Gerade einmal etwas mehr als die Hälfte des Schienennetzes in Deutschland ist auch elektrifiziert. Im Personen-Nahverkehr werden demnach 83 Prozent der Verkehrsleistung elektrisch erbracht. Beim Personen-Fernverkehr sind es immerhin 98 Prozent, wie der Verein für Verkehrspolitik „Allianz pro Schiene“ schätzt. Die Deutsche Bahn will offenbar mehr und setzt dafür auf Wasserstoff. Sie hat mit Siemens Mobility das Projekt „H2goesRail“ ins Leben gerufen.
Auf einer Probestrecke zwischen Tübingen, Horb und Pforzheim planen die Projektpartner, ab Anfang 2024 ein Wasserstoffzug Berufspendler klimaneutral an ihr Ziel bringen. Der dafür benötigte Wasserstoff soll nicht nur grün, sondern auch lokal produziert werden. Die Technologie liefert das auf die Integration von erneuerbaren Energien und Elektrolyseuren spezialisierte Unternehmen Lhyfe. Es werde daher an dem Pilotprojekt mitwirken und einen Elektrolyseur des dänischen Unternehmens Green Hydrogen Systems in Tübingen aufstellen. Ausschließlich durch erneuerbare Energieträger gespeist, soll die Anlage pro Jahr 30 Tonnen grünen Wasserstoff herstellen und so den Wasserstoffzug „Mireo Plus H“ von Siemens Mobility mit Kraftstoff versorgen.
„In Frankreich arbeiten wir bereits eng mit einer Vielzahl an Kommunen zusammen“, sagt Luc Graré, Head of International Business bei Lhyfe. „Diese Expertise bringen wir jetzt auch nach Deutschland. Die Chance, gemeinsam mit der Deutschen Bahn dieses Pilotprojekt in Tübingen zu etablieren, setzt ein klares Zeichen – der Wandel ist da und er ist gewollt. Die Dekarbonisierung des Transportsektors, ob Schiene oder Straße, ist ein wichtiger Hebel für die europäischen Klimaziele.“
Siemens Mobility und die Deutsche Bahn arbeiten seit einem Jahr gemeinsam an Lösungen für die Streckenabschnitte, auf denen keine Oberleitungen zu finden sind. Dort rollen derzeit dieselelektrische Loks, die es im Zuge der Verkehrswende auszurangieren gilt. Wasserstoffbetriebene Züge bieten eine Alternative. So hat Siemens Mobility angekündigt, einen Wasserstoffzug, den „Mireo Plus H“, zu entwickeln. Darüber hinaus will der Technikriese gemeinsam mit Partnerunternehmen Erzeugungs-, Betankungs- und Verteilsysteme entwickeln. Neben der Strecke von Tübingen nach Pforzheim kündigte Siemens schon im Juli an, einen Wasserstoffzug der Reihe Wasserstoffzug „Mireo Plus H“ zwischen Augsburg und Füssen pendeln zu lassen. Der Zug hat neben zwei Brennstoffzellen eine Reihe von Batterien, die ihm eine Reichweite von 800 Kilometern geben.
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„Der Zug hat neben zwei Brennstoffzellen eine Reihe von Batterien, die ihm eine Reichweite von 800 Kilometern geben.“
Warum ist das dann ein „Wasserstoffzug“ und kein „Batteriezug“? – Kann mir das nur aufgrund des Wasserstoff-Hypes vorstellen.
Interessant wäre ein Kostenvergleich zwischen einem reinen batterieelektrischen und einem H2-betriebenen Zug – ich bin sicher, dass der reine Elektrozug gewinnt …
Schienengebundene Fahrzeuge mit Wasserstoff zu versorgen ist sicher keine lange Zukunft beschieden. Das geht billiger und mit besserer Effizienz mit Oberleitungen. Auch Mischsysteme, bei denen die Oberleitung nur in den Bahnhöfen Batterien im Zug auflädt, und dann noch das Anfahren begleitet, wären denkbar. In der gegenwärtigen Umbauphase unserer Energieversorgung könnte es sein, dass der gut kalkulierbare Wasserstoffbedarf und die vergleichsweise überschaubare Versorgungsinfrastruktur solche Wasserstoff-Zug-Projekte attraktiv machen. Der Renner wird das aber nicht werden.
Zur Ergänzung: Es wird ja im Gegenteil daran gearbeitet, dass für den LKW-Verkehr Oberleitungen auf Autobahnen gebaut werden. Pilotprojekte dazu gibt es in Schweden und in Schleswig-Holstein.
Hoffentlich gehen nicht zu viele Fördergelder in dieses fragwürdige Projekt. Ohne die wird es nämlich kaum finanzierbar sein, und daran wird sich auch so schnell nichts ändern.
Dem Kommentar von Rene stimme ich bei.
Vielleicht noch besser: Die Elektrifizierung der betreffenden Streckenabschnitte. Keine technische Höchstleistung, wahrscheinlich für 100 Jahre gut und die höchste Effizienz.
Ist schon bescheuert – in Schleswig Holstein haben sie schon den Vergleich zwischen H2- und Batteriezug gemacht – der H2 Zug hat haushoch verloren und wurde zurückgegeben. Besonders H2-Bereitstellung, Kosten und Wartungsaufwand waren die Gründe.
So leicht geht das nicht mit der Oberleitung. Man muss nicht nur ein paar Masten stellen und ein paar Kupferkabel an ihnen aufhängen. Die Bahn fährt mit anderer Frequenz beim Strom und es müssen ganz separate Umspannwerke gebaut werden. Es geht hier um die Strecken, welche wenig rentabel sind, deswegen sind sie auch nicht elektrifiziert, da dies die billigere Variante war und ist.
Zu Rene: jedes wasserstoffbetriebene Fortbewegungsmittel wird mit einem Elektromotor angetrieben. Wasserstoff benötigt den dreifachen Energiebedarf, da der Strom in Wasserstoff und dann wieder in Strom umgewandelt werden muss. Dabei entstehen ca 70 % Verlust. Die neuen E-Züge kommen auf einen Wirkungsgrad bis zu 85%. Damit kann man aber bisher nur maximal 60 bis 100 km ohne Stromanbindung zurücklegen. Die Batterien müssen auf dem Dach verbaut werden, um auch Rollstuhlfahrern einen ebenen Einstieg zu ermöglichen.
Zu jogi 54: Wasserstofftankstellen kosten Millionen und auch die Wartung der Züge mit diesem Antrieb sind sehr teuer. In Niedersachsen werden aber Windräder abgestellt, da die Strommenge nicht abtransportiert werden kann. Deswegen setzt man auch auf die zentrale Wasserstofferzeugung gerade in Niedersachsen, da mit den Windrädern über die doppelte Menge Strom erzeugt wird, als vor Ort verbraucht wird. Wenn man diesen grünen Strom in Wasserstoff umwandelt, dann sehen die Kosten ganz anders aus, da diese Energie auch noch prima gespeichert werden kann. Die Elektrozüge werden ihren Reichweiten durch neue Technik immer weiter ausdehnen, aber es wird immer Strecken geben bei denen der Wasserstoff die bessere Alternative ist. Ob das an der Länge der Strecke liegt, oder an der Verfügbarkeit von großen Stromleitungen für die Elektrifizierung, werden sich die Entscheider schon überlegt haben.