Umdenken erforderlich, dann winkt eine sonnige Zukunft

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Bei den Modulpreisen scheint der Drei-Jahres-Peak nun überschritten zu sein. Wie die Corona-Zahlen in Deutschland, so sinken auch die Preise insbesondere für Projektmodule langsam, aber kontinuierlich wieder. Bei größeren Abnahmemengen können Module der Leistungsklassen oberhalb 400 Watt vereinzelt durchaus wieder unter der 26-Eurocent-Marke gebucht werden. Die Lieferung erfolgt dann in der Regel frühestens ab April oder Mai, denn kurzfristig verfügbare Ware, die noch zu höheren Kosten produziert und transportiert werden musste, wird momentan auch noch zu deutlich höheren Preisen gehandelt. Das ist der Grund, warum der Preisindex diese Entwicklung noch nicht richtig abbildet. Hier bewegen wir uns bei den leistungsstarken Modultypen noch im Bereich deutlich oberhalb 30 Eurocent pro Wattpeak. Der Preisanstieg der vergangenen Monate ist zwar zum Stillstand gekommen, ein echter Abwärtstrend ist zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht erkennbar.

Was aber bedeutet das Preisgefüge und die Fördersituation für die Arbeit der Photovoltaik-Projektentwickler und deren Kunden, die Inverstoren?

Schauen wir uns einmal die aktuelle Situation beispielhaft in Deutschland an. Der Zubau an Neuanlagen im Jahr 2021 wird mit 5,3 Gigawatt angegeben und liegt damit zwar etwa 10 Prozent über dem Vorjahr, allerdings gibt es große Unterschiede bei den einzelnen Marktsegmenten. Bei den Kleinanlagen im Segment Eigenheime ist nach Wegfall der EEG-Umlage bei Installationen bis 30 Kilowattpeak ein starkes Wachstum zu verzeichnen. Ebenfalls boomte das Segment Freiflächenanlagen aufgrund von steigenden Strompreisen innerhalb von Power Purchase Agreements (PPAs). Ganz anders sah es hingegen im gewerblichen Segment beziehungsweise bei den großen Aufdachanlagen über 100 Kilowattpeak aus. Hier gab es einen massiven Markteinbruch – im zweiten Halbjahr 2021 wurde nur noch etwa ein Sechstel der Leistung des gleichen Vorjahreszeitraums installiert.

Große Dachprojekte mit Volleinspeisung sind aufgrund der um mindestens 20 Prozent gestiegenen Komponentenpreise bei gleichzeitigem Rückgang der Einspeisevergütung um ebenfalls fast 20 Prozent auf das Gesamtjahr gesehen nicht mehr wirtschaftlich. Es bräuchte bei den momentanen Installationspreisen eine Vergütung von mindestens acht Eurocent pro Kilowattstunde, was sich ja auch an den Gebots- beziehungsweise Zuschlagspreisen in den letzten öffentlichen Ausschreibungsrunden widerspiegelt. Leider waren die bisher in Aussicht gestellten Volumina in den Auktionen mit 300 Megawatt pro Jahr viel zu klein dimensioniert. Eine Regelförderung außerhalb der Ausschreibungen ist für Anlagen größer 300 Kilowattpeak aufgrund des Eigenversorgungszwangs ohnehin unattraktiv, aber auch zwischen 100 und 300 Kilowattpeak lässt sich aus oben genannten Gründen keine Anlage mehr renditeträchtig realisieren, zumindest wenn langfristige Planungssicherheit gefordert ist.

Da sich jedoch für die aktuellen Hemmnisse unter anderem aus dem Wirtschaftsministerium etliche Gegenmaßnahmen ankündigen, ergibt sich ein riesiges Potenzial für 2022 und die Folgejahre. Bei Eigenverbrauchsanlagen über 30 Kilowattpeak dürfte sich auch jetzt schon vor allem die Senkung der EEG-Umlage von 6,5 Eurocent auf 3,7 Eurocent pro Kilowattstunde zum 1.1.2022 bemerkbar machen. Ein Anstieg der Modulkosten um zehn Eurocent pro Wattpeak führt zu einem Mehrbedarf von etwa einem Eurocent pro Kilowattstunde bei der Vergütung, um die Wirtschaftlichkeit eines Projekts auf dem gleichen Niveau zu halten. Die Senkung der EEG-Umlage hat hier die Kosten für Investoren aber bereits um rund drei Eurocent reduziert oder aber die höheren Gestehungskosten um zwei Eurocent pro Kilowattstunde überkompensiert. Die vollständige Abschaffung der EEG-Umlage zum 1.1.2023, kürzlich sogar schon zum 1.7.2022 diskutiert, würde Eigenverbrauchsprojekte noch weiter fördern. Damit wären dann auch Projekte mit sehr kleiner Eigenverbrauchsquote, zum Beispiel 10 Prozent Eigenverbrauch und 90 Prozent Netzeinspeisung, noch wirtschaftlich.

Für Volleinspeisungsanlagen ab 301 Kilowattpeak wurde das Ausschreibungsvolumen der Bundesnetzagentur für 2022 von jetzt 300 Megawatt auf 2,3 Gigawatt massiv erhöht. Wenn man davon ausgeht, dass es zunächst nicht genügend Projekte geben wird und die Zuschläge daher zu Maximalpreisen um neun Eurocent pro Kilowattstunde erteilt werden, wird das auch zu einem Boom bei den Neuinstallationen führen. Aber auch die Ausschreibungsbedingungen wurden hier bereits verbessert. Insbesondere die zu hinterlegende Sicherheitsleistung wurde von 70 Euro wurde auf 35 Euro pro Kilowattpeak gesenkt. Damit werden dann voraussichtlich auch wieder mehr Projekte an der Ausschreibung teilnehmen können.

Photovoltaik-Anlagen bis 300 Kilowattpeak ohne Eigenverbrauchslösung sind bei der aktuell gültigen Einspeisevergütung von 5 bis 6 Eurocent pro Kilowattstunde weiterhin nicht wirtschaftlich. Der neue Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat hier aber eine Novellierung des EEG bereits zum April 2022 angekündigt. Hierbei wurde insbesondere auch die Erhöhung der Einspeisevergütungen für dieses Segment avisiert. Wenn dies umgesetzt wird und die Einspeisevergütung auf das aktuell erforderliche Preisniveau der Projektgestehungskosten angepasst wird, dürfte auch dieses Marktsegment wiederbelebt werden. Es gibt sehr viele Projekte in diesem Segment, die aktuell „on hold“ stehen und die bei entsprechenden Rahmenbedingungen sehr kurzfristig realisiert werden könnten.

Trotz des sich abzeichnenden Booms wird das von der Bundesregierung formulierte Ziel für 2030, nämlich eine zusätzlich zu installierende Photovoltaik-Leistung in Deutschland von etwa 140 Gigawatt auf dann insgesamt 200 Gigawatt, unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht erreicht werden. Hierzu wäre ein jährlicher Zubau von mindestens 15 Gigawatt über alle Segmente hinweg erforderlich, der auch unter den beschriebenen verbesserten Bedingungen nicht vorstellbar ist. Hierzu wären weitere Maßnahmen wie eine Erhöhung der Ausschreibungsvolumina auf insgesamt zehn Gigawatt pro Jahr – von gesetzlich aktuell festgelegten rund sechs Gigawatt für 2022 und nur zwei Gigawatt für 2023 – und eine Öffnung der Ausschreibungen für Projekte ab 100 Kilowattpeak erforderlich. Gegebenenfalls ist auch über eine Aufnahme von Eigenverbrauchsprojekten zu diskutieren. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso nur Volleinspeisungsprojekte an den Ausschreibungen teilnehmen dürfen. Leider bleibt aber auch nach Verwirklichung aller dieser Ideen noch die eine zentrale Frage, die schon vergangenen Monate gestellt wurden – wo kommen die Fachkräfte her, dies alles umzusetzen und aufzubauen?

Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im Februar 2022 inklusive der Veränderungen zum Vormonat (Stand 18.02.2022):

 

Über die Autoren

Martin Schachinger ist studierter Elektroingenieur und seit über 20 Jahren im Bereich Photovoltaik und regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die international bekannte Online-Handelsplattform pvXchange.com, über die Großhändler, Installateure und Servicefirmen neben Standardkomponenten auch Solarmodule und –wechselrichter beziehen können, welche nicht mehr hergestellt werden, aber für die Instandsetzung defekter Photovoltaik-Anlagen dringend benötigt werden.

Tobias Kurth ist Gründer und CEO der DETO Solarstrom GmbH. Seit 2010 projektiert und errichtet er mit seinen Firmen Photovoltaik-Anlagen in Deutschland. Die DETO Solarstrom GmbH betreibt aktuell bundesweit rund 100 MWp Photovoltaik-Anlagen, hauptsächlich als Aufdachanlagen. Dafür pachtet die Firma große Dachflächen auf Landwirtschafts-, Gewerbe- und Industriegebäuden, aber auch Freiflächen. Seit 2021 verschiebt sich der Fokus dabei zunehmend von Volleinspeisungsanlagen zu integrierten Eigenverbrauchslösungen von Mieterstrom bis Energiecontracting.

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