Im Juli 2020 begann das Gase- und Engineering-Unternehmen Linde mit dem Bau einer Wasserstofftankstelle für Passagierzüge in Bremervörde. Ab sofort wird diese Tankstelle insgesamt 14 Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb versorgen, die auf der Strecke zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude 15 Dieselzüge ersetzen sollen. Fünf Wasserstoffzüge fahren der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) zufolge bereits, die übrigen sollen bis zum Jahresende ebenfalls Fahrt aufnehmen. „Niedersachsen schreibt Eisenbahn-Geschichte“ verkündeten die beteiligten Unternehmen am Mittwoch. Demnach handelt es sich bei ihrem Projekt um das weltweit erste Netz mit Wasserstoffzügen im Passagierbetrieb.
Die landeseigene LNVG hatte sich bereits 2012 auf die Suche nach Alternativen zu Dieselzügen gemacht. Ab September 2018 gab es einen knapp zweijährigen Probebetrieb mit zwei Vorserienzügen. Da dieser störungsfrei verlief, ging das Projekt mit dem Bau der Wasserstofftankstelle in die nächste Phase. An dieser Tankstelle werden nun die wasserstoffbetriebenen Alstom-Regionalzüge rund um die Uhr versorgt. Alstom zufolge haben die Triebzüge des Modells „Coradia iLint“ eine Reichweite von 1000 Kilometern und können daher mit nur einer Tankfüllung den ganzen Tag lang emissionsfrei im Netz der Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (evb) fahren. Damit würden 1,6 Millionen Liter Diesel und 4400 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart.
Wie die LNVG weiter mitteilte, gehören dem Unternehmen 126 Dieseltriebzüge, die bei verschiedenen Bahnen in Niedersachsen im Einsatz sind. Auf nicht elektrifizierten Strecken will die LNVG künftig je nach den Gegebenheiten entscheiden, ob sie dort Züge mit Wasserstoff- oder Batteriebetrieb einsetzen wird. Dieselfahrzeuge will das Unternehmen jedenfalls nicht mehr kaufen.
Die Kosten für die Beschaffung der 14 Züge in Höhe von über 85 Millionen Euro hatte das niedersächsische Verkehrsministerium übernommen. Der Bund beteiligte sich mit zusätzlichen 8,4 Millionen Euro an dem Wasserstoffprojekt. Linde plant, den Wasserstoff vor Ort in Bremervörde auch per Elektrolyse aus erneuerbaren Energien zu produzieren.
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„Damit würden 1,6 Millionen Liter Diesel und 4400 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart.“
Leider Schwachsinn. Der Wasserstoff kommt aus Erdgasreformierung und spart im Vergleich zur Diesel Lokomotive erst mal gar kein CO2 ein. Wenn dann in 10 Jahren die Elektrolyseure stehen und die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Stromentnahme aus dem Netz zur Wasserstoffgewinnung geregelt sind, kann man nochmal darüber berichten. Leider sind dann die Brennstoffzellen der aktuellen Züge wahrscheinlich schon ausgelutscht, und müssen erneuert werden.
Hauptsache irgendwas meckern?
Die Umstellung von Diesel auf Wasserstoff lohnt sich alleine deshalb, da die Dieselabgase ausbleiben. Die Anwohner der Bahnstrecken und Fahrgäste an den Bahnsteigen wird es freuen.
Irgendwie muss man solche Systeme halt Zug um Zug hochfahren. Batterieelektrische Autos laden ja in Deutschland auch seit Jahren Strom, der zu etwa 50% fossil produziert wird. In beiden Fällen ist ein grüner Betrieb aber angestrebt und gut vorstellbar.
Die CO2-freie Produktion von grünem Wasserstoff wird in den nächsten Jahren rasant steigen. Teilweise lokal, teilweise durch gigantische Projekte in Spanien, Kanada, Chile, Australien, Marokko etc.
Nach meiner Meinung ist auch das gesamte Projekt nicht zielführend. Vorallem wenn kein grüner Wasserstoff verwendet wird. Züge mit Akkus wie sie in Brandenburg eingesetzt werden sollen sind denke ich wirtschaftlicher und klimafreundlicher.
Die 8,4 Millionen Steuergeld hätte man sinnvoller einsetzen können.
Die Verwendung von „grünen Wasserstoff“ aus erneuerbaren Strom ist geplant.
Ist doch logisch, dass mit den ersten Zügen nicht auch gleich die komplette Infrastruktur steht.
Akkuzüge befinden sich weitesgehend noch im Testbetrieb, zudem wären die Strecken zu lang.
Davon abgesehen, bräuchte man dann hier erhebliche Investitionen wie Lademöglichkeiten.
Da du dir ja soviel Sorgen um Steuergelder machst: Im schlimmsten Fall würden diese Akkuzüge nach kürzer Zeit ähnlich enden, wie ganze Busdepots, da Elektrobusse aus dem Nichts Feuer fingen.
Ja klar gibt’s leistungsfähige Akkuzüge noch nicht so lange. Das batterieelektrische System ist aber marktreifer und vorallem wirtschaftlicher als die Wasserstofftechnik.
Wenn ich das aus der Ferne richtig beurteilen kann, sind auch Elektrobusse und deren Depots versichert, naja vielleicht hast du da andere Informationen.
Sicher, dass die Ladeinfrastruktur für Züge teurer ist als die Errichtung von Wasserstofftankstellen?
Petra Hannen:
Gibt es zu dem Projekt auch eine Gegenüberstellung der Betriebskosten?
14 H2-Triebzüge ersetzten 15 Dieseltriebzüge: War bisher ein Dieseltriebzug als Reserve vorgehalten?
Genaue Zahlen zu den Betriebskosten gibt es (noch) nicht – auch keine Infos, warum ein Zug weniger ausreicht (evtl. gab es schlicht einen Fahrplanwechsel). Die LNVG äußerte lediglich, davon überzeugt zu sein, dass Diesel-Züge in Zukunft nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sind.
Wasserstoff für schienengebundenen Verkehr ist überhaupt Quatsch. Da installiert man eine Oberleitung und verbraucht direkt erzeugten Strom. Das ist billiger und effizienter. Wasserstoff, ob grün, grau oder rot, ist da verschwendet.
Die Motivation für diese seltsamen Projekte ist wahrscheinlich, dass man feste Abnehmer für den Wasserstoff sucht, um die Wasserstoffwirtschaft in Gang zu bringen. Da ist eine Regionalstrecke mit festen Anlieferungspunkten und gut kalkulierbarem Verbrauch schon wesentlich geeigneter als ein das ganze Land überziehende Netz aus Wasserstofftankstellen, für die es aber viel zu wenige Abnehmer gibt.
Ob das diese Sackgasse der technischen Entwicklung rechtfertigt? Immerhin die Abwärme des Wasserstoffs wird man hoffentlich im Winter nutzen können um die Fahrzeuge zu heizen. Damit verbessert sich die Effizienz etwas. Aber das ist nicht viel mehr als ein kleines Pflaster auf die Wunde, die sich trotzdem nicht schließt. Eine mit Direktstrom betriebene Wärmepumpe, die Motoren- und Bremswärme als Wärmequelle nutzt, wäre wahrscheinlich zielgenauer.
Die Zukunft der Regionalstrecken, bei denen die Installation einer durchgehenden Oberleitung bisher als unwirtschaftlich galt, wird wahrscheinlich so aussehen, dass nur Teilstrecken (die Bahnhöfe, wo die Züge länger stehen, und Beschleunigungsstrecken) mit Oberleitungen ausgestattet sind, und dazwischen die Züge mit Batterieunterstützung „segeln“. Dafür brauchen sie keine riesigen Batteriepakete, die teuer wären, und die Züge schwer machten, verbrauchen effizienten Direktstrom und reduzieren trotzdem die Investition in lange Oberleitungsstrecken.
Um die Wasserstoffwirtschaft in Gang zu bringen, sollte man mit regionalen, straßengebundenen Lieferdiensten und Busunternehmen anfangen, und natürlich den industriellen Anwendungen. Da sollte erst mal der fossile Wasserstoff verdrängt werden, und in der Zwischenzeit werden kleinere Projekte auf den anderen Gebieten vorangetrieben: Verkehr und Rückverstromung.
> Da installiert man eine Oberleitung und verbraucht direkt erzeugten Strom. Das ist billiger und effizienter.
Nö. Der ganze Grund warum die Bahn Batterie- und Wasserstoffantriebe ausprobiert, ist, weil Oberleitungen speziell auf den wenig befahrenen Strecken, auf denen sie nicht ausgebaut sind, teurer wären.
Wollen wir die Wasserstofftechnik im Verkehr auch noch verpennen? Die Entwicklung dieser Züge läuft schon über 10 Jahre. Seit 2018 gibt es einen Probebetrieb. Da hat das Gas noch zwei Cent pro kWh gekostet und die Erzeugung von Wasserstoff aus Wind war viel zu teuer. Die Umstellung auf grünen Wasserstoff wird noch zwei Jahre dauern. Dann kann das System auch weltweit verkauft werden. Einfach auf elektrische Züge mit Akkus umzusteigen klingt zwar einfach hat aber ganz andere technische Hürden. Die Wasserstoffzüge fahren 1000 km weit und die elektrischen 50. Bevorzugt werden hier Strecken welche teilweise elektrifiziert sind. Dann kann der Zug die Akkus während der Fahrt wieder aufladen. Wirtschaftliche Siemenszüge fahren im Moment 35 km rein elektrisch und laden sich dann über die zum Teil vorhandene Oberleitung und Kopfbahnhöfe wieder auf. Die schweren Akkus müssen auch noch auf dem Dach verbaut werden, da die Einstiege rollstuhlgerecht sein müssen. Eine Förderung macht in beiden Bereichen sehr viel Sinn, denn wir brauchen Wasserstoffzüge und elektrisch betriebene Züge und das alles mit erneuerbarer Energie.
Für Flugzeuge, Schwerverkehr etc. wird die H2-Wirtschaft sicher nicht verpennt werden. Auch batteriegetriebene Traktoren und andere Nutzfahrzeuge kann ich mir kaum vorstellen.
Aber ausgerechnet den schienengebundenen Verkehr umzustellen, das erscheint mir wenig durchdacht und wird sich ohne enorme staatliche Fördermittel (Artikel genau lesen!) nie rechnen. Im Gegenteil: Man arbeitet doch daran, Oberleitungen auch für den Schwerverkehr auf Autobahnen zu installieren, weil das effizienter und kostengünstiger ist.
Die Gegenüberstellung von 1000km (H2) zu 50km (Batterie) ist etwas zu einfach gedacht: Die Batterien kann man regelmäßig und sehr effizient entlang der Strecke aufladen. Man sollte nicht so eindimensional denken, dass nur das eine oder das andere ginge. Auch eine intelligente Kombination von Oberleitung und Batterie ist möglich.
Ja das wird noch spannend, ob das mit dem Wasserstoff was wird. Wenn hier schon die Batterieangst befeuert wird: Explodierende Wassersttofftanks bei Zugunglücken beispielsweise sind auch kein Spaß, um mal diese Angst zu befeuern.
Die Vorkette zur Produktion und Anlieferung von Wasserstoff ist doch energetisch total ineffizient und viel zu teuer.
Früher hat die Bahn Strecken elektrifiziert. Eventuell wäre das nachhaltiger.
@ JVC. Als Quatsch sollte man hier nichts abtun. Die Elektrifizierung von Strecken ist oft extrem kompliziert, da Unterführungen und bauliche Gegebenheiten sehr teure Kosten verursachen. Die Bahn hat ihr eigenes Stromnetz, da gibt es nicht alle 5 km eine Trafostation. Deswegen wurden ja Dieselloks eingesetzt um das Stromnetz zu überbrücken. Der von ihnen richtig angesprochene kalkulierbare Verbrauch von Wasserstoff ist sicherlich auch ein entscheidender Faktor. Auch die Subventionierung ist noch bitter nötig und wird sich erst nach Jahren rechnen. Ich bin felsenfest überzeugt, dass der bewegliche Verkehr auf der Straße und auf dem Acker rein elektrisch passiert, da sich die Leistungsdichte in den nächsten zwei Jahren verdoppelt und damit auch die zweifache Entfernung mit einer Ladung möglich ist. 2000 km mit einem 40 Tonner sind absolut machbar. Die Oberleitung auf Autobahnen wird auch nicht kommen, da einige LKW Hersteller sie nicht für sinnvoll halten und ihre LKWs nicht mit der Technik ausstatten und die Akkus bevorzugen. Auch die Züge während der Fahrt auf der Strecke aufladen ist keine gute Idee ohne Oberleitung, sonst würden hier nicht Dieselloks verkehren. Das wichtigste Argument im Schienenverkehr pro Wasserstoff ist die uneingeschränkte Nutzung mit wenigen Tankvorgängen. Beim elektrischen Zug braucht es ein großes Stück Oberleitung um die Akkus wieder zu laden um auch wieder zurückzukommen. Den Königsweg gibt es sicherlich nicht, deswegen werden sich alle Systeme beweisen müssen.
Bei der Installation von Oberleitungen scheint mir bei der Bahn auch ein hohes Maß an Denkfaulheit bestanden zu haben. Die internationale Bahnverbindung München-Zürich durchs Allgäu musste jahrzehntelang mit Dieselloks betrieben werden, weil es zwischendurch ein paar für Oberleitungen zu niedrige Tunnels gab. Die Schweiz bot die Finanzierung der Umrüstung an, aber das Angebot wurde von deutscher Seite nicht angenommen. Inzwischen ist die Umrüstung auf der vielbefahrenen Strecke mit internationalem, überregionalem und regionalem Bahnverkehr erfolgt.
Viele Nebenstrecken, auf denen nur alle zwei Stunden ein Zug fährt, wurden aus Kostengründen nicht umgestellt, weil das Diesel halt billiger war. Jetzt stellt sich die Frage, welche Nachfolgetechnik wohl die günstigste sein könnte. Die Produzentenfirmen wie Linde oder Alsthom darf man da nicht fragen: Die verkaufen gerne etwas teures. Ob das Projekt jetzt auch wirtschaftlich ist, interessiert die überhaupt nicht, solange sie von wenig fachkundigen Politikern die Fördermittel zugeschustert bekommen.
Bei der Kombination von Oberleitung und Batterie kann man sich das Faktum zu nutze machen, dass der Energieverbrauch sehr ungleich anfällt: Dort wo viel Energie verbraucht wird, also auf Beschleunigungs- und Anstiegsstrecken, und dort, wo die Züge länger stehen, also Bahnhöfen, schafft man über die Oberleitung eine Verbindung zum Stromnetz um den Strom direkt zu verbrauchen und gleichzeitig die Batterien zu laden. Wo die Installation einer Oberleitung unmöglich (niedrige Tunnels etc.), unnötig (lange ebene Strecken mit gleichbleibender Geschwindigkeit) oder unwirtschaftlich (Rangierbahnhöfe, Gefällstrecken) ist, fährt man dann mit Batterien. Ich vermute mal ein Verhältnis von 9:1 ohne bzw. mit Oberleitung. Auf den Straßen könnte es ähnlich laufen, wobei da das Verhältnis ohne/mit kleiner sein wird: Auf den Autobahnen wird das Verhältnis eher 1:1 sein, erst auf der letzten Meile fährt man dann durchgehend mit Batterie, die während der Oberleitungsfahrt aufgeladen wurde.
Aber man wird die Mobilität ohnehin ganz neu denken müssen, um bekannte Schwächen der bisherigen Fahrzeuge zu mildern. Das größte Problem ist in meinen Augen das schlechte Verhältnis von Fahrzeugmasse zu transportierter Nutzmasse. Mit autonomen kleinen Fahrzeugen, die sich für die Langstrecke zu größeren Verbänden zusammenschließen, könnte dieses Massenverhältnis gegenüber der heute üblichen schweren Bahntechnik wesentlich verbessert werden. Die Vorteile von niedrigem Roll- und Luftwiderstand der Bahntechnik sollte man sich dagegen erhalten.
In Hessen wird der RMV dieses Jahr noch mit 27 Wasserstoffzügen den Regelbetrieb aufnehmen. Hier fahren seit Jahren schon Züge im Testbetrieb. Getankt wird im Industriepark Höchst, dort gibt es bereits eine Wasserstofftankstelle.