Seit Monaten erklimmen die Preise an der Strombörse immer neue Höhen. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die Strompreisrallye in der Weihnachtswoche. Nach der Analyse des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) der Universität Köln kostete der Strom im Großhandel in der 51. Kalenderwoche 2021 im Mittel 293 Euro pro Megawattstunde. Für das Gesamtjahr ermittelte das EWI einen Wert von 97 Euro pro Megawattstunde – dies ist mehr als dreimal soviel wie im Jahr 2020.
In der Kurzanalyse „Strompreise im Jahr 2021 auf Rekordniveau“ sind die Gründe für diese Entwicklung aufgezeigt, die mittlerweile mehrere Strom- und Gasanbieter in die Insolvenz getrieben haben. „Im Jahr 2020 war die Nachfrage nach Strom, Erdgas und Steinkohle in Folge der sich weltweit ausbreitenden Corona-Pandemie eingebrochen“, erklärt EWI-Forscher Eren Çam. „Deshalb war Strom 2020 deutlich günstiger als im Jahr 2019. Im Laufe des Jahres 2021 hat sich die Weltwirtschaft aber erholt, sodass die Brennstoffpreise sprunghaft angestiegen sind. Vor diesem Hintergrund und in Folge hoher CO2-Preise sind dann die Strompreise im vergangenen Jahr – insbesondere ab Juli – besonders stark gestiegen.“
Wesentlich für die explodierenden Strompreise waren dem die Rekordpreise für Gas, für das im vergangenen Jahr zeitweise mehr als 150 Euro pro Megawattstunde gezahlt werden musste. Infolge des kalten und langen Winters waren die europäischen Gasspeicher leerer als üblich. Auch zu Beginn der neuen Heizsaison hätten sie aufgrund der angespannten Marktbedingungen noch auf unterdurchschnittlichem Niveau gelegen. Dies lag auch daran, dass sich die globale Gasnachfrage gegenüber 2020 deutlich erholte und ein Großteil des verfügbaren Flüssiggas-Angebots nach Asien ging, wie es vom EWI hieß. Dazu kamen noch Infrastrukturausfälle und Wartungsarbeiten sowie weniger Gaslieferungen aus Russland als angenommen.
Parallel zum Gaspreis stiegen auch die Preise für Steinkohle im vergangenen Jahr deutlich an. „Ein Beispiel: In der Stromerzeugung ist Kohle eine Alternative zu Gas. Wenn Gas besonders teuer ist, springen Steinkohle-Kraftwerke ein, sodass die Nachfrage steigt und somit auch der Preis“, erklärte EWI-Forscher Fabian Arnold. Der weltweit hohen Nachfrage habe dabei nur ein eingeschränktes Angebot gegenübergestanden. Wetterkapriolen in Indonesien, China, Australien und den USA führten zu diversen Engpässen. Zusätzlich seien logistische Probleme durch technische Störungen aufgetreten und durch einen verzögerten Schiffsverkehr seien auch die Transportkosten im vergangenen Jahr gestiegen.
Als dritten wesentlich Grund für die Strompreise auf Rekordniveau werden die höheren Kosten für CO2-Zertifikate angeführt. „Da Stein- und Braunkohlekraftwerke einen höheren CO2-Ausstoß haben als Gaskraftwerke, steigt mit einem Wechsel von Gas- auf Kohlestrom der Bedarf an CO2-Emissionszertifikaten“, so Çam. Die höhere Nachfrage in Verbindung mit der Verschärfung der europäischen Klimaziele und geringer Windeinspeisung führte zu Rekordpreisen von fast 90 Euro pro Tonne CO2.
All diese Faktoren beeinflussten die Grenzkosten der fossilen Kraftwerke und damit die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke am Strommarkt – die sogenannte Merit-Order. Nach diesem Effekt wird der Strompreis ermittelt, wobei das letzte Kraftwerk, was zur Deckung des Strombedarfs gebraucht wird, den Preis setzt. Die durchschnittlichen Grenzkosten der Gas- und Kohlekraftwerke lagen dem EWI zufolge im Jahr 2021 auf einem deutlich höheren Niveau als in vergangenen Jahren. Dabei hätten jedoch vor allem die Kohlekraftwerke profitiert, da sie den Anstieg der Gas- und CO2-Preise überkompensieren konnten.
Ob sich die Entwicklung in diesem Jahr fortsetzt, hängt nach Ansicht der EWI-Forscher maßgeblich davon ab, wie es auf dem Gasmarkt weitergeht. Langfristig werde die weitere Stilllegung von Atom- und Kohlekraftwerken die Merit-Order der konventionellen Kraftwerke verändern.
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Zitat aus dem Artikel.:
All diese Faktoren beeinflussten die Grenzkosten der fossilen Kraftwerke und damit die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke am Strommarkt – die sogenannte Merit-Order. Nach diesem Effekt wird der Strompreis ermittelt, wobei das letzte Kraftwerk, was zur Deckung des Strombedarfs gebraucht wird, den Preis setzt. Zitat Ende
Das alles erinnert mich an 2005.
Schaut mal hier:
https://taz.de/!280669/
Gegenwärtig müssen reihenweise kleine Versorger, die keine Erzeuger sind, und nur vom Kaufen und Verkaufen leben, Insolvenz anmelden. Bin mal gespannt, wenn man mal was von EON hört. Die sind ja seit dem DEAL mit RWE auch nur noch Käufer und Verkäufer.
Und warum die Gaskraftwerke plötzlich wieder die Preis bestimmenden Grenzkraftwerke sein müssen, bleibt für mich als langjähriger Beobachter auch ein Rätsel. Zumal noch kein einziges AKW vom Netz gegangen war, als die Preise so rapide anstiegen.
Schaut Euch mal hier das Preis setzende Merit Oder System an.
https://de.wikipedia.org/wiki/Merit-Order
Ganz links, noch vor den gelben AKW werden die EE angeboten, und verdrängen rechts die teuersten Gaskraftwerke. Was bei den niedrigen Börsenpreise von 2011 bis 2016 ja auch kontinuierlich der Fall war.
Siehe hier:
https://www.iwr-institut.de/images/seiteninhalte/presse/grafiken/strompreis_terminmarkt.png
Fakt ist, das Angebot bestimmt den Preis. Und Anbieter sind die „Erzeuger“ das kann man dem obigen Link von 2005 entnehmen. Dazu kommt, dass das Ab regeln von Windrädern — die auch rechts verdrängen — auch in deren Hände liegt.
Das ist nun lediglich eine Darstellung von Gegebenheiten, und beileibe keine Unterstellung.
Hallo Herr Diehl ,
Fakt ist : Das Angebot bestimmt den Preis !
Und genau das ist in Deutschland noch unser Problem ! Erzeuger wie RWE Power treiben gerne solche Spielchen mit dem Verbraucher. Ist die Nachfrage groß , wird weniger produziert. Der Preis kann so weiter künstlich in die Höhe getrieben werden. Aber es geht noch schlimmer .
Da ich regelmäßig die Braunkohleproteste am Tagebaurand Garzweiler besuche, ist mir des öfteren schon aufgefallen, das besonders an windigen Tagen die früh Morgens noch aktiv sich drehenden Windräder ihren Geist nach und nach aufgeben und sich nicht mehr drehen. Gleichzeitig beginnen sich am Demo Wochenende die Schaufelräder der Braunkohlebagger intensiv zu drehen. So nach dem Motto : Es geht nicht ohne Kohle . Ist die Demo vorbei und der Tag nähert sich dem Ende, funktionieren bei Eintreten der Dämmerung die Windräder plötzlich wieder. Alle gleichzeitig mit der Reparatur fertig geworden ? Wohl kaum ! Für mich steckt da das Verarschungssystem der Stromproduzenten dahinter. So nach dem Motto : Wir regeln das schon so ,wie es für uns als Energie Produzent am meisten Gewinn bringt. Die Regierung sollte sich also möglichst rasch um den Ausbau der erneuerbaren kümmern. Und das geht nur mit Anreizen zur Dezentralen Eigenversorgung der Bürger. Aber bitte doch ohne die von Altmaierechen eingeführte Sonnensteuer welche ja auch noch gegen EU Recht verstößt ! An meiner Grundstücksgrenze hört also für mich das Steuerspielchen auf liebe Ampelvertreter ! Die Sonne steht jedem Erdbürger kostenlos zur Verfügung ! Oder ist die Deutsche Regierung doch schon dabei das Chinesische System zu übernehmen ? Gruß ! Michael
Die Kohle, die dort gebaggert wird, wird nicht innerhalb weniger Minuten verbrannt, das ist dort ein normaler Arbeitstag.
Also solche Verschwörungstheorien sind absurd, Windräder haben Einspeisevorrang und wenn die aufhören, sich zu drehen, dann weht schlicht nicht genug Wind oder so viel, dass zu viel Strom erzeugt wird und abgeregelt werden müssen.
Das ist nämlich gemäß Satz von Bienayme so. Die Varianz von wetterabhängigen Zufallsstromerzeuger nimmt mit steigender Anzahl Anlagen immer weiter zu.
@Michael, so drastisch würde ich es nicht formulieren.
Jedoch scheint das hier aufgezeigte Verhalten zur Preisfindung auf einen nicht wirklich freien Markt hin!
Die neue Bundesregierung täte gut daran, das offensichtliche bestehende Dickicht des Strommarktes vollständig und umfassend auf die definierten eigenen Ziele zu durchforsten und gehörig auf zu räumen.
Welche Art von Strommarkt soll in 2040 existieren oder übrig bleiben?
Wird es noch eine EONs oder RWEs geben oder werden die Märkte auch ohne diese auskommen werden?