Wie lassen sich die Erneuerbaren-Ausbauziele der Bundesregierung erreichen? Dazu haben die Wissenschaftsakademien Acatech, Leopoldina und Akademieunion im Rahmen der Initiative ESYS („Energiesysteme der Zukunft“) in einer Stellungnahme eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet. Vier Handlungsfelder sehen sie als zentral an: eine Transformation der Planungs- und Genehmigungsprozesse, stärkere und frühzeitigere Bürgerbeteiligung, mehr ausgewiesene Flächen und eine konsequente Ausrichtung des gesamten Energiesystems auf erneuerbare Energien.
So schlagen sie konkret vor, die politisch festgelegten Ausbauziele in der formellen Planung zu verankern und über klare, einheitliche Naturschutzkriterien bundesweit Rechtssicherheit zu schaffen. Das könnte Prozesse beschleunigen und die Anzahl angestrengter Gutachten und Klagen verringern, so die interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppe.
Zudem sehen die Fachleute eine gesetzlich festgelegte Bürgerbeteiligung als Chance, das gestalterische Potenzial der Bevölkerung zu aktivieren. Ellen Matthies, Co-Leiterin der Arbeitsgruppe und Leiterin des Lehrstuhls Umweltpsychologie an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, erläutert: „Aktuell sind Klagen meist der einzige Weg für Bürgerinnen und Bürger, sich in diese Prozesse einzubringen. Transparenz und eine frühzeitige Bürgerbeteiligung ermöglichen es hingegen, dass Menschen ihr unmittelbares Lebensumfeld aktiv mitgestalten und ein tiefes Verständnis der komplexen Anforderungen entwickeln können. Sich mit den Veränderungen positiv identifizieren zu können, darum geht es letztlich.“
„Energiesystem konsequent von den Erneuerbaren aus denken“
Damit Flächenverfügbarkeit nicht zum Flaschenhals für den Ausbau wird, befürwortet die Arbeitsgruppe regulatorische und ökonomische Anpassungen. Als ein Instrument sehen die Experte eine Solarpflicht auf geeigneten Dächern. Dies könnte über stabile wirtschaftliche Anreize unterstützt werden, etwa durch die Erhöhung der Einspeisevergütung oder der Marktprämie. Alternativ oder ergänzend könnte nach Ansicht der Wissenschaftler auch eine Solarplicht auf Neubauten und bei Bestandssanierung zielführend sein. Auch Anlagentypen, die eine Mehrfachnutzung von Flächen erlauben, können zu einer effizienten Raumnutzung beitragen – etwa Agri-Photovoltaik-Anlagen oder die Integration von Anlagen in Fassaden. Bei der Windenergie könne ein gesetzlich verankertes Flächenziel sicherstellen, dass ausreichend Flächen ausgewiesen werden.
Eine weitere Hürde sehen die Expertinnen und Experten darin, dass das Energiesystem noch nicht optimal auf den schwankenden und steigenden Anteil von Wind- und Solarenergie ausgelegt ist. Andreas Bett, Co-Leiter der Arbeitsgruppe und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, skizziert den Handlungsbedarf: „Es werden Speicher und eine angepasste Infrastruktur, aber auch neue ökonomische Rahmenbedingungen nötig sein, um umfänglich auf Strom aus regenerativen Energien umzusteigen. Auch die Kopplung der unterschiedlichen Sektoren des Energiesystems ist zu beachten. Hierfür müssen wir einen Paradigmenwechsel vollziehen, der das System konsequent von den Erneuerbaren aus denkt und auch internationale Kontexte stärker berücksichtigt.“
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