten Antragssteller bis zu zwölf Monate auf das Anlagenzertifikat. Dies scheint auch die Regierung erkannt zu haben und hat eine Übergangsregelung erlassen, die es Anlagen zwischen 135 und 950 Kilowatt erlaubt, ihre Unterlagen innerhalb von 18 Monaten nachzureichen. Dies hat die Situation sicher kurzfristig entlastet. Bei der Befreiung von den umständlichen Prozessen muss man sich jedoch auch fragen, warum diese auf einmal problemlos umgangen werden können.
Die entsprechenden Anlagen wurden doch erst zwei Jahre zuvor zertifizierungspflichtig. Nahezu zeitgleich wurde auch die Digitalisierung dieses Flaschenhalses beschlossen. Von der Digitalisierung oder einer Beschleunigung der Zertifizierungsprozesse merkt man leider noch sehr wenig. Hier liegt jedoch das größte Potenzial: Auf Seite der Antragsteller würde es die Einreichung der benötigten Unterlagen deutlich vereinfachen. Doch dies wäre für eine Verbesserung des Prozesses ein fast schon zu vernachlässigender Faktor im Vergleich zu der digitalen Struktur seitens der Zertifizierer. Leider ist bei den gefragten Fachkräften nicht davon auszugehen, dass wir denselben Zuwachs zu sehen bekommen wie bei den Anträgen. Daher ist es absolut essenziell, die Zertifizierer mit der bestmöglichen und übersichtlichen digitalen Infrastruktur zu versorgen.
Bürokratie-Abbau verspricht mehr Potenzial als Fördergelder
Momentan sind die finanziellen Anreize für die Anschaffung einer Photovoltaik-Anlage stärker denn je. Auch im letzten Jahr setzte die Politik eindeutige Inzentiven, indem sie unter anderem die Einspeisevergütung erhöhte. Die politische Motivation geht grundsätzlich in die richtige Richtung – und zwar interessierten Privatpersonen und Unternehmen grundlegende Anreize für den Wechsel zu Photovoltaik zu setzen.
Finanzielle Anreize auf individueller Basis sind aber nicht das einzige wirksame Mittel, um das Tempo auf unserem Weg zur hundertprozentigen Eigenversorgung mit Solarenergie zu erhöhen. Im Gegenteil: mittlerweile herrscht ein regelrechter Ansturm auf Unternehmen, Experten und Hersteller, der kaum noch befriedigt werden kann. Angesichts der Preissteigerungen und Versorgungsunsicherheiten lohnt es sich quasi täglich vermehrt, in erneuerbare Energien zu investieren. Fördermöglichkeiten werden zwar gerne noch mitgenommen, geben aber schon lange nicht mehr den alleinigen Ausschlag für eine diesbezügliche Entscheidung.
Für weitere Stellschrauben sollte man bei den Prozessen für Baugenehmigung, Anmeldung und Inbetriebnahme sowie Netzanschluss ansetzen. Das Maß an individuellem bürokratischem Aufwand ist der entscheidende Hebel, um die Energiewende nachhaltig zu beschleunigen. Je unkomplizierter und digitaler die Prozesse für Zulassung, Inbetriebnahme und Anschluss werden, desto effektiver werden die entsprechenden Fachkräfte entlastet: Nicht nur weil der Rückstau abgebaut wird, sondern auch weil schlichtweg der organisatorische Aufwand pro Antrag sinkt.
Dringender Handlungsbedarf: Entbürokratisierung auf allen Ebenen!
Um einerseits die notwendigen Flächen auf bereits bebauten Objekten zu nutzen und andererseits die Beantragung und Zulassung erheblich zu beschleunigen, sind prospektiv umfassende Entbürokratisierungsmaßnahmen erforderlich. Je näher wir den Zielen der Regierung bezüglich Zubaus kommen, desto prekärer wird die Lage seitens der Zertifizierer. Leider kann man vorerst nicht auf einen Zertifizierer-Boom setzen. Daher müssen wir die bereits überlasteten Fachkräfte bestmöglich positionieren, um die Lage zu bewältigen. Seitens der Antragsteller hieße das, dass die Prozeduren digitalisiert und vereinheitlicht werden. Jeder Antrag in einer spezifischen Größenordnung sollte bundesweit die gleichen Anforderungen und Anträge benötigen. Schlanke Prozesse und eine digitale wie moderne Infrastruktur müssen jetzt aufgebaut werden, um die gemeinsamen Ziele bis 2035 zu erreichen.
— Der Autor Jonas Holtz ist Gründer und Geschäftsführer der JES Group. Mit dem Photovoltaik-Unternehmen ist er nach zehn Jahren eine feste Größe in der Branche und entwickelte sich zum größten inhabergeführten Anbieter Deutschlands. https://jes-group.com/ —
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