Die Elektromobilität ist auf der Überholspur. Nahezu jeder Fahrzeughersteller hat mittlerweile elektrische PKWs im Programm und auch das FDP-geführte Verkehrsministerium hat sich eindeutig zur Elektromobilität im PKW-Bereich bekannt. Selbst Toyota, lange ein vehementer Verfechter der Brennstoffzelle im PKW, steckt bis 2030 insgesamt 13 Milliarden US-Dollar in die Versorgung mit Batterien. Viele andere Automobilhersteller haben sogar ambitionierte Ziele mit Bezug auf den Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge in ihren Flotten verkündet.
Diese Entwicklungen finden mittlerweile auch immer stärker ihren Weg in den Alltag und Elektrofahrzeuge gehören zum typischen Straßenbild in Deutschland. 2021 wurden jeweils etwa 340.000 vollelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride zugelassen. Zum Vergleich: Zu Jahresbeginn waren lediglich 590.000 solcher Fahrzeuge insgesamt in Deutschland zugelassen. Auch im Jahresvergleich haben sich die Verkäufe in etwa verdoppelt. In allen in diesem Artikel genannten Zahlen sind die Abmeldungen für 2021 noch nicht berücksichtigt, allerdings dürfte das im aktuellen Markthochlauf kaum ins Gewicht fallen.
Schaut man sich die verbaute Technik an, so fallen zuerst die beeindruckenden Batteriekapazitäten auf. Insgesamt waren zu Ende 2021 in Deutschland schätzungsweise Fahrzeugbatterien mit einer Kapazität von 40 Gigawattstunden verbaut; der Großteil davon mit gut 32 Gigawattstunden in rein batterieelektrischen Fahrzeugen. Damit ziehen die Fahrzeugbatterien mit den derzeit etwa 39 Gigawattstunden an Pumpspeicherkraftwerken gleich und eine netzdienliche Einbindung der Fahrzeuge wäre volkswirtschaftlich sehr wünschenswert, wie wir in unserem vorherigen Artikel beleuchtet haben. Auch bei der gesamten Ladeleistung wurden neue Spitzenwerte erreicht. Alle DC-Anschlüsse an den Fahrzeugen verfügten über 51,8 Gigawatt und die AC-Anschlüsse über etwa 7,7 Gigawatt. Beide Werte sind aber als theoretischer Wert zu verstehen, da nur ein Bruchteil der Fahrzeuge gleichzeitig lädt und das auch häufig mit wesentlich geringerer Ladeleistung.
Bricht man diese Werte auf die einzelnen Fahrzeuge herunter, sind klare Trends in den Neuwagen über die letzten Jahre zu erkennen. Wurden nach unserer Schätzung im Jahr 2018 noch durchschnittlich 27 Kilowattstunden Batteriekapazität pro Fahrzeug verbaut, ist diese Zahl in 2021 bereits auf beeindruckende 53 Kilowattstunden gestiegen. In drei Jahren hat sich die Batteriekapazität somit verdoppelt. Setzt man einen typischen Verbrauch von 15 bis 20 Kilowattstunden pro 100 Kilometer an, ergeben sich daraus für die Fahrzeuge in 2021 durchschnittliche Reichweiten von 265 bis 350 Kilometern. Bei einer in Deutschland üblichen Pendelstrecke von etwa 40 Kilometern muss man damit im Schnitt nur noch ein Mal pro Woche laden. Bei Plug-in-Hybriden sind die Werte erwartungsgemäß mit durchschnittlich 12,5 Kilowattstunden deutlich niedriger.
Weitere Informationen zur Marktentwicklung finden Sie in unserem Artikel zum stationären Speichermarkt und in unserer Veröffentlichung: Figgener, Hecht et al., „The development of battery storage systems in Germany – A market review (status 2022) “, 2022, auf der dieser Artikel basiert.
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Beim Thema Ladegeschwindigkeit sind die Unterschiede zwischen AC- und DC-Ladung sehr eindeutig. Immer mehr Fahrzeuge verfügen über eine DC-Schnittstelle und diese Schnittstellen erlauben immer höhere Leistungen. Dadurch ergibt sich pro rein batterieelektrischem Neuwagen in 2021 eine durchschnittliche Ladeleistung von 88,8 Kilowatt, wobei Fahrzeuge ohne DC-Anschluss mit 0 Kilowatt gerechnet werden und somit den Durchschnitt senken. Im Jahr 2018 lag dieser Wert noch bei 19 Kilowatt; auch weil 2018 lediglich knapp 10.000 Fahrzeuge mit Schnellladeanschluss ausgeliefert wurden.
Bei AC-Ladesteckern ist hingegen kaum Bewegung zu erkennen und der Wert pendelt seit 2019 zwischen 8 und 9 Kilowatt. Dieser Wert ergibt sich primär dadurch, dass zwar die meisten Fahrzeuge über eine Typ-2 Ladebuchse verfügen, aber nicht immer auch über alle drei verbauten Phasen geladen werden können. Auch werden oft nur 16 Ampere pro Phase übertragen und nicht 32 oder sogar die theoretisch möglichen 64 Ampere. Somit ergibt sich für die meisten Fahrzeuge eine Ladeleistung von 11 Kilowatt und für einige Fahrzeuge 3,7 oder 7,4 Kilowatt. Diese Designentscheidung ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass Hausanschlüsse typischerweise nur 11 Kilowatt bereitstellen können. Wenn man die Leistungselektronik im Fahrzeug auf zum Beispiel 22 Kilowatt dimensionieren würde, dann würde das Ladegerät bei 3,7 Kilowatt nur im Teillastbereich betrieben werden, was deutlich größere Verluste beim Laden erzeugt.
Bei Plug-in-Hybriden sind DC-Anschlüsse sehr selten, da die Batteriekapazität meist zu gering ist, um hohe Ladeströme aufzunehmen. Stattdessen werden die Fahrzeuge üblicherweise noch einphasig geladen und sind somit auf 3,7 Kilowatt beschränkt, was sich auch in der durchschnittlichen Ladeleistung der Neuwagen der vergangenen Jahre zeigt.
Über die Autoren
Christopher Hecht ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen. Seine Forschung konzentriert sich auf die Interaktion von Elektrofahrzeugen und dem Stromnetz mit besonderem Fokus auf die Nutzung von öffentlicher Ladeinfrastruktur.
Jan Figgener ist Abteilungsleiter am Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen und unterstützt Accure Battery Intelligence bei Analysen rund um den Batteriespeichermarkt. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Markt- und Technologieentwicklung, die Netzintegration und die Alterung von Batteriespeichern.
Dirk Uwe Sauer leitet den Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen und ist seit fast 30 Jahren im Bereich Batterien und Energiesysteme aktiv. Zusammen mit einem Team von 70 Angestellten fokussiert er sich auf Themen beginnend mit den elektrochemischen Prozessen in einer Batteriezelle bis zur Analyse ganzer Energiesysteme. Im Bereich der Batteriealterung werden verschiedene Modelle, Post-Mortem-Analysen, datengetriebene Methoden und vieles mehr genutzt, um die Nutzungsdauer und Sicherheit von Batterien zu erhöhen.
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Der Hinweis „Zahlen für 2021 enthalten noch keine Abmeldungen“ ist irreführend, weil das KBA den Bestand von BEV+PHEV immerhin bereits zum Stichtag 01. Oktober 2021 angegeben hat.
Die „Bestandszahl Ende 2021“ ist somit unnötigerweise ungenau. Hier wird Ihnen aber geholfen:
https://www.goingelectric.de/forum/viewtopic.php?p=1768637#p1768637
Vielen Dank für den Hinweis. Wir benötigen für die Verknüpfung zwischen Fahrzeugen und technischen Daten (Abbildungen 2 und 3) allerdings die Veröffentlichung FZ 17 des KBA. Siehe https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/MarkenHersteller/marken_hersteller_node.html
Diese Daten werden nur einmal jährlich veröffentlicht. Um sicherzustellen, dass alle Grafiken auf denselben Datensets basieren, haben wir daher auch FZ17 für Abbildung 1 zugrundegelegt. FZ 17 wird typischerweise am Anfang des zweiten Quartals veröffentlicht. Wir werden unsere Veröffentlichungen dann anpassen!
Wann werden wir bidirektional laden können?
Ich bekomme in Kürze eine neue PV-Anlage und werde auf einen stationären Speicher verzichten. Ich möchte den Überschussstrom zum größten Teil in die Fahrzeugbatterie meines Teslas speichern und damit auch die Hausversorgung unterstützen, die Fahrzeugbatterie also als Batteriespeicher nutzen. Meine alte Volleinspeiser-PV-Anlage läuft Ende des Jahres aus der Förderung und wird durch eine 10kw/p-Anlage zum Eigenverbrauch ersetzt.
Tesla hat seine Meinung geändert und arbeitet jetzt an dieser Technik. Den genauen Stand der Entwicklung kennt man nicht.
Hallo,
bei Tesla bin ich nicht sicher. In der Vergangenheit war die Firma immer sehr zögerlich bei solchen Themen. Es gibt wohl eine Variante, die Batterie trotzdem anzuzapfen, aber dann verliert man glaube ich die Herstellergarantie. Andere sind da deutlich aufgeschlossener. Meines Wissens nach hat VW angekündigt, dass alle Fahrzeuge basierend auf der MEB-Plattform, die in 2022 verkauft wurden, vehicle to grid und vehicle to home via eines Updates gegen Ende des Jahres freigeschaltet bekommen. Andere Hersteller haben zumindest schon Vehicle-to-Load (also keine Netzkopplung, sondern ein Inselnetz) angekündigt.