Wie lässt sich die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleisten, wenn die Importe von Erdgas und Kohle aus Russland gestoppt werden – ohne den Atomausstieg Ende dieses Jahres sowie den Kohleausstieg bis 2030 in Frage zu stellen? Das hat jetzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in Szenariorechnungen untersucht, mit einer kurz- und einer mittelfristigen Perspektive.
Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass 2023 etwa 45 Prozent der Stromerzeugung aus Erdgas durch solche aus anderen Quellen ersetzt werden könnten. Das betrifft vor allem Anlagen, die nicht in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden. Am Atomausstieg könne aber festgehalten werden. In die Bresche springen vor allem die in Betrieb befindlichen Braun- und Steinkohlekraftwerke, die höher ausgelastet werden. Dazu kommt eine zusätzliche Erzeugung aus Steinkohlekraftwerken in der Netzreserve und Braunkohlekraftwerke in der Sicherheitsbereitschaft. Die Kohleimporte aus Russland ließen relativ einfach durch den Bezug von internationalen Märkten ersetzen.
Bei den für 2022 geplanten Kohlekraftwerksabschaltungen könne es aber bleiben, betonen die Forscher. Zur Absicherung der Stromversorgung im Jahr 2023 sollten jedoch die in diesem Jahr zur Stilllegung vorgesehenen Steinkohlekraftwerke vorübergehend als Reserve vorgehalten werden sowie die sich schon in der Reserve befindlichen Steinkohleblöcke in dieser verbleiben, so die Experten. Auch die verbleibenden Atomkraftwerke könnten Ende dieses Jahres wie vorgesehen vom Netz gehen. Die Experten verweisen darauf, dass bei Extremfällen, etwa einer ungewöhnlich hohen Last oder der Ausfall von Kraftwerken, auch noch die Kapazitäten der ungekoppelten Gaskraftwerke zur Verfügung stünden.
Erneuerbare verdrängen die Kohle
Ab 2024 könne die Stein- und Braunkohleverstromung wegen des zu erwartenden starken Zubaus an Erneuerbaren jedoch bereits wieder deutlich absinken, so die Forscher. Eine auf 1,5°C-Szenariorechnungen aus dem Projekt OpenEntrance basierende Kalkulation zeigt, dass der Anteil der Erneuerbaren im Stromsektor in 2030 bei 95 Prozent liegt. Der dafür benötigte rasche Ausbau liegt dabei etwa im Rahmen der von der Bundesregierung aktuell angekündigten Ausbauziele – wobei das Modell im Vergleich zum Osterpaket stärker auf Wind onshore statt auf Photovoltaik setzt. Neben den Erneuerbaren verbleibt noch etwas (nicht russisches) Erdgas im Strommix. Dagegen wird nach 2030 keine Kohle mehr verstromt.
Bis 2030 würde es bei Verzicht auf Energieträger aus Russland kurzfristig zu einer höheren Auslastung der Braunkohlekraftwerke kommen. Dafür seien es ausreichend Vorräte in den Braunkohletagebauen im Rahmen der aktuellen Revierpläne und Leitentscheidungen vorhanden. „Die Abbaggerung weiterer Dörfer wegen darunterliegender Braunkohlevorräte ist für den Braunkohlestrombedarf jedoch nicht notwendig“, schreiben die Experten. Dies gelte auch für die Orte Lützerath im Rheinland und Mühlrose in der Lausitz.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Es liegt einfach alles am Ausbau der erneuerbaren Energien. Aber wo sind die? Sind in Bayern in jüngster Zeit schon ein paar neue Windmühlen beantragt worden? Oder gibt es vielleicht schon Repowering? Vielleicht sind auch schon Solarparks ans Netz gegangen, welche über ein Jahr auf ihre Zertifizierung gewartet haben? Man liest da einfach nichts! Aber auch positive Beiträge aus dem Norden stimmen zuversichtlich. Wenn Kommunen an der Nordsee den einheimischen Bürgern Anteile am Windpark schenken und diese stehen dann voll hinter dem Projekt, so mach das Mut. Vor allem wenn diese Kommunen durch die hohen Einnahmen über Jahrzehnte die öffentlichen Einrichtungen sanieren oder neu bauen können.
Tut mir Leid, aber das DIW kann man nicht mehr als objektives Forschungsinstitut anerkennen. Leute wie Frau Kemfert haben daraus einen ideologischen Thinktank gemacht.
@ Sandro
Sie halten der Frau Kempfert Ideologie vor, argumentieren aber selbst nur nach ihrem Bauchgefühl, ( ideologisch ) sonst würden Sie ja mal im Einzelnen auf die Analysen der Forscher eingehen, und feststellen was da unmöglich ist.
Aus meiner Sicht kommt der Vergleich der Treibhausgasemissionen bei solchen Diskussionen viel zu kurz. Klar der Kohleausstieg liegt zur Zeit im Trend, wenn ich es richtig im Kopf habe ist aber die Klimabilanz zwischen Kohle und Gas nicht sehr groß, die Treibhausgase bei der Förderung von Erdgas werden häufig unterschlagen.
Wenn jetzt (aus Gründen die ich unterstütze) das Erdgas tiefgekühlt aus Übersee kommt, dürfte die Klimabilanz nicht besser werden.
„Der dafür benötigte rasche Ausbau ….“
Lieferzeiten Wechselrichter: aktuell 9 bis 12 Monate
Lieferzeiten Stromspeicher: aktuell 6 bis 9 Monate
So viel zum „raschen Ausbau“
Im Moment ist die Nachfrage nach Hausdachanlagen nicht zeitnah zu befriedigen. Die Firmen sind komplett ausgelastet. Deswegen muss sich der Ausbau auf Wind-und Solarparks konzentrieren um große Ausbauziele zu erreichen.
@Sandro
Was bei allen anderen natürlich krass anders ist…
Was ist das für ein Beitrag?
Geht es um Versorgungssicherheit? Mit den vielen „in Reserve“ gehaltenen Dickschiffen der Stromerzeugung ist damit kein einziger Jota zur Erreichung der beabsichtigten Klimaziele erfüllbar.
Geht es darum auf jegliche Energie-Lieferung aus Russland zu verzichten?
Jo, sollte(muß) machbar sein.
Mit dem obigen Beitrag kommen wir in Punkto Klimaschutz leider keinen mm weiter.
Ausfallsicherheit, Blackout wurde überhaupt nicht themasiert.
Sorry; Setzen sechs!
Hallo Thomas der Erste. In diesem Beitrag geht es nicht um Klimaziele. Es geht ausschließlich um die Versorgungssicherheit. Vielleicht müssen wir nächstes Jahr die Stahlproduktion einstellen und diese Produkte woanders her beziehen. Bei Energieknappheit werden dies die ersten sein, welche abschalten müssen. Dazu kommen viele gasintensive Betriebe. Wir dürfen nicht glauben, dass wir hier ungeschoren davonkommen. Das Frackinggas aus USA kann keine Pipeline ersetzen. Auch der Deal mit Saudi Arabien scheint mir sinnlos, denn bis von da Erdgas oder Wasserstoff kommt müssten wir das meiste selber geschafft haben. Es gibt ein großes Ziel: Ausbau, Ausbau und noch mal Ausbau von Wind und Sonne plus Speicher. Wenn Politiker sich immer noch von Stromkonzernen und Autobauern gegen die Energiewende beeinflussen oder Gelder an die Partei bezahlen lassen, dann gehört Ihnen die rote Karte gezeigt, spätestens an der Wahlurne. Herr Söder hat in Bayern noch ein gutes Jahr Zeit ob er an der Macht bleiben will oder die Wähler strafen in ab.
Hm, dass man Gas in der Stromerzeugung relativ leicht ersetzen kann, davon würde ich ausgehen. Der Großteil des Gases wird aber für andere Zwecke – Wärmegewinnung, Rohstoff für diverse Industrien benötigt, und da hilft es wenig wenn man hier keine Alternativen hat.
Nun gut, die Punkte Verfügbarkeit und Umwelt/Co2-Ausstoß mögen erfüllt sein, aber so wie ich das lese dürfte die Bezahlbarkeit dafür nicht mehr gegeben sein.
Die letzten 6 AKW nicht mehr weiter laufen zu lassen halte ich für unverantwortlich. Diese haben im letzten Jahr mit ihren 6GW mehr Energie eingespeist wie die 56GW PV.
Auch Frage ich mich, was Passiert wenn wir die zubauziele an EE nicht schaffen? Wegen Materialmangel aus China, Handwerkermangel, fehlende Genehmigungen?
Was bringt uns der weitere Ausbau, wenn der Netzausbau weiter so langsam vorrangeht.
Wo bleiben die Netzdienlichenspeicher im Nieder und Mittelspannungsnetz. Wo die P2G Anlagen im großen Stil? Wenn für die letzten drei Punkte die Politik nicht die entsprechenden Bedingungen schafft, dann dürfte es schwer werden.
Fazit:
Die Menschen in unserem Land werden verarmen, weil die Politik, Medien und die NGOs die letzten 10 Jahre Mist gebaut haben und uns allen das jetzt auf die Füße fliegt. Man sollte die entsprechenden Akteure identifizieren und zur Verantwortung ziehen. Die sollte man alle im Winter aufs Fahrrad setzen und die so den fehlenden Strom erzeugen lassen. Mindestens.