Der Markt soll alles richten. Die erneuerbaren Energien sollen sich endlich in das Marktgeschehen integrieren. Diese und andere Kernsätze kennzeichnen seit Jahrzehnten das Mantra konservativer Wirtschaftswissenschaftler, mit ihnen verbundene Medien und vor allem Interessenvertreter der fossilen und atomaren Wirtschaft, mitsamt ihren willfährigen Politikern, insbesondere aus dem konservativen und liberalen Lager.
Dem Mantra „Markt“ wurden alle anderen Ziele untergeordnet: Klimaschutz, Importunabhängigkeit, Gesundheitsschutz, bürgerliche Selbstversorgung und anderes mehr.
So wurde Ende der neunziger Jahre ein ganz wichtiges Markinstrument gegründet: Die Strombörse. Blind für ökologische Fragen hatte die Strombörse alle Erzeugungsarten ob fossil, atomar oder erneuerbar gleichbehandelt. Und das in einem hochverzerrten Erzeugungsmarkt, in dem fossile und atomare Stromerzeugung bis heute stark subventioniert werden. Ihre Schadenskosten, wie Klimaschäden, Gesundheitsschäden oder Atommüllentsorgung müssen sie bei Weitem nicht ausreichend selbst zahlen.
Ein Grundprinzip der Strombörse, ist das Merit-Order-Prinzip. Das teuerste Kraftwerk bestimmt die Strompreise im Stromhandel.
Am Anfang des EEG 2000 haben wir rot-grünen Abgeordneten im Bundestag den geförderten Ökostrom ausdrücklich von der Vermarktung an der Börse ausgenommen. Umweltminister Gabriel hat dann 2009 mit der Änderung des EEG Wälzungsmechanismus die Vermarktung des EEG-Ökostromes an die Börse geschickt. Mit verheerenden Folgen. Zunächst wurde ein Jahrzehnt lang die EEG-Umlage unnötig nach oben getrieben, was den Kritikern der Ökostromerzeugung aus dem fossilen und atomaren Interessenlager das alles entscheidende Argument gegen erneuerbare Energien lieferte. Diese hohe EEG-Umlage wurde dann von den Umwelt- oder Wirtschaftsministern Gabriel (SPD), Rösler (FDP) und Altmaier (CDU) als Begründung für alle verheerenden Ökostromausbauhemmnisse genutzt.
Seit der Gaspreissteigerung ab etwa Mitte 2021 ist die Situation plötzlich umgekehrt: Das EEG-Umlagekonto ist prall gefüllt, einer Steuerfinanzierung der EEG Umlage hätte es nicht bedurft. Die EEG Umlage sinkt sowieso.
Aber gleichzeitig zeigt das Marktinstrument Strombörse seine brutalen negativen Seiten: Mit den immer weiter steigenden Gaspreisen und einer Stromangebotsverknappung auf dem europäischen Strommarkt, durch den Stillstand von fast der Hälfte der französischen Atomkraftwerke, steigen die Börsenstrompreise ins Uferlose.
Was haben die Marktverfechter immer für Horrorszenarien an die Wand gemalt: Der teure Ökostrom würde eine Deindustrialisierung der Wirtschaft bringen und die Strompreise explodieren lassen. Nun ist das glatte Gegenteil eingetreten: Weil an der Strombörse mit ungefähr 50 Prozent Ökostrom immer noch zu wenig Ökostrom gehandelt werden, wird der Börsenstrompreis weiter über die inzwischen sündhaftteuren Erdgaskraftwerke bestimmt, mit dem verheerenden Effekt, dass die Bundesregierung aus Steuergeldern ein 65 Milliarden Euro Entlastungspaket beschließen musste.
Nun dämmert es allmählich auch konservativen Politikern, dass das Strommarktdesign vollkommen verfehlt ist. Selbst sie schlagen in ihrer Hilflosigkeit nun vollkommen marktfremde Instrumente wie eine Strompreisdeckelung vor. Selbst EU-Kommissarin von der Leyen will das Strommarktdesign ändern. Nur ein 100 Prozent Erneuerbare Ziel möglichst bis 2030, welches diese Missstände an der Wurzel bereinigen würde, kommt ihr und anderen nicht in den Sinn.
Dabei wäre es so einfach: Schaffen wir einen Strommarkt nur für Ökostrom und einen für die fossilen und atomaren Energien, dann zeigt sich, wie billig die Erneuerbaren Energien sind und alle Stromkunden würden sich darauf stürzen. Der Anreiz für den schnellen exponentiellen Ausbau der Erneuerbaren Energien wäre gegeben. Gleichzeitig würden die Stromkunden dem atomaren und fossilen Strom schnell den Rücken kehren, Klimaschutz wäre die unweigerliche Konsequenz.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
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Schön und gut.
Nur wie bewerten wir dabei den Faktor der Versorgungssicherheit?
Den günstigen Ökostrom gibt es nur, wenn verfügbar und den teuren fossilen dann als bösen Lückenbüßer?
Das wäre dann also das, was Herr Fell den damaligen Politikern zu recht vorwirft, nur mit umgekehrten Vorzeichen. 😀
Fossilen Strom als Lückenbüßer brauchen wir auch nicht mehr, wenn es genug Speicher gibt. Dafür muss ein Ausschreibungsprogramm kommen.
Die Verfechter der Erneuerbaren Energien haben die Notwendigkeit von Speichern lange bestritten, weil sie befürchteten, deren Kosten würden den Erneuerbaren angelastet, was ja auch richtig wäre. Die Gegner der Erneuerbaren sahen erst Recht keine Notwendigkeit für Speicher: Sie sahen im Gegenteil: Solange es keine Speicher gibt, werden die Fossilen gebraucht. So hatten Speicher lange Zeit keine Lobby, bei den einen nicht aus Verblendung, bei den anderen nicht aus Kalkül.
Die Zeiten sind aber vorbei. Die Verfechter der Fossilen gehen jetzt alle nach drüben (zu Putin), die Verfechter der Erneuerbaren sehen: Auch mit Speichern sind Erneuerbare konkurrenzfähig.
Ich würde gerne wissen, wer die Gewinne des Ökostroms einstreicht. EEG Preis unter 10 Cent, hier lese ich 44 Cents.
Bei den Anlagen mit Einspeisevergütung landet der Überschuss aus der Vermarktung derzeit auf dem EEG-Konto. Bei Anlagen in der Direktvermarktung freuen sich die Betreiber derzeit über ein deutliches Einnahmenplus (so wie die Betreiber von Kohlekraftwerken), eine Abschöpfung dessen wird ja gerade diskutiert.
Danke und ergänzt dazu sei noch auf diesen Beitrag verwiesen: https://www.pv-magazine.de/2022/08/23/solare-uebergewinne-der-booster-fuer-den-bundeshaushalt/
Vielen Dank für diesen klärenden Artikel, der Ursache und Wirkung erfrischend entwirrt und noch einmal die politischen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen der letzten 10 Jahre benennt ! Allein eine Frage bleibt bei mir bzgl. des Vorschlages von zwei Strommärkten. Kann ein Strommarkt nur für erneuerbare Energien schon heute eine Versorgung für 365 Tage im Jahr abbilden – Stichwort Dunkelflaute?
Ich habe keine (technischen) Zweifel, dass dies in Zukunft mit verschiedensten Ansätzen zur Energiespeicherung gelingt, aber vor 2025?
„Beide schaden sich selbst: der, der zu viel verspricht und der, der zu viel erwartet. “ Gotthold Ephraim Lessing
Zitat aus dem Artikel.
Dabei wäre es so einfach: Schaffen wir einen Strommarkt nur für Ökostrom und einen für die fossilen und atomaren Energien, dann zeigt sich, wie billig die Erneuerbaren Energien sind und alle Stromkunden würden sich darauf stürzen. Zitat Ende.
Das läuft auf einen Kapazitätsmarkt hinaus, an dem man bei zunehmenden Erneuerbaren ohnehin nicht mehr vorbei kommen werden.
Trotz geringer Lieferungen, die Gasspeicher füllen sich schneller als gedacht.
Siehe hier:
https://www.wiwo.de/politik/deutschland/energie-schon-82-prozent-gasspeicher-fuellen-sich-schneller-als-erwartet/28634416.html
Für mich ist das kein Wunder, sondern dem gegenwärtigen Strom Handels Design geschuldet, und führt zurück auf die bekannte Ermächtigungsverordnung von 2010.
Siehe hier unter Auswirkungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmechanismusverordnung
Die Erneuerbaren spielen seit 2010 im offiziellen Versorgungssystem keine Rolle mehr, weil sie zum separaten verkaufen an die Börse verbannt wurden.. Alle Statistiken und Prognosen finden ohne die EE statt, nämlich so, wie es vom.. „IWR“.. im Folgenden dargestellt wird.
Zitat: Der steigende Anteil erneuerbarer Energien hat am Spot- und Terminmarkt zu immer niedrigeren Strom-Einkaufspreisen geführt. Grund ist ein von der Politik beschlossener Wechsel der EEG-Lieferung ab 2010 (Wälzungsmechanismus). Bis 2009 erhielten die Stadtwerke den EEG-Strom als sog. EEG-Stromband monatlich tatsächlich physisch geliefert, so dass die großen Vorlieferanten (RWE, E.ON, Vattenfall, EnBW, etc.) auch faktisch weniger an die Stadtwerke liefern konnten. Seit 2010 muss der EEG-Strom an der Börse verkauft werden und das hat weitreichende Folgen: RWE, E.ON & Co. beliefern Stadtwerke seit 2010 wieder weitgehend vollständig mit konventionellem Strom, der EEG-Strom an der Börse kommt zusätzlich auf den Markt und drückt auf die Preise. Zitat Ende.
Vorrangig eingespeist werden sie noch, werden aber zu „Überschuss“ degradiert. und werden „Virtuell“ nicht mehr vorrangig im Lande verbraucht. Wir kennen doch die Schlagzeilen der einschlägigen Medien, wo sie schreiben, „Schon wieder mussten für Millionen Ökostrom ins Ausland verschenkt werden“. Was physikalisch gar nicht möglich sein kann, weil der dezentral erzeugte Ökostrom, nicht weiter kommt als zum nächsten Verbraucher um die Ecke.
Dazu siehe die folgende Grafik.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/153533/umfrage/stromimportsaldo-von-deutschland-seit-1990/
Weil der Ökostrom „vorrangig“ schon im Netz ist, kann es „physikalisch“ nur Strom aus Kohle und Gaskraftwerken sein, der da unter der „Null Linie“ erscheint und exportiert wird.
Was war zu tun um die Speicher zu füllen. ? Etwas weniger Strom aus Gaskraftwerken exportieren, und schon hatten wir Gas um die Speicher zu füllen.
Fazit: Physikalisch und Virtuell, das sind die beiden markanten Merkmale, die unser Strommarkt Design beherrschen.
Und damit das „Virtuell“ auch funktioniert, hat man 2010 so ganz neben bei beschlossen, dass Ökostrom nur noch „Kaufmännisch“ gehandelt werden darf
Siehe hier:
https://www.netztransparenz.de/portals/1/EEG-Jahresabrechnung_2018.pdf
Zugegeben! Es muß sich Etwas am Strommakt ändern. Merrit-Order ist wirklich out!
Lt. einigen Kommentaren, ist eine Änderung des Verfahrens der Strompreisberechnung nur in Abstimmung mit den diversen Organen der EU zu erreichen und würde ettliche Zeit erfordern!
@Sandra, könnten Sie in Erfahrung bringen, wie in den anderen EU Staaten der Strompreis gebildet wird? Danke.
Warum geht Deutschland nicht den Weg, von Hans Diehl seit geraumer Zeit beharrlich vorgetragen, zurück zu der Regelung vor 2010, in dem die „solaren Erträge“ von den verbrauchernahen Stadtwerken verarbeitet werden mußten?
Welche Ratschläge wären für eine Entscheidungsfindung an Herrn Habeck zu richten?
Eventuell wäre es auch hilfreich die ehemaligen Umwelt- oder Wirtschaftsministern Gabriel (SPD), Rösler (FDP) und Altmaier (CDU) um ein Statement zur ehemaligen Entscheidungsfindung und zur aktuellen Situation zu befragen.
Thomas I schreibt.
Warum geht Deutschland nicht den Weg, von Hans Diehl seit geraumer Zeit beharrlich vorgetragen, zurück zu der Regelung vor 2010, in dem die „solaren Erträge“ von den verbrauchernahen Stadtwerken verarbeitet werden mußten?
Welche Ratschläge wären für eine Entscheidungsfindung an Herrn Habeck zu richten?
@ Thomas I
Da überwiegt zu sehr der Einfluss von Lobbyisten. Bei so einem komplexen System, sind die Verantwortlichen bestrebt, einen Berater vom Fach an ihrer Seite zu haben. Mit der Trumpfkarte
„Blackout“ in der Hand, haben die dabei leichtes Spiel. Hat man ja gerade jetzt wieder gesehen wo Habeck die Regelung mit der Gasumlage angeblich von den Betreibern hat schreiben lassen.
So wie das 2010 geregelt wurde, sind die Erneuerbaren in jeder Hinsicht ein Spielball der „Altgedienten“ Ich nenne das hier in meinen Kommentaren die Energiewende der Großen.
Das Kommt in der unbedarften Öffentlichkeit gut an, für Insider steckt der Teufel im Detail.
Man kann den verantwortlichen Politikern noch nicht mal einen Vorwurf machen, denn alle 4 Jahre wird gewählt, während ihre Berater ein Berufsleben lang mit der komplexen Materie beschäftigt sind, und wie gesagt, für die Versorgungssicherheit verantwortlich sind.
Sie Thomas, ..haben doch auch eine Weile gebraucht bis Sie mir folgen konnten. Und ob jeder Politiker sich so damit beschäftigt wie Sie das offensichtlich tun, ist fraglich.
Siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Externe_Mitarbeiter_in_deutschen_Bundesministerien
Und, wo ist jetzt die neue Marktordnung? Der Beitrag löst das Versprechen der Überschrift nicht ein. Frau von der Leyen hat für den Jahreswechsel eine neue Strommarktordnung angekündigt. Da wäre es vielleicht sinnvoll, Vorschläge zu machen, die nicht nur von den üblichen Verdächtigen kommen und deren Interessen bedienen würden. Ich habe mal einen Vorschlag gemacht, https://www.pv-magazine.de/2022/09/02/der-deutsche-strommarkt-in-schweren-zeiten-ist-die-merit-order-fluch-oder-segen/ aber wenig Resonanz darauf bekommen. Ist das zu schwierig? Oder ist Meckern einfacher, als aus einer eingehenden Analyse heraus ein Konzept zu entwickeln, das mit Europarecht vereinbar ist und das Nebeneinander von verschiedenen Lösungsansätzen innerhalb der EU mit berücksichtigt – auch wenn einem manche der Lösungen, wie die starke Betonung der Kernkraft in Frankreich nicht gefällt. Aber gerade Frankreich ist mit den erheblichen Zumutungen, die seine desaströse Strompolitik seinen Nachbarn gebracht hat, etwas in der Defensive. Da wäre der Augenblick günstig, dafür zu sorgen, dass die Konsequenzen schlechter Entscheidungen nur den treffen, der sie gemacht hat.
@Hans Diehl
warum so negativ?
Meinen Sie wirklich, es wird irgend Jemanden nutzen, sich immer tiefer einzugraben.
Ich suche mit den oben genannten Vorschlägen nach weiteren potentiellen Lösungen!
Meins Erachtens wird die beabsichtigte Abschöpfung von sog Übergewinnen zu einem schallenden Rohrkrepierer werden.
Ebenso kann ich der vielfach erwähnten Preisobergrenzen für die Strompreisbildung keine Sympatie entgegen bringen, ohne an der Merrit-Order-Regelung im Grundsatz anzusetzen.
Im Ansatz sollten sich die Versorger/ Stadwerke selbsständig um den Einkauf der benötigten Strommengen kümmern, resultierende Netzentgelte abrechnen und daraus ihre Tarifierung für die versorgten Anbehmer gestalten.
Nordlichter werden besser zurechkommen als Bayern und BW
Ein Handel von Stommengen quer durch die Republik sollte nur der Netzargentur überlassen werden. Ein freier Handel würde und wird wie aktuell die Versorgunssicherheit beeinträchtigen.
Herr Fell liegt zum ersten mal gründlich falsch.
Die Konservativen nehmen ausgerechnet jetzt die Forderung zurück, „Die erneuerbaren Energien sollen sich endlich in das Marktgeschehen integrieren“, weil sie jetzt damit den Ausbau behindern können, indem Vertrauen verletzt wird.
Das bisherige Versprechen des EEG war es, dass Mindestpreise garantiert werden, mit denen man gerade so über die Runden kommt, dass aber eine Chance auf höhere Gewinne besteht, wie in anderen Branchen, wenn die Strompreise steigen. Anders als bei Contracts for Difference.
Jetzt ist der Marktwert höher, weil wir ein knappes und deshalb gefragtes Gut zur richtigen Zeit liefern.
Aktuell ist reale Wert jeder erzeugten kWh infolge von 10% Inflation schon ca. 10% niedriger als im Vorjahr, und die gigantische Erdgassubvention wird die Infaltion weiter antreiben. Das sind massive Untererlöse. Gibt es dafür Ausgleich? Wie viele Windparks haben sich überhaupt schon amortisiert, geschweige denn in realen Werten einen Gewinn erzielt?
Die Entwertung der Erlöse durch die Inflation stellt kein größeres Problem dar, weil die Schulden (oder Opportunitätskosten), die bei der Errichtung der Anlagen entstanden sind, im gleichen Maße durch die Inflation entwertet werden. Nur dass die kalkulierte Rendite weniger wert ist, ist schmerzlich, aber dieses Problem hat jeder Kapitalanleger, wenn die Zinsen steigen. Bei den Anleihekursen sieht er das dann gleich in Echtzeit, weil Anleihen sofort so weit im Wert sinken, dass ihre Zinserträge wieder dem aktuellen Zinsniveau entsprechen. Die ursprünglich kalkulierte Rendite werden aber auch sie erbringen, wenn man sie weiter im Bestand hält und die Verluste nicht realisiert. Wegen des „Risikos“, dass während einer langen Laufzeit die Zinsen (und die Geldentwertung) steigen könnten, haben langlaufende Kapitalanlagen normalerweise eine höhere Rendite als kurzfristig laufende. Ein Teil des Verlustes, den Sie jetzt beklagen, ist von der höheren Rendite also abgedeckt. Im gegenwärtigen Fall kommt hinzu, dass, wenn sich die Lage in der Ukraine und in der Folge auf den Energiemärkten beruhigt, die Inflation schnell wieder auf das gewohnte Maß von um die 2% zurückgehen wird, ein Teil des gegenwärtigen Preisanstiegs vielleicht sogar rückgängig gemacht wird, wir also kurze Zeit eine negative Inflation haben werden. Ganz risikolos ist das Leben halt nicht, deshalb gibt es ja überhaupt Renditen. In der Zeit sinkender Zinsen hat sich auch niemand beklagt, dass seine Kapitalanlagen immer wertvoller geworden sind. Da darf man sich beim jetzigen Zinsanstieg auch nicht über Wertverluste beklagen. Die Hoffnung allerdings, dass sich die Lage in der Ukraine schnell beruhigen wird, schwindet zunehmend. Russland kann noch ziemlich lange auf Verschleiß weiterkämpfen, und die Ukraine kämpft schon seit 2014 um den Donbass – da ist ein baldiges Einknicken auch nicht zu erwarten. Ich hätte mir weniger martialische Gründe gewünscht, den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen.