In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Warnungen, Deutschland droht angesichts des Atomausstiegs und der beginnenden Stilllegung von Kohlekraftwerken eine erhebliche Versorgungslücke in den kommenden Jahren. Die Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) teilen diese Ansicht nicht, wie sie mit aktuellen Berechnungen belegen. „Wenn die letzten sechs Kernkraftwerke bis Ende 2022 vom Netz gehen, hat dies keine nennenswerten Auswirkungen auf die Stromkapazitäten insgesamt, die Lichter in Deutschland werden nicht ausgehen“, sagt Studienautorin Claudia Kemfert. Sie geht sogar noch weiter: „Im Gegenteil: Die Abschaltung ebnet den Übergang zum überfälligen Ausbau der erneuerbaren Energien. Kernenergie war von Anfang an unwirtschaftlich und geprägt von nicht kalkulierbaren Risiken.“
In einem speziellen Strommarktmodell hat das DIW Berlin die Auswirkungen der Abschaltung der sechs verbliebenen AKW auf die Stromflüsse und den Energiemix untersucht. Drei der Kraftwerke gehen noch in diesem Jahr vom Netz und die drei anderen dann bis Ende 2022 – zusammen haben sie eine Nettoleistung von acht Gigawatt. Nach der Analyse der Wissenschaftler erzeugten sie 2020 insgesamt 11,3 Prozent des Stroms in Deutschland. Nach Vollendung des Atomausstiegs sei übergangsweise mit einem höheren Einsatz fossiler Energien – also von Kohle- und Gaskraftwerken – sowie Stromimporten zu rechnen, so die Berliner Forscher. Kurzfristig werde dies die CO2-Emissionen ansteigen lassen, was aber durch einen beschleunigten Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und anderen Erneuerbaren rasch zurückgeführt werden könne.
Für einen stabilen Netzbetrieb müsse zudem das Engpassmanagement etwas angepasst werden. Es sei eine regionale Senkung und Erhöhung von Kraftwerkseinspeisungen notwendig. „Dies ist aber problemlos möglich, weil die dafür zusätzlich benötigte elektrische Energie noch im üblichen Schwankungsbereich der vergangenen Jahre liegt“, erläutert Studienautor Christian von Hirschhausen. Mittelfristig sei es dann notwendig, das Stromsystem in Deutschland auf erneuerbare Energien in Kombination mit Speichern umzustellen und die Flexibilität zu steigern. Zusätzlich müsse an der Einbindung in des europäische Stromsystem festgehalten werden, um Schwankungen auszugleichen, heißt es weiter.
Das DIW Berlin spricht sich klar gegen aufkommende Forderungen aus, die Laufzeiten für die verbliebenen AKW zu verlängern. Auch die geplante Aufnahme der Kernkraft als nachhaltige Energie in die EU-Taxonomie halten die Wissenschaftler für falsch. Vielmehr müssten die Subventionen für Atomkraft europaweit gestrichen und nicht neu eingeführt werden. „Atomenergie ist ein Auslaufmodell, Laufzeitverlängerungen oder Investitionen in vermeintlich sichere neuartige Kernkraftwerke wären ein Irrweg“, erklärte Studienautor Ben Wealer. Auch mit Blick auf die Endlagersuche für den Atommüll sei ein endgültiger Abschied von der Kernenergie hilfreich. „Gesellschaftliche Akzeptanz für die Auswahl eines Endlagers gibt es zudem nur dann, wenn nicht mehr am politisch beschlossenen Ende der kommerziellen Nutzung von Kernenergie gerüttelt wird“, so Wealer weiter. Die Abschaltung der letzten AKW schaffe Planungssicherheit über die zu entsorgenden Mengen radioaktiven Abfalls. Dies sei eine wichtige Voraussetzung, um die Endlagersuche bis 2031 erfolgreich abzuschließen.
Andere Studien sehen Gefahr einer Versorgungslücke ab 2023
Im Herbst 2019 haben der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar), EuPD Research und The Smarter E in einer gemeinsamen Studie bereits vor einer drohenden Stromlücke in Deutschland gewarnt. Diese könnte entstehen, da derzeit die erneuerbaren Energien zu langsam ausgebaut werden, gleichzeitig in den kommenden Jahren sukzessive weitere Atom- und Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Die im Juni 2020 aktualisierte Studie „Energiewende im Kontext von Atom- und Kohleausstieg – Perspektiven im Strommarkt bis 2040″ berücksichtigte dann die jüngsten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen. Nach ihrem Szenario droht bereits 2023 eine Versorgungslücke von 46 Terawattstunden Strom.
Diese Stromlücke könnte trotz eines angestrebten verstärkten Ausbaus der Offshore-Windkraft bis 2030 auf 77 Terawattstunden anwachsen. Damit würden Deutschland rund 12 Prozent des dann erwarteten Strombedarfs fehlen, so die Marktforscher in ihrer aktualisierten Studie aus dem Juni 2020. Sie forderten vor diesem Hintergrund eine deutliche Anhebung der Ausbauziele für Photovoltaik auf acht Gigawatt in diesem Jahr und zwölf Gigawatt ab 2022. Ziele von denen der aktuelle Photovoltaik-Zubau jedoch deutlich entfernt ist.
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Bitte weckt unsere Politiker nicht bei ihrem Schönheitsschlaf. Abgesehen davon haben die grad echt voll viel zu tun mit Wahlprogramm, Stühlerücken und so weiter.
Wenn die irgendwann merken, dass wir evtl. den Zielkorridor der PV und Windkraft anheben müssten werden sie Monate später erst feststellen, dass es weder genügend Materialnachschub noch Fachkräfte zur Installation gibt. Man kann eben die Versäumnisse von Jahrzehnten nicht mal eben wieder gutmachen.
Genau wie in der Coronakrise werden wir es erst dann merken wenn es zu spät ist.
Zumindest sind dann endlich mal die AKWs weg. Das ist doch zumindest mal eine gute Nachricht wert! Und wenn Frankreich dann im Jahr 2040 ihre neuen Super-Mini-AKWs ans Netz bringt werden sie sich sicher ärgern, dass sie den teuersten Strom in Europa produzieren.
Ich empfehle einfach sich mal die Kurve des Agorameters für diesen Monat ab dem 09.11.21 anzusehen, und dann zu sagen, wo der „billige und sichere PV-Strom“ herkommmt?
Abschalten der dreckigen Kohle- und Atom-KW , und her mit dem billigen PV-Strom für die Lücken!
Habeck macht uns die 80%!
Hallo Peter Rentfort. Ich empfehle Ihnen mit ihren Kommentaren in Rente zu gehen! Erneuerbare Energien haben nicht nur den Vorteil, dass sie umweltfreundlicher sind, denn sie sind aus wesentlich preiswerter! Bei einem garantierten CO2 Preis von mindestens 60 € pro Tonne fallen die Kartenhäuser der Befürworter der alten Stromwirtschaft ganz schnell in sich zusammen. Was sich nicht mehr rechnet wird eingestampft. Mit ihrer Dunkelflaute stehen sie doch ganz alleine da, denn die gibt es in der Zukunft nicht mehr! E-Autos und viele dezentrale Speichermöglichkeiten werden das Netz so stabilisieren wie es nötig ist. Auf diesem neuen Markt gibt es sehr viel Geld zu verdienen. Deshalb werden sehr viele Innovationen bis zum Ende des Jahrzehnts für weiterhin bezahlbare Preise sorgen. Es gab die letzten Jahre sehr viele große Firmen welche die Zukunft verschlafen haben. RWE und Eon haben anscheinend endlich verstanden jetzt endlich die Kehrtwende einzuleiten, bevor sie untergehen. Über 50 Milliarden bis 2030 an Investitionen in Netze und Energieparks sind der richtige Weg. Aber wie auch einige Autobauer könnten sie auch schon zu spät dran sein. EnBW lässt grüßen!
@peter rentfort
die Ironie habe ich jetzt nicht verstanden!
Wir reden doch hier um Visionen zur Erledigung von bestehenden Engpässen.
Wenn Sie eine bessere Empfehlung haben, bitte nur zu!
Oder werden Sie sich erst mit Ihren Sponsoren abstimmen müssen?
Wer hier unehrlicher argumentiert?
Ich schreibe hier nur gegen die „Sonne-und-Wind-schreiben-keine-Rechnung“-Lautsprecher.
Ich habe kein Problem damit, wenn bei uns kein AKW mehr produziert, aber ich habe ein Problem damit, wenn man 8-Std/Tag produzierende Stromerzeuger mit 24Std.-Erzeugern vergleicht ohne ergänzende Anmerkungen. Ich habe ein Problem damit, dass zwar bestimmte Erzeuger einen hohen Strompreis erlösen, aber hier nur von sehr niedrigen Strompreisen geredet wird.
Ich habe ein Problem damit, dass einerseits rigorose THG-Reduktionen verlangt werden, aber anderseits gleichzeitig ein gewaltiger Um- und Zubau verlangt wird.
Und das Unternehmen alles mitmachen, womit sie Geld verdienen können, und je mehr umso lieber, wenn andere es bezahlen, dies soll ein besonderes Argument sein??
Oder wenn hier der Umzug von einen Bewohnern von Lützenrath einige Kilometer weiter in bezahlte Neubauten beweint wird, aber der Umzug von Hunderten wegen Arbeitsplatzverlusten mit „na und, endlich“ bejubelt wird.
Einen Sponsor habe ich leider nicht. Und dass meine Ironie nicht besser ist, dass bitte ich zu entschuldigen, aber sie passt vielleicht zum Niveau vieler Beiträge?