pv magazine: Wie viele in der Photovoltaik aktive Installationsbetriebe gibt es in Deutschland und wie viele davon gehören zum engeren EWS-Netzwerk?
Kai Lippert (Foto): Ich rechne damit, dass es insgesamt ungefähr 4.000 sind. Zumindest in der Größenordnung. Die meisten davon dürften wir kennen und etwa ein Drittel kauft regelmäßig bei uns.
Was treibt die Betriebe derzeit besonders um?
Die Hauptthemen dürften derzeit der akute Engpass bei der Verfügbarkeit der Komponenten und steigende Preise sein. Wieder einmal leidet die Branche darunter, dass Produkte nicht in dem Masse zur Verfügung stehen, wie sie gebraucht werden. Das ist aber hoffentlich bald überstanden. Dann wird wieder in den Vordergrund treten, dass das Wachstum durch den Fachkräftemangel begrenzt wird.
Wie kann man vor diesem Hintergrund in den nächsten Jahren zu einem nachhaltigen Wachstum kommen?
Ich habe da auch keine Patentlösung. Gerade junge Leute scheinen eine Wahrnehmung von der Arbeit als Installateur zu haben, die ihre Vorstellungen von Work-Life-Balance nicht erfüllt. Viele Versuche, wie Recruiting über Social Media, bringen noch nicht wirklich Erfolg. Ich glaube, man muss mit klassischen Mitteln daran gehen, Anreize schaffen, Entwicklungschancen aufzeigen und Weiterbildung anbieten. Unternehmen müssen jetzt in zeitgemäße, digitale und innovative Strukturen investieren, in dem Wissen, dass man am Wachstum in Zukunft nur teilnehmen kann, wenn man auch genug motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat.
Was sind nach Ihrer Einschätzung im Augenblick als die größten Trends und Herausforderungen im Bereich Innovation und Digitalisierung?
Zunächst einmal stellen wir leider oft fest, dass gerade im Handwerk in unserer Branche diesbezüglich noch eine große Zurückhaltung herrscht. Es wird nicht reichen, auf den Generationswechsel zu warten, denn die Entscheidungsfindung und die Kommunikation im Kaufprozess, die findet ja jetzt schon online statt. Eine zeitgemäße Anbindung an die Interessen und den wachsenden Informationsbedarf der Endkunden wird nur gelingen, wenn man im Unternehmen alle Prozesse und Vorgänge in hohem Masse digitalisiert.
Können Sie einschätzen, wie viele Handwerksbetriebe welche Prozesse in einem digitalisierten Tool abbilden?
Es sind vielleicht nur noch zwei Prozent, die mit einem Faxgerät, aber immer noch fünf bis zehn Prozent, die mit Prospekten arbeiten, also mit Papier. Das papierlose Büro ist, vermute ich, erst bei wenigen Installationsbetrieben realisiert. Dass man wirklich alles digitalisiert, dazu fehlt vielen Betrieben die Zeit oder die Traute.
Würde das die Betriebe weiterbringen, vor allem auch die kleinen Fünf- bis Zehn-Personen-Betriebe, obwohl sie zurzeit ja kein Problem haben, an Aufträge zu kommen?
Auf jedem Fall können die Prozesse deutlich erleichtert werden wie in jeder Branche. Und es ist ratsam, antizyklisch zu investieren. Auch wenn die Bereitschaft zur Energiewende und die Nachfrage wächst, könnten effektivere Prozesse helfen den Aufwand zu reduzieren, den Umsatz zu steigern und die Kosten zu senken. Wenn man in Zukunft dem Wettbewerbsdruck standhalten will, muss man heute investieren, um mit dem gleichen Team mehr bewegen zu können.
Mehr zur Entwicklung im Installationsmarkt
In der pv magazine September-Ausgabe geht es unter anderem über die Frage, ob dem Installationsmarkt ein Umbruch bevorsteht und wie er sich digitalisiert (Premium Content):
- Big Money für die Installation
- Fachkräftemangel: Immer auf der Suche
- Arbeitsteilung und Digitalisierung: Ist das die Zukunft der Installation?
- BIT-Berater der Handwerkskammern: Tipps zur Digitalisierung
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Es dürfte auch Installateure geben, die gar nicht auf Gewinnoptimierung aus sind, die können ja trotzdem gut leben.
Die könnten gut leben, wenn es ihnen genügt, die Menschen zu erreichen, die sich ansprechen lassen, weil sie an dem Schaufenster des Handwerksbetriebs vorbeifahren und da Werbung sehen. Das wird aber immer seltener der Fall sein. Das liegt an der Attraktivität der Informationsübermittlung online. Es wird immer üblicher wird, dass da die Kauf- und Entscheidungsprozesse stattfinden. Es wäre schade, wenn die, die heute erfolgreich und erfahren sind, am Ende nicht auch ihren Anteil an der zukünftigen Entwicklung haben, sondern eben Newcomer, nur weil die wissen, wie man sich online gut darstellt.
Wie groß ist der Rückstand der Betriebe bei Online-Marketing und Vertrieb?
Wir sollten hier alle inzwischen andere Ansprüche stellen als früher. Es reicht nicht, auf der Webseite zu schreiben, dass man auch Photovoltaik anbietet. Man muss auch für Traffic auf der Seite sorgen und dafür, dass Interessierte hier Informationen in einer ansprechenden und überzeugenden Qualität finden. Dazu gehören weiterführende interaktive Hilfen zur Entscheidung.
Das ist das Stichwort Digitalisierung im Großhandel. Was haben Sie getan?
Neben den für jeden kaufmännischen Betrieb sinnvollen und notwendigen Maßnahmen haben wir vor allem die Kommunikations- und Planungsabläufe digitalisiert. Unsere Erfahrung und geeignete Software zur Unterstützung bieten wir auch unseren Kunden an. Da muss man Formate entwickeln, durch die man die Vorteile der Digitalisierung auch bei der Übergabe des Staffelstabs durch die Wertschöpfungskette weiter nutzen kann.
Sie sprechen jetzt vermutlich von Ihrer Software Quickplan, mit der Installationsbetriebe all das abbilden können, inklusive Auslegungen, Angebotserstellung und Materialeinkauf?
Ein Vorteil im Planungsprozess und beim Materialeinkauf ergibt sich durch solche Programme nur dann, wenn die Aktualität der verwendeten Produktdaten stimmt. Man muss Daten einpflegen und nutzbar machen, die sich zum Teil ja wirklich in Wochenrhythmen verändern. Handelsrechtlich gesehen müssen am Ende aber die zugesicherten Eigenschaften der Produkte auch erhältlich sein. Ein Datensatz auf Papier reicht bei der Geschwindigkeit, in der heute Produkte entwickelt werden, nicht mehr aus. Auch für Anwender von Planungstools ist wichtig, sich darauf verlassen zu können, dass die Produktdaten hier immer auf dem neuesten Stand sind. Sonst müsste sich der Nutzer immer kurz vor dem Starten des Programms noch einmal erkundigen, ob die Produkte, mit denen er plant, verändert wurden. Das tun wir für unsere Kunden täglich und inzwischen weitgehend automatisiert für alle Produkte von allen Herstellern, mit denen wir im engeren Kontakt stehen. In den QuickPlan-Portalen unserer Kunden aktualisieren wir diese Daten dann online in Echtzeit.
Das heißt, wenn ich als Installateur mit der Software eine Anlage plane, sehe ich gleich die Produkte, die lieferbar sind?
Sie sehen alle Produkte, die wir liefern können. Zukünftig wird man hier auch sehen können, wie sich die Verfügbarkeit der Produkte perspektivisch entwickeln wird, wenn man erwartet, dass der Auftrag vielleicht erst in ein paar Monaten kommt.
Wenn man Ihr Programm benutzt, dann muss man bei Ihnen kaufen?
Ja, QuickPlan ist ein kostenloses und lizenzfreies Programm für jeden Kunden, der bei uns kauft. Wir koordinieren das Einpflegen und Aktualisieren von Produktdaten nur mit Herstellern, die wir vertreten. Wer andere Produkte einsetzten will, muss die Verantwortung dafür selbst übernehmen.
Wie kommt man zur Auslegung?
Die Software hat zwei Ebenen. Es gibt die Ebene, die der Endkunde sieht und die sich mit wenigen Klicks auf der Webseite eines Installationsbetriebs einbinden lässt. Sie ermöglicht dem interessierten Hausbesitzer, seine Objektdaten einzugeben und gleich ein Ergebnis zu bekommen, sogar im Vergleich mit und ohne Speicher, inklusive einer Ertrags- und Wirtschaftlichkeitsberechnung. Das ist das Verlockende. Es erlaubt die Vorqualifizierung dieser Kontakte und entlastet den Installateur so enorm, wenn er nicht alle möglichen Fragen zum zwanzigsten Mal am Tag beantworten muss. Und dann gibt es eine Ebene für den Installateur, der diese eingegebenen Daten übernimmt, fehlende Daten ergänzt und so mit wenigen Handgriffen zu einem kompletten Planungsergebnis kommt, tatsächlich inclusive einer beeindruckenden Dokumentation. Und da sind dann eben schon alle Daten der Produkte hinterlegt und von uns auf den allerneuesten Stand des Tages gebracht.
Es gibt Anbieter, die sagen, sie würden Installateure minutiös durch den Prozess der Anlagenaufnahme und Anlagenabnahme führen, so dass man keine Fehler machen kann. Nutzt man Ihr Programm auch, um zum Beispiel den Vororttermin zu dokumentieren, etwa Dachziegel Kabelkanäle zu fotografieren, damit man die Installation und das notwendige Material gut planen kann?
Der Vor-Ort-Termin findet bei den meisten Fachbetrieben vor der Planung statt und das macht auch absolut Sinn, um keine Fehler zu machen. Was Sie beschreiben sind Dinge, die die Handwerker sich nicht gern aus der Hand nehmen lassen und mit denen sie auch ihren ganz eigenen Umgang haben. Kabelkanäle haben die meisten immer auf dem Wagen und werden vor Ort angepasst. Genau zu wissen, was gebraucht wird, ist in erster Linie für die Solarkomponenten wichtig. Die kann man nicht um die Ecke kaufen. In Bezug auf die Frage, wie dokumentiere ich die Abnahme, hat sich jeder Installateur auf seine Art und Weise eingerichtet. Dafür gibt es keine Anfragen, unsere Software weiterzuentwickeln. Die gibt es dagegen zu der Tiefe der fachlichen Detaillierung. Da entwickeln wir auch weiter.
In welche Richtung?
85 Prozent der Anwendungsfälle kann der Installateur mit unserem Planungstool heute schon in wenigen Minuten eigenständig abwickeln. Bei besonders komplexen Objekten und beim Einsatz von Produkten mit besonderem Planungsaufwand unterstützt unsere Projektierungsabteilung die Kunden teilweise noch mit Hilfe spezieller Software der betroffenen Hersteller. Wir arbeiten daran, mit QuickPlan möglichst alle Projektkonstellationen schematisiert überplanen und anzubieten zu können. Andere Anfragen betreffen bestimmte Förder- und Finanzierungsbedingungen, die Komptabilität bestimmter Komponenten sowie komplexe Planungshintergründe, die etwa mit der Sektorenkopplung zusammenhängen. Diese müssen ständig in die Software eingearbeitet werden. Wir haben inzwischen vier Vollzeit-Softwareentwickler, die sich nur darum kümmern, die Wünsche unserer Kunden so schnell wie möglich umzusetzen.
Nehmen wir an, ein Unternehmen nutzt Quickplan. Wo muss ein Unternehmen noch digital sein?
QuickPlan ist ja nur ein Teil eines Baukastensystems, das wir anbieten. Unter anderem ist auch ein Webseitenkonfigurator enthalten, mit dem sich unsere Kunden kostenlos einen Rahmen an Informationsangeboten für die eigene Homepage zusammen stellen können, in den man diese Planungstools einbinden kann. Daneben gibt es Animationen zum Planungs- und Montageablauf, Produktinformationen und Grafiken zur Marktentwicklung, die man sich auf seine Seite laden kann. Sie können diese Inhalte inzwischen auf Hunderten von Installateursseiten finden. Sie sehen überall unterschiedlich aus, weil wir mit diesem Konfigurator White-Label-Versionen anbieten, die nach Kundenwunsch gestaltet werden können.
Und das reicht dann?
Tatsächlich würde ich mich absolut freuen, wenn mehr, also einfach alle unsere Kunden diese Plattform nutzen würden, um die Prozesse zu vereinfachen und mehr Zeit für die Umsetzung der Projekte, statt für die Vorqualifizierung eingehender Anfragen einsetzen zu können. Wichtig ist aber auch, dafür zu sorgen, dass Interessenten das Angebot des Installateurs finden. Das geht heute anders ist als vor zehn Jahren, weil jetzt eben auch Social Media , Online-Anzeigenkampagnen, Google Ads und so weiter eine Rolle spielen. Wir haben zusätzlich eine Online-Plattform entwickelt, die Seite Installateursuche.de, wo wir Anfragen von Photovoltaik-Interessenten vorqualifizieren und an Partner in unserem Netzwerk weiterleiten, die Kapazitäten frei haben, vielleicht ja, weil sie sich online noch nicht erfolgreich positioniert haben.
Haben die Hersteller ihre Aufgaben bei der Digitalisierung gemacht?
Es würde der Branche sehr guttun wird, wenn wir es endlich schaffen würden, alle Hersteller auf ein Format einzuschwören, mit dem sie ihre Produktdaten dem Markt zur Verfügung stellen. Es gibt so viele Softwareanbieter, die die Produktdaten von Datenblättern ablesen müssen, die mehr oder weniger aktuell in ihren Schubladen liegen. Das muss dringend komplett digitalisiert werden, etwa über das Format-BMECat, auf das sich jetzt immer mehr Hersteller einigen. Einige Branchenteilnehmer hinken hier allerdings weiter hinterher.
Sehen Sie, dass da eine Veränderung stattfindet und dass verhältnismäßig mehr Leads von zentralen Akteuren zum Bau von Anlagen führen?
Ohne Frage – das Engagement der vielen Online-Anbieter hat dafür gesorgt, dass einfach mehr Interesse da ist. Das Fullfillment, die Ausführung hinterher, die bleibt zum größten Teil – und das finde ich sehr gut – beim lokalen Handwerk. Es gibt dabei allerdings große Reibungsverluste, wenn junge, meist fachfremde Lead- und Multiplikatorunternehmen Interesse anfachen, dass oft nicht angemessen aufgenommen und in sinnvolle Projekte umgewandelt werden kann. Das können eben dann nur die Installateure vor Ort. Ich halte es für die nachhaltig bessere Entwicklung, regionale Fachhandwerker schon bei der Akquise- und Ansprache von interessierten Endkunden zu unterstützen, so dass diese selbstständig bleiben.
Solarwatt baut auch eigene Installationskapazitäten auf und übernahm auch schon einmal einen Betrieb, Senec beteiligt sich an Betrieben, Neugründungen wie 1Komma5° und EKM sammeln viel Geld, um Betriebe zu kaufen. Ist das ein Trend?
Das ist nicht neu und war bisher noch nie langfristig von Erfolg gekrönt. Das ist meine Erfahrung. In solchen Zusammenschlüssen sammeln sich dann die etwas antriebsloseren Kandidaten. Die Schlagkraft ist in den meisten Fällen auch durch den administrativen Aufwand und durch die Verschiebung von Verantwortung eher gebremst. Ich sehe nicht, dass die Energiewende auf die Art und Weise vorankommt. Das lokale Handwerk mit seinem Engagement und seiner Unabhängigkeit, das selbstbewusst und engagiert auftritt, wird diesen zentral geführten Unternehmen gegenüber immer im Vorteil sein. Die größte Schlagkraft haben aus meiner Sicht Partnerschaften, in denen sich unabhängige Unternehmen durch die Stärken des jeweils anderen ergänzen.
Man hört immer wieder, Installationsbetriebe brauchten Geld zum Wachstum. Ist fehlendes Kapital ein Wachstumshemmnis?
Das ist mir nicht bekannt. Ich weiß mich in guter Gesellschaft mit den anderen großen Distributoren, die Installateuren die Möglichkeit anbieten, auf Zahlungsziel zu kaufen. Im Prinzip könnten diese unsere Waren auf das Dach bauen und erst dann bezahlen, wenn das Geld kommt, aber die meisten Kunden zahlen per Vorkasse und ziehen sich Skonto. Ich sehe im Moment selbst bei kleineren Betrieben nicht die Notwendigkeit, sich von Fremdkapital abhängig zu machen, solange sie sich nicht in der Größe der Projekte, die sie angehen wollen, überheben.
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