Die Diskussion „Tank oder Teller“ gab es bereits vor Jahren in Deutschland im Zuge des Anbaus von Energiepflanzen, etwa für die Biosprit-Herstellung. Mit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, die als Kornkammer Europas gilt, hat das Thema neue Brisanz auf dem Kontinent gewonnen. Im Fokus stehen dabei nicht mehr nur Energiepflanzen, sondern auch Photovoltaik-Freiflächenanlagen, die teilweise auf landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden.
Das österreichische Bundesland Niederösterreich hat am Wochenende einen sogenannten Photovoltaik-Zonenplan vorgestellt, die die Versorgungssicherheit gleichzeitig für Energie und Lebensmittel gewährleisten soll. „Wir wollen die Energiewende weiter beschleunigen, denn wir sehen deutlich wie nie zuvor, wie wichtig eine unabhängige Energieversorgung ist“, erklärte der stellvertretende Landeshauptmann Stephan Pernkopf bei der Vorstellung. Dabei sei Niederösterreich auf einem guten Weg. Bereits seit 2015 werde der Strombedarf rechnerisch komplett aus erneuerbaren Energien gedeckt. Aktuell gebe es rund 60.000 Photovoltaik-Anlagen in dem Bundesland. Die Produktion von Solarstrom solle bis 2030 von derzeit 660 auf 2000 Gigawattstunden gesteigert werden.
Mit dem Zonenplan gibt es eine Priorisierung von Flächen für den weiteren Photovoltaik-Ausbau. Wir brauchen Versorgungssicherheit für Energie und für Lebensmittel. Deshalb haben wir einen klaren Fokus auf Photovoltaik-Anlagen auf Dächern, über Parkplätzen, Hallen etc. Für diese Anlagen haben wir bereits eine massive Erleichterung beschlossen und die Genehmigungs-Freigrenze um den Faktor fünf auf nunmehr ein Megawatt erhöht“, so Pernkopf. In anderen Bundesländern liege die Leistungsgrenze teilweise weit tiefer, um Photovoltaik-Anlagen ohne Genehmigung errichten zu können. Die Zahl der Photovoltaik-Dachanlagen will Niederösterreich durch die Regelung bis 2030 verdoppeln.
Doch nur Dachanlagen allein werden nicht erreichen, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. „Jetzt haben wir auch eine strenge, aber schnelle Zonierung für Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen vorgelegt,“ erklärte Pernkopf weiter. Die Solarparks sollen demnach „in klar definierten Zonen“ installiert werden. Ausgeschlossen für die Solarstrom-Erzeugung seien etwa Naturschutzgebiete, die hochwertigsten Böden oder Hochwasserabflussbereiche. Als Eignungskriterien sind schon beanspruchte Flächen wie Deponien, Kläranlagen, Straßenrandflächen und dergleichen im Umfeld von Umspannwerken herangezogen worden.
Insgesamt sind 138 Zonen vorgesehen. Auf 1288 Hektar könnten somit Photovoltaik-Freiflächenanlagen realisiert werden. In diesen Zonen können von den Gemeinden konkrete Flächen bis maximal fünf Hektar gewidmet werden. Bei Vorlage eines Ökologiekonzeptes sind bis maximal zehn Hektar möglich. In der Praxis rechnet man mit rund 1000 Hektar Photovoltaik-Flächen, das entspricht rund 0,05 Prozent der gesamten Landesfläche, wie es weiter hieß.
Das Verfahren sieht vor, dass der Zonenplan nun als Sektorales Raumordnungsprogramm acht Wochen in Begutachtung geht. Danach würden eventuell auf Basis der Stellungsnahmen Änderungen eingearbeitet. Im Herbst solle das Sektorale Raumordnungsprogramm dann von der Landesregierung beschlossen werden.
„Das Land Niederösterreich hat hier ein sehr kluges Konzept und eine kluge Herangehensweise gewählt“, kommentierte Johannes Pressl, Präsident des NÖ Gemeindebundes. „Die Gemeinden sind wichtige Partner bei der Energiewende und gestalten diese auch mit. Gemeinsam können wir die gesetzten Klimaziele nach klaren Regeln in ganz Niederösterreich umsetzen.“ Der Gemeindebund wolle vor allem darauf achten, dass möglichst viele Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit Bürgerbeteiligung umgesetzt würden.
Auch der Geschäftsführer der Energie- und Umweltagentur in Niederösterreich, Herbert Greisberger, begrüßte das Vorgehen. „Wir merken ein riesiges Interesse, sich an der Energiewende zu beteiligen. Mit der PV-Zonierung wählt das Land nun einen Weg, der den harmonischen Ausbau der erneuerbaren Energie und des Landschaftsschutzes vereint und klug lenkt.“ Mit Novellen in den nächsten Jahren sei zudem die Ausweisung weiterer Zonen „prinzipiell möglich“, so Greisberger. Zunächst sollten jedoch die ausgewählten Zonen sowie bestehende Dächer und Parkplätze für den weiteren Photovoltaik-Ausbau genutzt werden.
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Die Lebensmittelversorgung wird vor allem dann gesichert,wenn wir es noch schaffen den Kampf gegen den Klimawandel noch zu gewinnen und jetzt beherzt auf viel günstigen Solarstrom setzen.
Eine Konkurenz zur Nahrungsmittelproduktion ist schlicht unmöglich.
Es gibt auf der Welt ca. 5 Milliarden Hektar Landwirtschaftliche Nutzflächen.
In den 8 Jahren bis 2030 werden schätzungsweise 2400 GW Solarmodule hergestellt.
Wenn man bis 2030 sämtliche Solarmodule die auf dieser Welt hergestellt werden für Solarparks nutzen würde, wäre das ein Flächenbedarf in Höhe von 2,4 Millionen Hektar.
Somit würden weniger als 0,1 % der Landwirtschaftlichen Nutzflächen verlohren gehen.
Das Zonierungskonzept in Österreich finde ich auf den schnellen Blick gut. Auch gut, dass Solarparks mit Ökologiekonzept (Biodiv-Solarpark) doppelt so groß sein dürfen.
Mein Vorschlag für Deutschland: In jeder Kommune bzw. evtl. in jedem Landkreis werden 10-15 % des Agrarlandes für Biodiv-Solarparks zoniert. Die Flächenauswahl erfolgt nach naturschutzfachlichen Kriterien: Zuvorderst sollte ein Biodiv-Solarpark als sogenanntes Trittstein-Biotop die vorhandenen Naturräume möglichst gut vernetzen. Abhängig von der vorhandenen Agrarstruktur sollte ein Biodiv-Solarparks eine Fläche von 10-100 Hektar haben können. Das bedeutet im Nordosten Deutschlands eher 100 Hektar, im Südwesten Deutschlands eher 10 Hektar.
Biodiv-Solarparks sollten weiterhin als landwirtschaftliche Betriebsfläche gelten. Das hätte u.a. den Vorteil, dass Landwirte einer Kommune / eines Landkreises als Kooperative ihre Agrarumweltmaßnahmen dort bündeln könnten. Mit Kooperativ meine ich ein Modell, wie es in den Niederlanden schon seit Jahren praktiziert wird und wie es die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) auch empfiehlt.
Quellen:
ZKL Empfehlung, Seite 88:
https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/abschlussbericht-zukunftskommission-landwirtschaft.pdf?__blob=publicationFile&v=15 ,
Beispiel Niederlande: Zur effektiven Gestaltung der Agrarumwelt- und Klimaschutzpolitik im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (Sonderheft 227, Juli 2019), Kapitel 3.6 in
https://buel.bmel.de/index.php/buel/article/view/250-2153-1-SM.pdf/pdf