Am Dienstag vergangener Woche verkündete RWE nach Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium, nur noch bis 2030 Kohle verstromen zu wollen. Wer sich mit der Materie auskennt, ist davon nicht überrascht. In den Tagen danach sprachen sich allerdings sowohl die CDU-Ministerpräsidenten Sachsens Michael Kretschmer und Sachsen-Anhalts Reiner Haseloff als auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD – also alle verbliebenen Regierungschefs von Kohleländern – gegen so einen frühen Kohleausstieg aus. Auch das überrascht nicht.
Was in Sachen Energiewende technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, wird in Deutschland oft politisch sabotiert. Das liegt wohl nicht zuletzt an der Rücksichtnahme auf die Menschen vor allem in den Kohleregionen, denen jahrzehntelang mit einem Kohle-Aus Angst gemacht wurde. Auch im letzten Bundestagswahlkampf zeigte sich das. Olaf Scholz lehnte als Kanzlerkandidat der SPD immer wieder ein Vorziehen des damals für 2038, frühestens 2035 angepeilten Kohleausstiegs ab. Sein CDU/CSU-Konkurrent Armin Laschet stellte zwar einen schnelleren Ausstieg in dem von ihm regierten Bundesland Nordrhein-Westfalen in Aussicht, sprach sich aber wegen der ostdeutschen Kohleregionen gegen ein offizielles Vorziehen aus und kritisierte sogar nach der Wahl die zaghafte Formulierung im neuen Koalitionsvertrag, die Kohleverstromung solle „idealerweise bis 2030“ enden. Beide ignorierten damit die wirtschaftliche und juristische Ausgangslage.
Die wirtschaftliche Ausgangslage im Wahlkampf 2021
Zunächst zur wirtschaftlichen Ausgangslage. Dass Kohlekraftwerke sich nur noch schlecht, zum Teil gar nicht mehr rechneten, war 2021 kein Geheimnis. Das stiftungsfinanzierte Londoner Forschungsinstitut Carbon Tracker legt dazu seit 2011 Studien vor. 2018 war eine Erkenntnis, dass über 40 Prozent der weltweiten Kohlekraftwerke keinen Gewinn machten. 2020 lautete eine der Aussagen von Carbon Tracker: 60 Prozent aller Kohlekraftwerke produzieren so teuer Strom, dass es sich lohnen würde, sie durch neue Ökostromanlagen zu ersetzen, und ab 2030 wird das für alle Kraftwerke gelten. Die Dauerbotschaft des Instituts ist, dass da hunderte Milliarden US-Dollar an Investitionen in den Sand gesetzt worden seien, was auch permanent die weltweiten Finanzmärkte bedrohe.
Ein Beispiel aus Deutschland: 2019 kam eine Studie des damaligen Forschungsinstituts Sandbag (heute Ember) zu dem Ergebnis, dass deutsche Kohlekraftwerke im ersten Halbjahr einen Verlust von über 500 Millionen Euro angehäuft hatten. Das Kraftwerk Lippendorf in Sachsen wurde deshalb sogar zeitweise vom Netz genommen. Ende 2020 gab es dann einen sehr großen Andrang von Kraftwerksbetreibern auf die staatliche Abschaltprämie, was die Höhe der Prämien stark senkte. Sogar das Vattenfall-Kraftwerk Hamburg-Moorburg wurde in diesem Zuge stillgelegt, dabei war es erst 2015 ans Netz gegangen, und Kraftwerke werden eigentlich für eine jahrzehntelange Laufzeit ausgelegt.
Die juristische Ausgangslage
Die sinkenden Kosten von Photovoltaik und Windkraft treiben die Energiewende also weltweit voran. Märkte sind zudem nicht unabhängig von ihrer politischen Regulierung zu betrachten, und das ist in der EU ein wichtiger Faktor. In Deutschland kommt dazu noch das epochale Urteil des Bundesverfassungsgerichts von April 2021, das die Regierung zwang, ihre klimapolitischen Ziele zu verschärfen.
Wie sich schon die schrittweise Verteuerung der Zertifikate für den Ausstoß von Kohlendioxid im europäischen Emissionshandel auswirken kann, zeigt ein Beispiel aus dem eigentlich kohlestolzen Polen. Dort wurde die Baustelle für ein großes Kohlekraftwerk wegen dessen schlechter wirtschaftlicher Aussicht im März 2021 abgebrochen.
„Wir sehen eine Verschiebung in der fundamentalen Energieökonomik, in dem fundamentalen Preisgefüge in der Energiewirtschaft“, erklärte Gunnar Luderer in einem Radiobeitrag von Deutschlandfunk Kultur von Januar 2022. Ursache sei das Zusammenspiel von Verbilligung der Ökostromproduktion und politischen Vorgaben. Luderer leitet am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die Forschungsgruppe Energiesysteme, und in dieser Funktion auch das Projekt „Ariadne“. In ihm suchen 25 Institute finanziert vom Bundesforschungsministerium Wege, wie Deutschland bis 2045 klimaneutral werden kann. Zudem ist er Professor für Energiesystemanalyse an der Technischen Universität Berlin. Auch an Berichten des Weltklimarates hat er mitgearbeitet.
Luderer hielt es wegen der europäischen und deutschen Klimaschutzziele für so gut wie unausweichlich, die Kohleverstromung spätestens 2030 zu beenden. Die Formulierung im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung, das Kohle-Aus solle „idealerweise bis 2030“ bewerkstelligt werden, kommentierte Luderer mit den Worten: „Letztlich bestehen keine größeren politischen Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich des Ausstiegs aus der Kohle, denn der wird sehr stark durch den Emissionshandel marktwirtschaftlich getrieben werden. Ich gehe davon aus, dass die Kohle 2030 weitestgehend aus dem Markt gedrängt wird, weil sie unwirtschaftlich ist.“
Wie sehr die verhaltene, Ungewissheit suggerierende Aussage im Koalitionsvertrag der Realität widerspricht, zeigt auch die 300-seitige Studie namens „Klimapfade 2.0“, die der nicht gerade als umweltfreundlich bekannte Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im Oktober 2021 – also parallel zu den Koalitionsverhandlungen – veröffentlichte. Sie spricht von einer „beispiellosen Zäsur“ und dem „größten Aufbauprojekt“ in der Geschichte des deutschen Stromsektors – und sie geht von einem Kohleausstieg 2030 aus.
Politische Akteure verweigern sich der Realität
All das war 2021 natürlich alles andere als Exklusivwissen von Wissenschaftlern und Konzernen. So sagte schon im April Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) in einem Zeitungsinterview, sie gehe wegen der EU-Klimaziele von einem Kohleausstieg 2030 aus. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich dann im Juli in einer Regierungserklärung explizit für den Kohleausstieg 2030 aus. In der Aufnahme seiner Rede im Landtag ist der Satz zu hören: „Ich halte 2038 nicht nur für unambitioniert, sondern auch für marktwirtschaftlich sinnlos.“ Schon 2019 hatte Söder das Zieljahr 2030 vorgeschlagen. Damals kritisierte er sogar, dass die 40 Milliarden Euro Staatshilfen für die betroffenen Bundesländer nur in die Bergbauregionen gehen sollten. Er forderte, einen Teil des Geldes in die Forschung zu erneuerbaren Energien zu stecken. Der Deutsche Gewerkschaftsbund empörte sich über diesen Vorschlag.
2021 gab es dann noch mehr Druck aus CDU/CSU für das Vorziehen des Kohleausstiegs. Der frisch aus diesen Parteikreisen gegründete Verein Klimaunion führte im Lauf des Wahlkampfs Gesprächsveranstaltungen mit Konzernen und mittelständischen Firmen durch. Am 30. August, also vier Wochen vor der Bundestagswahl, schrieb er dazu in einer Pressemitteilung: „Daraus sind Maßnahmen erarbeitet worden, die den Energiemarkt entfesseln und das Zeug haben, über marktwirtschaftliche Kräfte das Ziel 100 Prozent erneuerbare Energien in den nächsten zehn Jahren zu erreichen.“
Führende CDU-Politiker sollen das Positionspapier der Klimaunion bestellt haben, darunter Friedrich Merz, der mittlerweile Parteivorsitzender ist. Ein Vorstandsmitglied der Klimaunion bezeichnete es als „Gift für den Industriestandort Deutschland“, wenn die Energiewende nicht beschleunigt wird. Die aktuelle Regierung hingegen hatte bis zur Ukraine-Invasion durch Russland sogar den Bau vieler neuer Gaskraftwerke angepeilt.
Aus der traditionell besonders kapitalismusfreundlichen CDU/CSU kommt also seit langem mehr Druck für eine schnellere Energiewende als aus der SPD-Spitze und den Gewerkschaften. Das verdeutlicht, wie sehr der Energiemarkt schon in diese Richtung drängt. Und es zeigt, dass Armin Laschet als damaliger Ministerpräsident eines Landes mit Kohleverstromung und Olaf Scholz im Bundestagswahlkampf die Bevölkerung über die Ausgangsbedingungen täuschten, als sie sich gegen jegliches Vorziehen des damals frühestens für 2035 vorgesehenen Kohleausstiegs aussprachen. Es ist offenbar sogar fraglich, ob die Bundesregierung eine längere Kohleverstromung als bis 2030 überhaupt erzwingen könnte.
Im Fall Laschet ist die Täuschung seiner Wählerschaft besonders offensichtlich. Denn als Hendrik Wüst, sein Nachfolger als Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident, am 3. November 2021 – übrigens also ebenfalls während der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene – seine Antrittsrede im Landtag hielt, überraschte er mit den Worten: „Für mich ist klar: Wir sind in Nordrhein-Westfalen zu einem Ausstieg aus der Kohle auch schon 2030 bereit, und wollen alles dafür tun, dass uns das gelingt.“
Dankenswerterweise lieferte Wüst die drei Gründe gleich mit, die das unabhängig von der Haltung der Bundesregierung und wohl auch in Ostdeutschland erzwingen. „Durch die von der EU eingeleiteten Klimaschutzmaßnahmen, die verschärften CO2-Einsparziele der Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien wird die Kohleverstromung immer unwirtschaftlicher werden.“
All das war auch schon im Bundestagswahlkampf wenige Monate vorher Stand der Dinge gewesen. Und Wüst kam politisch nicht von ganz woanders als Laschet, im Gegenteil: Er war Minister in dessen Regierung gewesen.
Fazit
Sowohl Armin Laschet als auch Olaf Scholz muss im Bundestagswahlkampf bekannt gewesen sein, dass ein Kohleausstieg 2030 nicht nur wahrscheinlich, sondern sogar kaum zu verhindern war. Sie zogen es vor, ihrer spezifischen, eher energiewendeskeptischen Wählerschaft nicht diese Realitäten darzulegen, sondern ihr in Bestätigung ihres Wunschdenkens Sand in die Augen zu streuen. Die Ministerpräsidenten der drei ostdeutschen Kohleländer tun das weiterhin.
– Der Autor Ralf Hutter arbeitet als freier Journalist und befasst sich unter anderem mit Energiethemen. –
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… stimme vollständig zu, bis auf den Satz
„Die aktuelle Regierung hingegen hatte bis zur Ukraine-Invasion durch Russland sogar den Bau vieler neuer Gaskraftwerke angepeilt.“
Wir werden aus meiner Sicht nach wie vor Gaskraftwerke benötigen, weil das die einzige Backup-Energie ist, die gesichert und hochflexibel sich den Erneuerbaren unterordnen kann… und weil sie Zukunft hat, indem sie synthetisch substituiert wird und dabei sämtliche umfangreich vorhandene Infrastruktur weiter genutzt werden kann. Die Krise wird nicht ewig andauern, wir werden vermutlich in 2-3 Jahren wieder Gas zur Verfügung haben… zwar (vielleicht doppelt) teurer, das muss aber keineswegs ein Nachteil sein, um zu 80% grünem Anteil im Strommix zu kommen. Ich halte allerdings von zentralen Großkraftwerken weniger, die könnten ggf. noch vereinzelt an Hotspots eingesetzt werden, viel mehr Zukunft hätten meines Erachtens überall dezentral verteilte Speicherkraftwerke, die günstige Gasturbinen als letztes Backup integriert haben und in den Dreißigern schrittweise mit Wasserstoff gefahren werden können.
Mir ist der Bericht viel zu blauäugig. Seit wann halten Politiker ihre Wahlversprechen ein? Die Zeiten ändern sich und einen Krieg kann man auch nicht erahnen und einkalkulieren. Jetzt gehen auch wieder Kohlekraftwerke ans Netz obwohl die keiner mehr wollte. Sie verdienen jetzt auch wieder viel Geld. Angebot und Nachfrage verändern auch politische Entscheidungen. Was in dem Bericht zu kurz kommt ist das Einhalten der Aussagen z.B von Herrn Wüst. Wo ist denn seine riesengroße Anstrengung für erneuerbare Energien? Ich sehe hier immer noch Verhinderungspolitik. Zu dem Beitrag von Detlef: Erdgas war mit teils Preisen unter 2 Cent pro Kilowattstunde die ideale Übergangstechnologie für eine Energiewende ohne große Kosten. Jetzt funktioniert das nicht mehr wegen der hohen Preise. Sicherlich werden wir weiterhin Gaskraftwerke brauchen um auch die 50 Herz ohne große Schwankungen zu gewährleisten. Wenn man die Entwicklung verfolgt wird Wasserstoff in 5 Jahren schon eine große Rolle spielen. Die ersten grünen Kraftwerke aus Sonne und Wind werden gebaut und sind auch zur Probe schon im Einsatz. Hier wird jetzt schon ganzjährig Wasserstoff produziert. Wasserstoff ist ideal als Speicher und vor allem, wie Herr Schnitzler immer so schön schreibt, bei der dezentralen Erzeugung und der Weiterverarbeitung des Wasserstoffs die Königsdisziplin der Wärmeversorgung. Bosch steigert seine Produktion von elektrolyseuren gerade auf 20000 Stück im Jahr. Für einen Hochofen in der Stahlindustrie benötigt man 300 Stück. Daran sieht man wie groß die Aufgabe ist. Aber es ist nicht teurer als Milliarden für Gaskonzerne und den erneuten Ausbau von fossiler Energie zu finanzieren. Die Entlastungsbeträge für Bürger und Firmen kommen nach oben drauf.
„Wenn man die Entwicklung verfolgt wird Wasserstoff in 5 Jahren schon eine große Rolle spielen. “
Wenn das so ist, dann ist es ja wunderbar. Ich habe da erhebliche Zweifel, dass wir so früh schon auf Wasserstoff setzen können. Ist letztlich aber auch nicht entscheidend… die Aussage, dass wir keine Gaskraftwerke (bzw. aus meiner Sicht kleine Turbinen in vielen Speicherkraftwerken) benötigen, halte ich für grundlegend falsch. Im Gegenteil, wir brauchen sie so oder so und es wäre nicht verkehrt, wenn wir schnell damit anfangen… auch, wenn es synthetisch noch nicht so schnell gehen mag. Das ist ja der Charme der Lösung, dass man ganz allgemein mit Gas (egal welches) alle Freiheiten hat und die Infrastruktur bzw. das Konzept als Lückenfüller bleibt… und somit gar nicht zu früh mit dem Aufbau anfangen kann.
Im Prinzip hat Herr Hutter recht. Man könnte es sogar noch deutlicher ausdrücken: Jede Festlegung eines „Ausstiegsdatums“ durch die Politik ist sinnlos, weil die Rahmenbedingungen sich immer wieder ändern. Man betrachte alleine den Eiertanz um die Kernkraftwerke: 2003 Ausstiegsbeschluss, 2009 doch kein Ausstieg, 2011 wieder Ausstieg, 2022 Ausstieg verschoben.
Aber: Die Befürworter der Kohle (vor allem die gut vernetzte Gewerkschaft BCE) wissen ganz genau: Solange es keine Alternative gibt, arbeiten die Kohlekraftwerke weiter. Deshalb werden die Alternativen auf allen Ebenen bekämpft: Keine Windräder, keine PV-Anlagen, keine Elektrolyseanlagen, keine Stromleitungen. Dank Putin jetzt auch keine Gaskraftwerke – da werden die Kohlekraftwerke noch ewig laufen, egal wie hoch der CO2-Preis wird.
Man darf das Fachwissen der Politiker nicht überschätzen: Gerade die, die ständig interviewt werden, sagen dort nur das, was ihnen andere erzählt haben. Zeit und Bildung, um diese Informationen kritisch zu hinterfragen, haben sie nicht. Für Politiker geht es vor allem um Machterhalt. Wer das kann, bleibt an der Spitze. Und das wichtigste Mittel zum Machterhalt ist das Lagerdenken: Wenn der Politiker bei dem bleibt, was in seinem Lager vertreten wird, dann hat er die größten Chancen, seine Macht zu erhalten und auszubauen.
Die Diskussion hier findet leider wie gewohnt, auf einer falschen Grundlage statt.
Auf einer Grundlage die 2010 so entstanden ist, dass sie gegenwärtig zu Scheindebatten führt, was die Gaskraftwerke betrifft. Physisch und Virtuell, heißen die beiden Varianten, die die Diskussionen so verfälschen….Womit wir wieder bei der bekannten Ermächtigungsverordnung von 2010 wären.
Siehe hier unter Auswirkungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmechanismusverordnung
Seit dem die Erneuerbaren nicht mehr „Physisch“ gewälzt werden, das heißt den Versorgern nicht mehr zwingend zugeteilt werden, finden die Diskussionen über Gaskraftwerke ausschließlich „Virtuell“ statt, mit anderen Worten es sind Scheindebatten. Scheindebatten deshalb, weil etwa 40% Strom aus Erneuerbaren, die „physikalisch“ im Netz sind, bei Bedarfsermittlung und Preisbildung keine Berücksichtigung finden.
Warum das so ist habe ich schon einige male dargestellt, im Folgenden noch einmal.
Dazu siehe im folgenden Link das vierte Bild von oben, wie nach Angebot und Nachfrage Strombedarf und Preise zustande kommen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Merit-Order
Wenn die Erneuerbaren wieder „Physisch“ gewälzt würden, dann hätte schon mal jeder Versorger 40% Ökostrom in seinem Vertriebsportfolio. 40% die er nicht an der Börse bei der Preis und Bedarfsermittlung nachfragen müsste. Das hätte zur Folge, dass auf der Merit Order Grafik N1 auf N2 fallen und entsprechen P1 auf P2 sinken würde. Teure Gaskraftwerke würden wieder – wie bis 2010 der Fall – von den Erneuerbaren verdrängt. Der preismindernde Merit Order Effekt den die Erneuerbaren bewirken, würde wieder voll zu Buche schlagen. Nur auf dieser Grundlage ist eine Diskussion über Gaskraftwerke realistisch.
Vom „IWR“ wurde das schon vor Jahren wie folgt kommentiert.
Bis 2009 erhielten die Stadtwerke den EEG-Strom als sog. EEG-Stromband monatlich tatsächlich physisch geliefert, so dass die großen Vorlieferanten (RWE, E.ON, Vattenfall, EnBW, etc.) auch faktisch weniger an die Stadtwerke liefern konnten. Seit 2010 muss der EEG-Strom an der Börse verkauft werden und das hat weitreichende Folgen:… RWE, E.ON & Co. beliefern Stadtwerke seit 2010 wieder weitgehend vollständig mit konventionellem Strom, der EEG-Strom an der Börse kommt zusätzlich auf den Markt und drückt auf die Preise.Zitat Ende.
Der EEG Strom kommt zusätzlich auf den Markt.
Der Artikel „Wie Scholz und Laschet ihre Wählerschaft täuschten“ überzeugt mich nicht.
Wahlversprechen sind halt nur Wahlversprechen; keine Zusage sondern nur zeitl. bedingte Absichtserklärungen. Eventuell auch zu dem Zeitpunkt noch gut gemeint.
Wie JWC richtigerweise erwähnt, sollte das Fachwissen der Politiker nicht überschätzt werden.
Kohleausstieg hin oder her; nach dem Fiasko mit der ehemals allseits ausgerufenen Brückentechnologie „Gas“, das mit dem Ukrainekrieg, dem politisch ausgerufenem Gasembargo und letztendlich durch die Zerstörung der Nordstream-Pipelines ad absurdum geführt wurde, sollten wir der Kohle im Moment dankbar sein.
Nicht für dessen Emissionen sondern für deren Beitrag zur Versorgungssicherheit.
Nichts desto trotz sollten die Emissionen runter!
Leider ist von den Ausbauaktivitäten um die Erneuerbaren nichts Gutes zu vermelden.
Weiterhin heftige Unterzeichnung von aktuellen Ausschreibungen in PV und auch Wind.
Das heißt im Gegenzug, daß die wirtschaftlichen oder auch politischen Bedingungen für eine Investition in EEG nicht attraktiv genug sind! Mhm; woran liegt das`??????
Die Akteure der aktuellen politischen Diskussion täten gut daran, anstatt des ewigen Abwehrkampfes gg die bisherige etablierten fossilen Energieen den Fokus stärker auf den notwendigen Ausbau der Erneuerbaren in allen Facetten zu richten!
Wasserstoff wird keine große Rolle spielen sagt Herr Liebreich von Bloomberg NEF. Es ist eher eine Ökonomische Blasenbildung:
https://www.hydrogeninsight.com/analysis/liebreich-hydrogen-is-starting-to-look-like-an-economic-bubble-and-here-s-why/2-1-1334006
Die eigentlich jährliche (kleine) Erhöhung des Preises für die CO2-Zertifikate wird jetzt zwar einmal ausgesetzt, aber ich hab noch nicht gehört, dass die generelle Tendenz der Verteuerung zur Debatte steht. Da zumindest in Mittel- und Westeuropa die allermeisten Länder kaum, oder auch gar nicht mehr von der Kohle abhängen, halte ich es auch für wenig wahrscheinlich, dass die Bundesregierung es auf EU-Ebene schaffen wird, diesen für die Kohlekraftwerke fatalen Mechanismus zu kippen – zumal die Regierung an ihre eigenen, vom Verfassungsgericht erzwungenen CO2-Minderungsziele gebunden ist. Die Kraftwerke haben derzeit Aufwind und sind wieder profitabel, aber andererseits wird die Ökostrom-Erzeugung jetzt stärker als in den letzten Jahren ausgeweitet. Wer behauptet, dass „die Kohlekraftwerke noch ewig laufen werden“, ignoriert den Fakt, dass RWE jetzt sozusagen ohne Not (sie hätten noch ein paar Jahre abwarten können) den Ausstieg auf 2030 festgelegt hat, und muss darlegen, warum es in Ostdeutschland anders kommen sollte.
Ich habe nicht gesagt „dass die Kohlekraftwerke noch ewig weiterlaufen werden“, sondern das abhängig gemacht davon, ob der Strom anderswo herkommen kann, ob es Alternativen gibt. Entscheidungen am grünen Tisch werden erfahrungsgemäß immer wieder von der Wirklichkeit zu Makulatur gemacht. RWE kann noch so viel verkünden, die Bundesregierung kann Stilllegungsprämien bezahlen: Wenn es keine alternativen Stromquellen gibt, werden Beschlüsse und Stilllegungen wieder rückgängig gemacht. Die Politik kann alles beschließen, auch dass der Rhein künftig bergauf fließen soll. Aber wenn der sich nicht dran hält, dann wird man ein Amnestiegesetz hinterherschieben müssen.
Umgekehrt funktioniert es aber genauso: Wenn genug Alternativen geschaffen werden (Erzeuger, Speicher und Stromleitungen), dann werden die Kohlekraftwerke stillgelegt, ohne dass Prämien gezahlt oder Jahre im Voraus großartige Beschlüsse gefasst werden müssen. Dann muss nur dafür gesorgt werden, dass das Marktdesign zu den veränderten Technologien passt. Im Augenblick ist es noch voll auf die Wärmekraftwerke zugeschnitten, die 80-90% ihrer Erzeugung lange im Voraus planen und vermarkten können. Die Erneuerbaren können das nicht, genauso wie die Speicher nicht lange vorausplanen können, wann sie wofür (Ein- oder Ausspeichern) gebraucht werden. Vordringlich muss also an einem Marktdesign gearbeitet werden, das auch funktioniert, wenn zu viel Strom im Netz ist. Speicher werden nur errichtet, wenn es ein vernünftiges Geschäftsmodell dafür gibt. Bis her sind sie aber nur in Nischen wirtschaftlich einsetzbar. Entsprechend werden nicht genug Speicher errichtet. Und bei PV und Wind wird der Zubau auch zusammenbrechen, wenn die immer öfter abregeln müssen, weil zu viel Strom im Netz ist. Stilllegungsbeschlüsse sind völlig lächerlich, wenn man sich nicht gleichzeitig darum kümmert, dass die Alternativen funktionieren. Und wie gesagt: Wenn die Alternativen funktionieren, kommt die Stilllegung der Alten ganz von alleine.