Energetica steckt in ernsten Schwierigkeiten: Am Mittwoch informierte die Geschäftsleitung auf einer Betriebsversammlung des in Kärnten ansässigen Photovoltaik-Modulherstellers über die aktuelle Lage. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einem tragfähigen Konzept für unsere Energetica Industries GmbH, das das Unternehmen auf eine zukunftsfähige Basis stellt“, erklärte der geschäftsführende Gesellschafter Andreas Kogler. Hintergrund sei, dass anhaltende Probleme mit der Lieferkette von Rohmaterialien sowie das Ausbleiben der staatlichen Corona-Hilfen zu einem Liquiditätsengpass geführt hätten.
Die Produktion am Standort laufe in Liebenfels aktuell im Drei-Schicht-Betrieb weiter, wie das Photovoltaik-Unternehmen erklärte. Allerdings berichten lokale Medien, dass Energetica die Oktober-Löhne nicht zahlen könne. Nach Angaben des Herstellers waren Vertreter der Arbeiterkammer Kärnten bei der Betriebsversammlung dabei. Diese wollte sich auf Anfrage von pv magazine nicht zu dem Fall äußern. Bestätigte jedoch, dass bislang kein Insolvenzantrag von Energetica vorliege, weshalb Löhne und Gehälter auch nicht vom Insolvenzfonds gezahlt werden könnten, wie der ORF zuvor berichtete. In der offiziellen Stellungnahme von Energetica sind die Schwierigkeiten bei den Lohnfortzahlungen nicht erwähnt, sondern Kogler erklärte: „Wir kämpfen vor allem darum, die Arbeitsplätze für unser Mitarbeiterteam abzusichern und frisches Kapital aufzustellen.“
Dazu sei der Photovoltaik-Hersteller bereits seit einiger Zeit in intensiven Gesprächen mit Investoren, die an einem Einstieg interessiert sein sollen. Die aktuelle Nachfrage sei hoch, was sich auch im anhaltenden Auftragseingang wiederspiegele, so das Unternehmen. „Die in diesen Wochen von einem Expertenteam erarbeitete Reorganisation zielt darauf ab, mit einem neuen finanzkräftigen Partner die Produktion intelligenter Photovoltaik-Lösungen made in Carinthia abzusichern.“
Allerdings liegen pv magazine auch Aussagen vor, wonach Energetica in der Vergangenheit immer wieder mit Qualitätsproblemen zu kämpfen hatte. So strebte der Photovoltaik-Hersteller eigentlich eine jährliche Produktionskapazität von einem Gigawatt an seinem Standort an, die bisher wohl nicht erreicht wurde. Auch habe es bei Tests und Zertifizierungen der Solarmodule in der Vergangenheit durchaus Probleme gegeben und die verbauten Chips für die eigene patentierte Verschattungstechnologie vereinzelt für Schwierigkeiten im Betrieb von Photovoltaik-Anlagen in Österreich gesorgt, berichtet eine Quelle. Zudem sei das angestrebte Konzept einer „Zero Emission Factory“ wohl auch nicht erreicht worden.
Zu diesen Aussagen bezog Andreas Kogler am Donnerstag im Gespräch mit pv magazine Stellung. Demnach habe Energetica die in der Anfangsphase bestehenden Probleme mit den Chips in seinen Solarmodulen gelöst. Mittlerweile sei der Zulieferer für die Bauteile ein anderes Unternehmen und die Mängel beseitigt. „Insgesamt haben wir für unsere Solarmodule, die wir bislang verkauft haben, etwa 900 Reklamationen verzeichnet“, so Kogler. Die meisten davon seien Farbreklamationen gewesen, lediglich bei 47 habe es sich um technische Defekte gehandelt. Nominal liegt die verfügbare Produktionskapazität von Energetica momentan bei 8000 Modulen pro Woche, wie er weiter erklärte.
Weiterhin betonte Kogler, dass Energetica in den vergangenen anderthalb Jahren kein Flugverkehr für seine Waren in Anspruch genommen habe. Viel Fracht werde auch über die Schiene aus Asien geholt, aber auch dort komme es zu Verzögerungen – ähnlich wie derzeit im Schiffsverkehr, wo Container oft an den falschen Häfen stehen und die Kosten in den vergangenen Monaten geradezu explodiert sind. Kogler erklärte pv magazine zudem, dass auch das Konzept der „Zero Emission Factory“ erfolgreich umgesetzt sei. So habe Energetica im vergangenen Jahr noch eine CO2-Kompensation von rund 3500 Euro gezahlt, um die Lücke zu schließen. Die zuviel angefallenen CO2-Emissionen sind Kogler zufolge auch nicht in der Produktion selbst entstanden, sondern da auch die Arbeitswege der 115 Mitarbeiter einbezogen werden, die zumeist mit dem eigenen Auto zur Produktion nach Liebenfels kommen.*
Doch zurück zum aktuellen Liquiditätsengpass: Dieser sei das Ergebnisse einer ganzen Reihe von Ereignissen, die bis in den Herbst 2019 zurückreichten, wie es bei Energetica heißt. Damals sei das Hochfahren der Produktion auf die angestrebte Kapazität von einem Gigawatt durch den Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 jäh gestoppt worden. Zudem habe es „fortlaufende Lieferengpässe“ gegeben, weshalb Energetica nicht die Stückzahlen produzieren konnte, um profitabel zu werden. Die Belegschaft wurde in dieser Zeit nach pv magazine-Informationen auch in Kurzarbeit geschickt.
Zudem habe Andreas Kogler, der zunächst als Investor 2015 bei Energetica einstieg und so den Bau der Fabrik in Kärnten ermöglichte, 2021 die Geschäftsführung übernehmen müssen, wie es weiter heißt. Im August musste der bis dahin aktive Geschäftsführer und Teilhaber Rene Battistutti seinen Posten räumen und Kogler übernahm. Außerdem gibt Energetica an, dass nicht klar sei, wann und ob die beantragten Corona-Hilfen gezahlt würden. Abschließend erklärte Kogler: „Im Sinne unserer Mitarbeiter und unserer Geschäftspartner ist es mir wichtig, offen und ehrlich zu kommunizieren, dass wir im Moment in einer schwierigen Phase sind.“ Er sei für die Zukunft allerdings „vorsichtig optimistisch“.
*Anmerkung der Redaktion: Der Artikel ist am 21.10.2021 mit persönlichen Stellungnahmen von Andreas Kogler ergänzt worden.
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