Sonne und Wind können mittlerweile dafür sorgen, dass Photovoltaik- und Windkraftanlagen die dominierenden Stromerzeugungsquellen in Deutschland sind. Wechselrichter mit netzbildenden Eigenschaften zur Spannungs- und Frequenzregulierung können aber selbst dann für einen stabilen Netzbetrieb sorgen. Dies ist das Kernergebnis des Verbundforschungsprojekts „Netzregelung 2.0“. Ferner evaluierten die Partner – zu denen neben Hersteller SMA das koordinierende Fraunhofer IEE, die TU Braunschweig und die Universität Kassel gehörten – welche Regelungsverfahren und Netzanschlussregelung künftig für Photovoltaik-, Windkraftanlagen und Batteriespeicher erforderlich sind, wie es am Dienstag hieß.
Die Ergebnisse seien zum Abschluss mit Vertretern der Übertragungsnetzbetreiber, Fachverbänden sowie Experten aus Industrie und Wissenschaft diskutiert worden. „In diesem Projekt konnten wir die netzbildenden Fähigkeiten der SMA Batterie-Wechselrichtersysteme für große Photovoltaik-/ Batterie-Kraftwerke erneut erfolgreich unter Beweis stellen und im Hinblick auf die Bedarfe großer, öffentlicher Verbundnetze weiterentwickeln“, kommentierte Andreas Knobloch, Systemarchitekt im Bereich Energy Systems bei SMA und Leiter des SMA Teilprojekts. „Eine Erkenntnis ist aber auch, dass es dringend neuer Regelungsverfahren bedarf, um die Integration dezentraler Energieerzeuger in den Systembetrieb voranzutreiben und für die Betreiber auch kommerziell attraktiver zu gestalten.“ Dafür müssten die technischen und ökonomischen Rahmenbedingungen durch die verantwortlichen Institutionen, Regulierungsbehörden und Netzbetreiber abgesteckt werden. Knobloch forderte zudem eine internationale Harmonisierung der Regeln, damit die Lösungen künftig weltweit einsetzbar seien und die Kosten reduziert werden könnten.
Das Bundeswirtschaftsministerium förderte das Forschungsprojekt mit insgesamt neun Millionen Euro. Es ist darauf ausgerichtet, in Zukunft die Anforderungen für die Einhaltung von Frequenz und Spannung im Stromnetz nicht mehr vor allem durch die Synchrongeneratoren von Großkraftwerken erfüllen zu müssen. Diese sollen sukzessive durch Erneuerbaren-Anlagen, vor allem Photovoltaik- und Windkraftanlagen ersetzt werden. Daher sollte untersucht werden, unter welchen Bedingungen auch bei sehr hoher Einspeisung von Ökostrom die Wechselrichter einen sicheren und stabilen Netzbetrieb gewährleisten könnten.
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Wow, ich hätte auch gerne ein paar Millionen um zu erforschen ob sich der Strom von Plus nach Minus bewegt.
Aber mal Spaß beseite: mich würde der technische Aspekt interessieren, womit sie das bewerkstelligen. Die Steuerboxen, welche am smarten Meter hängen sollen, wie ich sie kenne, haben nur vier Ausgänge ( Relaiskontakte ). Dazu hätte ich gerne mal mehr Hintergrundinformation.
Moin! Eigentlich ganz einfach. Der Wechselrichter „sieht“, also misst, ohnehin laufend zwei Größen, nämlich Netzspannung und Netzfrequenz. Erstere ist ein sehr lokaler, also an jedem Punkt im Netz (belastungs- und netztopologieabhängig) unterschiedlicher Parameter (wie der Druck im Wassernetz), zweitere ist ein globaler Parameter der zu einem Zeitpunkt im ganzen Verbundnetz praktisch gleich ist. Ja, und dann tut die Leistungselektronik des Wechselrichters grundsätzlich mal nicht viel anderes als (Wirk- und/oder Blind-) Strom ins Netz zu schieben. Und dieses Einspeiseverhalten kann man einer Steuerung unterwerfen die auf Spannung und/oder Frequenz „hört“. Beispiele: Netzspannung geht runter und der Wechselrichter fährt (mehr) kapazitiven Blindstrom ins Netz um die Spannung zu stützen. Oder, Netzfrequenz geht rauf und der Wechselrichter reduziert seine Wirkleistung, also seine Wirkstromeinspeisung. Dazu braucht es im einfachsten Fall keine Steuerboxen oder Zusatzhardware. Das geht out of the box, sofern es die Hardware kann und die Regelungslogik in der Software abgebildet ist. Beides ist üblicherweise Standard und mit keinen geräteseitigen Mehrkosten verbunden.
Man kann das Ganze natürlich noch beliebig verfeinern und beforschen. Zum Beispiel kann man die Regelung schneller machen (oben hatte ich so ungefähr den Sekundenbereich im Auge), also im Bereich der Sinushalbwelle (10 ms und kleiner). Oder man kann den Wechselrichter ertüchtigen, besonders viel Strom in ganz kurzer Zeit ins Netz zu schieben (oder vom Netz zu beziehen und temporär in seinen DC-Zwischenkreis zu fahren), vielleicht sogar ein Vielfaches seines Nennstroms. Sowas kann die Hardware meistens nicht mehr out of the box. Und das kostet dann auch mehr.
Insgesamt helfen solche Regelungen entweder bei der (lokalen bis regionalen) Spannungshaltung und/oder bei der „globalen“ Frequenzhaltung. Für letztere spielen die (noch) am Netz hängenden rotierenden Maschinen (Synchrongeneratoren, oder auch -motoren) mit ihrer Schwungmasse (Massenträgheit) eine stabilisierende Rolle (die können das out of the box). Da Kraftwerke mit großen Synchrongeneratoren (Kohle, Gas, Atom,…) weniger in Betrieb sind, müssen ihre stabilisierenden Eigenschaften (Trägheit, Kurzschlussleistung,…) mittelfristig irgendwie nachgebildet werden. Und das geht eben mit der Leistungselektronik der neuen/erneuerbaren Erzeugungsanlagen (PV, Wind,…). Ein Stück weit ginge das übrigens auch mit allen leistungselektronischen Verbrauchern (also theoretisch mit jedem PC-Netzteil).
Was man neben dem Schnellermachen der Regelung noch tun kann, ist die Vernetzung einzelner Wechselrichterregelungen mittels Kommunikation. Man kann also viele Anlagen gezielt fernsteuern (Stichwort „virtuelles Kraftwerk“). Das hilft z.B. bei der „globalen“ Ausregelung auf 50 Hz (Sekundärregelung).
Hoffe das bringt ein wenig Licht ins Dunkel. 🙂
Achja, ich hab mal in der Wechselrichterindustrie gearbeitet. Da gabs auch immer wieder größere Mittel der Forschungsförderung. Der Outcome war unterschiedlich. Manchmal wurde mit dem Fördergeld wirklich was Neues erfunden und eingebaut, vielfach wurden aber Entwicklungen gefördert die entweder schon da waren oder auch ohne die Förderung (also für den Markt) umgesetzt worden wären…