Sind die EU-Mitgliedstaaten befugt, eine Übergewinnsteuer als Maßnahme zur Begrenzung der Markterlöse unter der Verordnung des Rates der Europäischen Union über Notfallmaßnahmen (EU-NofallVO) einzuführen? Ja, lautet das Fazit der Kanzlei Raue, die diese Frage im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) analysiert hat. Da die EU-Notfallverordnung Erlöse als „realisierte Erträge“ definiert, ist dem Rechtsgutachten zufolge eine Begrenzung von Gewinnen in Form einer Steuer möglich.
Der im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) diskutierte sogenannte Treppenansatz, wonach die Abschöpfung der Zufallsgewinne anhand technologiespezifischer Erlösobergrenzen erfolgen soll, ist aus Sicht der Juristen jedoch problematisch. „Noch im Rahmen ihrer ‚REPowerEU‘-Mitteilung hat die Kommission die Technologieneutralität staatlicher Maßnahmen gefordert und zudem klargestellt, dass unterschiedliche Maßnahmen mit dem Beihilfeverbot in Konflikt geraten könnten“, heißt es in dem Rechtsgutachten.
„Die Unterscheidung zwischen erneuerbarem und fossilem Sektor sowie zwischen verschiedenen Technologien beziehungsweise auch innerhalb derselben Technologien steht unter Umständen den Vorstellungen der Kommission sowie den Anforderungen des Beihilferechts entgegen. Er ist somit potenziell europarechtswidrig”, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. „Die Gutachter fordern den Gesetzgeber deshalb explizit auf, solche Ungleichbehandlungen zu unterlassen.“ Die Kanzlei verweise außerdem auf eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, wonach ein rückwirkender Eingriff in die Erlöse verfassungsrechtlich unzulässig wäre.
Der BEE appelliert an den Gesetzgeber, jetzt eine Regelung zur Übergewinnabschöpfung effizient und verfassungskonform zu gestalten. Was für Mineralölkonzerne auf EU-Ebene als Solidaritätsbeitrag vorgesehen sei, könne auch für erneuerbare Energien umgesetzt werden. „Sie wären dann nicht schlechter gestellt“, so Peter. Zudem sei eine Steuer das wesentlich effizientere Instrument zur kurzfristigen Beschaffung von Finanzmitteln als die bisher vorgesehenen, aus Sicht des BEE hochkomplexen und überbürokratischen Planungen zur Strompreisbremse.
In dem Konzept aus dem Bundeswirtschaftsministerium war eine rückwirkende Abschöpfung der Mehrerlöse am Spotmarkt zum 1. März enthalten. Am Dienstag berichteten verschiedene Medien, darunter „Der Spiegel“, von einem neuen Papier aus dem Bundeskanzleramt. Es soll zur Stunde beim Bund-Länder-Treffen erörtert werden. Demnach solle die Abschöpfung der Zufallsgewinne „rückwirkend ab dem 1. September 2022“ erfolgen. „Wenn es sich bestätigen sollte, dass eine rückwirkende Abschöpfung ab Frühjahr vom Tisch ist, wie gestern bekannt wurde, wäre eine erste wichtige Korrektur vorgenommen. Weitere Anpassungen müssen im Sinne von Vertrauensbildung und Investitionsschutz folgen“, fordert Peter.
Gemäß der Vorgaben im Grundgesetzes habe der Gesetzgeber außerdem kein „Steuererfindungsrecht”. Er müsse sich an den vorgegebenen Steuerarten orientieren. Die Planungen zur Strompreisbremse würden nicht den darin enthaltenen Typen entsprechen, wie es vom BEE hieß. Die Einführung einer Steuer sei jedoch noch während des Veranlagungszeitraums möglich. Auch könnte eine solche Steuer befristet für den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis zum 30. Juni 2023 eingeführt werden.
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Wie man selbst bei „Ähnlicher Inhalt“ direkt sieht : zwei Juristen – drei Meinungen… Die großen werden Klagen und das Geld in einer Einzelfallentscheidung wahrscheinlich zurückbekommen. Die kleinen werden das zusätzliche finanzielle Risiko einer Klage wohl eher nicht eingehen.
Es gelten zwei einfache Regeln: 1. Besteuert werden darf nach Leistungsfähigkeit. 2. Die Steuer darf 100% des Gewinns nicht übersteigen.
Sogar gegen diese einfachen Regeln wird in unserem Steuerrecht oft genug verstoßen. Manchmal wird es dank klagefreudiger Zeitgenossen korrigiert, wie beispielsweise in den letzten Jahren bei den unterschiedlichen Prozentsätzen der „zumutbaren Belastung“. Die Steuerberechnung wird dann komplizierter, aber eben auch gerechter.
Wenn also jemand Gewinne macht, die in seiner Amortisationsrechnung nicht enthalten waren, auf die er also zum Unternehmenserhalt voraussichtlich nicht angewiesen ist, dann kann er nicht erwarten, dass das als Schongewinn behandelt wird. Nicht einmal Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen ist erforderlich, wie man an den unterschiedlichen Steuersätzen für unterschiedliche Einkunftsarten sieht. Nur gleiches muss gleich behandelt werden. Verschiedenes darf auch unterschiedlich behandelt werden, wenn es dafür Gründe gibt. Manchmal ist der einzige Grund, dass die Steuererhebung bei unterschiedlichen Einkunftsarten unterschiedlich schwierig ist, und deshalb die eine pauschal besteuert wird, eine andere aber auf Heller und Pfennig der tatsächlich erfolgten Zahlungsströme.
Auch für die nachträgliche Besteuerung (wie auch Steuerentlastung, da gibt es meistens keinen Protest) gibt es Präzedenzfälle, insbesondere wenn die Gewinne schon im Prinzip einer Steuer unterlagen und sich nur der Prozentsatz ändert.
Es wäre sicher sinnvoll, wenn die Erhöhung des Steuersatzes verbunden wird mit der Möglichkeit von (den Gewinn im aktuellen Jahr reduzierenden) Sonderabschreibungen. Damit verteilen sich die Steuermehreinnahmen über mehrere Jahre und es wird vorgebeugt, wenn den Übergewinnen in diesem Jahr Untergewinne in den folgenden Jahren entgegenstehen, dass die dann zu Unternehmenspleiten oder Steuerrückzahlungen führen.
Die Zufallsgewinnsteuer ist für das Konstrukt der Gas- und Strompreisbremse zwingend erforderlich.
Man bedenke: die Differenz zwischen Höchstpreis für Endkunden und dem „tatsächlichen“ Preis wird vom Staat an den Energielieferanten überwiesen.
Bei aller Freude über die Bremse: Es muss gleichzeitig verhindert werden, dass die marktwirtschaftlich zwingend entstehende Konsequenz blockiert oder verringert wird. Und zwar dass die „tatsächlichen“ Preise weiter in die Höhe kalkuliert werden, um die privaten Gewinne durch die Differenzsubventionierung durch die Hintertür weiter zu erhöhen. Der Steuerzahler bezahlt sowieso am Ende alles. Die ganze Preis-Eingreiferei halte ich für äußerst kompliziert und ich wette darauf, dass es dabei sehr seltsame ungewollte Effekte geben wird, die in der Öffentlichkeit noch keiner auf dem Schirm hat.
Die Bürokratie hinter dem Ganzen sowie der Aufwand sämtliche existierende Abrechnungssysteme auf allen Ebenen umzuprogrammieren dürfte mehr als gruselig sein.
Das was „Ähnlicher Inhalt“ steht unterscheidet sich aber nur in der Überschrift.
Die Juristen dagegen sind sich gar nicht so uneins. Letzendlich beschreiben sie das selbe Pferd, und beginnen nur die Argumentation an entgegengesetzen Enden. Aber am Ende sagen beide:
– Eine Übergewinnsteuer könnte konform zu Verfasssung und EU Verordnung ausgearbeitet werden
– die Geplante Abschöpfung der Regierung ist das dagegen eindeutig nicht
Bitte bei der Übergewinnsteuer die Südzucker mit dem Kontingent des Bio-Sprits nicht vergessen.