EEG-Osterpaket vom Kabinett verabschiedet

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Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das sogenannte EEG-Osterpaket aus dem Wirtschaftsministerium verabschiedet. Darin enthalten sind zahllose Maßnahmen, die für einen schnelleren Ausbau von Photovoltaik und Windkraft in Deutschland sorgen sollen. Demnach ist etwa die Bereitstellung neuer Flächen für Photovoltaik geplant sowie eine Beteiligung der Kommunen auch an bereits bestehenden Solar- und Windparks. Zudem will die Regierung die Planungs- und Genehmigungsverfahren verschlanken und auch den Netzausbau vorantreiben. Ferner wird künftig der Vorrang von Erneuerbaren im EEG festgeschrieben, idem der Grundsatz gilt, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient.

Einhergehend mit den höheren Ausbauzielen werden die Volumina für die Ausschreibungen bei Photovoltaik und Windkraft signifikant angehoben. Ziel ist es, den Zubau der Photovoltaik bis 2026* auf ein Niveau von 22 Gigawatt zu heben und dann in den Folgejahren stabil zu halten. So könnte dann bis 2030 eine kumuliert installierte Photovoltaik-Leistung von 215 Gigawatt in Deutschland erreicht werden. Der Ausbau soll dabei möglichst hälftig auf Dach- und Freiflächen verteilt werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte ja bereits zu Jahresbeginn verkündet, dass das EEG-Osterpaket auch noch einen Photovoltaik-Booster enthalten soll. Daher sind in dem Entwurf ein großes Bündel an Einzelmaßnahme für die Photovoltaik enthalten. Allen voran soll es künftig „eine auskömmliche Förderung“ für neue Photovoltaik-Dachanlagen geben, die ihren Solarstrom vollständig ins Netz einspeisen. Für Dachanlagen, die auf Eigenverbrauch setzen, gebe es eine geringere Förderung als für die Volleinspeiser. „Die neuen Vergütungssätze sollen vorbehaltlich ihrer beihilferechtlichen Genehmigung bereits vorgezogen im Laufe des Jahres 2022 anwendbar sein, um zwischenzeitlichen Attentismus zu vermeiden“, hieß es aus Regierungskreisen. Demnach soll auch die Degression der Einspeisevergütung auch bis Anfang 2024 ausgesetzt werden. Danach sei eine halbjährliche Degression für die Solarförderung geplant.

Zudem ist in dem EEG-Entwurf vorgesehen, dass die Flächenkulisse für Solarparks „unter Berücksichtigung landwirtschaftlicher und naturschutzverträglicher Aspekte maßvoll erweitert“ wird. Dies betreffe die Optionen für Agri-, Floating- und Moor-Photovoltaik. Dabei sollen Photovoltaik-Anlagen in Moorgebieten in die regulären Freiflächenausschreibungen integriert werden. Für Agri- und Moor-Photovoltaik sei dort jedoch ein Bonus vorgehen, um aufgrund der höheren Kosten wettbewerbsfähig zu sein. Ebenfalls im Osterpaket festgelegt ist, dass Bürgersolarparks bis zu 6 Megawatt künftig ohne die Beteiligung an Ausschreibungen realisiert werden können.

Bei den Innovationsausschreibungen, bei den Zuschläge für Photovoltaik- oder Windkraftanlagen vergeben werden, die mit einem Großspeicher kombiniert sind, soll künftig auch die gleitende Marktprämie gelten. Die bislang gezahlte fixe Marktprämie habe sich nicht bewährt. Zudem sei geplant, ein neues Segment bei den Ausschreibungen einzuführen. Künftig könnten auch Zuschläge für „innovative Konzepte erneuerbarer Energien mit lokaler wasserstoffbasierter Stromspeicherung“ erteilt werden. Dies soll den Markthochlauf beim grünen Wasserstoff befördern.

„Das Osterpaket ist der Beschleuniger für den Ausbau der erneuerbaren Energien“, erklärte Habeck nach dem Kabinettsbeschluss. „Wir werden den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch innerhalb von weniger als einem Jahrzehnt fast verdoppeln. Wir verdreifachen die Geschwindigkeit beim Erneuerbaren Ausbau – zu Wasser, zu Land und auf dem Dach.“ Er sieht in dem Osterpaket die Grundlage für Energiesicherheit, Energiesouveränität und Klimaneutralität Deutschlands. „Das Osterpaket ist Teil unserer Agenda und ist in den letzten Monaten unter Hochdruck erarbeitet worden. Es hat angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine nun eine doppelte Dringlichkeit erhalten. Zum einen spitzt sich die Klimakrise zu. Zum anderen zeigt der Einmarsch Russlands, wie wichtig es ist, aus den fossilen Energien auszusteigen und den Ausbau der Erneuerbaren konsequent voranzutreiben. Das tun wir beherzt und konsequent“, so Habeck weiter.

Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, wies Kritik aus der Photovoltaik-Branche zurück, dass Prosumer-Modelle benachteiligt würden. Es gehe darum die Dächer möglichst voll mit Photovoltaik zu belegen, verteidigte er die höheren Einspeisetarife für Volleinspeiser. Gleichzeitig könne von einer Benachteiligung für Prosumer-Modelle nicht die Rede sein.

Reaktionen

Die Reaktionen auf das EEG-Osterpaket waren eher verhalten. „Der Bundestag muss das Osterpaket jetzt dringend nachbessern“, erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar). „Der EEG-Kabinettsentwurf setzt ambitionierte Solarziele, springt bei den Instrumenten zur Umsetzung aber zu kurz.“ Nach Körnigs Einschätzung sind die Photovoltaik-Ausbauziele nur zu erreichen, wenn die Bundesregierung die solare Eigen- und Direktversorgung deutlich attraktiver mache. Zudem müssten ausreichend Flächen für Solarparks bereitgestellt werden, so Körnig weiter.

Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) sieht einen ersten Schritt in die Zukunft gemacht, hält die skizzierten Maßnahmen jedoch auch nicht für ausreichend. „Viele der Maßnahmen finden unsere Unterstützung, bei manchen werden wir uns im weiteren Verlauf mit Änderungsvorschlägen einbringen. Beispielsweise bei den Anforderungen für einen marktgetriebenen Ausbau der erneuerbaren Energien“, kündigte Dena-Geschäftsführer Andreas Kuhlmann an.

Urban Windelen vom Bundesverband Energiespeichersysteme (BVES) zeigte sich enttäuscht vom beschlossenen EEG-Entwurf. Es seien“keine systemischen Elemente aufgegriffen worden“, kritisierte er.

„Der Ampel gelingt es mit dem Entwurf leider nicht, Innovation und Flächeneffizienz bei der Dach-Photovoltaik zusammenzubringen“, erklärte Markus Meyer, Leiter Energiepolitik bei Enpal, mit Blick auf das Osterpaket. „Statt mindestens ebenso die Prosumer und damit die Sektorenkopplung anzureizen, hängen die hoch gesteckten Ausbauziele nun vor allem an dem Erfolg der Volleinspeisung. Offenbar will Minister Habeck unter Beweis stellen, dass man auch auf einem Bein stehen kann. Glücklicherweise gilt auch bei dieser Novelle das Strucksche Gesetz“, so Meyer weiter. Das Strucksche Gesetz besagt, dass keine Gesetzesvorlage den Bundestag so verlässt, wie sie eingebracht wurde.

Etwas wohlwollender fällt der Kommentar von Greenpeace aus. “Habecks Gesetzespaket ist entschlossener als alles, was wir dazu in den vergangenen Jahren gesehen haben“, Es kommentiert Reenie Vietheer, Greenpeace-Expertin für erneuerbare Energien. „Werden in dem Entwurf noch wesentliche Punkte ergänzt, kann der Ausbau der Erneuerbaren die notwendige Geschwindigkeit aufnehmen.“ Dazu zähle unter anderem, die Hürden für Eigenversorgungsmodelle und Photovoltaik-Mieterstrom abzubauen.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte vor allem die Anhebung der Ausschreibungsvolumen für Photovoltaik und Windkraft, die kommunale Beteiligung und die Einführung von Differenzverträgen im EEG-Entwurf. „Unabdingbar ist aber auch ein effizienteres Planungs- und Genehmigungsrecht, das den Bau von Erneuerbare-Energien-Anlagen deutlich beschleunigt“, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. „Dies ist leider erst für das Sommerpaket geplant. Wir brauchen hier aber mehr Tempo: Die Bundesregierung sollte deshalb die Voraussetzungen für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren ins Osterpaket integrieren. Wir müssen beim Ausbau der erneuerbaren Energien noch schneller vorankommen und dauerhaft den Turbo einstellen.“

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) lobte die großen Fortschritte im EEG-Osterpaket, sieht allerdings auch noch viel Luft nach oben. „Low hanging fruits wie das Repowering von Solarparks, der konsequente Abbau von Bürokratie und weitere leicht zu regelnde Sachverhalte wurden liegen gelassen. Im parlamentarischen Verfahren muss sichergestellt werden, dass dies noch ins Paket kommen“, hieß es vom bne.

Auch Detlef Neuhaus, Geschäftsführer von Solarwatt, fand lobende Worte: “Das EEG-Osterpaket ist richtungsweisend, da es neue Anreize und eine schnellere Umsetzung verspricht. Das ist heute wichtiger denn je, wenn wir unsere Klimaziele erreichen und schneller unabhängiger von Öl und Gas werden wollen.” Zugleich mahnte er mit Blick auf die aktuelle Situation der Solarbranche in Deutschland an, dass es wieder eine „durchgängige Wertschöpfung und Zulieferindustrie, um die Kundenanfragen auch tatsächlich bedienen zu können”. Dazu zählten auch mehr Handwerker. “Der größte Engpass ist aber aktuell die Installationskapazität. Es reicht nicht, wenn wir hier in Deutschland nur mehr Module und Speicher produzieren, wir brauchen auch mehr Handwerker, die die Solaranlagen dann beim Kunden installieren“, so Neuhaus weiter. „Die Wartezeit für die Montage einer Photovoltaik-Anlage beträgt schon heute weit mehr als ein halbes Jahr – und das wird sich noch weiter verschlimmern, wenn wir nicht schnellstmöglich neue Elektriker, Installateure und Monteure ausbilden.”

Der Heimspeicher-Anbieter Sonnen kritisiert die Benachteiligung von Photovoltaik-Eigenverbrauch. „Um die Dächer voll zu machen, schlägt die Bundesregierung jetzt vor, dass Volleinspeiser zukünftig doppelt so viel EEG-Vergütung erhalten sollen wie Eigenverbraucher“, erklärt Geschäftsführer Oliver Koch. „Und was bekommen die Kunden, die ihren Photovoltaik-Strom trotzdem selbst nutzen möchten? Ihrem Installateur wird für das Jahr 2024 eine Internetseite versprochen, die  ihm den Weg zu den individuellen Anmeldeformularen der 900 Netzbetreiber weist.  Der Abbau von Bürokratie ist doch der Schlüssel für den beschleunigten Ausbau – IHK Mitgliedschaften, Steuern für eine 11 Kilowatt-Anlage und komplizierte Anmeldungen schrecken die Verbraucher ab. Die Nachfrage der Kunden ist so hoch wie nie. Hier wird der Bundestag hoffentlich noch nachbessern“, fordert Koch.

Anmerkung der Redaktion: Wir werden den Artikel fortlaufend mit weiteren Statements und neuen Erkenntnissen ergänzen.
*Die Jahreszahl ist von 2023 auf 2026 korrigiert, ab dann soll ein jährlicher Photovoltaik-Zubau von 22 Gigawatt erreicht werden. Vielen Dank an den aufmerksamen Leser.

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