Forscherteams am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und am Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE sind dabei, eine Erneuerbare-Energien-Modulfassade zu entwickeln. Der Clou an dem Projekt: sie soll nicht nur das Gebäude mit Solarstrom versorgen, sondern auch die Räume heizen, kühlen und lüften. Herzstück des Moduls sei die Photovoltaik-Anlage, die mit einer Wärmepumpe als hocheffizientem Wärme- und Kälteerzeuger sowie einen dezentralen Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung kombiniert werde, erklärten die Fraunhofer-Wissenschaftler. Alle erforderlichen Bauteile für die Anlagentechnik seien dabei in dem Fassadenelement untergebracht, was einen hohen Vorfertigungsgrad ermöglicht. Ziel des Forschungsprojekts sei die Entwicklung einer kostengünstigen modularen Sanierungs- und Neubaufassade. Die Sanierung solle dabei minimalinvasiv erfolgen.
„Wir renovieren nicht das komplette Gebäude, sondern nur die Fassade. Die alte Fassade wird künftig durch neue industriell vorgefertigte Module mit integrierter Anlagentechnik ersetzt, was sie somit multifunktional macht und an die neuen Energiestandards anpasst“, erklärte Jan Kaiser, Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer IEE. Die gesamte Heiz-, Kühl- und Lüftungstechnik für den dahinterliegenden Büroraum werde in die Fassade integriert. Da die Heiz- und Lüftungstechnik bereits integriert ist, müssen keine neuen Rohre im Gebäudeinneren verlegt werden, wie es weiter hieß. Die Fassade müsse allerdings über einen Stromanschluss verfügen, um die Räume auch in Zeiten ohne Solarstromerzeugung klimatisieren und lüften zu können.
Die Erneuerbaren-Modulfassade sei vor allem für Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Schulen bestimmt, die in der in den 1950 bis 70iger Jahren üblichen Skelettbauweise errichtet wurden. Anstelle von tragenden Wänden hielten dabei Stahlbetonstützen die Geschossdecken. Bei der Sanierung werden den Fraunhofer-Forschern zufolge die alten Fassadenelemente abgenommen, und die neuartigen, geschosshohen Module werden vor der Gebäudestruktur eingehängt. Eine einzelne Technikeinheit der Modulfassade sei 1,25 Meter breit und 30 Zentimeter tief und könne jeweils einen etwa 24 Quadratmeter großen Raum versorgen.
Die integrierten Photovoltaik-Elemente erzeugten Strom und versorgten die einzelnen Anlagenkomponenten. Zugleich fungiere die Wärmepumpe als Wärme- und Kälteerzeuger, die auch für eine intelligente Regelung der Energieströme verantwortlich sei. Aus einer Einheit Strom könne sie drei bis vier Einheiten Wärme produzieren, so die Forscher. Über einen im Luftspalt hinter dem Modulelement montierten Ventilatorkonvektor entzieht sie die Wärme der Außenluft und gibt sie ebenfalls über einen Ventilatorkonvektor als Heizwärme an den dahinterliegenden Raum ab. Wenn sie kühlen statt heizen muss, werde der Kreislauf umgekehrt, dabei entzieht sie die Wärme der Innenluft und führt sie an die Außenluft ab. Eine integrierte dezentrale Lüftungstechnikeinheit regele den Luftwechsel und die Wärmerückgewinnung. Wegen der gezielten Verschaltung von Luftklappen wird nur ein Ventilator benötigt, was den Stromverbrauch minimiert. Ein Lüftungsgerät wechsele dabei zyklisch zwischen Zu- und Abluftbetrieb. Vakuumdämmelemente sorgten zusätzlich für den Wärmeschutz.
Das Verbundforschungsvorhaben wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert, wie es von den Fraunhofer-Instituten weiter hieß. Projektpartner sind die Implenia Fassadentechnik GmbH als Konstrukteur der Modulfassade. Die Lare GmbH Luft- und Kältetechnik entwickelt die Wärmepumpe und die LTG AG ergänzt den Bereich dezentrale Lüftung. Derzeit werde ein Demonstrator der Erneuerbaren-Energien-Modulfassade an der Südfront der Versuchseinrichtung für Energetische und Raumklimatische Untersuchungen (VERU) inklusive eines dahinterliegenden Versuchsraums in Holzkirchen getestet. Erste Ergebnisse zeigten, dass das Zusammenspiel gut funktioniere. Einzelne Bauteile werden von den Fraunhofer-Forschern aktuell weiter optimiert. Bei den Tests komme umfangreiche Messtechnik zum Einsatz. Es werden unter anderem Parameter wie Lufttemperatur, Luftfeuchte und Luftgeschwindigkeit auf unterschiedlichen Höhen sowie die Beleuchtungsstärke ermittelt, di e als Kennwerte für die Behaglichkeit im Raum relevant seien. Die elektrischen Verbräuche der Einzelkomponenten der Technikeinheit der Modulfassade werden ebenso aufgezeichnet wie Erträge des Photovoltaik-Elements, um daraus eine Energiebilanz zu berechnen.
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Guten Tag Frau Enkhardt,
ich bin PV-Anlagenbeditzer auf dem Dach unseres Einfamilienhauses in Marburg (Mittelhessen) und ehemaliger Physiklehrer.
Die Idee, Fassaden in der beschriebenen Weise zu nutzen, finde ich genial. Da gibt es bundesweit ein großes Potential an öffentlichen Gebäuden (Schulen) und Bürogebäuden.
Leider nur habe ich bei der eigenen Anlage, die seit Juli letzten Jahres in Betrieb ist, feststellen müssen, dass im Winter (insbesondere in diesem trüben, meist wolkenverhangenen Winter) die tatsächlichen Erträge drastisch zurück gehen! Gerade im Winter, wenn doch ein größerer Energiebedarf (für Heizung – Wärmepumpe, Licht) besteht, liefert die PV Anlage kaum etwas. Die Erträge liegen trotz moderner Modultechnik mit entsprechend hohem Wirkungsgrad lediglich bei etwa 5 – 10% der Sommermonate. Das ist recht ernüchternd und weist darauf hin, dass mit dieser Technologie alleine unsere Energieversorgung der Zukunft nicht zu gestalten ist.
Mit freundlichen Grüßen aus Marburg,
Peter Wagner
Zum Glück sind die Energieerträge aus Windkraft im Jahresverlauf konträr zur Solarausbeute. Im Winter weht der Wind deutlich stärker als im Sommer. Der Ausbau beider Energieträger muss in einer solchen Dimension erfolgen, dass mit dem dann ständig entstehenden Überschuss Wasserstoff produziert werden kann.
Durch die senkrechte Positionierung der PV Module an der Wand sollte bei der tief stehenden Sonne im Winter mehr Ertrag möglich sein als auf einem Dach.
Tolle Lösung von Fraunhofer.
Also meine PV ist größtenteils 51 Grad, Ost-West. Aber egal wie steil die Dinger stehen, in den kältesten Monaten des Jahres ist es nicht umsonst kalt – es gibt da einfach nur einen Bruchteil der Sonneneinstrahlung verglichen mit dem Sommer. Durch die tiefstehende Sonne potenziert sich der Effekt von von Wolken, darüberhinaus ist die Sonnenscheindauer wesentlich geringer. Also man kann es drehen und wenden wie man will, in den kältesten 3-4 Monaten des Jahres kann PV allenfalls einen symbolischen Beitrag liefern.