Wissenschaftler der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) haben die potenziellen Auswirkungen des massiven Einsatzes von vertikalen, west-östlich ausgerichteten Photovoltaik-Anlagen im deutschen Energiesystem untersucht. Dabei kommen sie zu dem Ergebnis, dass sich solche Anlagen positiv auf die Stabilisierung des Stromnetzes auswirken. Zugleich ermöglichen sie mehr landwirtschaftliche Aktivitäten als herkömmliche Photovoltaik-Freiflächenanlagen.
Die Forscher verwendeten das von der Universität Aalborg in Dänemark entwickelte Modell EnergyPLAN. Es wird üblicherweise genutzt, um den Betrieb nationaler Energiesysteme auf stündlicher Basis zu simulieren, einschließlich der Sektoren Strom, Heizung, Kühlung, Industrie und Verkehr. Das Modell hilft bei der Vorhersage, wie das deutsche Energiesystem mit mehr vertikaler Photovoltaik bis 2030 aussehen könnte.
„Nur zwei Parameter werden systematisch variiert: erstens der Anteil der installierten Leistung der verschiedenen Photovoltaik-Varianten“, so die Wissenschaftler – die darauf hinwiesen, dass sie Solar-Tracker nicht berücksichtigt haben. „Zweitens werden zwei Szenarien betrachtet, in denen entweder ein großflächiger Stromspeicher integriert ist oder nicht“.
Forscher berücksichtigen auf höhere Kosten von vertikaler Agri-Photovoltaik
Für konventionelle Freiflächenanlagen gingen die Forscher von einem Neigungswinkel von 20 Grad und einem durchschnittlichen geschätzten Energieertrag von 1.020 Wattstunden pro Watt Leistung aus. Für die bifazialen, vertikalen, west-östlich ausgerichteten Anlagen nahmen sie einen Bifazialitätsfaktor von 90 Prozent und einen Jahresenergieertrag von 999 Wattstunden pro Watt an, während für vertikale Anlagen mit Nord-Süd-Ausrichtung ein Jahresenergieertrag von 926 Wattstunden pro Watt zugrunde gelegt wurde.
„In unserem Modell steigt der Strombedarf 2030 auf 1.214 Terawattstunden pro Jahr und hängt hauptsächlich von den Annahmen für Energieeinsparung und Brennstoffwechsel ab“, so die Autoren. „Die größten Unsicherheiten bestehen bei der Wärmeversorgung von Gebäuden und der Industrie“.
Sie berücksichtigten auch die höheren Kosten von bifazialen Modulen sowie die Tatsache, dass die installierbare Leistung pro Fläche bei vertikaler Installation aufgrund von Abschattungseffekten geringer ist. Denn schließlich beträgt der Abstand zwischen den Modulreihen in der Regel acht bis zwölf Meter, was wiederum die Kosten für die Verkabelung erhöht. „Die zusätzlichen Kosten für das Land müssen mit der beibehaltenen landwirtschaftlichen Nutzung oder dem Nutzen durch die Förderung der biologischen Vielfalt verrechnet werden“, ergänzen sie.
Mehr Stromertrag bei hoher Nachfrage und im Winter
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass vertikale Photovoltaik-Anlagen den Solarertrag in Stunden mit höherer Stromnachfrage und mehr Stromangebot in den Wintermonaten verlagern können. In der Folge wird auch die solare Abregelung verringert.
„Wenn Stromspeicher mit einer Lade- und Entladeleistung von einem Terawatt und einer Kapazität von einer Terawattstunde in das Energiesystemmodell integriert werden, bringt die Verringerung von Abregelungen CO2-Einsparungen von bis zu 2,1 Millionen Tonnen pro Jahr bei 70 Prozent vertikalen Ost-West- und 30 Prozent schräg nach Süden ausgerichteten Modulen“, so die Wissenschaftler. Zudem ergänzen sie: „Auch wenn es für einige unrealistisch erscheinen mag, einen Anteil von 70 Prozent vertikaler Module zu erreichen, so hat doch auch ein geringerer Anteil eine positive Wirkung.“
Die Forscher haben ihre Ergebnisse unter dem Titel “Integration of vertical solar power plants into a future German energy system“ in der Fachpublikation Smart Energy veröffentlicht. „Die Absicht dieses Artikels ist es keineswegs, vorzuschlagen, alle großen Photovoltaik-Anlagen in Zukunft vertikal zu montieren“, so die Autoren. „Vielmehr wollen wir hier eine neue Möglichkeit aufzeigen. Vertikale Photovoltaik-Anlagen können das gesamte Energiesystem unterstützen.“
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Das ist die einzige Art agri PV sinnvoll einzusetzen. Auch als Weidezaun machen sie in Ost-West-Ausrichtung durchaus Sinn. Es gibt hier schon viele YouTube-Videos aus der Praxis und man erkennt eindeutig, dass die Stromspitzen von der Mittagszeit in die Vormittag- und Nachmittagsstunden verlegt werden. Der Nachteil ist, dass sehr viel Fläche relativ dünn mit Solarmodulen ausgestattet ist. Als das Teil eines Zauns ist es ideal. Aber als Solarpark sind die Flächen von Energiepflanzen preiswerter und besser geeignet.
Agri-PV bezeichnet eigentlich etwas anderes: https://www.agrarheute.com/energie/aepfel-strom-agri-pv-obstplantage-593970. Eine feine Sache, perspektivisch nicht nur für den Obstanbau.
Das kommt auf die Betrachtungsweise an.
Natürlich ist es erstmal billiger, z. B. Mais zu pflanzen als PV Module aufzustellen. Allerdings liegen nicht nur die Kosten auseinander, sondern auch der Stromertrag ist bei PV ca. 20-25 mal so hoch. Zudem fallen diese Kosten nur einmal in ca. 30 Jahren an, während der Mais jedes Jahr neu geplanzt, geerntet, vergast und schließlich verstromt werden muss.
Das ist so aufwändig und teuer, dass es ohne hohe EU Subventionen gar nicht kostendeckend zu betreiben wäre.
Dazu kommen noch die Themen „Pestizide“ und „Bodenverdichtung“, was bei PV ebenso entfällt. Die Austrocknung des Bodens wird durch die teilweise und wandernde Verschattung reduziert.
PV ist eine regelrechte Erholungsphase für gestressten Ackerboden und Kleinlebewesen.
Ich lese und als Agraringenieur und Landwirt staune ich bei diesem Satz: „Die zusätzlichen Kosten für das Land müssen mit der beibehaltenen landwirtschaftlichen Nutzung oder dem Nutzen durch die Förderung der biologischen Vielfalt verrechnet werden“. Das mit dem Nutzen wird nicht gelingen, denn der jährliche Stromertrag je Hektar ist niedriger als bei einem „normalen“ Solarpark mit Südausrichtung. 200-400 Kilowattpeak je Hektar sind halt weniger als 1.000 Kilowattpeak. Ein Nutzen durch biologische Vielfalt wird diesen Minderertrag auch nicht ausgleichen können, da der biologische Nutzen eines „normalen“ Solarparks mindestens genau so hoch ist und zusätzlich erheblich mehr Strom erntet. Der biologische Nutzen eines Biodiv-Solarparks sollte sogar viel höher sein, weil er mehr Kleinklimazonen zur Verfügung stellt, als Ost-West-Solarzaun-Konstruktionen. Fazit: Die zusätzlichen Kosten können nicht erwirtschaftet werden. Also bedarf AGRI-PV besonderer Einspeisetarife, damit sie sich rechnet.
Meine grundsätzliche Meinung zu AGRI-PV bleibt also eher sehr kritisch bis negativ und findet sich hier https://www.pv-magazine.de/2021/06/22/power-to-the-bauer-mit-agri-photovoltaik/
Die sog. „Biodiv-Solarparks“ wurden schon vor 10-15 Jahren vielfach versprochen und haben viele enttäuschte Naturschutzbehörden und -vertreter hinterlassen, weil die Biodiversität nun mal leider keine Zielgröße der Endinvestoren ist und damit im regulären Projektgeschäft nach Erhalt der Genehmigung ganz schnell aus dem Fokus gerät. Ob es für die Branche sinnvoll ist dieses Spiel zu wiederholen sei mal dahingestellt – anderes Thema.
Wir stimmen aber zu, dass weder Biodiversität noch die landwirtschaftliche Weiternutzung stark genug monetarisiert werden können, um Mehrkosten bei der Stromerzeugung zu decken. Vielmehr ist hier die Regulierung gefragt, diese Gemeingüter in Wert zu setzen.
In die Irre führt aber auch der Vergleich der Flächenleistung. Die „zusätzlichen Kosten“ resultieren ja kaum (nur indirekt) aus der geringeren Leistungsdichte bei AgriPV. Sie stellen vielmehr eine spezifische Größe dar, die dann bezogen auf die Anlagenleistung nur in einer Größenordnung von 10% liegen und daher relativ leicht durch höhere Erlöse mindestens ausgeglichen werden können. Die real festgestellten höheren Erträge sind hier ja gar nicht eingerechnet worden, wenngleich in der Veröffentlichung ja auch darauf verwiesen wird dass die Simulation die realen Erträge (auf Grund von Albedoeffekten) deutlich unterschätzt. Klar ist darüber hinaus aber auch, dass der Strommarkt den hier beschriebenen Systemnutzen durch höhere Marktpreise honoriert – auch das ist schon heute real: z.B. im Juni 1,5 ct/kWh über dem Marktwert Solar. Die spezifischen Mehrkosten sind damit mehr als kompensiert.
Hallo next2sun. Warum haben denn die Blühstreifen vor 10 Jahren nicht funktioniert? Weil sich Gemeinden eine Beratung gespart haben und dann Verträge unterschrieben haben die nicht eindeutig waren. Jetzt gibt es Gemeindeberater wie Herrn Schnitzler die auf solche Dinge achten. Heutzutage werden sehr konkrete Vorgaben auch richtig umgesetzt. Es werden für ein GW 1,4 Millionen große Module mit 700 Watt verbaut. 215 GW sollen bis 2030 gebaut werden. Das sind unglaubliche Investitionen. Deswegen wird sich hier die Technik durchsetzen, welche den billigsten Strom produziert. Aus diesem Grund sind auch keinerlei Subventionen notwendig. Die vertikale Ausrichtung der Module wird ein Nischenprodukt bleiben. Die größten Möglichkeiten sehe ich bei Ihrem Produkt im Zaunbau.
Das sind schöne Ergebnisse. Aber ich frage mich, warum man dafür auf die Felder gehen muss. Es gibt in Deutschland prinzipiell genug Fläche die man für PV nutzen kann. Baut doch erstmal Dächer Fassaden, Parkplätze und Lärmschutzwände zu, bevor man sowas mitten ins Feld klatscht.
Das sollte als Leistung eigentlich schon ausreichen. Fassaden und Lärmschutzwände sind auch Vertikal und würden ähnliche Effekte auslösen.
Hallo, sie fragen sich warum man da auf den Acker gehen muss. Sie hätten hier ganz leicht auf eine Antwort kommen können. Da wir die letzten 10 Jahre massiv verschlafen haben muss die Energiewende jetzt sehr schnell gehen. Die Nachfrage nach Photovoltaik auf den privaten Dächern war noch nie so hoch wie jetzt und Wartezeiten von über einem Jahr sind bereits Realität. Und schon haben Sie Ihre Antwort. Solarparks kann man mit dem gleichen Personal viel schneller realisieren und das mit einem Vielfachen der Leistung. Wir müssen den Anbau von Pflanzen für die Energie auf Null zurückfahren, dann sind genug Flächen für Lebensmittel und Futtermittel vorhanden 10% dieser Fläche reichen für PV und Wind locker aus und gleichzeitig kann man noch Blühstreifen und Biotope schaffen. Auch die Böden und das Grundwasser könnten sich erholen. Jetzt regt sich Widerstand gegen den Flächenverbrauch von erneuerbaren Energien. Die 2,5 Millionen Hektar Energiepflanzen für die Öl Multis hat keinen Menschen interessiert. Auf einem Hektar PV erzeugt man die 70-fache Menge an Strom im Vergleich zu Raps oder Mais. Es würde auch noch genug Fläche übrig bleiben um Weizen für arme Länder zu produzieren. Es ist ganz einfach, wir müssen es nur tun.
Schaut euch in der Schweiz um – Lärmschutzwände !!!!
Es gibt mMn in D noch mehr als genug geeignete Flächen für PV (Dächer von Wohnhäusern und gewerblichen Gebäuden etc.) Entlang der Autobahnen könnte man ohne weiteres neben Lärmschutzwänden bundesweit vermutlich zig tausende Kilometer als PV-Wände gestalten. Auch Agri-PV könnte dort Sinn machen, wo es um Kulturen geht, die von einer gewissen Abschattung und Minderung der Verdunstungsmengen sogar profitieren. Unser größtes Problem in D ist meiner Auffassung nach eine vollkommen überbordende Bürokratie, die mit einer über die Jahre stetig gewachsenen Regelungswut jede Initiative etwa in Sachen Bürgerenergie behindert, unsäglich verzögert oder gleich im Keim erstickt hat. Insbesondere unter Herrn Altmeisr schien dieses Vorgehen gezielt und systematisch zur Verhinderung des Ausbaus von Erneuerbaren eingesetzt worden zu sein!