Forscher der Universität Paderborn haben ein Modell für den Einsatz von Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern in Kombination mit Batterien für die kurzfristige Speicherung und Wasserstoff für die langfristige Speicherung entwickelt. „Das System wurde für ein Wohngebäude entwickelt, kann aber auch für andere Gebäude verwendet werden, wenn die Lastkurven für Strom und Heizung bekannt sind“, erklärte der Forscher Stefan Krauter auf Anfrage von pv magazine. „Es kann eine autonome Stromversorgung über das ganze Jahr hinweg bieten.“
Das dezentrale Energiesystem ist so konzipiert, dass es auch im Winter den Hauptstrombedarf eines Haushalts über Photovoltaik deckt, indem es mit ausreichend Speicherkapazität kombiniert wird. „Ziel ist es, die Netzbelastung zu minimieren, indem eine geringe oder gar keine Netzinteraktion erreicht wird, was durch den Einsatz von dezentralen Langzeit-Energiespeichern realisiert wird“, erklären die Paderborner Wissenschaftler.
Das System beinhaltet eine 6,8 Kilowatt Photovoltaik-Anlage und einen 5 Kilowatt-Elektrolyseur, der mit überschüssigem Solarstrom betrieben wird, um Wasserstoff zu erzeugen, der dann über einen Kompressor in einem Wasserstofftank gespeichert wird. In Zeiten hohen Strombedarfs, wenn die Photovoltaik-Erzeugung nicht ausreicht, übernimmt dies ein 1,24 Kilowatt-Brennstoffzellensystem. Lithium-Ionen-Batterien sind Teil der vorgeschlagenen Systemkonfiguration, um auf zu schnelle Lastwechsel zu reagieren, die das Wasserstoffsystem nicht bewältigen könnte.
Die von der Brennstoffzelle und dem Elektrolyseur erzeugte Abwärme wird über Wärmetauscher an einen Warmwasserspeicher übertragen, der den Haushalt mit Warmwasser versorgt. Der restliche Bedarf wird durch eine Wärmepumpe gedeckt.
Die Wissenschaftler versuchten, die Art und Größe der in den verschiedenen Szenarien benötigten Komponenten zu ermitteln. Außerdem untersuchten sie, unter welchen Bedingungen das System in Bezug auf Preis und Kosten mit herkömmlichen Stromsystemen konkurrieren kann. Das Modell wurde dafür in Simulink (MATLAB) simuliert, um zu analysieren, wann und wie das Photovoltaik-System den Energiebedarf eines Haushalts vollständig decken kann.
Zur Überprüfung der Ergebnisse verwendeten die Paderborner Wissenschaftler auch die Software HOMER, die vom National Renewable Energy Laboratory (NREL) in den USA entwickelt wurde. Die Messungen wurden mit einer Zeitauflösung von 15 Minuten und einem Gesamtzeitraum von einem Jahr durchgeführt.
Die deutsche Forschergruppe schätzt, dass der Elektrolyseur 4283,55 Kilowattstunden überschüssigen Solarstrom verbrauchte, um 80,50 Kilogramm Wasserstoff in einem Jahr zu erzeugen, während die Brennstoffzelle durch die Verbrennung von 73,52 Kilogramm Wasserstoff 1009,86 Kilowattstunden Energie zurückgeben konnte.
„Die Verdichtung des Wasserstoffs erforderte einen jährlichen Energiebedarf von 268,14 Kilowattstunden, während der Heizbedarf 1208,66 Kilowattstunden betrug“, erklären die Wissenschaftler. „Durch die Nutzung der Abwärme, die im Elektrolyseur und in der Brennstoffzelle entsteht, konnte der Heizbedarf um 643,69 Kilowattstunden gesenkt werden.“ Ihre Simulation mit Simulink habe gezeigt, dass der Heizbedarf eines Haushalts die erforderliche Menge an dezentral gespeichertem Wasserstoff vergrößert, wenn ein energieautarker Betrieb angestrebt wird.
„Zukünftige Forschungen müssen sich darauf konzentrieren, die Steuerung zu optimieren und zu analysieren, welche Komponentendimensionierung unter welchen Szenarien im Hinblick auf Energie- und Ressourceneffizienz sowie Lebensdauerverlängerung vorteilhaft ist“, so die Wissenschaftler der Uni Paderborn weiter. Sie haben ihr entwickeltes Systemdesign im Artikel „Hybrid Energy System Model in Matlab/Simulink Based on Solar Energy, Lithium-Ion Battery and Hydrogen“ beschrieben, der kürzlich im Magazin „Energies“ veröffentlicht wurde.
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Das gibt es doch schon lange: homepowersolutions ….
Da schmückt sich eine Uni aber mit fremden Federn. So ein System gibt es bereits nur kostet das Mal eben mit Heizung und Speicher zwischen 100.000 und 150.000 Euro. Also nicht gerade erschwinglich.
In Berlin gibt es ein Startup das das bereits produziert. picea
Der Preis ist leider noch viel zu hoch.
Da sollte der Staat massiv subventionieren, damit das endlich in Stückzahlen produziert wird und damit erschwinglich wird.
Dies sehe ich genauso wie Sie. Dieses System
hilft uns langfristig weiter.
Praxisbeispiel
https://hoermannsolar.de/wasserstoff-haus/
Als zusatz Info:
Je nach Auslegung, Kombination und Langlebigkeit des picea systems amortisieren sich die Kosten durch ausbleibende Zahlungen an die Energieversorger sogar schon bei den derzeitigen Preisen. Übrigens gerade im Sanierungsfall mit Heizungskombination.
Leider vertreibt hps die Anlage nur als „Stromspeicher“ mit der Zielgruppe Neubau….
Muss ich denn wissen, ob ich 6,4 oder 6,8 kWp auf dem Dach haben muss? Ich habe mir alle Beiträge über Wasserstoff im Einfamilienhaus angeschaut. Hier werden die Dächer voll gemacht, denn 20 kWp Photovoltaik bringen auch in der Übergangszeit und im Winter zusätzlichen Strom und der Wasserstoff hält länger. Warum forscht die Uni nicht über den Einsatz in Wohnblocks mit Quartierspeicher? HPS entwickelt im Eigenheim- Bereich hier schon über 10 Jahre und hat sein System immer weiter verbessert. Es wurden jetzt immerhin schon über 200 Anlagen verkauft. Die Preise sinken bei der Stückzahl aber nur leicht. Was bei dieser Studie außen vor bleibt ist der sehr unterschiedliche Strombedarf pro Haushalt. Die Speicherung des Wasserstoffs erfolgt in sicheren handelsüblichen Gasflaschen da sehr viele Normen erfüllt werden müssen. Die Gasflaschen-Container stehen im Freien und können kaskadiert werden, aber je höher der Bedarf, umso teurer wird die Anlage.
Wir werden in kürze die erste Picea Anlage in Paderborn installieren.
Kosten der Anlage sind nicht so hoch wie bereits beschrieben. In NRW gibt es dazu noch eine sehr interessante Förderung.
Wieso bemängeln hier mehrere, dass geforscht wird, obwohl es schon so ein System gibt? Das ist sehr sinnvoll. Beides ist wichtig, Forschung und Praxis. Genau zu wissen, bei welchen Rahmenbedingungen welche Parameter (als Minimum) notwendig sind, ist sehr wertvoll. Dazu braucht es entsprechende Erhebungen, Modelle und Simulationen. Nachher können Ingenieure wieder Systeme bauen – selbstverständlich mit gewissen Reserven – die optimal zu bestimmten Rahmenbedingungen und Anforderungen passen.
Hallo Jakob und Werner. Wäre es nicht sinnvoller und vor allem nachhaltiger Solaranlagen zusammenzufügen und mehrere Häuser zu verbinden. Ein Quartierspeicher ist wesentlich billiger als viele kleine, dasselbe gilt für Elektrolyseure. Hier kann sogar Abwärme sinnvoll genutzt werden. Systeme für Einfamilienhäuser sind einfach immer noch viel zu teuer und werden dies auch bleiben. Wenn ich 120000 € für eine einigermaßen sichere Stromversorgung mit Heizung über das ganze Jahr ausgeben muss, dann ist das nicht für mittlere und kleine Einkommen.
@ Ernst Gruber
Ich sehe das im Prinzip wie Sie. Wenn man zu tief unten völlige Autarkie anstrebt, vergibt man sich die Vorteile des Netzwerks – das als solches schon Vieles ausbalanciert – und der grösseren Skalierung. Aber erforschen soll man die optimale Ausgestaltung trotzdem.
Trifft aber genauso für Batterien zu. Wenn jeder da seine eigene PV-Batterie in den Keller stellt, fördert das zwar seine Autarkie, aber aus übergeordneter Warte ist das finanziell und ökologisch viel zu aufwendig und sicher nicht die optimale Konfiguration.
Die gleiche Argumentation kann dann aber auch wieder für die nächste Stufe gelten; warum auf Ebene Quartier und nicht auf Ebene Anbieter, etc. Da spielen dann ganz andere Elemente wie die Netzplanung und die Katastrophensicherheit rein und es wird schnell einmal komplex, die optimale Konfiguration zu definieren.
Im meinem Fall z.B. hat der Elektrizitäts-Versorger fast nur Wasserkraft und kann sehr gut puffern. Wasserkraft kann er sehr schnell runter- und rauffahren. Im Minimum müssen sie nur die definierte Restwassermenge laufen lassen (und siehe da: genau bei der Restwasserturbine eines Stausees, die immer laufen muss, schliessen sie nun einen H2-Elektrolyseur an). Von der Preisgestaltung her mit Nachtstrom für ca. 10 Cents und Einspeisevergütung fix ca. 9 Cents, macht bei mir schon eine Batterie wirtschaftlich und ökologisch keinen Sinn und das Streben nach Autarkie erst recht nicht.
#Jacob Sperling
Sie haben vollkommen recht, Grundlagenforschung und Entwicklung von Prototypen benötigen in der Tat hohen Finanzaufwand. Aber die Entwicklung von Optimierungsmodellen zeigt hiernach, dass brauchbare und kostengünstige Großserien marktgerecht hergestellt werden können.