Die Bundesregierung plant, Erlöse der Betreiber gewerblicher Photovoltaik-Anlagen abzuschöpfen, um die Strompreisbremse zu finanzieren. Das könnte dazu führen, dass Investitionen mit einem Gesamtvolumen in Milliardenhöhe ausbleiben werden, fürchtet der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) – und belegt das mit einer Umfrage, die er in der vergangenen Woche in der Branche durchgeführt hat. Drei Viertel der befragten Unternehmer teilten dabei mit, Neuinvestitionen im Falle einer Erlösabschöpfung reduzieren oder verschieben zu wollen.
Die besonders knapp kalkulierten förderfreien Vorhaben würden am stärksten unter einer Erlösabschöpfung leiden. Mit einer Unwirtschaftlichkeit aller betreffenden Solarprojekte rechnen 45 Prozent der befragten Unternehmen. Fast alle Umfrageteilnehmer (92 Prozent) erwarten, dass zumindest einige neue Solarprojekte unwirtschaftlich werden dürften.
Nach den jüngst durchgesickerten Entwürfen aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) sollen rückwirkend zum 1. September 2022 und weit ins nächste Jahr – voraussichtlich differenziert nach Technologien – die Erlöse von Erneuerbare-Anlagen oberhalb des jeweils um drei Cent erhöhten anzulegenden EEG-Förderwertes nahezu vollständig abgeschöpft werden. Einem vom Energieversorger Lichtblick in Auftrag gegebenem Gutachten zufolge verstößt die Gewinnabschöpfung allerdings gegen EU-Recht.
BSW-Solar verweist auf höhere Kosten
„Mit der ursprünglich intendierten Abschöpfung von ,Zufallsgewinnen‘ haben diese Pläne nichts mehr zu tun“, erklärt BSW-Solar-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Es handele sich vielmehr um massive Eingriffe in die Erlösstrukturen der Energiewende. Sie würden Neuinvestoren verschrecken und auch wegen der Ungleichbehandlung Erneuerbarer Energien gegenüber anderen Energieträgern klar gegen geltendes EU- und Verfassungsrecht verstoßen. „Die BMWK-Pläne ignorieren die erheblichen Kostensteigerungen, mit der auch die Solarwirtschaft derzeit zu kämpfen hat“, so Körnig. So seien die Kosten von Investitionen in neue Solarparks gegenüber 2020 um circa 60 bis 65 Prozent gestiegen. Kostentreiber sei das weiter steigende Zinsniveau, steigende Arbeits- und Komponentenkosten. Neben dem Solarsystem habe sich auch die Stromnetzanbindung deutlich verteuert.
Erst in diesem Sommer hat die Bundesregierung gesetzlich verankert, die in Deutschland installierte Photovoltaik-Kapazität bis zum Jahr 2030 mehr als verdreifachen zu wollen. Nach Berechnungen des BSW-Solar sind dafür in den kommenden acht Jahren Investitionen von weit über 100 Milliarden Euro erforderlich.
„Diese Investitionen werden überwiegend von der Wirtschaft zu tragen sein. Sie werden im gewünschten Umfang nur dann fließen können, wenn jetzt schnell weitere Marktbarrieren abgebaut und Energiewende-Investitionen attraktiver werden. Nicht aber, wenn unverhältnismäßig Erlöse abgeschöpft werden, die für Investitionen in neue Solarkraftwerke dringend benötigt werden“, warnt Körnig.
GP Joule plädiert für Ertragssteuern statt Erlösabschöpfung
Der Erneuerbare-Projektierer GP Joule weist darauf hin, dass die Körperschafts- und Gewerbesteuereinnahmen sinken werden, wenn die Gewinnabschöpfung wie vorgesehen kommt. Leidtragenden würden vor allem die Kommunen sein. Und auch das Vertrauen der Investoren in den Markt der Erneuerbaren Energien werde massiv leiden. „Am Ende dürfte weniger Geld in den Zubau der Erneuerbaren investiert und der Ausbau wieder einmal abgewürgt werden“, sagt Ove Petersen, Mitgründer und CEO von GP Joule.
Petersen schlägt stattdessen ein anderes Steuerungsinstrument vor: die Ertragssteuern. „Schon heute verdient die öffentliche Hand mit bei den höheren Einkünften der Energieerzeuger – und das ist auch gut so“, sagt Petersen. Die Ertragssteuern seien planbar und schon mehr als einmal rückwirkend angepasst worden. „Also ein probates Mittel, welches den Unternehmen die Sicherheit gibt, dass nicht der Umsatz, sondern nur die Gewinne stärker abgeschöpft werden. Also das, was nach Abzug aller Kosten übrigbleibt“, erklärt er.
Zudem würden Steuererhöhungen für alle Energieproduzenten Anreize zur Reinvestition schaffen, was den Ausbau der Erneuerbaren definitiv fördern würde. Mit der Umsatzabschöpfung würde das Gegenteil passieren: Unternehmen müssten Rückstellungen bilden. Die Körperschafts- und Gewerbesteuereinnahmen würden dabei sinken, Milliarden gingen für den Bundeshaushalt erst einmal verloren.
„Die Anpassung der Ertragssteuer wäre eine Lösung, die die Klimakrise nicht außer Acht lässt, nicht einseitig belastet, nachvollziehbar ist, Planungssicherheit für Unternehmen wie Verbraucher schafft – und den Ausbau der Erneuerbaren nicht abwürgt“, ist Petersen überzeugt.
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Für förderfrei errichte Anlagen gibt es doch gar keinen anzulegenden Wert, weil sie an keiner Auktion teilgenommen haben. Ein Investor, der seiner Kalkulation die gegenwärtigen Strompreise zugrunde legt, würde aber ohnehin fahrlässig handeln. Ganz gut, wenn der sein Vorhaben auf eine Zeit verschieben, wenn der Strommarkt sich wieder etwas beruhigt hat.
Falsche Überschrift.
Man WILL gar nichts reduzieren. Für fast alle Akteure ist die Energiewende eine Herzensangelegenheit und sie investieren gerne und leidenschaftlich in neue Projekte. In guten und in schlechten Zeiten.
Aber wenn die Mittel aus denen investiert wird abgeschöpft werden (ohne Investitionen zu berücksichtigen), gleichzeitig Preise steigen, Kredite teurer werden und Banken verunsichert sind, dann KANN man schlicht weniger investieren und MUSS seine Pläne anpassen.
Zustimmung!
Die Überschrift müsste lauten:
„Solarbranche muss Investitionen bei Erlösabschöpfung reduzieren oder verschieben“
Es ist leider nicht garantiert, dass diese Übergewinne (Gewinne, die in der ursprünglichen Amortisationsrechnung nicht einbezogen waren, und für einen wirtschaftlichen Betrieb deshalb nicht notwendig sind) auch für neue ökologische Investitionen verwendet werden. Die können auch für einen neuen Porsche für den Geschäftsführer hergenommen werden. Bei mir versacken sie einfach im allgemeinen Haushalt. Die Verwendung, um die Preise fossiler Brennstoffe herunterzusubventionieren ist zwar auch nicht viel besser, aber es dient immerhin dem sozialen Frieden.
Es war von vorneherein ein Konstruktionsfehler, dass dem Recht auf einen Mindesterlös für Direktvermarkter nicht eine entsprechende Pflicht gegenüberstand, seinen Strom auch zu genau diesem Preis abzugeben, auch wenn am Markt mehr dafür zu erlösen ist. Diesen Konstruktionsfehler haben wir dem wirtschaftlichen Sachverstand von Rösler, Gabriel und Altmaier zu verdanken. Das sollte schleunigst geheilt werden. Nur wegen dieses Fehlers müssen jetzt mühsam Pflaster aufgeklebt werden, die natürlich alle Gesetze, die davon betroffen sind, viel schöner machen.
Da fragt man die Frösche, ob der Sumpf trocken gelegt werden kann.
Sie wollen den Ausbau Erneuerbarer Energien also austrocknen?
Ich hoffe sehr, dass der BSW-Solar Lobbyisten hat, die halbwegs mit der Gas-Lobby mithalten können.
Die Erneuerbaren-Branche macht gerne den Fehler, dass sie glaubt, sie hätte doch die besseren Argumente auf ihrer Seite, da bräuchte es keinen Lobbyismus. Da hat sie aber die Funktionsweise der Politik nicht verstanden. Ein Fehler ist zum Beispiel, dass viele Unternehmen nicht in den Arbeitgeberverbänden Mitglied sind und deshalb nicht tarifgebunden. Damit haben sie aber automatisch auch die Gewerkschaften gegen sich. Und ohne diesen großen Verbände geht bei uns in der Politik nichts. Aus gesellschaftspolitischen Gründen wäre es durchaus wünschenswert, dass auch die Zukunftsunternehmen sich in diese Ordnung einfügen. Unser Wohlstand fußt auch darauf, dass Gewerkschaften und Arbeitgeber im Dialog zu einem Interessenausgleich zum Nutzen aller kommen.
Die Kapazitäten sind doch in allen Bereichen ausgelastet. Vielleicht wäre noch mehr projektiert worden um noch mehr an diesen tollen Einnahmen teil zu haben. Das Anlagenbauer überwiegend mit Herzblut an der Energiewende hängen fällt unter die Kategorie Märchen. Über 80% der privaten Hausbauer tun das aus wirtschaftlichen Gründen und aus Angst ihren Wohlstand nicht halten zu können. Gewerbliche Investoren tun das fast zu 100% um viel Geld zu verdienen und mit einem grünen Logo ihre Verkaufschancen zu erhöhen. Viele Landwirte besser damit ihre bescheidene Rente auf. Balkonkraftwerke haben im Moment die höchsten Zuwachsraten, obwohl die Preise um 30 bis 40% gestiegen sind. Die Preise sind sowieso relativ. Vor zwei Jahren hat ein balkonkraftwerk mit zwei Modulen ca 700 € gekostet und heute kostet es meist über 1000 €. Vor 20 Jahren hätte man für die vergleichbare Leistung das Dreifache bezahlt. Die erste Frage geht doch heutzutage nach der Rendite und dann erst nach der Investition.
Das ist aber eine seltsame Welt in der Sie leben:
– Die böse Welt des Geldverdienens, in denen Herzblut nicht zu suchen hat
– Daneben ein Entmonetarisiertes von Herzblut durchzogene Paradies.
Sollen wir erst 8 Stunden am Tag herzlos Geld mit Waffenexporten, Drogen oder auf Kosten der Umwelt Geld verdienen. Um damit dann in den anderen 16 Stunden des Tages mit viel Herzblut Gutes für die Gesellschaft und die Umwelt zu tun?
Oder sollen Pflegekräfte auf ewig unterbezahlt bleiben, damit sichergestellt wird, das sie das nur aus Herzblut tun?
Ich träume da lieber von eine sozial-ökologischen Marktwirtschaft in der man in einem verlässlichen Umfeld mit leidenschaftlicher Arbeit faires Geld damit verdienen kann, dass man gutes bewirkt . Z.B. sauberen, dringend benötigten Strom produzieren.
Und wenn der Staat Anzeize für richtiges Handeln und Besteuerung in eine sinnvolle Balance bringt habe ich auch kein Problem, wenn mein Nachbar oder ein Bauer seine Solaranlage nur baut, weil es wirtschaftlich vernünftig ist. Viel schlechter wäre es, wenn RWE ein Steinohlekraftwerk nur weiterbetreibt, weil der Staat in seinem technologiespezifischen Treppenansatz die Abschöpfung bei der Steinkohle „vergessen“ hat.
Das Problem ist ja nicht, das echte übermäßige Gewinne zusätzlich besteuert werden. Das wäre fair und sozial. Problematisch ist, das hier ein Bürokratiemonster geschaffen wird, „Gewinne“ und „Erlöse“ einfach willkürlich vom Gesetzgeber definiert werden und rechtsstaatliche Prinzipien gebrochen werden.