Green City in finanzieller Schieflage

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Mitte Dezember präsentierte die Münchener Green City Energy AG Anlegern ein unangenehmes, verfrühtes „Weihnachtsgeschenk“: In einer Pflichtveröffentlichung teilte das Münchner Unternehmen mit, im Jahr 2021 habe es mehr als die Hälfte des Grundkapitals verloren. Zugleich lud es für den heutigen Donnerstag zu einer außerordentlichen Hauptversammlung ein. Dort sprachen sich die Aktionäre nach Angaben von Green City Energy dagegen aus, die Vorstände für das Geschäftsjahr 2019 zu entlasten.

Betroffen sind aber nicht nur Aktionäre, sondern auch die Anleger der Gesellschaften Green City Energy Kraftwerkspark II GmbH & Co. KG, Green City Energy Kraftwerkspark III GmbH & Co. KG sowie der Green City Solarimpuls I GmbH & Co. KG, die jeweils börsennotierte Schuldverschreibungen emittiert haben. Green City Energy Kraftwerkspark II sei möglicherweise drohend zahlungsunfähig sowie möglicherweise überschuldet, hieß es in dem Schreiben. „Die Green City Energy Kraftwerkspark III GmbH & Co. KG und die Green City Energy Solarimpuls I GmbH & Co. KG könnten möglicherweise drohend zahlungsunfähig sowie möglicherweise überschuldet werden.“ Im Klartext: Den Anlegern könnte schlimmstenfalls ein Totalausfall drohen. Finanzexperten äußerten gegenüber pv magazine die Befürchtung, dass auch weitere Anlagemöglichkeiten der Gruppe betroffen sein könnten, bei denen die Veröffentlichungspflichten nicht so streng reguliert sind, wie bei den börsennotierten Wertpapieren.

Als Grund für die Situation führte das Unternehmen Verzögerungen bei Projekten, Wertberichtigungen bei Projektrechten und Rückstellungen sowie niedirgere Werthaltigkeit von Energieprojekten als bislang angenommen an. Ein Restrukturierungskonzept sollte mit der Beratungsgesellschaft Demps & Partner erarbeitet und den Aktionären auf der außerordentlichen Hauptversammlung vorgestellt werden.

Ohne Großaktionär geht nichts

Dort räumte der Vorstand nach Angaben der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), die einen Vertreter vor Ort hatte, ein, dass zwar mit einem Investor exklusiv gesprochen werde, es aber zu Beginn der Hauptversammlung noch nicht – wie geplant – eine Vereinbarung gebe. Green City Energy bleibt vage und will nach eigenen Angaben ein Restrukturierungskonzept erst vorlegen, wenn die Gespräche weiter fortgeschritten sind. Tagesordnungspunkte, die ein bedingtes Kapital vorsahen, seien von der Tagesordnung gestrichen worden, da diese keine Aussicht auf Zustimmung gehabt hätten, erklärt SdK-Sprecher Daniel Bauer auf Anfrage von pv magazine. „Das heißt für uns, dass der Großaktionär, Green City e.V., einer Verwässerung seiner Anteile durch eine Kapitalerhöhung nicht zustimmen dürfte.“ Es scheine unterschiedliche Auffassung zum Sanierungskonzept zu geben. Innerhalb der AG müssen sich die Aktionäre einigen. Dort hält der Green City e.V. laut Internetseite 53,6 Prozent der Anteile, die Mitarbeiter vereinen weitere 11,1 Prozent auf sich.

Es scheint, dass es zahlreiche Baustellen auch aufgrund der komplexen Unternehmensstrukur gebe, sagt Bauer. „Der Vorstand wollte eine Insolvenz der Gesellschaft nicht ausschließen.“ Die Anlegerschutzgemeinschaft versuche derzeit, Anleger zu bündeln, um deren Interessen wahrzunehmen. „Aktuell läuft alles ohne Einbeziehung der Privatanleger, was eigentlich kein Zustand ist“, kritisiert Bauer und fordert nicht nur ein fundiertes Konzept für die Zukunft, sondern auch, die Vergangenheit aufzuarbeiten.

Verdacht der Insolvenzverschleppung

Dazu gehört auch, zu klären, seit wann die finanziellen Probleme im Unternehmen bekannt sind und ob es rechtzeitig darüber informiert hat. Erst vergangenes Frühjahr hatte es eine Anleihe mit einem Volumen von zehn Millionen Euro emittiert. In der zweiten Jahreshälfte 2021 folgten weitere fünf Millionen, nur wenige Monate, bevor Green City Energy die finanzielle Schieflage publik machte. „Der Verdacht der Insolvenzverschleppung liegt nahe“, sagt Ralph Veil, Rechtsanwalt in der auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Kanzlei Mattil, der Anleger in der Sache vertritt.

Zuvor hatte Ende Januar 2021 Finanzvorstand Marcus Jentsch nach nicht mal einem Jahr im Amt das Unternehmen verlassen. Der ehemalige Finanzchef Frank Wolf übernahm kommissarisch, bis im September Heike von der Heyden den Posten übernahm. „Da sind die von Bord gegangen, die den Einblick haben“, sagt Veil.

Schon vor ein paar Jahren hatte Green City Energy Probleme. Damals bezogen sich diese allerdings lediglich auf eine Anlagemöglichkeit, den Kraftwerkspark I. Hier hatte sich das Unternehmen verkalkuliert und die versprochenen Renditen für ausgegebene Genussrechte nicht erwirtschaftet. Eigentlich sollten die Investoren ihr Geld zurückerhalten. pv magazine liegt allerdings die Aussage eines Anlegers vor, er habe weder auf telefonisches noch auf schriftliches Nachhaken eine Überweisung erhalten. Die schriftliche Anfrage sei nicht einmal beantwortet worden. Das Unternehmen wollte sich gegenüber pv magazine kurzfristig nicht äußern, sagte aber eine Prüfung bis Anfang kommender Woche zu.

Verluste für Anleger

Die Anleger sind verunsichert. „Wir haben viele Anrufe“, bestätigt Marcus Pfingsten, leitender Mitarbeiter in der Vermögensverwaltung bei der GLS-Bank, die die Anleihen der Kraftwerkspark II vertrieben hat. Weiter äußert sich die Bank derzeit nicht.

An der Börse war der Handel mit Anleihen aus dem Green-City-Umfeld vorübergehend ausgesetzt. Mittlerweile werden wieder Kurse gestellt, mit Abschlägen von teilweise deutlich mehr als 50 Prozent gegenüber den Kursen vom Dezember 2021. Die Aktien werden über eine hauseigene Handelsplattform gehandelt. Dort verlangen Verkäufer derzeit zwischen 18 und 26 Euro. Kaufangebote betragen jedoch lediglich 10,60 beziehungsweise 12,80 Euro.

In Finanzkreisen heißt es, die Aktionäre seien von einer Insolvenz stärker bedroht als andere Investoren. Aber auch die Eigentümer von Anleihen könnten durchaus Probleme bekommen, da die Green City Energy AG auch Schuldner von Beteiligungsgesellschaften sei.

Gegen Ende des Jahres hatte das österreichische Unternehmen mmw versucht, mit niedrigen Kaufangeboten Green-City-Wertpapiere zu erwerben. Bereits in der Vergangenheit versuchte das Unternehmen, Wertpapiere maroder Firmen günstig zu erwerben.

Für Rechtsanwalt Veil reiht sich Green City in die Gruppe zahlreicher weiterer Anbieter von Geldanlagen aus dem Bereich erneuerbare Energien wie UDI und Leonidas ein. „Wir sehen in diesem Bereich derzeit große Schwierigkeiten und viel Restrukturierungsbedarf“, sagt der Jurist. Auch Aufsichtsbehörden und Staatsanwälte beschäftigen sich mit den Fällen. Es gehe unter anderem um unerlaubtes Einlagengeschäft und Betrug. (Jochen Bettzieche)

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