Die EU-Kommission hat beihilferechtlich grünes Licht für 41 Großprojekte im Bereich Wasserstoff gegeben. Mit dabei sind auch vier erste Vorhaben aus Deutschland. Sie alle sind als „IPCEI Wasserstoff“ (Important Project of Common European Interest) klassifiziert und damit von besonderer strategischer Bedeutung für die EU. Damit ist der Weg frei für den Bund, diese Projekte finanziell zu unterstützen.
So kann das Bundeswirtschaftsministerium jetzt Bosch bei der Entwicklung stationärer Brennstoffzellen-Systeme auf Festoxid-Basis fördern. Der Konzern will in dem Projekt letzte Forschungs- und Entwicklungsschritte auf dem Weg zur Serienfertigung gehen. Das Projekt soll an Bosch-Standorten in Baden-Württemberg, Bayern und im Saarland realisiert werden. Zudem darf das Ministerium nun Sunfire dabei unterstützen, Elektrolyseure der Alkali- (AEL) und der Hochtemperatur-Technologie (SOEC) in die Serienfertigung zu bringen. Das soll den breiten Einsatz der Technologien ermöglichen. Gleichzeitig soll die Produktion als Blaupause für die zukünftige europäische Serienproduktion dienen.
Das Bundesverkehrsministerium wiederum kann jetzt das Projekt „Pegasus“ der Daimler Truck AG fördern. Es zielt darauf, mit auf Brennstoffzellen basierenden Antriebssträngen von Zugmaschinen/Anhänger-Kombinationen den grenzüberschreitenden Güterverkehr auf dem Landweg zu dekarbonisieren und gleichzeitig die wichtigsten Leistungskriterien sowie die Flexibilität der Zugmaschinen beizubehalten. Die Praktikabilität, Zuverlässigkeit und technische Reife dieser neuen Antriebe soll auf mehreren großen Logistikrouten in Zentraleuropa getestet werden.
Auch für Projekt „NextGen HD Stack“ von EKPO Fuel Cell Technologies darf das Ministerium jetzt Mittel bereit stellen. In diesem Projekt will das Unternehmen eine neue Generation von Brennstoffzellen-Stackmodulen entwickeln und deren Kommerzialisierung vorantreiben. Zudem soll auch der CO2-Fußabdruck der Produktion deutlich reduziert werden. Die Haupteinsatzbereiche der neuen Stack-Technologie sind neben Nutzfahrzeugen auch Busse, Schiffs- und Bahnanwendungen sowie die stationäre Stromerzeugung.
Genehmigung von Industrieprojekten soll im Herbst folgen
Das IPCEI Wasserstoff ist ein europäisches Projekt, an dem insgesamt 24 Mitgliedstaaten und Norwegen beteiligt sind. In Deutschland stehen hier in Summe über acht Milliarden Euro an Fördermitteln zur Verfügung, bereitgestellt durch Bund und Länder.
Als erste sogenannte „Wellen“ haben die Mitgliedsländer die Technologiewelle und die Industriewelle mit der Europäischen Kommission diskutiert und entwickelt. Die jetzt erteilte Genehmigung betrifft die Technologiewelle. Sie zielt auf Technologien zur Erzeugung, zum Transport und zum Einsatz von Wasserstoff insbesondere im Mobilitätssektor. Alle Projekte gehen über den aktuellen Stand der Technik hinaus.
Die Genehmigung der Industrieprojekte wird für Herbst 2022 erwartet; im Anschluss können die Förderbescheide ausgestellt werden. Von hoher Bedeutung für Deutschland ist auch eine dritte Infrastrukturwelle, für die bereits Vorschläge bei der Europäischen Kommission eingereicht wurden. Eine vierte Welle zu Mobilitätsanwendungen ist in Arbeit.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht in der EU-Entscheidung einen großen Schritt auf dem Weg zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland. „Mich freut ganz besonders, dass wir diesen wichtigen Schritt gemeinsam mit den anderen beteiligten Staaten gehen können. Die Projekte sind bedeutsam für ganz Europa“, sagt Habeck. Er weist jedoch darauf hin, dass weitere Projekte aus den Bereichen Industrie, Erzeugung, Infrastruktur und Mobilität in den Startlöchern stehen und noch genehmigt werden müssen, um eine echte Wasserstoffwirtschaft entwickeln zu können.
„Mit der IPCEI-Förderung bieten wir deutschen Unternehmen erstmals die Chance, grenzüberschreitende Projekte mit europäischen Partnern im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie umzusetzen“, sagt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). „Damit stärken wir in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit die Innovationsfähigkeit und globale Wettbewerbsfähigkeit – und schaffen neue Arbeitsplätze in Deutschland.“
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
IPCEI-Wasserstoff klingt gut. Nur scheint mit dabei vergessen zu werden, dass wir noch dringender ein IPCEI Photovoltaik benötigen – will sagen: Solarindustrie in Europa, um das notwendige Tempo beim Ausbau der Photovoltaik in Europa zu schaffen. Schon ohne grünen Strom ist Wasserstoff als Energiespeichermedium eine mehr oder wenig große Energieverschwendung. Das bleibt es natürlich auch bei ausreichend Wind- und Sonnenstrom. War das nicht der alte Altmaier, der die Wasserstoffkiste angeschoben hat? Mir scheint, Wasserstoff ist nichts Gutes für eine dezentrale Energiewende, sondern spielt der fossil-atomaren Stromlobby in die Karten. Übrigens bedarf es parallel zum IPCEI Solarindustrie noch eines IPCEI Stromspeicherung. Über Wasserstoff könnte man in 10 Jahren noch mal nachdenken, denke ich…
Hallo Ralf, ganz so drastisch würde ich es nicht ausdrücken, aber ich teile Ihre Bedenken.
Es wurden beim Wasserstoff bislang etliche Halbwahrheiten in die Diskussion gedrückt:
– Gas wurde und als Übergangstechnologie zum dann letztendlich siegreichen Wasserstoff angepriesen!
– Wasserstoffgewinnung setzt einen kontinuierlichen Betrieb vorraus und ist nicht, wie so oft erwähnt, nur durch „Überflußstrom“ abseits des aktuellen Energiebedarfes zu gewinnen.
Die Wasserstoffproduktion ist nicht universell einsetzbar und leider auch stark verlustbehaftet und setzt sehr kluge Auslegung der Anlagenkompnenten voraus.
Die Anwendung von Wasserstoff wurde bislang für den kl. Personalverkehr in PKW´s nicht sonderlich beführwortet.
– Fahrzeugindustrie meinte: ist nur sinnvoll bei schwerem Lastverkehr oder Schifffahrt.
– Flugzeugindustrie befürwortet deren Einsatz, da das Brennstoffgewicht sehr gering sei.
– Ehemals geäußerte Gedanken der Verbände der Gebäudebeheizung meinten ehemals, es sei möglich durch schleichenden Einsatz von Wasserstoff in das bestehende Gasnetzt einen lautlosen Übergang für die Gebäudebeheizung zu erreichen zu können.
Stromindustrie bringt Wasserstoff immerwieder als oportunes Speichermediung für die Regelenergie in die Diskussion, ohne Ross und Reiter für die Regelalgoritmen und deren Bepreisung aus zu führen.
Bei all den Informationen bedaure ich, dass es keinerlei gesicherte Werte über einen realistischen Preiskorridor für Wasserstoff in 2023, 2024 etc geäußert wird.
Ebenso vermisse ich, von Fachverbänden die klare Aussage, in welchen Bereichen zukünftig der Einsatz von Wasserstoff sinnvoll erscheint und beabsichtigt wird.
Die Freigabe von Zuschüssen durch die EU führt im Moment zwar zu einen eher wildem Forschungshipe, jedoch verschwimmt mit der Mittelfreigabe der EU die zwingend erforderliche Zielfokussierung der Beteiligten. Giebt es hier keinerlei wissentschaftliche Begleitung und Beratung durch die anerkannten Größen der Universitäten.
Und nicht zu vergessen:im Physikunterricht wurde uns immer wieder eingebläut, daß Wasserstoff im warsten Sinne des Wortes ein Knallgas ist! Obacht!