Lohnsteuerhilfe ade: Photovoltaik als Pflichtfall für den Steuerberater?

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Viele Steuerpflichtige erstellen ihre Steuererklärungen selbst. Wem das zu kompliziert oder zu mühsam ist, der hat die Wahl zwischen Steuerberatern oder Lohnsteuerhilfe­vereinen. Steuerberater sind für einfache Gehaltsbezieher vergleichsweise kostspielig, deshalb nutzen viele Arbeitnehmer die Unterstützung eines Lohnsteuerhilfevereins. Diese arbeiten als Selbsthilfeeinrichtungen nicht gewinnorientiert und beraten nur in einem gesetzlich begrenzten Umfang.

Steuerberatung auf Selbsthilfebasis

Im Rahmen einer Mitgliedschaft erstellen sie die Einkommensteuererklärung vor allem für Arbeitnehmer, Beamte, Auszubildende, Studierende und Rentner. Lohnsteuerhilfevereine dürfen insbesondere dann nicht mehr beraten, wenn steuer­pflichtige Personen Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb haben. Das trifft beispielsweise auch auf die Betreiber einer Photovoltaik-Anlage zu, wenn sie eine Vergütung für den ins Netz eingespeisten Strom erhalten.

Um „Einkünfte“ im Sinn des Einkommensteuerrechts handelt es sich üblicherweise nur dann, wenn sich aus der gewerblichen Tätigkeit ein zu versteuernder Gewinn ergibt. Das ist bei neuen kleinen Photovoltaik-Anlagen in der Regel nicht mehr der Fall. Das Bundesfinanzministerium geht seit 2021 sogar pauschal davon aus, dass Anlagen bis 10,0 Kilowatt keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen, sondern als Liebhaberei einzustufen sind.

Photovoltaik als Gewerbebetrieb

Doch leider führt dies nicht dazu, dass die Lohnsteuerhilfe wieder ins Spiel kommt. Die Tatsache, dass eine Einspeisevergütung umsatzsteuerpflichtige Einnahmen darstellt, führt ebenfalls zum Beratungs­ausschluss, selbst wenn der Anlagenbetreiber die Kleinunternehmerregelung wählt und damit gar keine Umsatzsteuer einnimmt und abführt.

Das Bundesfinanzministerium bestätigt diese Rechtslage auf Anfrage wie folgt:

„Bei Photovoltaik-Anlagen auf zu eigenen Wohn­zwecken genutzten Wohnimmobilien besteht nach § 4 Nummer 11 Satz 1 Buchstabe b StBerG (Steuerberatungsgesetz) keine Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen, sofern durch den Anlagenbetreiber Umsätze ausgeführt werden.

Wird durch eine Photovoltaik-Anlage selbst erzeugter Strom (teilweise) in das Stromnetz eingespeist, liegen unabhängig von der ertragsteuerlichen Qualifizierung (ob mit oder ohne Gewinnerzielung, die Redaktion) umsatzsteuerbare und -pflichtige Umsätze vor.

Auch eine mögliche Anwendung der Kleinunternehmerregelung führt zu keiner Änderung der grundsätzlichen Umsatzsteuerpflicht; die geschuldete Umsatzsteuer wird von Kleinunternehmern nur nicht erhoben. In diesen Fällen besteht für den gesamten Veranlagungsfall keine Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zur Hilfeleistung in Steuer­sachen. Eine Mandatsteilung oder die Erteilung eines Teilmandats ist nicht möglich.“

Demnach ist auch das nicht zulässig, was einige Mandanten von Lohnsteuerhilfevereinen gelegentlich in Unkenntnis der Rechtslage schon praktiziert hatten, nämlich dass die Lohnsteuerhilfe die Steuererklärung soweit zulässig vorbereitet und der Steuerpflichtige die Angaben zur Photovoltaik-Anlage selbst ergänzt.

Praktisch bleibt nur die Möglichkeit, die Steuererklärung künftig selbst zu erstellen oder einen Steuerberater zu beauftragen. Das wird dann aber oft nicht nur deutlich teurer als bei der Lohnsteuerhilfe, sondern kann sogar mehr Kosten verursachen, als die Photovoltaik-Anlage an Einspeisevergütung bringt.

Steuerberater kostet Einspeisevergütung

Das Verbraucherportal Finanztip hat ermittelt, dass bei einem Jahresbruttoeinkommen von 40.000 Euro ein typischer Lohnsteuerhilfeverein etwa 125 Euro für die Jahresmitgliedschaft verlangt, während die Steuererklärung beim Steuerberater etwa 330 Euro kostet – zuzüglich Honorare für Beratungsstunden, falls diese in Anspruch genommen werden. Den steuerlichen Mehrkosten steht beispielsweise die jährliche Einspeisevergütung von 196 Euro gegenüber, wenn eine Photovoltaik-Anlage mit zehn Kilowatt bei aktuellem Vergütungssatz ein knappes Drittel der erzeugten Strommenge ins Netz einspeist.

Da wäre die Alternative, auf die Einspeisevergütung zu verzichten und den Strom trotzdem ins Netz einzuspeisen, finanziell günstiger. Das verschlechtert jedoch die Wirtschaftlichkeit der Investition in die Energiewende und das kann vom Gesetzgeber ganz sicher so nicht gewollt worden sein.

Regelungslücke schließen

Deshalb wäre dieser dringend gefordert, die bisher übersehene Regelungslücke zu schließen: Nämlich, dass Photo­voltaik-Anlagen, betrieben von Arbeitnehmern auf ihrem Privathaus, keine Gewerbebetriebe sind, wie sie der Gesetzgeber mit seinem Beratungsausschluss der Lohnsteuerhilfevereine für Gewerbe­treibende im Steuerberatungsgesetz gemeint hat.

Der Bundesrat hat den Gesetzgeber bereits mehrfach dazu aufgefordert, für kleine Photovoltaik-Anlagen eine Steuerbefreiung im Einkommensteuerrecht zu schaffen, um unnötige Bürokratie und Investitionshemmnisse im Bereich der überwiegend privat genutzten Photovoltaik-Anlagen zu beseitigen. Hilfsweise wurde diese Forderung durch ein BMF-Schreiben umgesetzt („Verwaltungsvereinfachung zur Liebhaberei“, 29.10.2021), das jedoch keine Rechtssicherheit schafft und immer neue Anwendungsfragen aufwirft.

Es löst außerdem nicht das oben beschriebene Problem, dass private Betreiber von Photovoltaik-Anlagen aus umsatzsteuerrechtlichen Gründen nicht mehr steuerlich von Lohnsteuer­hilfevereinen beraten werden.

Vorschlag an den Gesetzgeber

Ein sinnvoller Vorschlag wäre also, die verwaltungsvereinfachende Steuerbefreiung für kleine Photovoltaik-Anlagen bis zur EU-rechtlichen Grenze der kleinen Prosumer von 30 Kilowatt Anlagenleistung ins Einkommensteuergesetz aufzunehmen. Bei diesen Anlagen liegt in der Regel keine steuerrechtliche Gewinnerzielungsabsicht mehr vor.

In § 3 EStG würde dazu nach Nummer 71 die folgende Nummer 72 angefügt:

„72. die Einnahmen aus dem Betrieb von Solaranlagen im Sinne des § 3 Nummer 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die ausschließlich auf der Erzeugung und Vermarktung von Strom aus einer auf, an oder in einem Gebäude angebrachten nach dem (Datum) errichteten Solaranlage bis zu einer installierten Leistung von 30 Kilowattpeak (kWp) beruhen.“

Das Steuerberatungsgesetz wird um den Verweis ergänzt, der den Betreibern dieser Anlagen in Anlehnung an bereits bestehende Ausnahmen weiterhin die Unterstützung durch Lohnsteuerhilfevereine ermöglicht:

In § 4 Abs. 11 b) StBerG würde dazu im zweiten Halbsatz der Verweis auf § 3 EStG ergänzt um die Nr. 72:

„… es sei denn, die den Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen sind nach § 3 Nummer 12, 26, 26a, oder 26b oder 72 des Einkommensteuergesetzes in voller Höhe steuerfrei.“

Das wäre die systematisch richtige Lösung.

„Kleine Lösung“

Sofern die Steuerbefreiung im ESTG nicht als Voraussetzung für die Änderung des StBerG erfolgen soll, gibt es die etwas weniger systematische Alternative, auf die Wahl der Klein­unternehmerreglung abzustellen. In § 4 Abs. 11 b) StBerG würde dazu der zweite Halbsatz wie folgt ergänzt:

„… es sei denn, die den Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen sind nach § 3 Nummer 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes in voller Höhe steuerfrei oder in Fällen des §19 Abs. 1 UStG, sofern keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt (oder: sofern keine zu versteuernden/erklärenden Einkünfte vorliegen).

Hinweis: in der zweiten Variante sind nicht nur Photovoltaik­-Anlagenbetreiber betroffen, sondern alle Steuerpflichtigen mit Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit, die zwar Umsätze nach Umsatzsteuergesetz erzielen, aber keine zu versteuernden Gewinne, etwa Imker und ähnliche „Hobby-Gewerbetreibende“.

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