Rund 30 Kilometer südlich von Leipzig erfolgte am Mittwoch der Spatenstich für den das bislang größte Photovoltaik-Kraftwerk in Deutschland, wohl sogar in ganz Europa. Auf rund 500 Hektar zusammenhängender Flächen im ehemaligen Braunkohletagebau „Witznitz II“ sowie 150 Hektar weiteren Ausgleichsflächen soll ein Solarpark mit einer Gesamtleistung von 650 Megawatt entstehen. Noch steht die finale Baugenehmigung aus, dennoch fand sich bereit sein Käufer für die Photovoltaik-Anlage. Signal Iduna und die Finanztochter Hansainvest Real Assets erwarben die Anlage am Hainer See und investierten dafür einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag.
Für die Installation der 1,1 Millionen Solarmodule ist als Projektentwickler und Generalunternehmer Moveon Energy verantwortlich. Die Pläne sehen vor, dass das Photovoltaik-Anlage bis zum zweiten Quartal 2023 ans Netz gebracht wird. 45 der 650 Megawatt verblieben im Eigenbestand, hieß es weiter. Moveon Energy werde auch die Betriebsführung des Solarparks übernehmen. Der Solarstrom soll mittels langfristiger Stromabnahmeverträge (PPAs) industriellen und sonstigen Großabnehmern zur Verfügung gestellt werden.
Der Energiepark „Witznitz“ und damit einhergehend die Errichtung des Photovoltaik-Kraftwerks werde zu einer Revitalisierung der bislang wenig genutzten Fläche führen. Die Schaffung neuer Rad- und Reitwege von jeweils 13 Kilometern und dazugehörigen Ruheplätzen sei geplant und soll die touristische Nutzung der Region unterstützen. Dazu kommen ökologische Aspekte, die bei der Realisierung des Solarparks berücksichtigt werden sollen.
Doch nach dem Willen von Signal Iduna und Moveon Energy soll es nicht nur eine einfache Photovoltaik-Freiflächenanlage bleiben. Auf einer Testfläche von fünf bis zehn Hektar sei im ersten Schritt vorgesehen, die landwirtschaftliche Parallelnutzung unterhalb der Solarmodule zu erproben. Aufgrund der bestehenden Netzinfrastruktur sei zudem die Koppelung von Erneuerbaren-Anlagen mit Elektrolyseuren für die Herstellung von grünem Wasserstoff angedacht. Fest eingeplant sei bereits, einen Wasserstoff-Feststoffspeicher für den Eigenstrombedarf sowie Schnellladestationen für PKW und Fahrräder zu errichten.
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1,1 Millionen Module und daraus 650 GWh Strom sind schon sehr beachtlich. Wir bräuchten aber zehn solche Anlagen im Jahr. Für die Investoren ist das sicherlich ein gutes Geschäft. Mit dieser Energie könnte der ganze private Stromverbrauch für Leipzig bilanziell erzeugt und genutzt werden. Warum planen und verwirklichen große Städte solche Anlagen nicht? Sie müssen doch auch irgendwann etwas grüner werden. Das Ende der Förderung für Pilotprojekte von agri- Photovoltaik wäre auch langsam angebracht. Auch beim Wasserstoff wäre endlich einmal die Erprobung einer größeren Anlage mit Nutzung der Abwärme dringend geboten.
Hallo Ernst,
so sehr ich fuer Abwaermenutzung bin, so sehr bin ich dagegen, dass solche Anlagen in direkter Naehe von Ansiedlungen errichtet werden. Wasserstoff ist kein lustiges Spielzeug und bisher haben wir keine passenden technischen Loesungen und vor allem keine relevanten Standards, um das in grossem Stil umzusetzen. Nicht ohne Grund sind die bisherigen Pilotprojekte in unbewohnten Siedlungen und Gebaeuden durchgefuehrt worden.
Gruener Wasserstoff als Speicherloesung ist derzeit reines Green-Washing. Es braeuchte Anlagen, welche Erzeugungsspitzen aufnehmen. Es baut keine Investor, ohne sich das mit Steuergeldern vergolden zu lassen. Eine solche Anlage, die nur ein paar Stunden im Jahr in Betrieb ist. Und Abwaermenutzung einer gelegentlich genutzten Anlage ist schon voellig aus dem Ruder. Insofern wird dieser „gruene Wasserstoff“ dann entweder direkt oder indirekt mit Kohlestrom erzeugt und ist nicht im Ansatz gruen.
Dafuer haben wir gigantische ungenutzte Speichermoeglichkeiten verteilt in den Haushalten, in denen wir solche Erzeugungsspitzen unterbringen koennten. Aber keine Moeglichkeit, Verbrauchern die Verfuegbarkeit zu signalisieren und schon gar nicht die Moeglichkeit, dieses ueber Preissignale schmackhaft zu machen.
Ich koennte jederzeit meinen Waermespeicher laden, ganz besonders im Sommer, wenn die Speichertemperatur sehr niedrig gehalten wird. Meine Nachbarn ebenfalls. WIndparks gibt es rund umher, damit faellt die Notwendigkeit flach, diese Spitzen ueber lange Strecken und durch Engpaesse transportieren zu muessen. Rund um abgeschaltete Windraeder gibt es Haushalte, die diese Energie liebend gerne aufnehmen wuerden. Anstatt diese Energie zu bezahlen und nicht zu erhalten und dann spaeter Kohlestrom noch einmal zu bezahlen und dann auch zu erhalten.
Da wir meilenweit von Vollversorgung der Netze entfernt sind, ist jede dedizierte Nutzung des Stroms fuer Wasserstoff eine Verschwendung. Ich bin fuer Testprojekte, irgendwo muessen relevante Standards ja erarbeitet werden. Abwaermenutzung fuer die nahegelegenen Arbeitsstaetten, gerne. Aber das schliesst „groessere Anlage“ von vornherein nahezu voellig aus.
Und von klassischem „Investment“ kann man auf absehbare Zeit nicht reden, solche Anlagen werden auch mittelfristig noch massiv gestuetzt werden muessen. Immerhin koennte man Stuetzungen vom Erdas dafuer umleiten, dann wuerde das wenigstens der Fossilindustrie Mittel entziehen. Allerdings wird es massiv strategische Investments geben, welche liebevoll die Stuetzungen aufnehmen und mit Unmengen an blauem Wasserstoff die Erzeugungsluecken fuellen.
Genaugenommen wird „gruener“ Wasserstoff als Feigenblatt herhalten. Dass wir dadurch unsere Abhaengigkeit von Erdgas potenzieren, wird nicht von Jedem als negativ wahrgenommen und Plaene, die Erdgasfoerderung zu erhoehen, werden weltweit mit nie dagewesenen Finanzmitteln ausgestattet. „Positiv“ ist auch noch zu vermerken, dass die gigantischen Offshoreanlagen zur Versorgung von Raffinerien etc. immense Resourcen schlucken und eine Energiewende stark verzoegern und nebenbei die Preise von Brennstoffen reduzieren und den Durchsatz erhoehen.
Dirk Schiller schreibt.
Gruener Wasserstoff als Speicherloesung ist derzeit reines Green-Washing.
@ Dirk.
Das Green-Washing wird sogar noch gesetzlich gefördert.
Schauen Sie mal hier unter Auswirkungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmechanismusverordnung
Bis 2009 hatten erneuerbare Energien sowohl einen Einspeisevorrang als auch einen Verbrauchsvorrang. Wurde viel regenerativer Strom ins Netz eingespeist, mussten konventionelle Kraftwerke abgeschaltet werden, damit der Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland verbraucht wurde. Mit der Reform wurde der Verbrauchsvorrang aufgehoben, was einen starken Anstieg der Kohlestromproduktion zur Folge hatte, da diese nun bei starker Einspeisung erneuerbarer Energien nicht mehr notwendigerweise gedrosselt werden musste. Der nun in großem Maße zusätzlich produzierte Strom konnte stattdessen in andere Staaten exportiert werden. Zitat Ende.
Solange Kohlekraftwerke wieder unbeschadet drauf los produzieren dürfen, kann es physikalisch nur Kohlestrom sein, der das als Überschuss anfällt, und somit das Green-Washing auslöst.
Dazu kommt die Solarpflicht für alle Dächer, die diesen grünen Anstrich noch forciert.
Schauen Sie mal den folgende Link, da meint es einer zwar gut, wenn er den dezentralen Einspeisern finanziell entgegen kommt, um der Industrie billigen Strom zur Verfügung zu stellen, berücksichtigt aber auch nicht die gegenwärtige Gesetzeslage, die daraus Green-Washing macht.
https://www.pv-magazine.de/2021/02/19/im-gespraech-mit-philipp-schroeder-industriestrom-mit-erneuerbaren-energien-billig-machen/
Zitat:… Wir stärken damit das Handwerk und den Mittelstand und auch die Industrie der Zukunft wird auf den CO2-Foodprint und auf den Strompreis gucken, wie die Ansiedlung von Tesla in Berlin-Brandenburg schon heute zeigt. Und wenn die Anlagen ausgefördert sind, haben wir den fortgesetzten Effekt auch an der Börse, weil eine Photovoltaik-Anlage nach der Förderung wahrscheinlich noch zehn, zwanzig Jahre und länger existieren kann, mit relativ geringen Aufwendungen in der Wartung. Auch beim Wind wird es so sein, dass selbst Anlagen, die ins Repowering gehen, mit wesentlich günstigeren Preisen wieder an den Markt gehen können, wenn es eine gute Fläche ist. Diesen Effekt wollen wir langfristig fortschreiben. Also am Ende wollen wir der Volkswirtschaft sofort den Vorteil verfügbar machen, dass Wind und Strom keine Rechnung stellen.Zitat Ende.
Er hat recht, Sonne und Wind schicken keine Rechnung, aber nach der gegenwärtigen Gesetzeslage schlägt dieser Vorteil nicht im Sinne der Energiewende zu Buche..
In Sachsen ist es immer noch keine Pflicht, Dächer von Gebäuden, Neubau und Sanierung, egal ob Gewerbe (z. B. Supermarkt), privat oder öffentliche (Kindergarten, Schule, Rathaus etc.) mit einer Solartherme / Photovoltaik Anlage auszustatten. Man denke sich Mal aus, auf welche m2 Anzahl man da allein in Leipzig käme… Trotzdem ein interessantes Projekt.
Da kann ich Dirk Schiller nur zustimmen.
Wenn dann noch die ganzen E Autos, die ja meistens nur rumstehen in das Netz integriert werden, Stichwort VTG oder mindestens VTH hätte man eine Speichermöglichkeit.
Das wäre einfacher und effektiver wie die Wasserstofftechnik.
Ich frage mich, wer hier die Bremser sind?
Batterien, ob jetzt in Autos, oder stationär, decken einen ganz anderen Bedarf ab: Den kurzfristigen Ausgleich im Laufe des Tages. Batterien sind für die Langzeitspeicherung zu teuer. Da die Batterien schnell altern, müssen sie in ihrer Lebenszeit möglichst oft, mindestens täglich be- und entladen werden, um wirtschaftlich betrieben werden zu können. Wasserstoff kann hingegen mehrere Wochen eingespeichert werden, und dann wieder mehrere Wochen entnommen werden, ohne dass das seine Nutzung wesentlich verteuert. Er ist also für die Langzeitspeicherung und insbesondere zur Überbrückung der berüchtigten „Dunkelflaute“ unverzichtbar.
Bei der Planung von Elektrolyseanlagen darf man nicht von dem heutigen Strommix ausgehen: Der wird sich innerhalb weniger Jahre ändern, da der Ausbau von PV und Wind sehr rasch zu hohen Kapazitäten führen wird. Dann werden es nicht nur wenige Stunden im Jahr sein, an denen mehr Strom als unmittelbar zu verbrauchen zur Verfügung steht, sondern ein signifikanter Prozentsatz des Jahres. Wenn dann noch keine Elektrolyseanlagen aufgebaut sind, um diesen Strom aufzunehmen, wird das Geschrei auch groß sein. Tatsächlich sind wir schon mehrere Jahre im Verzug mit dem Aufbau entsprechender Installationskapazitäten. Wenn uns die demographische Keule mit dem Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Arbeitsleben voll erwischt hat, wird es zu spät sein.
@ Dirk Schiller. Ich kann mich noch gut erinnern, als die ersten Haushalte mit Gas versorgt wurden. Die Öllobby hat kriegsähnliche Zustände prophezeit. Mit jeder Energie sollte man vorsichtig umgehen. Dieser Solarpark ist 35 km von der Stadt entfernt, dass sollte genügen. Wasserstoff und die Produkte daraus sind der einzige Langzeitspeicher welchen wir haben und wir werden diese Energieform massiv nutzen. Warum sollte ihn ein paar Jahren grüner Wasserstoff nicht billiger sein als andersfarbiger? Die Stahlindustrie wird massiv grünen Wasserstoff gebrauchen. Auch bei BASF ist das preiswerte Gas aus Russland Geschichte. Der Druck aus der Direktleitung wird irgendwann weg sein. Arbeitsplätze abbauen auslagern oder massiv grünen Wasserstoff nutzen sind die einzigen Alternativen. Stromspitzen zur Wasserstofferzeugung ist Blödsinn. Diese muss man mit Akkus z.B von E-Autos puffern. Warum können bei so einem Projekt 50 MW nicht das komplette Jahr für die Wasserstofferzeugung genutzt werden? Wir brauchen halt ein paar politische Vorgaben. Wenn erneuerbare Energien vorrangig verbraucht werden müssen, dann wird auch unser Netz sehr schnell grün werden. Dadurch könnte man das Netz noch viel stabiler halten, denn dann ist es egal ob der grüne Strom von Sonne und Wind oder aus dem Netz kommt. Was jetzt noch unmöglich scheint ist in 10 Jahren vielleicht gang und gäbe.
Sehr interessante und fundierte Kommentare hier. Kennt man sonst gar nicht von woanders 😉
Das kommt daher, dass das hier, wie der Name auch sagt, ein Fachforum ist. Anderswo wird oft unwidersprochen nur Frust abgelassen.
Hier haben „Trolle“ keine Chance, wie sich schon gezeigt hat.