1Komma5° lanciert mit THG-Quoten verrechneten Grünstromtarif

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Am Mittwoch hat das Start-up 1Komma5° einen Grünstromvertrag lanciert, von dem Besitzer eines Elektroautos besonders profitieren. Das Besondere an dem Angebot: 1Komma5° wirbt mit 5000 Gratis-Kilometern pro Jahr, die den Kunden zur Verfügung gestellt werden. Bezahlt wird das, durch den Handel mit Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quote), die durch Mineralölkonzerne zu entrichten sind.

„Mit der THG-Quote kann man mittlerweile Erlöse in Richtung 300 Euro und mehr erzielen“, sagt Jannik Schall, Chief Product Officer, Co-Gründer und Erfinder des Stromtarifs von 1Komma5°. “Einige Kunden bekommen das Geld auf ihr Konto, wir finden das langweilig und haben uns was Besseres überlegt.“ Vor ein paar Wochen wurden von den THG-Quoten-Dienstleistern noch Preise um die 160 Euro pro Elektroauto und Jahr angeboten, doch seit einiger Zeit ziehen die Preise nochmal deutlich an, denn je mehr die Konzerne mindern müssen, desto höher der Preis.

Das Gesetzespaket RED II der Europäischen Union legte fest, dass Mineralölkonzerne dazu verpflichtet werden müssen, ihren Ausstoß an Treibhausgasen zu mindern. In diesem Jahr waren das 6 Prozent Minderung, bis 2030 sollen es 25 Prozent jährlich sein. Eine Möglichkeit, die Minderungsziele einzuhalten, besteht darin, den Ladestrom für Elektroautos zu bezahlen und mit der unternehmenseigenen CO2-Belastung zu verrechnen.

Einmal vorgerechnet

Für fossile Brennstoffe gilt der Basiswert von 94,1 Kilogramm CO2 pro Gigajoule – der Ausgangswert für Mineralölkonzerne. Für Ladestrom ermittelt das Umweltbundesamt jährlich die Treibhausgasbelastung aus Graustrom und kombiniert diese mit dem Effizienzfaktor für Elektromotoren. Das sind 47,6 Kilogramm pro Gigajoule, und entsprechen so einer Minderung von 167 Gramm pro Kilowattstunde. Ab dem 1. Januar 2022 wird die Minderung nochmals um den Faktor drei erhöht. Dann mindert jede geladene Kilowattstunde 501 Gramm CO2 im Vergleich zu einer getankten Kilowattstunde Sprit. Möchte der Mineralölkonzern jetzt die eigene CO2-Bilanz um eine Tonne verbessern, muss der Konzern 1996 Kilowattstunden Ladestrom kaufen. Das entspricht in etwa dem pauschalen Wert von 1943 Kilowattstunden, die sich jeder Besitzer eines Elektroautos als Treibhausgasquote anrechnen lassen kann.

Der tatsächliche Verbrauch bei privaten Elektroautos spielt beim Quotenhandel keine Rolle. Die Minderungsrate von Ladestrom gegenüber fossilen Kraftstoffen legt das Umweltbundesamt fest und auch hier ist zu erwarten, dass der Wert stetig steigt und so jede Kilowattstunde zur CO2-Minderung wertvoller wird. Im September noch lag die Minderung pro Kilowattstunde Ladestrom gegenüber einer Kilowattstunde Sprit bei 318 Gramm. So hätten quotenverpflichtete Unternehmen 3144 statt 1996 Kilowattstunden kaufen müssen, um eine Tonne CO2 einzusparen. Umso sauberer der Graustrom wird, desto höher wird auch die Minderungsrate und der Erlös aus dem Handel.

Noch können nur Stromversorger mit den Quoten handeln, denn diese haben die Ladesäulen mit Strom versorgt, so die bisherige Logik. Doch ab Januar sollen private Elektromobilisten und Betreiber von Ladepunkten auch die Möglichkeit erhalten, die Quoten zu verrechnen und an den Erlösen beteiligt zu werden. Damit das logistisch funktionieren kann, sammeln Pooling-Dienstleister wie zum Beispiel 1Komma5° die Quoten von möglichst vielen Elektroautos und verhandeln dann über große Pakete direkt mit den Mineralölkonzernen. Zwar lassen sich so die organisatorischen Hürden überwinden, sodass wirklich jeder mit Quoten handeln kann, doch es bedeutet auch, dass die Erlöse aus dem Quotenhandel nicht für jedes Elektroauto gleichermaßen hoch sind. Bei 1Komma5° wird der Erlös aus dem Handel nicht ausgezahlt, sondern dazu genutzt die Stromtarif des entsprechenden Kunden zu senken. Zunächst geht das Unternehmen davon aus den Kunden in etwa 300 Euro gutschreiben zu können.

pv magazine November 2021

Wer Lust auf noch mehr Elektromobilität hat, sollte unsere neue Ausgabe nicht verpassen. In einem Schwerpunkt Elektromobilität haben wir uns mit Treibhausgasminderungsquoten und den Geschäftsmodellen dahinter befasst. Neben dem hier beschriebenen Anwendungsfall für die heimischen Garage funktioniert der THG-Quotenhandel auch bei öffentlicher und halb-öffentlicher Ladeinfrastruktur. Außerdem zu lesen: Eine Marktübersicht zu Ladelösungen mit 117 Geräten und vielen Trends.

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Viel zu verdienen

„In der Praxis wird der Kunde Stromkunde bei uns“, beschreibt Philip Schröder, Gründer und CEO von 1Komma5°, das Geschäftsmodell. „Dann lädt er seinen Fahrzeugschein bei uns hoch und bekommt den Mobility-Bonus, also den Erlös aus dem THG-Quotenhandel, vom Strompreis abgezogen.“

Bei einem Strompreis von in etwa 30 Cent pro Kilowattstunde und einem Verbrauch eines Elektroautos von 20 Kilowattstunden pro 100 Kilometer würden 300 Euro für den Strom für eine Autofahrt von 5000 Kilometern locker ausreichen, rechnet Schröder vor. Die Kunden sollen dabei monatlich Auskunft über die Erlöse aus dem Quotenhandel erhalten. Das sorge für Transparenz, denn so können die Kunden gut sehen, wie viel sich mit dem Quotenhandel verdienen lässt.

Eigenen Angaben zufolge ist 1Komma5° als Energieversorger derzeitig in Verhandlungen mit Anlagenbetreibenden, um an Wind- und Photovoltaik-Strom aus der Direktvermarktung zu kommen. Schröder äußert dabei das Ziel, lokale Anlagen zu nutzen und auf beispielsweise norwegische Wasserkraft verzichten zu wollen. Ab sofort steht der Grünstromvertrag jedem auch ohne Elektroauto zur Verfügung, dann aber ohne Mobility-Bonus. Die verbindliche Angaben zur Höhe der Erlöse für Elektroauto-Fahrer werden im ersten Quartal 2022 bekannt gegeben. Wer mit Quoten handeln will, sollte nicht länger als bis Januar mit der Anmeldung des Wagens warten, da sonst die Anmeldefristen beim Umweltbundesamt verstreichen könnten. Da es sich bei dem Angebot eigentlich um einen Stromtarif handelt, richtet sich das Produkt nur an das Heim-Segment. Öffentliche Ladeparks können nicht in den Stromtarif mit einsteigen.

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