Welche Rolle wird Wasserstoff in einem klimaneutralen Verkehrssystem spielen? Das haben die Akademie für Technikwissenschaften Acatech und die Dechema Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie jetzt in einer Metaanalyse untersucht. Dabei haben die Partner vier Studien ausgewertet – die „Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität“ der Deutschen Energie-Agentur dena, die „Klimaneutralität 2045“-Studie von Ariadne, „Klimaneutrales Deutschland 2045“ von Agora und „Klimaneutrales Deutschland 2045“ von Fraunhofer et al.
In den meisten der in den Studien untersuchten Szenarien werden 2045 zwischen 6 bis 33 Prozent des inländischen Endenergiebedarfes des Verkehrssektors durch Wasserstoff gedeckt. In Zahlen absoluten ausgedrückt bedeutet das: Im Jahr 2045 wird im Verkehrssektor Wasserstoff in einer Größenordnung von 25 bis 100 Terawattstunden verwendet – der Gesamtenergiebedarf des Verkehrsbereiches beträgt 300 bis 400 Terawattstunden. Heute sind es knapp 800 Terawattstunden. Die drastische Senkung des Endenergieverbrauchs in der Mobilität erklärt sich vor allem durch die stärkere Elektrifizierung im PKW- und LKW-Bereich und dem damit verbundenen deutlich höheren Wirkungsgrad.
Die Metastudie zeigt, dass 60 bis 80 Prozent des im Verkehr direkt eingesetzten Wasserstoffs für den Schwerlastverkehr benötigt werden. Bei Bussen sei zwar davon auszugehen, dass ein substantieller Teil mit Wasserstoff betrieben werden könnte. Die Gesamtenergieverbräuche in diesem Sektor liegen aber deutlich unter denjenigen in anderen Bereichen. Daher ist auch der absolute Wasserstoffverbrauch dort niedrig, so die Autoren. Ähnliches gelte auch für die Binnenschifffahrt.
Hoher Strombedarf für E-Fuels
Darüber hinaus werden 2045 laut der untersuchten Szenarien 85 bis 150 Terawattstunden Wasserstoff darauf verwendet werden, E-Fuels herzustellen. Bei einer Effizienz von 50 Prozent für Power-to-Liquid und 70 Prozent für Power-to-Methane wird verglichen mit einer direkten Nutzung durch batterieelektrische Fahrzeuge in etwa das 4,2-fache bis 6-fache an elektrischer Energie benötigt, so die Studie.
E-Fuels werden primär im inländischen Luftverkehr und, in geringerem Maße, in der inländischen Schifffahrt zum Einsatz kommen. Auf deutschen Straßen werden E-Fuels lediglich dazu beitragen, Bestandsflotten sowie den Schwerlastverkehr auf der Langstrecke zu defossilisieren, heißt es in der Studie.
„Unsere Auswertung verschiedener Studien zeigt Einigkeit unter den Modellierern: Beim Großteil der Verkehrsanwendungen kommen zukünftig batterieelektrische Fahrzeuge zum Einsatz“, sagt Kurt Wagemann, Projektleiter Wasserstoff-Kompass bei der Dechema. Nur da, wo es technisch nicht möglich oder ökonomisch nicht sinnvoll ist, würden Wasserstoff und E-Fuels genutzt. „Der Bedarf an reinem Wasserstoff wird im Verkehrsbereich von schweren LKWs dominiert“, so der Experte.
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Metastudie ist ein schönes Wort. Gesunder Menschenverstand mit etwas Physik und Chemie Kenntnissen verweisen diese Studie in die Mülltonne. Wenn jemand erzählt dass in 23 Jahren 75% der schweren Lkw mit Wasserstoff fahren, dann lange ich mir einfach auf den Kopf. 23 Jahre Entwicklung von neuen Akkus wird 100% Elektrik im LKW Bereich bringen. Flüssiger Wasserstoff wird den Luftverkehr eventuell dominieren. Für 2025 sind schon Flugzeuge für 40 Passagiere und 2000 km Reichweite in größerer Stückzahl möglich. Die Energiewende wird durch extrem viel Forschung und Gewinnaussicht in 20 Jahren ganz anders aussehen als heute. Deswegen sind solche Studien für die Tonne.
Ich denke, diese Studie ist schon überholt, bevor sie veröffentlicht wurde. Bislang zeigten sämtliche Studien, die die Entwicklung extrem dynamischer Technologien prognostizieren wollten, dass sie komplett daneben lagen. Man schaue sich mal über die Jahre die Prognosen über Photovoltaik an, die lagen immer nicht nur ein bisschen, sondern komplett daneben.
Dann haue ich auch mal eine kühne Prognose heraus. 2045 wird man Wasserstoff oder efuels bei Bussen und ganz überwiegend auch bei LKW’s so gut wie gar nicht in der Anwendung finden, das kann eigentlich nur Nische sein. Der batterieelektrische Bereich wird mit neuen Materialien, mit Effizienz und ganz neuen Leistungen bei Reichweite und Ladung die ineffiziente Wandlung (alleine marktgetrieben) obsolet machen und pulverisieren…
Der Wasserstoffantrieb auch im LKW ist für die Masse schon tot. Im LKW Kurzstreckenverkehr sind schon Batterie LKW im Angebot. Traton hat das schon verstanden. Nur Daimler Trucks noch nicht. Für die Langstrecke wird ein Schnellladenetz für LKW aufgebaut. Die 45 minütigen vorgeschriebenen Fahrerpausen alle 4,5 Stunden werden zum Laden genutzt. Ein batterieelektrischer Fern-LKW muss also nur ca. 400 km weit fahren können.
Brennstoffzellen LKW sind viel zu teuer im Betrieb und Herstellung. Und wo soll all der grüne Wasserstoff herkommen und wo soll er getankt werden.
Beim Wasserstoffantrieb kommt nur 15-18% des zur Herstellung benötigten Stroms am Rad an. Beim Batterieelektrischen Antrieb sind es 70%, wenn man die Herstellungskosten und die Transport- und Lagerungskosten kosten des Wasserstoffs einrechnet.
Siehe: https://www.auto-motor-und-sport.de/tech-zukunft/alternative-antriebe/vergleich-e-auto-brennstoffzelle-e-fuels-wasserstoff-prof-maximilian-fichtener-hiu-ams-kongress/
Könnten auch effizientere Brennstoffzellen gefunden werden oder liegt es da an physikalischen Grenzen?
Der Wasserstoff als Element sorgt mit seinen Eigenschaften für Effizienzprobleme.
Es ist derart flüchtig und explosiv, dass es nur unter großem Aufwand hergestellt, sicher gespeichert / transportiert/ verflüssigt etc. werden kann. Bei allen diesen Schritten ist sehr viel zusätzliche Energie notwendig z.B. in Form von technischem Aufwand. Die Brennstoffzelle ist am Ende der „Nahrungskette“ und trägt bereits den unvorteilhaften Energierucksack.
Dieser Vorgang ist nur dann sinnvoll, wenn die Alternative z.B. lautet: Windrad abschalten oder PV drosseln, weil keine Abnehmer mehr vorhanden sind (inkl. kein Export). Wenn man also, nachdem alle anderen Optionen weitestgehend ausgeschöpft wurden (das wurden sie bei Weitem noch nicht), weiterhin so viel Überflussenergie erzeugt, dass es sinnvoller wäre, diesen zu Speichern. Sie können das einfach googlen – es gibt sicherlich diverse öffentlich aufrufbare wissenschaftliche Publikationen, in denen man das noch viel genauer runtergebrochen studieren kann.
So ganz praktisch:
Einen fahrenden Wasserstofftanker auf der Autobahn, Nebel, nasse Fahrbahn… Da will wirklich keiner sein, wenn es passiert, und das würde es, in jedem Fall, nur eine Frage der Zeit. Eine explodierende Tankstelle wäre vermutlich nichts im Vergleich dazu.
Alternativ müsste man die Tanks derart massiv gegen kritischen Energieaufprall schützen, dass der Aufwand auch da wieder extrem wird (40 Tonnen…. 80 km/h – ich bin kein Physiker, aber es ist mir klar, dass angenommen eine 0,5 cm dicke Stahlwand einer Gasflasche da in bestimmten Aufprallsituationen an ihre Grenzen käme). Ich denke auch, der batterieelektrische Antrieb und dessen Möglichkeiten sind sicherlich noch nicht am Ende der technischen Entwicklung angelangt.
Die ganze vertriebliche und technische Struktur des Energiemarktes wird mit dem Wachstum der EE imho beinahe zwangsweise neue Nutzenmodelle auf den Markt bringen. Allein schon, weil der Markt diese „Überschussenergie“ sicherlich sinnvoller verwerten würde, als sie in einen Wasserstoffkreislauf laufen zu lassen. Der Kipppunkt, an dem bisherige Nutznießer endgültig den „Grip“ verlieren wird sein, wenn die neuen Modelle so lukrativ sind, dass man damit mehr Geld verdienen kann als mit dem alten Modell. Mit co2-Besteuerung, teurere Energie durch Verbrauch der aufstrebenden Staaten etc. sind wir genau auf diesem Weg.
Natürlich wäre es gut und es ist eine positive Vision, vollständig, also auch im Winter von gespeicherter EE eine völlig dekarbonisierte Gesellschaft und Wirtschaft zu elektrisieren. Und natürlich ist es wichtig, an allen möglichen Stellen den Fortschritt in diese Richtung zu unterstützen, um nichts zu verpassen. Praktisch ist der „Zug“ allerdings abgefahren. Die ganze entwickelte Welt geht in Richtung Elektrisierung. Die Wasserstoffbotschaften sind eher Randerscheinungen (ebenso wie „E-Fuels“). Wenn man Zulassungszahlen von E-Autos und Wasserstoff vergleicht, und da eine Zeitschiene anlegt mit Steigungsfaktor, dann ist doch recht klar, welche der Technologien (zur Zeit) das Rennen macht. Aber immer etwas weiter auch das Wasserstoff-Thema mit am Leben zu halten, wird im Zweifel schon nicht schaden – letztlich weiß keiner, was im Jahr 2050 sein wird. Gibt es noch trinkbares Süßwasser in Europa? Keine Ahnung. Würde ich nicht drauf wetten 🙂 Wird schon werden.
Energie geht nicht verloren, sie wird nur umgewandelt. Wir sprechen aber gerne von Umwandlungsverlust. Wenn wir diesen Verlust nutzen können gewinnen wir einmal das Produkt und wir gewinnen die Prozesswärme. Wenn ich mein E-Auto durch meine Solaranlage auflade habe ich sicherlich einen Wirkungsgrad von 85%. Wenn ich Wasserstoff herstelle kann ich die Abwärme für ein Wärmenetz nutzen und der Wirkungsgrad bleibt hoch. Wie soll ich die ab Abwärme aber im Fahrzeug nutzen bei der Umwandlung von Wasserstoff in Strom. Außer der Heizung bleibt dann nicht viel. Die Fortschritte bei der Technik bleiben für die nächsten Jahre beim Wasserstoff sicherlich unter 5%. Elektrische Speicher sind dagegen noch lange nicht ausgereizt und die Energiedichte bei Akkus wird sich die nächsten Jahre mindestens verdoppeln.
Interessante Diskussionen dazu findet man beispielsweise beim Geladen Podcast.
Der Podcast wird produziert vom Helmholtz-Institut Ulm (HIU) und dem Exzellenzcluster Post-Lithium-Storage (POLiS) am Standort Ulm und Karlsruhe. Alle Infos: http://www.geladen-podcast.de/