Die Stabilität und Zuverlässigkeit der Energieversorgung ist in diesen Zeiten ein beherrschendes Thema in der Politik und in der Öffentlichkeit. Noch wird den regenerativen Energien keine tragende Säule unseres Energiesystems zugetraut. Zwar sind sich alle einig, dass wir innerhalb der nächsten Jahrzehnte die Transformation zu einer CO2-freien Energieversorgung schaffen müssen, allein über den Weg dahin wird noch leidlich gestritten. Solar- und Windkraft seien zu unstet und unkalkulierbar, um auf ihnen eine einhundertprozentige Versorgungssicherheit aufzubauen – Speichertechnologien müssen her. Und weil elektrochemische Energiespeicher viel zu teuer und ohnehin niemals leistungsfähig genug sein werden, träumen viele noch von einem wasserstoffbasierten Energiesystem der Zukunft oder gar von einem Durchbruch in der Kernfusionsforschung. Doch auch dabei gibt es noch viele möglicherweise unüberwindbare Hürden.
Warum aber auf einen technischen Durchbruch warten, wenn die Lösung doch schon vor uns ausgebreitet liegt?
Nach allgemein anerkanntem Stand ist die Nutzung von Solarenergie, speziell der Photovoltaik, heute schon die preiswerteste aller Energieerzeugungsmethoden. Knapp dahinter – manchmal auch davor, je nachdem welche Studie man betrachtet – liegt die Nutzung der Windkraft, aber immer noch weit vor allen anderen fossilen und atomaren Energieträgern. Beide Erzeugungsmethoden für sich gesehen haben aber einen großen Nachteil, der von Gegnern der Erneuerbaren gerne als Killerargument missbraucht wird: Das Energieaufkommen ist der Witterung unterworfen und daher nicht gut planbar, schon gar nicht steuerbar. Kombiniert man die Technologien jeweils mit Energiespeichern, lassen sich diese Nachteile zwar etwas abschwächen, die Erzeugungskosten steigen dadurch aber überproportional, je länger die zu überbrückende Zeitspanne und je größer die damit verbundene Batteriekapazität wird. Eine dieser Technologien für sich genommen kann unser Versorgungsproblem also nicht lösen.
Betrachtet man aber das zeitlich und witterungsabhängig verteilte Energieaufkommen beider Erzeugungsformen fällt auf, dass dieses sich bei Sonne und Wind zumindest an westeuropäischen Binnenstandorten oft ziemlich gut ergänzt. Vereinfacht lässt sich feststellen: Tagsüber gibt es Sonne und Wind, in der Nacht nur den Wind, im Sommer überwiegt die Sonnenenergie, im Winter die Windenergie. Was liegt also näher, als Photovoltaik- und Windkraftanlagen zu Hybridkraftwerken zu kombinieren?
In Großkraftwerksdimensionen ist ein Zusammenführen beider Technologien beinahe schon ein alter Hut und es gibt reichlich Referenzdaten, die den Erfolg dieser Kombination bescheinigen. Schon ohne integrierten Energiespeicher erzielt man am Anlagenstandort eine deutliche Entlastung der Netze gegenüber einer gleichen Kraftwerkskapazität mit nur einer Technologie, da das Hybridkraftwerk in der Lage ist, wesentlich konstanter Strom ins Netz einzuspeisen. Ein Batteriespeicher verstärkt diesen positiven Effekt noch weiter. Liefern die Erzeugungsanlagen mehr Energie als gerade benötigt wird, kann diese zwischengespeichert werden, um Phasen mit geringer Einspeisung zu überbrücken. Zusätzlich kann der Betreiber mit dem Batteriespeicher Regelenergie bereitstellen, auch dies ist ein wichtiger Beitrag zur Netzstabilität.
Aber kann man das, was in Großanlagen bereits hervorragend funktioniert, auch auf mittlere bis kleine Installationen zur Deckung des Energiebedarfs einzelner Verbraucher und Betreiber übertragen?
Technisch gesehen ist diese Frage mit einem klaren Ja zu beantworten. Vorab sei festgehalten, dass wir hier nur den Leistungsbereich deutlich unter 500 Kilowatt betrachten wollen, um den Genehmigungs- und Errichtungsaufwand überschaubar zu halten. Nur solche Anlagen, die eine Gesamthöhe von 50 Metern nicht überschreiten, gelten noch als Kleinwindenergieanlagen. Zwar gelten diese in Deutschland als so genannte bauliche Anlagen im Sinne der jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) und bedürfen in der Regel einer Baugenehmigung, diese kann aber prinzipiell an jedem geeigneten Standort außerhalb von Wohnsiedlungen erteilt werden. Man ist nicht an Windvorranggebiete beziehungsweise Windkraft-Konzentrationszonen gebunden oder oft langwierigen naturschutz- und immissionsschutzrechtlichen Verfahren unterworfen. Ganz ohne fachliche Begleitung sollten sich Neueinsteiger dennoch nicht in ein Windkraftprojekt begeben.
Am Anfang steht eine mehr oder weniger umfangreiche Standortanalyse zur Ermittlung der effektiven mittleren Jahreswindgeschwindigkeit, um die grundsätzliche Wirtschaftlichkeit sicherzustellen. Dabei geht es um die geografische Fixierung, Bauhöhe, Hauptwindrichtung, Bewuchs und Bebauung am Standort, um nur einige der Einflussfaktoren zu nennen. Eignet sich der gewählte Standort, ist Art und Umfang des behördlichen Bauantragsverfahrens zu prüfen. Grund dafür ist, dass man drei verschiedene Verfahren bei der Kleinwindenergie unterscheidet: verfahrensfreie, genehmigungsfreie und baugenehmigungspflichtige Verfahren. Alle diese drei Verfahren haben teils erhebliche Unterschiede und sind daher auch vom Kosten- und Zeitaufwand sehr unterschiedlich. Es lohnt sich daher vor Baubeginn in jedem Fall zunächst einmal sehr genau zu untersuchen, welche dieser drei Varianten für die avisierte Kleinwindenergieanlage einschlägig ist.
Kommen wir noch zu den Kosten. Wo liegen denn überhaupt die mittleren Errichtungs- und vor allem die Erzeugungskosten, gerechnet auf 20 Jahre Betriebsdauer an verschiedenen Standorten?
Kleinere und mittlelgroße Windkraftanlagen arbeiten meist getriebelos mit Synchrongeneratoren, zur Leistungsbegrenzung ist eine Pitch-Technik Pflicht! Die Kosten liegen heute bei 2200 bis 2500 Euro pro Kilowatt installierter Leistung. Diese Kosten sind aber nicht mit den Kosten einer Photovoltaik-Anlage zu vergleichen, da hier in der Regel eine wesentlich höhere Jahresvolllaststundenzahl und entsprechend eine höhere Energieausbeute erreicht wird und zwar um den Faktor 1,5 bis 2. Für die Angabe der Stromgestehungskosten betrachten wir einmal zwei Anlagengrößen, die für einen kleineren Betrieb oder aber für die Landwirtschaft interessant sein dürften. Eine Windkraftanlage mit 20 Kilowatt kann an einem Binnenstandort Energie zu einem Tarif von 0,07 bis 0,14 Euro pro Kilowattstunde erzeugen, an einem Küstenstandort zu etwa 0,05 bis 0,09 Euro. Steigern wir die Leistung auf 100 Kilowatt, sinken die Erzeugungskosten nochmals um bis zu 20 Prozent. Im Hinblick auf die verbesserte Kontinuität und Stabilität der Energieversorgung für den Betreiber ein durchaus lohnendes Modell.
Wie sich die Preise für kleine bis mittlere Windkraftanlagen entwickelt haben und noch entwickeln werden, das müsste im Hinblick auf die ebenfalls hohe Abhängigkeit von chinesischen Herstellern noch näher betrachtet werden. Leider gibt es auch in dieser Branche nur noch wenige europäische Anbieter. Die Preise für Solarmodule sind gegenüber dem letzten Monat jedenfalls beinahe gleich geblieben. Zwar zeigen die Kurven bei Mainstream- und bei Low-Cost-Modulen etwas nach oben, die Preise hocheffizienter Module bleiben aber stabil. Dies liegt vor allem daran, dass das Angebot für Module mit geringerer Leistung immer knapper wird, die Verfügbarkeit von Produkten mit Wirkungsgraden von 21 Prozent und höher dafür immer besser – die Grenzen sind ohnehin fließend. Größere Sonderposten in den Bereichen Minderleistungs- oder Gebrauchtmodule sind auf dem freien Markt kaum noch zu finden, was die Preiserhebung zunehmend erschwert. Gegen Jahresende dürfte sich die Situation aber wieder etwas umkehren, wenn Lieferanten und Hersteller sich von Lagerbeständen trennen und insbesondere Module mit geringeren Leistungsklassen abstoßen wollen. Ins neue Jahr starten viele Produzenten mit neuen Produktlinien. Höhere Leistungen und teilweise auch schon wieder neue Modulmaße erwarten uns im ersten Quartal 2023.
Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im Oktober 2022 inklusive der Veränderungen zum Vormonat (Stand 21.10.2022):
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Über die Autoren:
Volkmar Tetzlaff ist Inhaber von TEV-Consulting und beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit Windkraftanlagen. Er ist Diplom-Elektroingenieur mit Abschlüssen in Informationstechnik und Nachrichtentechnik, betätigt sich als unabhängiger Berater und Projektbegleiter und kann auf eine über 45-jährige Berufserfahrung mit dem Fokus auf Projektentwicklung im innovativen Engineering zurückblicken; Messtechnik, Microchips, Windanlagen und der Automobilbereich waren seine Stationen. tev-consulting.de
Martin Schachinger ist studierter Elektroingenieur und seit über 20 Jahren im Bereich Photovoltaik und regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die international bekannte Online-Handelsplattform pvXchange.com, über die Großhändler, Installateure und Servicefirmen neben Standardkomponenten für Neuinstallationen auch Solarmodule und Wechselrichter beziehen können, welche nicht mehr hergestellt werden, die aber für die Instandsetzung defekter Photovoltaik-Anlagen dringend benötigt werden. pvXchange.com
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Hallo , interessanter Beitrag , danke dafür .
Gibt es Anlaufstellen um standortbezogen eine Einschätzung zu erhalten , ob sich eine bestehende
PV_Anlage mit Windkraft sinnvoll koppeln lässt ?
Danke und Gruß Andreas
Dazu wenden Sie sich bitte an meinen Ko-Autor Volkmar Tetzlaff via tev-consulting.de. Danke.
Die Überlegungen über die Speicher sind etwas oberflächlich. Batteriespeicher haben den Vorteil, dass sie einen hohen Speicherwirkungsgrad haben, aber den Nachteil, dass der Speicherpreis von 5-10ct/kWh nur erreicht wird, wenn der Speicher auf 250 Vollladungen pro Jahr kommt, was eine tägliche Inanspruchnahme verlangt. Damit sind sie ideal für die Überbrückung der Nachtlücke bei PV.
Bei der Windkraft sind die Phasen hoher und niedriger Produktion aber meist mehrere Tage. Dafür sind Batteriespeicher nicht geeignet. Die dafür passende Technik sind Wasserstoff-Produktion und in geringerem Umfang Wasserstoff-Rückverstromung. Da Wasserstoff als Grundstoff für die Chemie, andere industrielle Anwendungen und Verkehr benötigt wird, kann eine Modulation der Elektrolyseanlagen bewirken, dass mehr als 70% des verbrauchten Stroms direkt produziert wird, und nur 10% aus Batterien und 20% aus Wasserstoff-Rückverstromung kommen müssen. Entsprechend verteuert die Speicherung jede kWh um 1-2ct (Batteriespeicherung) und 5-10ct (Wasserstoffrückverstromung). Dafür sinken die Netzgebühren, weil kaum noch Kosten für Primär- und Sekundär-Reserve anfallen. Auch Redispatch sollte stark abnehmen. Diese Dienstleistungen werden nebenher von den Batteriespeichern und der Modulation der Elektrolyseleistung erledigt. Die Marktordnung sollte endlich mal entsprechend angepasst werden. Die bisherigen Kategorien der Reserveleistungen sind auf die Möglichkeiten der fossilen Wärmekraftwerke zugeschnitten, die nicht so schnell wie Batteriespeicher reagieren können, dafür aber bei maximaler Leistungsabgabe länger durchhalten. Um denen ein langes Leben zu reservieren, haben Union und SPD das Thema bisher stiefmütterlich behandelt.
Insgesamt war es ein sorgsam gehütetes sich-in-die-Tasche-lügen unter den Befürwortern der erneuerbaren Energien, dass PV und Wind sich schon irgendwie ausgleichen würden, und dass man, wenn man nur geringe Überkapazitäten hätte, auf Speicherung verzichten könnte.
Als dritte Technik, die in Speicherzeithorizont und Wirkungsgrad zwischen Batterien und Wasserstoff liegt, könnten auch Hochtemperaturspeicher eine Rolle spielen. Das wird die Zeit zeigen. Die Marktordnung sollte geschaffen werden, dass sie in dieser Frage technologieoffen ist. Die FDP-Forderung nach Technologieoffenheit ist ja im Prinzip sinnvoll, solange sie nicht bloß vorgeschoben wird, um möglichst lange Weichenstellungen in die Zukunft zu verhindern.